EMPFEHLUNGEN DER MEDIZINISCHEN KOMMISSION DER UIAA. Nr. 18



Ähnliche Dokumente
Bekommen durch Ansteckung. H Human Beim Menschen. Acquired I D. Schwäche des Immunsystems. Schwäche des Immunsystems.

Cytomegalie & Co. Häufige Virusinfektionen in der Schwangerschaft. Deutsches Grünes Kreuz e.v.

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Der HIV-Antikörper-Schnelltest aus Sicht des Labormediziners. Dr. Thomas Berg, Berlin

15.3 Bedingte Wahrscheinlichkeit und Unabhängigkeit

Pflegende Angehörige Online Ihre Plattform im Internet

Patienteninformationsbroschüre Valproat

an Masern erkrankt. an Mumps erkrankt. mit Röteln infiziert

RSV. RSV kennen. Das Virus, das Eltern kennen sollten. Informationen. Kinder schützen

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

Tutorial: Homogenitätstest

Eurobarometer-Umfrage*, Angaben in in Prozent der der Bevölkerung**, Europäische Union Union und und ausgewählte europäische Staaten, Ende 2005

Bitte lächeln! Invisalign. teen. Invisalign Teen ist da* Invisalign Teen TM. Die ideale Alternative zur Zahnspange für Teeneger - Patienten von heute!

Das große ElterngeldPlus 1x1. Alles über das ElterngeldPlus. Wer kann ElterngeldPlus beantragen? ElterngeldPlus verstehen ein paar einleitende Fakten

Was ist Sozial-Raum-Orientierung?

Häufig wiederkehrende Fragen zur mündlichen Ergänzungsprüfung im Einzelnen:

Ein Einfaches AIDS Modell

Vorsorgemaßnahmen der Feuerwehr bei Ansteckungsgefahren

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

geben. Die Wahrscheinlichkeit von 100% ist hier demnach nur der Gehen wir einmal davon aus, dass die von uns angenommenen

Hinweise in Leichter Sprache zum Vertrag über das Betreute Wohnen

WAS finde ich WO im Beipackzettel

Patienteninformation: Gentestung bei familiärem Brust- und Eierstockkrebs (Basis-Information):

DAS GRÜNE REZEPT. Für eine sichere Medikation mit rezeptfreien Arzneimitteln

Screening Das Programm. zur Früherkennung von Brustkrebs

Trainingsplan 21-wöchiger Trainingsplan für einen Langdistanz-Schwimm- Wettkampf

Protect 7 Anti-Malware Service. Dokumentation

Einkaufen im Internet. Lektion 5 in Themen neu 3, nach Übung 10. Benutzen Sie die Homepage von:

Benutzerhandbuch. Leitfaden zur Benutzung der Anwendung für sicheren Dateitransfer.

Thema 1: Fotos im Internet verwenden

Leitbild. für Jedermensch in leicht verständlicher Sprache

Bundesverband Flachglas Großhandel Isolierglasherstellung Veredlung e.v. U g -Werte-Tabellen nach DIN EN 673. Flachglasbranche.

UMFRAGE: Nadelstichverletzungen in der Altenpflege

Die Invaliden-Versicherung ändert sich

Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung: EFRE im Bundes-Land Brandenburg vom Jahr 2014 bis für das Jahr 2020 in Leichter Sprache

Ihr Weg in die Suchmaschinen

Hören eines der wichtigsten Sinnesorgane

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Die Forschung mit embryonalen Stammzellen ist ethisch nicht akzeptabel

Mitteilungen der Juristischen Zentrale

SICHERN DER FAVORITEN

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Studieren- Erklärungen und Tipps

KinderPlus. Mit KinderPlus wird Ihr Kind zum Privatpatienten im Krankenhaus.

Nicht über uns ohne uns

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

West-Nil-Virus und Hepatitis E-Virus: durch Bluttransfusion übertragbare Viren

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

Einrichtung des Cisco VPN Clients (IPSEC) in Windows7

Auswertung des Fragebogens zum CO2-Fußabdruck

Datenübernahme von HKO 5.9 zur. Advolux Kanzleisoftware

ALEMÃO. Text 1. Lernen, lernen, lernen

Damit auch Sie den richtigen Weg nehmen können die 8 wichtigsten Punkte, die Sie bei der Beantragung Ihrer Krankenversicherung beachten sollten:

Tauschbörsen File Sharing Netze

Das Bandtagebuch mit EINSHOCH6 Folge 32: BIN ICH PARANOID?

