Ihr Online Fotolabor FOTOKURS: DIGITALE FOTOGRAFIE TEIL 3

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Transkript:

Ihr Online Fotolabor FOTOKURS: DIGITALE FOTOGRAFIE TEIL 3

Teil 3: Die Blende In den beiden vorigen Kursteilen wurden die wichtigsten Merkmale des Objektivs besprochen, darunter die "Lichtstärke". Zur Erinnerung: Einfach und allgemeinverständlich ausgedrückt, beschreibt dieser Wert die maximale Lichtmenge, die durch das Linsensystem des Objektivs zum Film oder Bildsensor gelangen kann. Die technisch korrekte Definition klingt etwas abstrakter: Die Lichtstärke benennt das Verhältnis zwischen dem wirksamen Objektivdurchmesser und der Brennweite des Objektivs. Wer sich ein wenig mit optischen Gesetzen beschäftigt, kann den zugrunde liegenden Zusammenhang sicher schnell begreifen, aus Sicht des Fotografen genügt aber schon die richtige Interpretation der entsprechenden Zahlenwerte. Ein Objektiv der Lichtstärke 1:1.4 läßt beispielsweise die doppelte Lichtmenge zum Film gelangen wie ein Objektiv der Lichtstärke 1:2 oder die vierfache Lichtmenge eines Objektivs der Lichtstärke 1:2.8. Die "krumme" Zahlenreihe (1:1.4 -> 1:2 -> 1:2.8 etc.) mag zunächst irritieren, doch dazu später mehr. Um die Wirkungsweise der Blende zu verstehen, ist zunächst eine kurze Auseinandersetzung mit dem "wirksamen Objektivdurchmesser" wichtig: Ein Objektiv mit großem Durchmesser "fängt" mehr Licht ein als ein Objektiv mit einem kleineren Durchmesser - ganz ähnlich, wie ein dicker Schlauch mehr Wasser transportieren kann als ein dünnes Röhrchen. Und wie in einen Wasserschlauch kann auch in ein Objektiv ein Ventil eingesetzt werden, daß den Durchmesser verändert - und damit die Menge des hindurch gelangenden Lichts. Im Strahlengang des Objektivs ist dafür die "Blende" zuständig, eine meist aus mehreren, sich kreisförmig öffnenden und schließenden Lamellen zusammengesetzte Konstruktion. Ein wenig Mathematik Eine vollständig geöffnete Blende verändert den Lichtfluß überhaupt nicht, erst durch schrittweises Schließen der Blende wird der "wirksame Objektivdurchmesser" reduziert - und damit die zum Film oder Sensor transportierte Lichtmenge (der "Lichtstrom").

Um eine Halbierung des Lichtstroms zu erreichen, darf der Durchmesser nicht etwa halbiert werden! Dies würde die Fläche des resultierenden Kreises auf ein Viertel der Ursprungsfläche reduzieren, statt dessen muß der Durchmesser durch die Wurzel von 2 (1,4142...) geteilt werden. Und auf Basis dieser "krummen" Zahl ergibt sich dann die ebenso krumme, aber dennoch allgemein genutzte Blendenreihe: 1 1.4 2 2.8 4 5.6 8 11 16 22 32 45 Jede der auf "1" folgenden Zahlen ist das Produkt einer Multiplikation der nächst kleineren Zahl mit der Wurzel aus 2 - bei solch seltsamen Formeln wundert es nicht, das selbst gestandene Hobbyfotografen auch nach Jahren etwas ratlos auf die ins Objektiv gestanzten Blendenzahlen schauen. Es geht auch ohne Mathe... Sie haben keine Freude an Mathematik, sondern wollen einfach nur optimal belichtete Fotos produzieren? Kein Problem! Merken Sie sich einfach das Folgende: In der international genormten, oben gezeigten Blendenreihe steht jeder Schritt in den auf "1" folgenden Zahlen für eine Halbierung der Lichtmenge. Ein Objektiv in der Blenden-Einstellung "8" lenkt also nur halb so viel Licht zu Film oder Sensor wie in der Einstellung "5.6". Ein auf Blende "2" eingestelltes Objektiv wiederum läßt doppelt soviel Licht hindurch wie in der Einstellung "2.8". Doppelt gemoppelt? Daß eine Steuerung der Lichtmenge für korrekt belichtete Fotos unerläßlich ist, wurde bereits im ersten Teil dieses Kurses besprochen. Die Einstellungen von Blende und Verschlußzeit müssen dazu natürlich aufeinander abgestimmt werden. Bei gleichbleibendem Licht muß einer Einstellung auf die nächst höhere Blendenzahl also eine Verdoppelung der Verschlußzeit folgen - z.b. 1/250s statt 1/500s. Wer eine Kamera vollständig manuell steuert, darf dies nie vergessen - andernfalls entstehen grob fehlbelichtete Bilder. Warum aber ist eine Steuerung über zwei "Stellräder" (Blende und Verschlußzeit) überhaupt notwendig? Würde eine ausschließliche Lichtsteuerung über die Verschlußzeit nicht völlig genügen?

Im Prinzip ja, und in mancher Kamera ist tatsächlich keine Blendenmechanik zu finden. Dennoch gibt es zwei gute Gründe, die mit dem Einbau einer Blende verbundenen Kosten zu akzeptieren: 1. Bei sehr heller Beleuchtung kann trotz der kürzestmöglichen Verschlußzeit (z.b.: 1/2000 Sekunde) immer noch zuviel Licht auf den Film gelangen - und bezahlbare Mechanik erlaubt keine beliebig kurzen Verschlußzeiten. Dieser Punkt ist leicht einzusehen, aus Sicht des Fotografen gibt es aber ein nicht minder bedeutsames Argument: 2. Das Öffnen oder Schließen der Blende verändert nicht nur die Lichtmenge, sondern auch das Abbildungsverhalten - konkret: Die "Schärfentiefe". Blende ganz praktisch Mit ein wenig Phantasie fällt das Verständnis der Schärfentiefe ganz leicht. Stellen Sie sich einfach einen hübschen Garten vor, den Sie von der Terrasse aus fotografieren. Ganz vorn stehen ein paar bunte Windspiele, einige Meter weiter toben die Kinder und am hinteren Ende des Grundstücks entfalten Obstbäume ihre Sommerpracht. Wenn Sie nun bei einer vollautomatisch betriebenen Kamera auf den Auslöser drücken, können ganz unterschiedliche Fotos entstehen. Mit etwas Glück werden alle drei Motivelemente (Windspiele, Kinder Bäume) scharf und präzis dargestellt. Je nach Helligkeit und dem von der Kamera für wichtig gehaltenen Bildteil könnten Windspiele, Kinder oder Bäume aber auch nur verschwommen aufs Foto gelangen. Manchmal sind Unschärfe-Effekte durchaus erwünscht, weil das Zusammenspiel von Schärfe und Unschärfe die wirklich wichtigen Motivteile deutlich hervorhebt. Was Ihnen wichtig ist, kann die Kamera aber nur bedingt erahnen - vielleicht sollten ja auch alle Objekte und Personen "knackscharf" abgebildet werden. Gezielt steuern Wer sich den Unwägbarkeiten automatischer Belichtung nicht aussetzen will und eine entsprechend ausgerüstete Kamera besitzt, fährt mit dem Kamera-Betriebsmodus "Blendenvorgabe" deutlich besser. Wie es der Name schon sagt, wird die gewünschte Blendeneinstellung hier vom Fotografen vorgegeben - die Kamera stellt anschließend die passende Belichtungszeit ein.

Wie aber beeinflußt die Blende das spätere Ergebnis? Als simple Faustregel gilt dabei: Bei weit geöffneter Blende (also mit niedriger Blendenzahl) liefert das Objektiv nur eine geringe Schärfentiefe, Objekte vor und hinter dem scharfgestellten Bereich werden also mehr oder minder verschwommen dargestellt. Eine hohe Blendenzahl (eine stärker geschlossene Blende) sorgt für größere Schärfentiefe, Objekte dies- oder jenseits des zuvor scharfgestellten Bereichs werden im Foto also eher scharf als verschwommen dargestellt. Die genaue Ausdehnung des Schärfebereichs hängt allerdings auch von weiteren Faktoren ab: Mit zunehmender Entfernung von der Kamera wächst auch der Schärfebereich. Von zwei Objekten, die zum Beispiel im Abstand von 1 und 3 Metern vor der Kamera aufgestellt sind, wird bei weit geöffneter Blende und Fokussierung auf das erste Objekt vermutlich nur das vordere scharf abgebildet. Zwei Objekte im Abstand von 11 und 13 Metern hingegen würden beide scharf dargestellt. Außerdem gilt: Objektive längerer Brennweite bieten einen schmaleren Schärfebereich. Zwei Objekte im Abstand von 5 und 8 Metern werden mit einem 50mm-Objektiv bei einer mittleren Blendeneinstellung und Fokussierung auf das vordere Objekt gemeinsam scharf abgebildet, dasselbe Foto mit einem 200mm-Objektiv und ansonsten gleicher Einstellung würde nur das vordere Objekt klar wiedergeben. Wichtig in diesem Zusammenhang: Für die Schärfentiefe ist die reale Brennweite von Bedeutung. Digitalkamera-Objektive arbeiten ja mit weitaus kürzerer Brennweite, die übliche Umrechung auf Kleinbild- Brennweiten beschreibt nur das Abbilddungsverhalten - nicht den Schärfenbereich! Aus diesem Grund fällt es mit Digitalkameras auch deutlich schwerer, gezielte Unschärfe ins Bild zu bringen.

Wer mit einer Digitalkamera gerne Portraits fotografiert und den Hintergrund nur verschwommen ins Bild bringen will, sollte also: Die größtmögliche Blendenöffnung wählen, eine lange Brennweite einstellen und dann so nah wie eben möglich an die fotografierte Person herangehen. Wie die weiter oben genannten Entfernungsangaben gilt dies natürlich nur als Faustregel - verläßiche Anhaltspunkte liefert erst das Experiment. Doch gerade fleißiges Ausprobieren fällt mit einer Digitalkamera ja besonders leicht.