Aktuelle Trends und Märkte in der Meerwasserentsalzung und ihre Bedeutung für deutsche Unternehmen und Hochschulen

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Transkript:

Aktuelle Trends und Märkte in der Meerwasserentsalzung und ihre Bedeutung für deutsche Unternehmen und Hochschulen Dr. Joachim Gebel; Dr. Süleyman Yüce Name der Schriftenreihe, Aachen Jahr, ISBN 1 Einleitung Außerirdische würden unseren Planeten ganz sicher als Planet Wasser und nicht als Planet Erde bezeichnen, dies nicht nur alleine wegen der äußeren Erscheinung, der Farbe und der riesigen Ausdehnung der Wasserflächen auf der Erde (ca. 71% der Kugel sind von Wasser bedeckt), sondern auch wegen der Tatsache, dass alles Leben auf diesem Planeten vom Wasser abhängig, beeinflusst und geprägt ist. Was die Außerirdischen jedoch vor allem sehen würden, wären die Ozeane, d.h. Salzwasser, während das Leben um uns herum - und auch wir Menschen - Süßwasser brauchen. Dem augenscheinlichen Überfluss werden damit schnell Grenzen gesetzt. Lediglich etwa 2,5 % der Gesamtwassermenge ist nämlich Süßwasser, und der größte Teil dieses Süßwassers ist in den Eismassen des Nord- und Südpols gespeichert. Nur 0,75 % sind dem so genannten hydrologischen Kreislauf oder Wasserkreislauf zuzurechnen. Schon seit alters sah sich der Mensch in bestimmten Regionen der Erde mit Süßwassermangel konfrontiert, hatte jedoch das Meer sozusagen vor den Füssen liegen - und damit auch die Frage, wie aus Salzwasser Süßwasser hergestellt werden kann. Der vorliegende Beitrag beginnt daher mit einer kurzen Übersicht über die Entwicklung der Technik der Meerwasserentsalzung im Laufe der Geschichte. Um die Frage nach der Zukunft der Meerwasserentsalzung und den sich damit ergebenden Märkten beantworten zu können, ist es als erstes notwendig, sich mit dem Wasserbedarf in den betroffenen ariden Regionen zu beschäftigen. Die Kenntnis des derzeitigen und zukünftigen Wasserbedarfs führt automatisch zu der Frage, wie dieser gedeckt wird bzw. gedeckt werden kann. Die Meerwasserentsalzung ist eine mögliche Antwort auf diese Frage. Abschließend beschäftigt sich der Beitrag mit den sich aus der Meerwasserentsalzung ergebenden Märkten und Chancen für Unternehmen und Hochschulen. 2 Meerwasserentsalzung gestern und heute Die heutige Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, Abu Dhabi, bestand noch 1959 nur aus einem Fort und ein paar dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden (siehe Bild 2.1). Mit dem Auslaufen des ersten Öltankers im Jahre 1963 änderte sich dies grundlegend. Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft wurden in neue und hoch-

2 moderne Städte investiert. Abu Dhabi Corniche wird heute von modernen Hochhäusern gesäumt, die den Reichtum und die Weltoffenheit der Vereinigten Arabischen Emirate im wahrsten Sinne des Wortes widerspiegeln. Während viele sagen würden, all dies sei auf Öl gebaut, kann jedoch auch die Formulierung gewählt werden, dass diese Städte auf Wasser gebaut sind. Ohne die riesigen Meerwasserentsalzungsanlagen, die neben den Städten errichtet und betrieben werden, könnten die Menschen in dieser heißen Wüstenregion nicht überleben. Meerwasserentsalzung gestern und heute 1959 1994 ABU DHABI CORNICHE 3 Bild 2.1: Abu Dhabi Corniche 1959 und 1994 Dass die Meerwasserentsalzung diesen entscheidenden Beitrag zu der Entwicklung einer ganzen Region leisten würde, war hundert Jahre zuvor noch nicht abzusehen. Bild 2.2 zeigt die Reste einer Verdampferanlage, die auf einem Militärstandort der US Army in Key West in der Karibik gefunden wurde. Auf dem Typenschild ist nicht nur das Inbetriebnahmejahr 1862 vermerkt, die Typenbezeichnung Normandy No.189 zeigt auch, dass relativ viele von diesen Anlagen gebaut wurden, und dass der Anlagenbauer wahrscheinlich aus Frankreich kam. Die Kapazität mit 25 m³ entsalzten Wassers pro Tag ist nach heutigen Maßstäben jedoch als sehr klein zu bezeichnen. Meerwasserentsalzung wurde zu dieser Zeit fast ausschließlich dazu genutzt, entlegene Militärstandorte mit Wasser zu versorgen. Sukzessive wurden auch Entsalzungsanlagen auf Dampfschiffen installiert, so hatte z.b. die Titanic zwei Verdampfereinheiten, die mit Dampf beheizt wurden. Hundert Jahre später hatte sich die Kapazität vervielfacht. The world largest desalination plant, die 1959 in der Karibik auf der Insel Aruba mit einer Tagesleistung von 7.500 m³ Destillat in Betrieb genommen wurde, hat es sogar auf eine Briefmarke der Nederlandse Antillen geschafft. Trotzdem war die weltweit installierte Entsalzungskapazität verschwindend klein. Erst mit dem Ölboom setzte ein vehementer Ausbau dieser Technik ein.

