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Transkript:

PREDIGT über Lukas 11, 5-13 gehalten am Sonntag Rogate, 5. Sonntag nach Ostern, dem 29. 5. 2011, 14.00 Uhr in der Stiftskirche in Herrenberg von Dekan Klaus Homann Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei jetzt mit uns allen. Amen. Liebe Gemeinde, liebe Gäste aus den verschiedenen Bereichen gesellschaftlichen Lebens, liebe Schwestern und Brüder im Herrn! Es ist kein Zufall, sondern uns zugefallen, daß der Abschiedsgottesdienst auf den Sonntag Rogate fällt und damit das Gebet in den Mittelpunkt stellt. Ist doch das Gebet das zentrale Geschehen christlichen Lebens, das alles bestimmt, und gewißermaßen die Nabelschnur zu Gott. Und wenn alle Stricke reißen, wenn alle Hoffnung dahin ist, wenn Menschen in größter Bedrängnis sind, und nicht mehr aus noch ein Wissen, dann beten oft selbst die Menschen, denen eigentlich der christliche Glaube schon längst gleichgültig geworden ist. Not lehrt eben doch wieder beten! Dann erinnert man sich wieder an Gott, dann lässt man das Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit doch wieder zu, von dem der große Theologe Friedrich Schleiermacher sprach, das gefühlsmäßige Wissen, daß es doch noch eine andere Macht gibt, nämlich Gott, in dessen Hand wird sind und bleiben trotz allem und bei allem. Zuletzt bleibt doch noch das Gebet, die Hinwendung zu Gott. Es ist ein Reden des Herzens mit Gott, dieses Beten. So beschreibt es der Reformator Johannes Brenz - Des Herzens, das das Zentrum des Menschen ist. Es steht für Liebe oder Haß, Zuversicht oder Verzweiflung, Hoffnung oder Angst. Es steht für den ganzen Menschen, was er ist und wie es um ihn steht. Mit dem Herzen steht der ganze Mensch mit allem, was ihn bewegt und was ihn umtreibt vor Gott im Gebet. Im Gebet befiehlt er sich mit allem Gott an 1

und dies in Lob, Dank und Fürbitte. Das Gebet verbindet auf diese Weise aufs engste mit Gott. Aber auch die Fragen werden mit dem Gebet verbunden: Bringt das überhaupt etwas zu beten? Hat das überhaupt eine Wirkung? Hört Gott mich überhaupt? Oder ist das nicht nur naiv, Kinderkram? Schon Jesus sah sich diesen Fragen gegenüber als seine Jünger ihn fragten, wie man beten soll und er ihnen das Vaterunser empfahl. Jesus ist davon überzeugt: ja, natürlich hört das Gott und reagiert darauf und er erzählt dazu, wie es der Evangelist Lukas uns in Kapitel 11, Vers 5 13 überliefert hat: 5Und er sprach zu ihnen: Wenn jemand unter euch einen Freund hat und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; 6 denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, 7 und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. 8 Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, dann wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, soviel er bedarf. 9 Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 10 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. 11 Wo ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn, wenn der ihn um einen Fisch bittet, eine Schlange für den Fisch biete? 12 Oder der ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion dafür biete? 13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten! Liebe Gemeinde, keine umschweifigen Erklärungen, keine Vorschriften, keine Anweisungen, nur Zweifel lässt Jesus nicht aufkommen, ob es sinnvoll sei, zu beten. Er macht Mut zum Beten. 2

Denn Gott ist wie jener Freund, von dem er eben erzählt hat. Und ein Freund ist immer zur Stelle, wenn er gerufen wird. Den Weg zum Herzen Gottes will Jesus uns damit öffnen. Ihm kommt es dabei vor allem auf die Haltung von uns Menschen beim Gebet an, auf Zutrauen, Mut, ja durchaus auch Hartnäckigkeit: Schon um seines unverschämten Drängens willen wird ein Freund dir helfen und um wie viel mehr dann Gott, gibt er zu verstehen. So ganz selbstverständlich, ohne Schnörkel redet Jesus zu seinen Jüngern und damit auch zu uns. Entscheidend ist für Jesus das gute Verhältnis, das Vertrauen, die Selbstverständlichkeit, mit der man auf diesen anderen Menschen in seinem Gleichnis zugehen kann. In unseren Köpfen und in unseren Seelen dagegen stecken zu viele Wenn s und Aber s. Die hindern uns an dem unbekümmerten Zugang zu Gott, wie ihn Jesus gelebt hat und möchte. Um keine Technik geht es Jesus, mit der ich Gott dazu bringe, mir einen Wunsch zu erfüllen. Es geht ihm vielmehr darum, wie Fulbert Steffensky einmal geschrieben hat, sich im Gebet an die Gnade Gottes auszuliefern als ein Akt der Liebe, die weiß, daß keiner sich in der eigenen Hand wärmen und dass keiner sein eigener Lebensmeister sein muß. Und auch dabei nicht nachzulassen und nicht aufzuhören zu wünschen, zu sehnen, zu bitten, zu hoffen, zu leiden und zu danken, wie dieser Mensch bei Lukas, der immer weitermacht. Ein Beten, das immer wieder offen ist, das vertrauend Gutes erwartet, das sich nicht beirren lässt, das dran bleibt. Ein Beten, das ausgespannt ist zwischen den beiden Polen Gott und Mensch und sie so zusammenbringt, daß es das Herz weitet und das Leben, in dem sich dann immer wieder neue Aufbrüche, innere und äußere Horizonte eröffnen. Gerade heute, wo so Vieles auseinanderfällt: Reichtum und Armut, Leben mit und ohne Arbeit, wachsende soziale Spannungen 3

in den Reformvorhaben um Gesundheit, Arbeit, Rente, Energie Kriege und Gewalt um das Öl, um Wasser, um Land, um andere Lebensgrundlagen und Ressourcen, um Lebens-Anschauungen. Wirtschaftsblöcke und globalisierte Wirtschaftsstrukturen, ethische Fragen, die Forschung begrenzen und vorantreiben können. Gerade Gebete können da helfen, Leben in Spannungen und Polen zusammenwachsen zu lassen. Denn Beten bedeutet ein anders an einander denken, ein anderes Umgehen mit einander und all den Problemen, Herausforderungen und Verantwortlichkeiten nämlich vor Gott und, indem man Gott einrechnet. Gebete sind da wie verborgene Wasseradern, die den Boden durchziehen. Das aber betont Jesus auch, daß wir nicht alles Beliebige von Gott haben können, wenn wir nur nachdrücklich genug beten. Gott will kein Wunscherfüllungsautomat sein. Er wird uns nicht immer das geben, worum wir bitten. Das Bitten und Suchen, das Anklopfen ist nicht als Problemlöser oder Mittel, Leiden schnell loszuwerden zu verstehen, sondern als ein Weg, Gottes Nähe zu gewinnen, Gott will unser Lebenspartner sein. Er möchte, daß wir ihn in unseren Alltag mit hinein nehmen, als einen, der weiß, was für uns gut ist. Und da gibt es dann diese Erfahrungen: Ich bat Gott um Stärke, aber er machte mich schwach, damit ich Bescheidenheit und Demut lernte. Ich bat um seine Hilfe, um große Taten zu vollbringen, aber er machte mich kleinmütig, damit ich gute Taten vollbrächte. Ich bat um Reichtum, um glücklich zu werden. Er machte mich arm, damit ich weise würde. Ich bat um alle Dinge, damit ich das Leben genießen könne. Ich erhielt nichts von dem, was ich erbat - aber alles, was gut war für mich. Gegen mich selbst wurde mein Gebet erhört. Ich bin unter allen Menschen ein gesegneter Mensch. Wer betet, wendet sich mit ganzer Intensität an Gott und erwartet von ihm die Erfüllung. Wer in der Haltung des Bittens lebt, wird dann zum Empfangenden. Das Bitten, Suchen und Anklopfen wird zu einer gesammelten Bereitschaft des Empfangens. 4

Denn auf nichts können wir pochen, aber wegen allem anklopfen. Und der Bittende erfährt dann seine ganze Existenz als Geschenk. Das, liebe Gemeinde, gilt auch für die Zeit hier in Herrenberg und im Kirchenbezirk und die Zeit meines Dienstes in der Württembergischen Evangelischen Landeskirche. Es waren die Gebete, die mich getragen haben, miteinander und füreinander. Und deswegen freue ich mich auch, daß wir am Sonntag Rogate den Abschied feiern. Und es war Gottes Heiliger Geist, der uns allen miteinander viel geschenkt hat: Die vielen wertvollen Begegnungen, gemeinsamen Erfahrungen und Erlebnisse alles das, was wir tun konnten, Alles, was gelungen ist, aber auch das, woraus wir lernten. Aus dem Gebet konnten wir alle miteinander Kraft, Mut und Hoffnung schöpfen. Im Letzten ist alles Gnade, was wir miteinander erleben durften, die Gnade eines Gottes, dem unser aller Wohl und Heil am Herzen liegt, wie einem besten Freund oder sogar einem Vater. Dafür haben auch meine Frau und ich Gott und ihnen allen außerordentlich zu danken. Für diese reiche Zeit, die ich gern mit Christoph Friedrich Oetinger als goldene Jahre bezeichne, sogar fast 11Jahre. Bei Oetinger waren es nur 7 Jahre. Liebe Gemeinde, Gott schenkt uns seinen Heiligen Geist, und er schenkt uns damit das Wesentliche, das heißt den Lebensodem und die Liebe, aus der wir leben, die lebendige Gotteserfahrung. Und dies bedeutet beileibe keine Einschränkung der Wunscherfüllung, sondern ein unglaublich großes Geschenk. Denn wer Gottes Geist besitzt, der lebt in Geborgenheit, der ist mit Gott auf Du und Du, der ist beschenkt und wird getragen, der wird durch seinen Geist vor dem bewahrt, was schaden könnte, und der kann auch mit dem Unerfüllten leben und weiß sich durch Gottes Heiligen Geist vertreten auch mit unaussprechlichem Seufzen (Rö 8, 26). Das ist das Beste und Größte, was uns je geschehen kann und das kommt mit dem Gebet zum Ausdruck. 5

Liebe Gemeinde, wie wir die Luft zum Atmen brauchen, so brauchen wir das Gebet als Atem der Seele, als Verbindung zu Gott. Und selbst, wenn es uns die Sprache verschlagen haben sollte, dann erfahren wir im Gebet seine Gegenwart, atmen wir seine Kraft, wächst in uns seine Liebe, und erfüllt uns sein Friede, der höher ist als alle Vernunft. Wollten wir es da nicht auch halten mit dem Mann aus Neuguinea, der nach dem Gottesdienst in einer Buschkirche noch lange Zeit in der Kapelle auf dem Balken knien blieb, den man dort anstelle eines Knieschemels gebrauchte. Er konnte nicht lesen. Er schaute nur mit auf der Brust gekreuzten Armen zum Altar, der jetzt abgeräumt und leer war. Einmal nahm sich der dortige Missionar ein Herz und fragte den Mann, was er denn da die ganze Zeit bete. Der antwortete nur lächelnd: Ich halte meine Seele in die Sonne. Schöner und bewegender kann es nicht gesagt werden, worum es im Gebet geht: Ich halte meine Seele in die Sonne der Barmherzigkeit Gottes, seiner Liebe und seiner Vergebung und das auch für andere. Und wenn dann auch noch die Kantorei und das collegium musicum Gottes Lob singen und musizieren - gewißermaßen wie ein gesungenes Gebet -, und dies alles in der schönen Herrenberger Stiftskirche, in der allein schon die Farbgebung die Sonne aufscheinen lässt, was will man da noch mehr?! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen. Kantorei und collegium musicum Jesus bleibet meine Freude Schlusschoral aus Kantate BWV 147 J.S.Bach 6