Version NotarNet Bürokommunikation. Bedienungsanleitung für den ZCS-Import-Assistenten für Outlook

Europäische Arzneimittelbehörde empfiehlt Aussetzung der Marktzulassung für Raptiva

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

MiniMed

Sicher durch das Studium. Unsere Angebote für Studenten

1 MIO ÖSTERREICHISCHE SKIFAHRER SCHÜTZEN SICH BEREITS MIT HELM - UM MEHR ALS IM VORJAHR

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

Eva Douma: Die Vorteile und Nachteile der Ökonomisierung in der Sozialen Arbeit

Internet-Wissen. Browser:

Sandoz Pharmaceuticals AG

Chemotherapie -ein Bilderbuch für Kinder

Internetnutzung nach Nutzungsart (Teil 1) 1)

Diese Broschüre fasst die wichtigsten Informationen zusammen, damit Sie einen Entscheid treffen können.

Alle Schlüssel-Karten (blaue Rückseite) werden den Schlüssel-Farben nach sortiert und in vier getrennte Stapel mit der Bildseite nach oben gelegt.

Inhaltsübersicht Produktinformationsblatt zur Jahres-Reiserücktritts-Versicherung der Europäische Reiseversicherung AG

Einrichten eines Postfachs mit Outlook Express / Outlook bis Version 2000

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Wörterbuch der Sozialpädagogik. und Sozialarbeit. Englisch/ Deutsch

Darum geht es in diesem Heft

Gebärmutterhalskrebs

HIV und Hepatitis bei Traumapatienten: Was ist gesichert bei Stichverletzungen und anderen Kontaminationen? Rationales Vorgehen in Klinik und Praxis

Schritt 1. Anmelden. Klicken Sie auf die Schaltfläche Anmelden

Private Senioren- Unfallversicherung

Zahlenwinkel: Forscherkarte 1. alleine. Zahlenwinkel: Forschertipp 1

Meine Entscheidung zur Wiederaufnahme der Arbeit

Methicillin Resistenter Staphylococcus Aureus (MRSA)

Ein neues System für die Allokation von Spenderlungen. LAS Information für Patienten in Deutschland

Trainingsplan 16-wöchiger Trainingsplan für einen Triathlon (Volkstriathlon), Einsteiger

Alle gehören dazu. Vorwort

Internetnutzung (Teil 1)

Hautkrebsscreening. 49 Prozent meinen, Hautkrebs sei kein Thema, das sie besorgt. Thema Hautkrebs. Ist Hautkrebs für Sie ein Thema, das Sie besorgt?

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Was ich als Bürgermeister für Lübbecke tun möchte

Catherina Lange, Heimbeiräte und Werkstatträte-Tagung, November

Transkript:

THE INTERNATIONAL MOUNTAINEERING AND CLIMBING FEDERATION UNION INTERNATIONALE DES ASSOCIATIONS D ALPINISME Office: Monbijoustrasse 61 Postfach CH-3000 Berne 23 SWITZERLAND Tel.: +41 (0)31 3701828 Fax: +41 (0)31 3701838 e-mail: office@uiaa.ch EMPFEHLUNGEN DER MEDIZINISCHEN KOMMISSION DER UIAA Nr. 18 Das Risiko blutübertragener Infektionen beim Klettern Für Ärzte, Ausbilder und interessierte Nicht-Mediziner Schöffl V, Morrison A, Küpper T 2010 V 2-2 Page: 1 / 7