3 Meerwasserentsalzung gestern und heute 1862 Desalting unit Normandy N 0.189 US Army Key West, Caribbean Island 7.500 gal/d (25 m³/d) 4 Bild 2.2: Desalting unit Normandy No. 189, 1862 In Bild 2.3 ist der Anlagenkomplex Al Taweelah B in den Vereinigten Arabischen E- miraten gezeigt, der Ende der 90er Jahre in Betrieb genommen wurde. Typisch ist die Zusammenschaltung von Kraftwerks- mit Verdampferblöcken als so genannte Dual Purpose Anlage. Dabei wird in den Kraftwerken mittels Dampfturbinen erst Strom erzeugt und der Abdampf der Turbinen anschließend zur Eindampfung von Meerwasser genutzt. Dies stellt die für thermische Verfahren energetisch optimale Fahrweise dar. Typisch für den Stand der Technik ist auch die Leistung der einzelnen Einheiten: die Verdampferanlagen liefert je Block nominal 57.600 m³/d an salzfreiem Destillat, und die Kraftwerksblöcke sind ausgelegt für eine elektrische Leistung von 122 MW. Meerwasserentsalzung gestern und heute State-of-the-art: Desalination Plant Al Taweelah B / VAE Energy Supply Power Plant 6 x 122 MW el MSF Evaporator 6 x 57.600 m³/d By courtesy of Fisia Italimpianti SpA., Italy 6 Bild 2.3: Meerwasserentsalzungsanlage Al Taweelah B / VAE

4 Wird in Betracht gezogen, dass das hochreine Destillat üblicherweise noch mit Meerwasser verschnitten wird, um den Salzgehalt wieder etwas anzuheben, so werden an diesem Standort also mehr als 350.000 m³ Trinkwasser produziert. Bild 2.4 zeigt die installierte Anlagenkapazität zur Meer- und Brackwasserentsalzung in absteigender Folge für die Jahre 1996 und 2000. Führend ist Saudi-Arabien mit mehr als 5 Millionen m³/d. Dies entspricht etwa 1/8 der zur Zeit weltweit installierten 40 Millionen m³/d. Es folgen die USA (über 4 Mio. m³/d, vor allem Brackwasser) und die Vereinigten Arabischen Emiraten (fast 3 Mio. m³/d). Nach diesem kurzen Abriss zur Entwicklung der Meerwasserentsalzung und dem heutigen Stand der Technik (bzw. Anerkannte Regeln der Technik ) soll nun auf den Wasserbedarf und die zukünftige Entwicklung eingegangen werden. Meerwasserentsalzung gestern und heute Installierte Entsalzungskapazitäten Entsalzte Wassermenge (2007) weltweit: 40 Millionen m³/d 8 Bild 2.4: Installierte Entsalzungskapazität nach Ländern geordnet 3 Wasserbedarf in ariden Gebieten Dieses Kapitel beschäftigt sich mit dem Wasserbedarf, den ein Mensch zum täglichen Leben braucht. Dabei wird nicht der Mindestbedarf zum Überleben betrachtet, sondern die Wassermenge, die notwendig ist, um ein Leben mit einem gewissen Komfort zu führen. Dazu gehören solche Standards wie tägliches Duschen, Waschund Spülmaschine, gesundes Essen, vernünftige Kleidung und ein Auto. Bei der Ermittlung des Bedarfswertes kann auf eine sehr gute Datenbasis zurückgegriffen werden, da sowohl seitens der WHO (World Health Organization), der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization), der EU (Europäische Union) und anderer Organisationen umfangreiche Untersuchungen und Erhebungen vorliegen.

5 Wie in Bild 3.1 gezeigt, wird üblicherweise zwischen den drei Verbrauchern Haushalte, Industrie und Landwirtschaft unterschieden. Der Wasserverbrauch in Haushalten wird auch unter dem Begriff Öffentliche Versorgung (Public supply) verbucht, sodass damit auch das Wasser erfasst wird, dass z.b. in öffentlichen Gebäuden verbraucht oder in öffentlichen Parks zur Bewässerung eingesetzt wird. Haushalte oder Public supply schlagen demnach mit etwa 150 Liter pro Kopf und Tag zu Buche (150 liter/cap d). Dieser Wert gilt für gemäßigte Breitengrade wie Deutschland oder Frankreich. In heißen Regionen wie Spanien, Griechenland oder Italien erhöht sich dieser Wert auf 250 Liter pro Kopf und Tag, wobei im Mittel auch schon einmal der ein oder andere private Swimming Pool dabei sein kann. Wasserbedarf in ariden Gebieten Bedarf an Frischwasser für ein komfortables Leben Haushalte 150 liter/cap d 55 m³/cap a Industrie 450 liter/cap d 165 m³/cap a Landwirtschaft 3,000 liter/cap d 1,095 m³/cap a Gesamt 3,600 liter/cap d 1,315 m³/cap a liter/cap d = liter per person and day m³/cap a = cubic meter per person and year 9 Bild 3.1: Wasserbedarf von Haushalten, Industrie und Landwirtschaft Der Wasserbedarf der Industrie ist in den letzten Jahrzehnten ständig zurückgegangen. Dies liegt vor allem daran, dass in den Industrienationen Frischwasser bzw. die nach dem Einsatz folgende Abwasserreinigung vergleichsweise teuer ist und sich damit Wassersparmaßnahmen für die Industrieunternehmen rechnen. Auch haben Umweltschutzgesetze und - verordnungen mittlerweile flächendeckend gegriffen, die zum Schutz der Gewässer jedwede Wasserentnahme und Abwassereinleitung regeln. So wurde der Wasserverbrauch der Industrie von über 900 liter/cap d im Jahre 1950 auf 450 liter/cap d im Jahre 2000 halbiert. Trotz dieser deutlichen Verringerung ist wichtig sich zu merken, dass im Mittel je Tonne eines industriell hergestellten Produktes ein Bedarf von 200 m³ Wasser veranschlagt werden muss! Industrialisierung ohne Wasser funktioniert also nicht. Laut UNESCO benötigt die Produktion von 1 kg Getreide rund 1 m³ Wasser (in Saudi-Arabien erhöht sich dieser Wert wegen der hohen Verdunstungsrate auf 3 m³). Wird das Getreide zur Fleischproduktion genutzt, so ergeben 16 kg Getreide nur 1

6 kg Fleisch. Die UNESCO nennt einen Wert von 3.000 litre/cap d, die für unsere tägliche Versorgung mit Nahrungsmitteln eingesetzt werden müssen. Summa summarum beträgt der tägliche Pro-Kopf-Wasserbedarf also 3.600 Liter. Wird dieser Wert hochgerechnet auf ein Jahr, so ergibt sich eine Zahl von rund 1.300 m³ pro Kopf und Tag. Werte der europäischen Datenbank EUROSTAT für Spanien, die für mehrere Jahre gemittelt wurden, bestätigen die oben genannten Zahlen. Der Tabelle in Bild 3.2 ist zu entnehmen, dass der gesamte Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr bei 1.133 m³ liegt. Wird die Wasserentnahme für den Betrieb von Kraftwerken abgezogen, so ergibt sich ein Wert von knapp 1.000 m³. Wasserbedarf in ariden Gebieten Beispiel Spanien: Wasserversorgung nach Verbrauchern Spain 10 6 m³/a m³/cap a liter/cap d % Public water supply 3.852,54 88,77 243,20 8,9 Agriculture self supply 14.460,00 333,18 912,82 33,4 Agriculture (without self supply) 23.582,63 543,38 1.488,71 54,4 Industrial use (without power plants) 1.458,18 33,60 92,05 3,4 Power plants 5.324,00 134,56 368,66 48.677,34 1.133,49 3.105,44 without power plants 43.353,34 998,92 2.736,78 100,00 ³/cap a) 3,4% 8,9% Verhältnis Öffentliche Versorgung zu Landwirtschaft : 1 zu 10 54,4% 33,4% Source: http://epp.eurostat.ec.europa.euwater europe 10 Bild 3.2: Wasserversorgung nach Verbrauchern am Beispiel Spanien Das bedeutet für unsere Frage nach dem Wasserbedarf in ariden Gebieten: Steht ein jährliche Wassermenge von 1.000 m³ je Einwohner zur Verfügung, so kann ein Lebensstandard garantiert werden, der dem Lebensstandard in Spanien entspricht. Als Faustregel gilt weiterhin, dass die Wassermenge für die öffentliche Versorgung (Haushalte usw.) und die in der Landwirtschaft zur Bewässerung benötigte Menge im Verhältnis 1 : 10 stehen. Die UNESCO gibt eine Weltkarte heraus, auf der die Länder gekennzeichnet sind, deren erneuerbare oder nachhaltig verfügbare Wasserressourcen im Jahre 2025 unter diesem obligatorischen Wert von 1.000 m³/cap a liegen. Unter erneuerbaren oder nachhaltig verfügbaren Wasserressourcen versteht man insbesondere regelmäßig wiederkehrende Niederschläge, sich immer wieder auffrischende Grundwasservorräte sowie große Flüsse wie Nil oder Euphrat und Tigris, die Wasser von außen in

7 das jeweils in Betracht gezogene Land transportieren. Auf der Karte in Bild 3.3 ist zu erkennen, dass insbesondere die Region der MENA-Staaten, d.h. Middle East North Africa, von Wasserknappheit betroffen ist. Aber auch eine große Zahl weiterer Staaten, zu denen u.a. Spanien und China zu zählen sind, müssen sich in bestimmten Regionen mit Wassermangel auseinandersetzen, obwohl die mittleren Werte über 1.000 m³/cap a liegen. Wasserbedarf in ariden Gebieten Nachhaltig verfügbare Wassermengen (erneuerbar) MENA region Middle East North Africa Prognose 2025 m³/a m³/a m³/a m³/a m³/a 11 Bild 3.3: Prognose der erneuerbare Wasserquellen für das Jahr 2025 Wasserbedarf in ariden Gebieten Nachhaltig verfügbare Wassermengen (erneuerbar) Renewables per capita (m³/cap a) 10,000 9,000 8,000 7,000 6,000 5,000 4,000 3,000 2,000 1,000 0 Kuwait Deckungslücke UAE Qatar Saudi Arabia Libya Ernster Wassermangel Jordan Bahrain Malta Yemen Israel Oman Algeria Tunisia Kein allgemeines Wasserproblem, jedoch lokaler Wassermangel. Morocco Egypt Lebanon Syria Iraq Source: Pacific Institute, 2007; www.fao.org 12 Bild 3.4: Prognose der erneuerbare Wasserquellen für das Jahr 2025

8 Wie aus der Darstellung in Bild 3.4 zu erkennen ist, tut sich eine Deckungslücke zwischen dem Bedarf und den erneuerbaren Quellen auf. Die Lücke muss mit anderen Wasserquellen geschlossen werden. Wie dies derzeit geschieht und wie dies zukünftig geschehen könnte, wird im nächsten Kapitel erläutert. 4 Deckung des Wasserbedarfs derzeit und zukünfig Bild 4.1 zeigt die prinzipiellen Möglichkeiten, den Wasserbedarf von Haushalten, Industrie und Landwirtschaft zu decken. Als mögliche Quellen stehen erneuerbare und nicht-erneuerbare Wasservorräte sowie Meerwasser zur Verfügung. Besonderes Augenmerk soll an dieser Stelle auf die nicht-erneuerbaren Ressourcen gelenkt werden. Damit sind insbesondere die unter der arabischen und der libyschen Wüste liegenden fossilen Grundwasservorräte gemeint. Diese in vorgesichtlicher Zeit entstandenen Reservoire sind zwar groß, jedoch endlich, da kein Zufluss mehr erfolgt. Aus der Aufstellung des Wasserbedarfs (Demand) und der Wasserversorgung (Supply) in den Länder Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Libyen ist die derzeitige Situation klar zu erkennen (siehe Bild 4.2): Die endlichen Grundwasservorräte werden für Bewässerungszwecke in der Landwirtschaft genutzt! Oberflächenwasser und Wasser aus Meerwasserentsalzungsanlagen wird für Haushalte und die Industrie eingesetzt. Libyen mit seinem Great Man Made River Project deckt momentan sogar fast seinen kompletten Bedarf aus den fossilen Vorräten. Wie kann dieser Wasserbedarf gedeckt werden? Quelle Meerwasser Behandlung entsalzung Meerwasserentsalzung Bedarf Haushalte erneuerbar??? Industrie Niederschlag Nicht - erneuerbar Fossile Grundwasservorräte Brackwasser- Direkter Verbrauch Landwirtschaft 13 Bild 4.1: Möglichkeiten der Wasserversorgung aus verschiedenen Quellen Diese Länder müssen zwei sich gegenseitig negativ beeinflussende Probleme lösen. Erstens bildet die Hauptwasserquelle, die derzeit ausgebeutet wird, fossiles Grundwasser, das mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes (bei zunehmender Entnahme vielleicht 50 Jahre) zu Ende gehen wird.

9 Wie wird dieser Wasserbedarf zur Zeit gedeckt? GWI 2007 Saudi Arabia 2005 UAE 2002 Libya 2005 Demand 10 6 [m³/a] % 10 6 [m³/a] % 10 6 [m³/a] % Agriculture 18.700 85 2.400 67 3.975 84 Domestic 2.200 10 925 26 603 13 Industrial 1.100 5 265 7 171 4 Supply 22.000 100 3.590 100 4.749 100 Groundwater 18.615 84 2.402 66 4.355 96 Surface water 2.190 10 131 4 110 2 Desalination 1.241 6 850 24 73 2 Water reuse 225 1 230 6 0 0 22.271 100 3.613 100 4.538 100 Source: Desalination Markets 2007 A Global Industry Forecast, GWI Publication 2006 E1050030 14 Bild 4.2: Wasserbedarf und Wasserversorgung in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Libyen Zweitens verzeichnen diese Länder ein hohes Bevölkerungswachstum. Wie die Aufstellung in Bild 4.3 zeigt, wird die Bevölkerung der von Wasserknappheit betroffenen Länder im Durchschnitt um 1,8 % steigen, in absoluten Zahlen bedeutet dies einen Anstieg von fast 25 Millionen Menschen bis zum Jahre 2015. Wie wird der Wasserbedarf in Zukunft gedeckt? Bevölkerungswachstum als wesentlicher Einflussfaktor! Population by country www.destatis.de Population growth www.destatis.de Forecast 2005 2015 10 million % million Algeria 32,85 1,49 38,09 Bahrain 0,73 1,60 0,85 Israel 6,73 1,54 7,84 Jordan 5,70 2,01 6,96 Kuwait 2,69 2,32 3,38 Libya 5,85 1,83 7,02 Malta 0,40 0,42 0,42 Oman 2,57 2,14 3,17 Qatar 0,81 1,80 0,97 KSA 24,57 2,29 30,83 Tunisia 10,10 0,98 11,14 UAE 4,50 2,20 5,59 Yemen 20,98 3,11 28,48 Sum 118,48 1,83 144,73 15 Bild 4.3: Bevölkerungsentwicklung in von Wassermangel betroffenen Ländern der MENA Region Bezogen auf die Frage, wie zukünftig der Wasserbedarf der Bevölkerung, der Industrie und der Landwirtschaft gedeckt werden soll, gibt es keine Alternative zum Ausbau der Meerwasserentsalzung. Bild 4.4 zeigt den Anstieg der installierten bzw. in Betrieb

10 befindlichen Meerwasserentsalzungsanlagen weltweit. Alle Experten sind sich einig, dass bis zum Jahre 2015 eine Verdoppelung der Kapazität von derzeit 40 Millionen m³/d auf dann 80 Millionen m³/d zu erwarten ist. Alleine in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Libyen müssen somit jährlich Anlagen mit einer Kapazität von insgesamt 3,5 Millionen m³/d gebaut werden, das heißt zur Veranschaulichung der Dimensionen: 10 Anlagen vom Typ Al Taweelah B (siehe Bild 2.3). Wie wird der Wasserbedarf in Zukunft gedeckt? Desalination plant capacity [10 6 m³/d] Worldwide installed and forecasted capacity (GWI 2007) 140 Worldwide capacity minus plants older than 20 years Installed Global capacity Water selected Intelligence countries 2007 120 Desalination plant capacity forecast models2015 100 80 Millionen m³/d 80 60 40 Millionen m³/d 40 20 0 1974 1979 1984 1989 1994 1999 2004 2009 2014 2019 2024 2029 Year [-] 16 Bild 4.4: Weltweit installierte und geplante Entsalzungskapazitäten 5 Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Bild 5.1 zeigt nochmals den Komplex Al Taweelah B in seiner Gesamtheit. Neben dem eigentlichen Kerntechnologien Entsalzungsanlage und Kraftwerk gibt es eine Reihe von kostenintensiven Gewerken, die für deutsche Unternehmen interessant sind: Einlauf Bauwerk ( Open seawater intake ) Infrastruktur (Straßen, Betriebsgebäude) Wasserspeicherung und Wasserverteilung Die auf die Anlagenkapazität bezogenen spezifischen Investitionskosten für eine thermische Entsalzungsanlage liegen derzeit bei etwa 1.000 US$/m³/d. D.h. eine Entsalzungsanlage mit einer Kapazität von 350.000 m³/d kostet rund 350 Millionen US$. Die übrigen Gewerke, insbesondere das aufwendige Einlauf Bauwerk, führen mindestens zu einer Verdoppelung der Kosten. Obwohl die tatsächlichen Kosten

