1 Gottesdienst in Altbulach am 6. Januar 2011, 9:30 Uhr; Sonntag Epiphanias Als Predigttext für den heutigen Feiertag Epiphanias ein einziger Vers aus Johannes 1 Vers 18: Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt. Wenn das wahr ist, liebe Gemeinde, was wir da gerade als Wort des Evangeliums gehört haben wenn das wahr ist, dann kann es kein Wissen von Gott geben ohne dass man über Jesus Christus, den Sohn Gottes, etwas weiß. Und dann kann überhaupt nicht wirklich von Gott geredet werden, ohne dass vom Sohn, von Jesus Christus geredet wird. Denn als allererstes heißt es hier: Niemand hat Gott je gesehen niemand! Weder ein Mensch des Alten, noch ein Mensch des Neuen Testaments noch ein Mensch, der auf diese Welt gekommen und wieder gegangen ist bis heute. Einfach niemand! Es besteht eine abgrundtiefe Kluft zwischen Gott und uns Menschen. Es besteht eine abgrundtiefe Kluft zwischen seiner himmlischen Welt und unserer irdischen Welt. Da gibt es keine Brücke von hier nach dort, von der Erde zum Himmel, aus der Tiefe in die Höhe. Da ist keine offene Tür, durch die wir einfach hindurch gehen könnten, um uns Gott anzuschauen und Betrachtungen über ihn anzustellen. Nein, diese Tür ist verschlossen und wir vermögen sie mit all unserer Menschenkunst und Menschenweisheit nicht zu öffnen. Auch nicht mit aller Theologenkunst und Theologenweisheit dieser Welt vermögen wir diese Tür nicht zu öffnen. Wenn das aber so ist, dann gehen wir Menschen, mit allem, was wir über Gott von uns aus denken und sagen und mag das noch so klug, tief und noch so fromm sein wir gehen dann an dem wahren lebendigen, heiligen Gott vorbei. Wir machen uns Bilder und Illusionen von dem, was uns ganz und gar entzogen ist. Wir spekulieren über das, was doch ein Geheimnis ist und im Geheimnis verborgen bleibt. Oder anders gesagt: Wir reden von Gott wie der Blinde von der Farbe. Wir stellen Behauptungen auf, die einfach aus der Luft gegriffen sind und vieles, was man auch dieser Weihnachts- und Silvestertage so lesen konnte über Gott: wie das Reden der Blinden von der Farbe. Niemand hat Gott je gesehen sagt Johannes in Joh.1, 18. Niemand! Warum ist das so? Nun, zunächst schon deshalb, weil zwischen Schöpfer und Geschöpf, zwischen Gott und Welt ein wesentlicher Unterschied besteht nicht nur ein relativer Unterschied. Es gibt aber noch eine tiefere Antwort auf die Frage, weshalb kein Mensch Gott je gesehen hat. Jochen Klepper gibt uns diese Antwort in einem seiner tiefen Kirchenlieder. Da heißt es: Gott wohnt in einem Lichte, dem keiner nahen kann, von seinem Angesichte trennt uns der Sünde Bann. (EG 379, 1) Der Sünde Bann! Mit diesen drei Worten hat Jochen Klepper das ganze Elend benannt, das uns und alle Menschen zeichnet und dem keiner von uns und kein Mensch aus eigener Kraft zu entrinnen vermag. Der Sünde Bann.
2 Was ist damit gemeint? Damit ist gemeint, dass Gott, der heilige, lebendige Gott nicht das Erste, das Größte, das Wichtigste in unserem Leben ist. Damit ist gemeint, dass wir ihn nicht über alles fürchten, lieben und ehren, sondern ihm immer wieder verweigern, was wir ihm schuldig sind: Unser Vertrauen, unsere Dankbarkeit, unseren Gehorsam, unseren Dienst. Und unsere Liebe ja, unsere Liebe. Wir lieben so vieles und kurzzeitig auch jede Menge Dinge. Träumen davon aber Gott? Weil also wir Menschen, so wie wir sind vor Gott, alle im Unrecht sind der Sünde Bann über uns steht deshalb gilt, was das Evangelium in aller Eindeutigkeit und mit unerbittlicher Schärfe sagt: Niemand hat Gott je gesehen. Aber wie können wir dann von ihm überhaupt etwas wissen? Nun da ist zunächst ganz klar: Wir können von Gott nichts wissen, wenn er uns nicht was zu wissen gibt. Wir können ihn nicht erkennen, wenn er sich nicht selbst uns zu erkennen gibt. Wir können nicht recht von Gott reden und nicht über ihn reden und ich könnte das auch in der Predigt nicht wenn er, Gott, nicht aus der Verborgenheit heraustritt. Wenn er sich uns nicht, wie das in der Sprache der Kirche heißt, wenn er sich uns nicht offenbart Epiphanie, das griechische Wort erscheinen wenn er uns nicht erscheint, wenn er sich uns nicht zu erkennen gibt, dann haben wir nichts wirklich, das wir sagen könnten. Aber dass wir heute Epiphanie feiern und das war in der alten Kirche das zweitgrößte Fest nach Ostern dass es Gott sei Dank dieses Fest gibt, zeigt: Das Unmögliche ist möglich geworden. Niemand hat Gott je gesehen wie wahr. Aber