Einleitung Infektionen, die durch Blut übertragen werden können wie beispielsweise Hepatitis B, C (HBV, HBC) und HIV / AIDS stellen große globale Gesundheitsprobleme dar. Im Jahre 2008 waren weltweit 33,4 Mio. Menschen HIV positiv und 2 Mio. starben an AIDS 1. Mehr als 500 Mio. Personen haben lebenslange Persistenz von HBV und HCV. Trotz der gegen HCV und HBV zur Verfügung stehenden antiviralen Therapie werden akut oder chronisch Infizierte oft nicht behandelt, oft weil sie asymptomatische Verläufe zeigen bis die fortschreitende Lebererkrankung nach 10-20 Jahren klinisch in den Vordergrund tritt. Wenn erst einmal Symptome aufgetreten sind, kann eine antivirale Therapie die Organschädigung nur begrenzen, nicht jedoch rückgängig machen. Eine Impfung gegen HBV steht zur Verfügung, nicht jedoch gegen HCV. Es ist belegt, daß das Übertragungsrisiko für HBV bei Kollisionen bei Kontaktsportarten erhöht ist, auch bei intravenösem Drogenkonsum, bei Personen, die Hochrisikogebiete besuchen oder dort leben, sowie bei denjenigen, die ohne ausreichenden Schutz Erste Hilfe leisten 2. Es wird davon ausgegangen, daß das Infektionsrisiko bei Sportlern prinzipiell erhöht ist 2. Daraus ergibt sich ein neues und komplexes präventivmedizinisches Problem sowohl für die betreuenden Ärzte als auch für die Aktiven selbst 2. In zahlreichen überregionalen Journalen wurde in den 90er Jahren über bekannte Sportler berichtet, die HIV positiv und an teilweise AIDS erkrankt waren 3-5, was auch dazu beigetragen hat, daß Empfehlungen zur Prävention der blutübertragener Infektionen im Sport erarbeitet wurden Dadurch geriet das Risiko der HIV-Infektion aus dem Fokus des Sports 2, 6. Klettern und Bergsteigen erfordert oft eine Reise in fremde Länder und in abgelegene Regionen, und zwar sowohl aus Anlaß eines Wettkampfes als auch zum privaten Vergnügen. Schnitt- und Schürfwunden sind beim Klettern ein häufiges Ereignis, insbesondere an den Fingerspitzen 7. Wie ist also das Risiko von blutübertragenen Infektionen für Kletterer einzuschätzen, beispielsweise als Nachsteigender oder beim Wettkampf? Weitere denkbare Situationen mit Infektionsrisiko wären i.v.-drogenkonsum (einschließlich Anabolika!) mit kollektivem Benutzen der gleichen Nadel oder das Stechen von Tatoos, Bluttransfusionen mit infiziertem Blut, Erste Hilfe-Leistung an infektiösen Patienten ohne angemessene Vorsichtsmaßnahmen (z.b. Latexhandschuhe) und alle Formen von ungeschütztem Geschlechtsverkehr. HBV und HCV verbreiten sich auf den gleichen Infektionswegen wie HIV. Methode Es wurde eine Recherche in Pubmed (1966-2010) und Google durchgeführt. Die Suchparameter umfaßten die Stichworte: HIV, AIDS hepatitis, HBV, HCV, sport, athlete, rock climbing, and blood borne transmission einschließlich der Kombinationen dieser Stichworte. Die Suchergebnisse wurden auf Relevanz überprüft und die so selektierten Studien einer detaillierten Analyse unterzogen. Bei den meisten Publikationen handelte es sich um Fallberichte, Expertenmeinungen oder Konsensus Paper. Die Originalpublikation der UIAA MedCom-Empfehlung aus dem Jahre 1993 wurde ebenfalls analysiert 8. Page: 2 / 7