11 nicht veröffentlicht sind, kann davon ausgegangen werden, dass ein Komplex vom Typ Al Taweelah B mindestens 1 Milliarde US$ gekostet hat. Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Marktvolumen (alleine SA, VAE, Libyen) Kraftwerkstechnik Wasserverteilung Gesamtinvestitionskosten: 1,0 Milliarde US$ Infrastruktur Entsalzungsanlage Vorbehandlung (Chemikalien) Intake - Bauwerk By courtesy of Fisia Italimpianti SpA., Italy Spez. Investitionskosten d. Entsalzungsanlage: 1.000 US$ pro m³/d Jährlicher Investitionsbedarf: 3,5 Milliarden US$ ( 3,5 Mio. m³/d) 20 Bild 5.1: Anlagenkomplex Al Taweelah B mit einzelnen Gewerken Deutschland hat sich in den 90er Jahren fast komplett aus dem Geschäft des Generalunternehmers zurückgezogen. Derzeit dominieren in Europa französische und italienische Anlagenbauer bei den thermischen Anlagen und Spanien bei Anlagen mit Membrantechnik. Im Markt werden zunehmend Stimmen laut, die nach neuen Generalunternehmern rufen, da der Wettbewerb nicht mehr gesichert ist. Bei großen Multi- Stage-Flash Verdampferanlagen gibt es derzeit nur zwei Anbieter: Fisia Italimpianti und Doosan (Südkorea), große Multiple-Effect Distiller werden nur von der französischen VEOLIA Sidem angeboten. Zwar ist Deutschland bei den Zulieferern (Pumpen, Chemikalien, PLS) und den Consultants gut im Markt vertreten, jedoch würde es sich für alle Beteiligten positiv auswirken, wenn sich wieder ein deutscher Generalunternehmer im Markt befände. Als wichtige Information bezüglich des Marktes ist noch festzuhalten, dass die thermischen Verfahren und die Membranverfahren in Zukunft etwa gleich große Marktanteile haben werden, wobei dies regional unterschiedlich ist, wie die Kuchendiagramme in Bild 5.2 veranschaulichen. In Spanien werden vornehmlich Membrananlagen gebaut werden, wogegen in den Goldanrainerstaaten ein Mix aus thermischen Verfahren und Membranverfahren installiert werden wird, da in diesen Ländern neben Wasser auch Strom benötigt wird, sodass Dual-Purpose-Anlagen gefragt sind. Mit Blick auf die Hochschulen ist als erstes festzustellen, dass die Meerwasserentsalzung wie in Bild 5.3 aufgelistet eine Vielzahl von Fachrichtungen betrifft. Dies beginnt mit der Verfahrenstechnik als Kerndisziplin für den eigentlichen Meerwasserentsalzungsprozess und endet bei der Mikrobiologie des Meerwassers und der Umweltverträglichkeit des wieder ins Meer zurückgeleiteten Konzentrates.

12 Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Membranverfahren vs. Thermische Verfahren (MED / MSF) Profile of forecast / Spain 2006-2015 GWI 2007 4,8 Membrane MED 29,5 Profile of forecast / MENA + Spain 2006-2015 GWI 2007 Membrane MED MSF 54,3 95,2 16,2 MENA Middle East North Africa Profile of forecast / SA 2006-2015 GWI 2007 Membrane MED MSF Profile of forecast / GCC 2006-2015 GWI 2007 Membrane MED MSF 33,8 46,5 39,5 41,7 19,8 50:50 18,9 GCC Golf Cooperation Council 21 Bild 5.2: Prognostizierte Marktanteile thermischer Entsalzungsverfahren und Membrananlagen für verschiedene Länder und Regionen Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Energie Energietechnik Prozesstechnik Trinkwasser Siedlungswasserwirtschaft Meerwasser Wasserbau Wasserwirtschaft Mikrobiologie Verfahrenstechnik Prozessleittechnik Wärmeübertragung Werkstofftechnik Pumpentechnik Abwasser Umweltverträglichkeit 22 Bild 5.3: Von der Meerwasserentsalzung betroffene Fachrichtungen Deutschland war als Forschungsland auf diesem Gebiet während der 70er Jahre führend. Noch 1997 präsentierten deutsche Hochschulen und Unternehmen ihre Forschungsergebnisse auf dem Kongress der IDA (International Desalination Assoziation) in 17 Vorträgen - das waren etwa 10% der gesamten Anzahl an Präsentationen und Platz 3 hinter USA und Spanien. Die Gesamtzahl der Vorträge war 10 Jahre später mit 14 Beiträgen in etwa gleich geblieben, jedoch hatte sich die Gesamtanzahl auf 262 erhöht, sodass Deutschland nur noch einen Anteil von 5 % hatte und von Japan und Saudi-Arabien überholt worden war. Dies war die logische Konsequenz dafür, dass in Deutschland die Förderung der Meerwasserentsalzung mit dem

13 Argument, dass auf diesem Gebiet alles bekannt sei, fast komplett eingestellt wurde, Dies war sicherlich aus der damaligen Situation heraus zu verstehen, jedoch scheint es derzeit angebracht, die Förderpraxis wieder zu überdenken. Alleine die beiden Felder Werkstoffe und Energie geben genügend Stoff für eine Aufleben der Forschungsanstrengungen. Betrachtet man die rasant ansteigenden Preise für die für die Meerwasserentsalzung wesentlichen Werkstoffe Kupfer, Nickel und Titan, so bietet allein die Erforschung und Erprobung alternativer Werkstoffe für die thermischen Meerwasserentsalzungsprozesse ein großes Feld für Hochschulen und Institute. Trotz aller Anstrengungen in Bezug auf eine Senkung des Energiebedarfs benötigen moderne Meerwasserentsalzungsprozesse noch immer mehr als 1 Liter Öl je m³ entsalztes Wasser. Damit die Meerwasserentsalzung nicht nur für reiche Länder erschwinglich ist, müssen auch auf diesem Gebiet Anstrengungen für eine Verbesserung der Situation unternommen werden - ein wichtiges Arbeitsfeld für interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsprojekte wie das Beispiel eine Hybridanlage zur Produktion von Wasser, Strom und Wasserstoffe mit Hilfe der Windenergie (siehe Bild 5.4) und die Nutzung von Windenergie zum direkten Antrieb der Hochdruckpumpen einer Membrananlage im Turm der Windenergieanlage (siehe Bild 5.5) zeigen. Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Hybridprozess zur Wasser-, Strom-, und H 2 - Produktion Windmill Village Electricity H 2 O 2 Motor with generator Tanks M Reverse osmosis Drinking water Elektrolyser Ion exchanger Seawater Electricity Retentate back to sea 29 Bild 5.4: Hybridanlage zur Produktion von Wasser, Strom und Wasserstoffe mit Hilfe der Windenergie Die Aufstellung in Bild 5.6 gibt einen groben Überblick über die Felder, auf denen Hochschulen und Institutionen aktiv werden können. Besonders zu erwähnen ist die Ausbildung des zukünftigen Personal für Meerwasserentsalzungsanlagen, dessen Zahl in den MENA Staaten für das nächste Jahrzehnt auf mehr als 10.000 geschätzt wird.

14 Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Direkte Nutzung von Windenergie für den Umkehrosmoseprozess WindDeSalter www.winddesalter.de 30 Bild 5.5: Nutzung von Windenergie zum direkten Antrieb der Hochdruckpumpen einer Membrananlage im Turm der Windenergieanlage An dieser Stelle sollte auch der Verein Ce-Des e.v. (Center for Desalination / www.ce-des.de) mit Sitz in Duisburg genannt werden, der sich seit ein paar Jahren darum bemüht, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in NRW und in Deutschland wieder aufleben zu lassen. Unterstützung gibt es hier vor allem von der DME (Deutsche Meerwasserentsalzung e.v. / www.dme-ev.de), der die deutschen Interessen auf diesem Gebiet bündelt. Mögliche Märkte für Unternehmen und Hochschulen Aktivitäten an Hochschulen und vergleichbaren Institutionen Fundamentals Research & Development Capacity Building Materials Energy Supply Hands-on Training Membranes Pre - and Post-Treatment Training Simulator Chem. Properties Components Labs Heat Transfer Process Design Curricula Mass Transfer Process Simulation Master Degree Scaling Fouling Additives Environmental Impacts 28 Bild 5.6: Mögliche Betätigungsfelder von Hochschulen und Institutionen auf dem Gebiet der Meerwasserentsalzung