nun geht es weiter: der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt. Und wir merken sofort: Dieser zweite Teil unseres Textes, das ist das Entscheidende. Niemand hat Gott je gesehen wohl wahr! Aber jetzt kommt wie ein heller Trompetenstoß dieser Satz: Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt. Wir wissen, wer dieser eingeborene Sohn ist: Jesus Christus, unser Herr und Heiland, der in Bethlehem geboren ist, der für uns auf Golgatha gekreuzigt wurde, dieser Mensch, dieser eine Mensch, von dem gilt: Er ist der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist. Was heißt das: Der in des Vaters Schoß ist? Nun, das heißt, dass er von Ewigkeit her und in alle Ewigkeit bei Gott seinem Vater ist. Dass zwischen dem Vater und ihm ihm und dem Vater nie getrennt werden kann. Dass da nie der Vater ist ohne den Sohn. Und der Sohn nie ohne den Vater. Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist das heißt: beide, Gott der Vater und Gott der Sohn sind eins, vollkommen eins. Joh.10, 30: Ich und der Vater sind eins. Und deshalb ist dieser eingeborene Sohn der einzige, der Gott je gesehen hat und sieht. Und nun liegt das Wunder von Epiphanias, das Wunder der Erscheinung Gottes bei uns Menschen darin, dass dieser eingeborene Sohn den Himmel verlassen hat, dass er den Himmel vertauscht hat mit der Erde.
3 Er ist zu denen gekommen, die der Sünde Bann trennt von Gott. Dahin, wo niemand Gott je gesehen hat dahin ist er gekommen. Damit auch wir, auch du, auch ich, den Vater kennen können. Er, so sagt unser Text, der Sohn, er hat den Vater uns verkündigt. Er hat ihn uns verkündigt, das ist die Übersetzung Martin Luthers. Diese Übersetzung ist nicht ganz richtig. Man kann sie auch sehr missverstehen. Er hat ihn uns verkündigt das könnte man jetzt so verstehen, als wäre Jesus ein Prophet oder ein Lehrer oder ein Prediger gewesen. So wie ich ein Prediger bin nur Jesus halt unendlich viel größer, aber doch ein Prediger. Er hat ihn uns verkündigt das könnte so klingen, als hätte er über Gott geredet und uns Wichtiges über Gott mitgeteilt. Das ist aber nicht gemeint hier in unserem Text, sondern der griechische Text, der richtig schwer zu übersetzen ist, meint etwas anderes. Man müsste etwa so übersetzen: Er, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß IST IMMER in des Vaters Schoß ist, der immer eins ist mit dem Vater der hat die Kunde gebracht von dem Vater, den niemand je gesehen hat. Der hat diesen Vater geoffenbart, so dass es dann im Johannesevangelium heißen kann aus dem Munde Jesu: Wer mich sieht, der sieht den Vater (Joh.14, 9). Wer mich sieht, der sieht den Vater. Und das liebe Gemeinde das kann von keinem Propheten, von keinem Jünger, von keinem Paulus, von keinem Lehrer oder Prediger und erst recht nicht von mir behauptet werden. Wer mich sieht, der sieht oh. Aber wer Jesus sieht, der sieht den Vater. Propheten, Lehrer, Prediger, ich das sind Menschen, die zu der Gruppe derer gehören, von denen es heißt: Niemand hat Gott je gesehen. Wir alle sind darauf angewiesen, dass wir Jesus sehen und dass wir in Jesus den Vater erkennen. Jesus hat uns nämlich nicht nur das Wort Gottes gebracht, sondern, so heißt es in demselben Kapitel, aus dem unser Text stammt: Jesus IST das Wort Gottes, der Logos. Johannes kann es gar nicht mit einem Wort beschreiben: Wir sahen seine Herrlichkeit, wir sahen seine Majestät, wir sahen seine Göttlichkeit, wir sahen seinen Lichtglanz, wir sahen Gott in ihm. Aber: Gott selber schenkt denen, die bildlich gesprochen blind sind, nicht das Augenlicht, mit dem sie nun selber aus eigener Kraft und Vernunft Gott sehen könnten. Sondern nur einer ist das Licht der Welt: Christus. Nur einer ist das Licht der Welt, ohne das wir nichts, aber auch gar nichts von Gott wissen. Ohne das Sonnenlicht hätte kein Mensch auf Erden je den Mond gesehen. Aber durch das Sonnenlicht erkennen wir ihn. Nur durch Christus, die Sonne, die mir lachet, ist mir über Gott ein Licht aufgegangen. Nimm die Sonne weg und der Mond verschwindet am Himmel. Nimm Christus weg und jede Gotteserkenntnis hört auf. Wir können gar nicht hoch genug von Christus denken! Was hat er uns gebracht? Sich selber! Und indem er uns sich selber gebracht hat, hat er uns Gott gebracht. Und das heißt für uns ganz einfach: Wenn wir Gott erkennen wollen, dann müssen wir an die Krippe von Bethlehem gehen und vor dem Wunder der Menschwerdung ganz klein und still werden.