Aufgrund der analysierten Daten wurde dann die Möglichkeit der Infektion beim Klettern abgeschätzt und entsprechende Empfehlungen erarbeitet. Relevante Fakten zu HVB, HVC und HIV 2,2% der Weltbevölkerung sind HCV positiv. Dieses Virus gilt als 10x so infektiös wie HIV 9. HVC tritt häufiger bei Personen auf, die intensiven Kontakt zu infektiösem Blut haben, z.b. bei i.v.-drogenkonsum, Empfänger ungeprüfter Blutkonserven oder Blutgerinnungsprodukte 9. Die Weitergabe gebrauchter Injektionsnadeln an andere Personen kann diese ebenfalls infizieren. Jegliche Blutprodukte, die vor dem Jahre 1989 verabreicht wurden, sind höchstwahrscheinlich nicht zuvor auf HCV untersucht worden. HBV wird transkutan oder über die Schleimhäute übertragen, wenn diese mit infektiösem Blut oder viruslastigen Körperflüssigkeiten kontaminiert werden 9. HBV ist 50- bis 100-mal infektiöser als HIV 10, 11. Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Zunächst ist die Konzentration von HBV im Blut deutlich höher als die von HIV 2, 10. Pro Milliliter Blut sind mehr als 100 Millionen infektiöse Einheiten vorhanden, während diese Konzentration bei HIV nur wenige Hundert bis zu einigen Tausend pro Milliliter beträgt (AMSSM). HBV ist deutlich umweltstabiler 2, 10 und widerstandsfähiger gegenüber üblichen Desinfektionsmitteln und Alkohol. HBV kann 7 Tage auf Oberflächen infektiös bleiben 2. Gegen HBV besteht die Möglichkeit der Impfung, nicht dagegen gegen HCV und HIV. Die Zahl der Neuinfektionen mit HIV hat sich global seit dem Jahre 2000 weitgehend stabilisiert, wohl vor allem durch Verbesserung der Aufklärung, aber auch durch restriktive Maßnahmen wie Einreiseverbote für HIV positive Personen oder limitierte Aufenthaltserlaubnis in zahlreichen Ländern 12. Dadurch wurde in einigen Ländern die Ausbreitung von HIV bis 2008 vermindert, allerdings wurde diese lokale Abnahme global durch die massive Zunahme in anderen Ländern, beispielsweise in den Ländern der russischen Föderation, der Ukraine und global in der Altersgruppe der 15- bis 24-jährigen ins Gegenteil verkehrt 12. Auf jeweils 2 Personen, die antivirale Behandlung bekommen, entfallen 5 weitere Personen, die mit HIV infiziert werden 12. Infektion während des Sports Sport-spezifische Daten basieren hauptsächlich auf Fallberichten, Consensus- Empfehlungen und Expertenmeinungen. Da Kletterer jedoch Teil der Allgemeinbevölkerung sind, können die zahlreichen Daten aus diesem Kollektiv mit gewissen Einschränkungen genutzt werden. So kann einerseits konstatiert werden, daß das Risiko der Infektion während des Sportes höher ist, wenn ein Mitglied der Sportgruppe HIV oder Hepatitis positiv ist. Andererseits ist das mathematisch geschätzte Risiko für den einzelnen Sportler äußerst gering, während der Sportausübung sich mit derartigen Viren zu infizieren. Theoretisch besteht beim Klettern das Risiko blutübertragener Infektionen immer dann, wenn ein Kletterer auf einem Griff Bluttropfen aus einer Handverletzung hinterläßt und ein anderer Kletterer mit einer Hautverletzung im Bereich der Hand mit diesem Blut in Kontakt kommt. Die Übertragung wird durch Verletzungen wie Schnitte Page: 3 / 7

oder Schürfwunden deutlich erleichtert 6. Bei Kletterern finden sich häufig kleine Verletzungen insbesondere im Bereich der Fingerspitzen 7. Das Risiko der HIV-Infektion auf diesem Wege ist sicher sehr klein, denn das HIV Virus ist bei üblichen Umgebungsbedingungen nur sehr kurz stabil und es ist anzunehmen, daß ausreichend Zeit vergangen ist, bevor der nächste Kletterer den betroffenen Griff faßt. Trotzdem existiert ein potentielles Risiko. Dieses wird allerdings durch die Tatsache, daß relativ große Virusmengen von HIV und HCV für eine Infektion notwendig sind, weiter reduziert im Falle, daß kontaminierte Oberflächen beim Klettern berührt werden sollten. Dies steht in krassem Gegensatz zu HBV, wo signifikant geringere Virusmengen notwendig sind, um eine Infektion bei einer nichtimmunen Person zu verursachen. Außerdem ist HBV wesentlich umweltresistenter als die anderen genannten Viren. Beim Sport wird grundsätzlich ein potentielles Risiko der Infektion bei Kontakt infizierten Blutes zu Hautverletzungen oder Schleimhäuten angenommen, allerdings wird generell davon ausgegangen, daß das Risiko extrem gering ist 2, 3, 5, 6, 10, 13-15. Das Risiko könnte bei Sportarten mit direktem Körperkontakt oder bei Kampfsportarten größer sein 2, 15. Sportarten mit gelegentlichem Körperkontakt wie Ballsportarten (z.b. Fußball, Hockey u.a.) dürften ein mittleres Risiko aufweisen, während Disziplinen wie Turnen und Tennis das geringste Risiko haben 2, 16. Klettern ist zwischen den letzten beiden Gruppen einzuordnen, da zwar der direkte Körperkontakt gering ist, aber andererseits kleinere Hautverletzungen der Hände, die auch kleinere Blutspuren auf den Griffen hinterlassen können, an der Tagesordnung sind 17. Die Risikoabschätzung für die HIV-Übertragung ergibt ein geringes Risiko, weniger als eine Infektion pro 1 Mio. Spiele 2. Brown et al. 14 errechneten für professionelle Football Spieler das Risiko einer HIV Transmission mit weniger als 1:85 Mio. Spielkontakten. Bislang gibt es keinen einzigen Fallbericht einer gesicherten HIV- Übertragung im Sport 2. Torre et al. 18 berichteten von einem Fall einer Serokonversion nach einer blutenden Verletzung im Fußball. Allerdings wurde dieser Bericht später dahin gehend kritisiert, daß die Übertragung nicht belegt sei 2, 4, 5, 10, was allerdings beim Sport grundsätzlich schwierig ist 19. In der Zusammenschau zeigen die bisherigen Erkenntnisse, daß die Übertragung von HIV im Sport äußerst unwahrscheinlich ist 15. Das theoretische Risiko einer HBV-Übertragung im Sport liegt für eine Infektion irgendwo zwischen 850.000 4,25 Mio. und 10.000 50.000 Spielen 20. Wenn nach einer Infektion mit HBV und / oder HCV Symptome aufgetreten sind, kann eine medikamentöse Behandlung den Organschaden zwar minimieren, nicht jedoch umkehren. Für HBV existiert eine Impfung, die heute als Standardimpfung betrachtet werden kann und allen Sportlern empfohlen werden sollte 5, 6. Die Wahrscheinlichkeit einer HCV-Infektion im Sport ist deutlich geringer als die von HBV allerdings deutlich höher als die von HIV 5 und gegen HCV existiert keine Impfung. Die Hauptinfektionsquelle für HCV ist die Benutzung kontaminierter Infektionsbestecke, wobei der Drogenmißbrauch mit gemeinsamer Nutzung der Bestecke das höchste Risiko darstellt, allerdings nicht die Berührung kontaminierter Oberflächen von Sportgeräten 5. Darüber hinaus existieren weitere relevante Unterschiede zwischen den Viren: Die Konzentration von HBV im Blut ist höher als die von HIV und HBV ist sehr umweltresistent 2, 10. HBV ist auch stabiler gegen Desinfektionsmittel und Alkohol und kann auf Oberflächen mehr als 7 Tage infektiös bleiben 2, was ein weiteres wichtiges Argument für die HBV-Impfung von Sportlern ist 6. Page: 4 / 7

Da die meisten Kletterer nicht wissen, ob jemand anderes aus der Gruppe positiv auf HBV, HCV oder HIV ist, sollte bei jedem Zwischenfall mit blutenden Wunden dieses Risiko als gegeben angenommen werden. Das bedeutet, daß in jedem Fall auf die entsprechenden Schutzmaßnahmen bei der Wundversorgung gedacht wird. Direkter Körperkontakt Kletterer sind meist gut trainiert und auch an Abenteuern und Reisen interessiert. Das kann mit einer hohen sexuellen Aktivität einher gehen, wodurch sekundär das Risiko sexuell übertragener Erkrankungen (STDs) einschließlich HIV erhöht werden kann. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, daß dieses Risiko bei Kletterern höher ist als das der Allgemeinbevölkerung 2. Angehörige von (Berg-) Rettungsdiensten sollten immer über das Risiko von Blutkontakt informiert sein und angemessene Vorsichtsmaßnahmen kennen und durchführen. Zu den wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen gehört das Waschen der Hände, Schutzkleidung einschließlich Handschuhe, Sterilisation und Desinfektion. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Umgang mit Kanülen, scharfen oder stechenden Instrumenten gewidmet werden, die umgehend in durchstichsichere Behälter entsorgt werden sollten 3, 8, 10, 15. Andere Übertragungswege Verschiedene weitere Übertragungswege wurden bei Sportlern berichtet, wie Drogenmißbrauch, Injektionen zu Dopingzwecken, Bluttransfusionen und andere 2, 4-6. Insbesondere die Hepatitis C tritt häufiger als viele andere Virusinfektionen nach Injektionen (Steroide, Doping) auf 5. Dennoch unterscheiden sich diese Übertragungswege nicht wesentlich von denen in der Normalbevölkerung. Schlußfolgerung Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Hauptübertragungswege blutübertragener Infektionen bei Sportlern denen der Allgemeinbevölkerung entsprechen und daß es keine für den Sport spezifischen Übertragungswege gibt. Das Hauptrisiko für derartige Erkrankungen liegt auch beim Sportler im ungeschützten Sexualverkehr und Drogenkonsum, nicht dagegen im Sport 10. Das Übertragungsrisiko beim Klettern ist noch deutlich geringer als bei Kontaktsportarten 5. Eine zügige und zweckdienliche Versorgung blutender Wunden ist essentiell, auch das Abdecken von Schürfungen und Wunden zur vollständigen Heilung 10. Während einer Sportveranstaltung liegt das Erkennen stärkerer Blutungen im Verantwortungsbereich der Offiziellen, der Sportler und des medizinischen Personals. Teilnehmer mit Blutungen sollten sobald wie möglich die Aktivität unterbrechen. Die Blutung muß versorgt und mit Wasser und Seife oder Desinfektionsmittel gereinigt werden 10. Klettergriffe müssen gereinigt und ggf. gebürstet werde, falls notwendig mit einem Desinfektionsmittel. Bevor die Griffe erneut benutzt werden, müssen sie vollständig austrocknen. Page: 5 / 7

Die zwingende Testung auf HIV, HBV oder HCV oder das generelle Screening ist nicht zu empfehlen 10, 15, freiwillige Tests sollten allen Risikopersonen gleichermaßen angeboten werden wie Nicht-Sportlern 2, 3. Auch wenn die International Federation of Sports Medicine und die WHO für Sportler keine HBV-Impfung empfiehlt 21, sollte diese Kletterern empfohlen werden 6, insbesondere dann, wenn der Sport in Verbindung mit Reisen steht. Kletterer, insbesondere Wettkampfkletterer haben oft eine hohe Reiseaktivität, weil die Wettkämpfe an zahlreichen Orten weltweit ausgetragen werden. HIV und HBV positive Kletterer sollten weder vom Klettern noch von Kletterwettkämpfen ausgeschlossen werden 8. Offensichtlich ist moderate Aktivität für HIV- Patienten nicht schädlich 3, 10, 13, 21 und eine HIV-Infektion allein ist kein Grund, dem Sportler die Fortsetzung des Sportes abzuraten 2, 4, 5, 10, 13, 21. Das Risiko der Übertragung von einem infizierten Athleten auf andere ist sehr gering, präventive und aufklärende Maßnahmen sollten im Vordergrund stehen 2, 6, 10. Literatur 1. WHO Global Summary of the AIDS epidemic. http://data.unaids.org:80/pub/report/2009/jc1700_epi_update_2009_en.pdf (28.3.2010). 2. Kordi R, Wallace W A. Blood borne infections in sport: risks of transmission, methods of prevention, and recommendations for hepatitis B vaccination. Br J Sports Med 2004;38(6):678-84; discussion 683-84. 3. Leach L HIV/AIDS and Sport. www.scienceinafrica.co.za/2003/february/sport.htm (8.6.2009). 4. Feller A, Flanigan T P. HIV-infected competitive athletes. What are the risks? What precautions should be taken? J Gen Intern Med 1997;12(4):243-6. 5. Dorman J M. Contagious diseases in competitive sport: what are the risks? J Am Coll Health 2000;49(3):105-9. 6. Mast E E, Goodman R A. Prevention of infectious disease transmission in sports. Sports Med 1997;24(1):1-7. 7. Hochholzer T, Schöffl V. One move too many. 2nd ed.; Lochner Verlag: Ebenhausen, 2006. 8. UIAA MedCom, The transfer of blood to blood infections in climbing competitions. In Consensus guidelines on mountain emergency medicine and risk reduction, ed.; UIAA Medcom; IKAR Medcom, 'Ed.' casa editrice stefanoni: Lecco, 1993; 'Vol.' 1, 95-96. 9. Alter M J. Epidemiology of viral hepatitis and HIV co-infection. J Hepatology 2006;44:6-9. 10. American Medical Society for Sports Medicine, American Orthopedic Society of Sports Medicine, Human immunodeficiency virus (HIV) and other blood borne pathogens in sports. 1995. 11. Rehermann B, Nascimbeni M. Immunology of Hepatitis B Virus and Hepatitis C Virus Infection. Nat Rev Immunol 2005;5:215-229. 12. UNAIDS, A Global view of HIV infection - Estimated adult HIV prevalence for countries in 2008, 'Ed.' UNAIDS: 2008, http://www.unaids.org/en/knowledgecentre/hivdata/globalreport/2008, assessed 2.1.2010 13. Clem K L, Borchers J R. HIV and the athlete. Clin Sports Med 2007;26(3):413-24. 14. Brown L S, Jr., Drotman D P, Chu A, Brown C L, Jr., Knowlan D. Bleeding injuries in professional football: estimating the risk for HIV transmission. Ann Intern Med 1995;122(4):273-4. 15. Muller-Rath R, Mumme T, Miltner O, Skobel E. [Competitive karate and the risk of HIV infection-- review, risk analysis and risk minimizing strategies]. Sportverletz Sportschaden 2004;18(1):37-40. Page: 6 / 7

16. Goldsmith M. When sports and HIV share the bill. Some money goes on common sense. JAMA 1992;267:1311-14. 17. Schöffl V, Küpper T. Injuries at the 2005 World Championships in Rock Climbing. Wilderness Environ Med 2006;17:187-90. 18. Torre D, Sampietro C, Ferraro G. Transmission of HIV-1 infection via sports injury. Lancet 1990;335:1105. 19. Orchard J. Commentary on Kordi and Wallace: Blood borne infections in sport. Br J Sports Med 2004;38(6):683-684. 20. McGrew C A, Blood-borne pathogens and sports. In Medical problems in athletes, ed.; Fields, K. B.; Fricker, P. A., Blackwell Science: Oxford, 1997; 64-9. 21. International Federation of Sports Medicine, AIDS and Sport - FIMS Position Statement, www.fims.org/fims/frames.asp, assessed 25.11.2003 Mitglieder der UIAA MedCom (in alphabetischer Reihenfolge) C. Angelini (Italien), B. Basnyat (Nepal), J. Bogg (Schweden), A.R. Chiocconi (Argentinien), N. Dikic (Serbien), W. Domej (Österreich), P. Dobbelaar (Niederlande), E. Donegani (Italien), S. Ferrandis (Spanien), U. Gieseler (Deutschland), U. Hefti (Schweiz), D. Hillebrandt (Großbritannien), J. Holmgren (Schweden), M. Horii (Japan), D. Jean (Frankreich), A. Koukoutsi (Griechenland), A. Kokrin (Russland), J. Kubalova (Tschechische Republik), T. Küpper (Deutschland), J. McCall (Kanada), H. Meijer (Niederlande), J. Milledge (Großbritannien), A. Morrison (Großbritannien), H. Mosaedian (Iran), R. Naeije (Belgien), M. Nakashima (Japan), S. Omori (Japan), P. Peters (Luxembourg), I. Rotman (Tschechische Republik), V. Schöffl (Deutschland), J. Shahbazi (Iran), J.C. Skaiaa (Norwegen), J. Venables (Neuseeland), J. Windsor (Großbritannien) Historie der vorliegenden Empfehlung Die hier vorliegende Empfehlung stellt eine Aktualisierung der UIAA MedCom Empfehlung von 1993 dar 8. Die vorliegende Version wurde im Umlaufverfahren am 31. Mai 2010 verabschiedet. Page: 7 / 7