15 6 Zusammenfassung Alle Experten stimmen darin überein, dass sich die installierte Anlagenkapazität bis zum Jahre 2015 verdoppeln wird (von zur Zeit 40 Mio. m³/d auf 80 Mio. m³/d). Alleine in Saudi-Arabien, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Libyen müssen jährlich Anlagen mit einer Kapazität von ca. 3,5 Mio. m³/d gebaut werden. Die Investitionen für die Entsalzungsanlagen betragen somit wenigstens 3,5 Milliarden US$ pro Jahr. Die zusätzlichen Investitionen inklusive Infrastruktur (Intake-Bauwerk) und Energieversorgung (Kraftwerk) liegen in der gleichen Größenordnung. Thermische Verfahren und Membranverfahren werden weltweit etwa gleich große Anteile an der gesamten Entsalzungskapazität haben, wobei jedoch deutliche Unterschiede je nach Land zu verzeichnen sind (z.b. Spanien vs. Saudi-Arabien). Das rasante Wachstum bietet deutschen Unternehmen eine einmalige Chance, größere Marktanteile zu gewinnen oder neu in diesen Markt einzusteigen. Trotz der durchaus als ausgereift zu beurteilenden Technik besteht weiterhin ein großer Forschungs- und Entwicklungsbedarf sowohl auf dem Gebiet der thermischen Verfahren als auch der Membranverfahren. Literatur Desalination Markets 2007 A Global Industry Forecast prepared and published by Global Water Intelligence (GWI) 2006 IDA Worldwide Desalting Plants Inventory Report No. 19 prepared and published by Global Water Intelligence Water for People, Water for Life United Nations Development Report, 2003 UNESCO, Paris World Health Organization Guidelines for drinking-water quality http://who.int/water_sanitation_health/dwq/guidelines/en/ World Health Organization Domestic Water Quantity, Service Level and Health http://who.int/water_sanitation_health/diseases/wsh0302exsum.pdf Food and Agriculture Organisation of the United Nations Renewable water resources in the world by country http://www.fao.org/ag/agl/aglw/aquastat/water_res/waterres_tab.htm Food and Agriculture Organisation of the United Nations Irrigation water use per country in the year 2000 http://www.fao.org/ag/agl/aglw/aquastat/water_use/index.stm World Population Prospects

16 The 2004 Revision Department of Economic and Social Affairs, Population Division United Nations, New York 2005 Walid A. Abderrahman Saudi Arabia aquifers in: Non-Renewable Groundwater Resources, Unesco, IHP-VI, Series on Groundwater No.10 Statistisches Bundesamt http://www.destatis.de Population Action International http://www.populationaction.org World-wide Hydrogeological Mapping and Assessment Programme http://www.whymap.org Eurostat - Statistical Office of the European Communities http://epp.eurostat.ec.europa.euwater Pacific Institute California The World's Water 2006-2007: The Biennial Report on Freshwater Resources http://www.pacinst.org/publications/worlds_water/2006-2007/index.htm OECD ORGANISATION FOR ECONOMIC CO-OPERATION AND DEVELOPMENT http://www.oecd.org Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft BGW Wasserstatistik 1998 http://www.bgw.de DESWARE Encyclopedia of Desalination and Water Resources EOLSS Publishers Co. Ltd., Oxford, 2000 ISBN 09534 9442 X http://www.desware.net C. Sommariva Desalination Management and Economics Published by Faversham House Group, 2004 Klaus Wangnick Kosten Workshop Einführung in die Meerwasserentsalzung DME Deutsche MeerwasserEntsalzung e.v. Duisburg / Germany, 13th & 15th May 2004 Anschrift des Verfassers: Dr.-Ing. Joachim Gebel S.T.E.P. Consulting GmbH Oppenhoffallee 49 52066 Aachen E-Mail: gebel@stepconsulting.de