4 Wenn wir Gott erkennen wollen, dann müssen wir nach Galiläa gehen und sehen, wie er den Menschen, die ihn suchten, die ihn brauchten, die ihn baten, die andere zu ihm brachten alles wurde: Freund, Helfer, Arzt, Priester und Heiland. Wenn wir Gott erkennen wollen, dann müssen wir unter das Kreuz von Golgatha gehen und mit Johannes dem Täufer sagen: Siehe, Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Wenn wir etwas von Gott wissen wollen, dann müssen wir uns das Kind ansehen. Und den Mann von Nazareth. Und den Gekreuzigten, der für alle am Kreuz stirbt. Da erkennen wir erst Gott! Nur durch ihn können wir wissen, wer Gott ist. Aber was erkennen wir denn, wenn wir die Krippe anschauen? Oder den gekreuzigten Mann auf Golgatha? Wir erkennen oh Wunder über Wunder dass Gott uns unendlich lieb hat. Dass wir ihm unendlich wichtig sind. So wichtig, dass er, der heilige Gott, uns in seinem Sohn nicht ferne geblieben, sondern ganz nahe gekommen ist. Gott wohnt in einem Lichte, dem keiner nahen kann! Jochen Klepper hatte recht und doch hat Gott uns so unendlich lieb, dass er heraus getreten ist aus seinem Glanz und Lichte in unsere Nacht. In die Nacht unserer Welt, unseres Lebens, unserer Ängste und Sorgen. In die tiefste Todesnacht unserer Sünde und Verlorenheit und auch in die Nacht unseres Sterbens. Das ist Gott. Der uns so unendlich lieb hat. Das könnten wir uns nicht selber sagen. Das könnten wir uns nicht ausdenken. In Jesus tritt Gott selber auf deine und meine Seite, um dich und mich in seine Arme zu nehmen. So fest, dass er uns nie mehr hergeben wird. Riesig! Hammer! Halleluja! Das also wissen wir von Gott aufgrund seiner Epiphanie, aufgrund seines Erscheinens: dass er uns unendlich liebt, so sehr liebt, dass er für uns ein Mensch wird, leidet und stirbt. Aber noch eine Letztes, liebe Gemeinde. Indem uns das zu erkennen, zu wissen geoffenbart ist indem wir also Gottes Liebe kennen sind aber beileibe nicht alle Fragen und Probleme des Lebens gelöst. Ich hab auf so viele Fragen keine Antwort. Und auch nicht jeder Satz, der in dieser Welt geredet wird und in dem das Wort Gott vorkommt und etwas über Gott gesagt wird im Blick auf die Probleme der Welt nicht jeder dieser Sätze ist ein wahrer Satz. Nein, es gibt in unserm Leben, in meinem, in eurem Leben viele, viele Fragen, vor die uns unsere Lebensgeschichte stellt auf die wir keine Antworten bekommen. Das wirklich Klügste, was die drei Freunde Hiobs getan haben, war: zu Beginn eine Woche lang mit ihm schweigend zu trauern (Hiob 2, 11-13). Danach kann man im Grunde kapitelweise nachlesen, wie man es in der Seelsorge nicht machen sollte. Nein, so vieles lässt sich hier auf dieser Welt nicht auflösen. Der Schmerz lässt sich nicht einfach wegglauben. Niemand hat Gott je gesehen das bleibt einfach wahr. Auch nach Weihnachten, auch nach Karfreitag, nach Ostern. Es sind uns nicht alle Geheimnisse enthüllt und das ist gut so. Der christliche Glaube ist keine Weltanschauung, in der alle Dinge sich wunderbar einordnen und klären und erklären lassen. Nein, es bleibt für uns bis zu diesem letzten Tor auch das Dunkle, das Verborgene, das Unbegreifliche, das wir mit Gott nicht zusammen bringen.
5 Kriegen wir mit dem Gott, der in Jesus Christus zu uns gekommen ist, all das Elend dieser Welt zusammen? Und all das, was uns im eigenen Leben bedrückt und bedrängt? Wir tun es nicht. Wir tun es nicht. Und die Väter der Reformation haben deshalb gesagt: Was wir von Gott wissen, was Jesus Christus uns von Gott erschlossen hat, das ist einzig und allein das, was wir wissen müssen, um selig leben und selig sterben zu können. Um selig leben und selig sterben zu können! Sie hatten gesagt: das zu wissen ist genug! Und all die großen Welträtsel, die Rätsel der Geschichte, die Rätsel meiner Lebensgeschichte die wird Gott einmal selber lösen, wenn wir ihn sehen von Angesicht zu Angesicht. Was wir heute wissen ist: Dass er uns unendlich lieb hat uns, die Unsrigen, die Menschen, die wir lieb haben, die Menschen, die uns Kummer machen, die Menschen, die wir nicht verstehen. Es ist genug, dass wir das wissen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN.