Elektroinstallation in Wohnungen - Teil 4: Weitere allgemein anerkannte Regeln, die VOB und der Bestandsschutz

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Transkript:

Elektroinstallation in Wohnungen - Teil 4: Weitere allgemein anerkannte Regeln, die VOB und der Bestandsschutz Rechtliche Bedeutung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen VOB Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (abgekürzt VOB) enthält Regelungen für die Vergabe von Bauaufträgen durch öffentliche Auftraggeber. Die VOB ist weder ein Gesetz noch eine Rechtsverordnung sondern eine Norm. Sie muss bei der Ausgestaltung von Bauverträgen explizit genannt und vertraglich vereinbart werden und dient dann als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) im Sinne des BGB, welche die Interessen beider Vertragsparteien berücksichtigt. Die VOB besteht aus folgenden Teilen: Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (DIN 1960) Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (DIN 1961) Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen Die VOB Teil C besteht aus einer Sammlung von Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV), die als DIN-Normen herausgegeben wurden. Hierzu gehört die DIN 18299 "Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art" sowie eine Vielzahl spezieller Regelungen für einzelne Gewerke. Schwerpunkt der einzelnen ATV sind Vorschriften, wie die einzelnen Leistungen eines Gewerkes auszuführen sind. Weiter sind Regelungen über die Art und Weise der Abrechnung der Leistungen enthalten. Für die Elektroinstallation in Wohnungen und Wohngebäuden können, wenn deren Anwendung vertraglich vereinbart wurde, neben der DIN 18299 insbesondere die folgenden Technischen Vertragsbedingungen von Bedeutung sein: DIN 18382 "Nieder- und Mittelspannungsanlagen mit Nennspannungen bis 36 kv", DIN 18384 "Blitzschutzanlagen" und DIN 18386 "Gebäudeautomation". Beispielsweise resultieren aus dem Abschnitt 3 "Ausführung" der DIN 18382 folgende Verpflichtungen für den Errichter einer elektrischen Anlage: Es sind die DIN-VDE-Normen und die Technischen Anschlussbedingungen des Netzbetreibers anzuwenden. Die geforderte Funktion und Betriebssicherheit muss gegeben und ein sparsamer Energieverbrauch und wirtschaftlicher Betrieb möglich sein. Der Auftragnehmer hat die Montage- und Werkstattzeichnungen, wie z. B. Stromlaufpläne zu erstellen. Der Auftragnehmer hat die vom Auftraggeber gelieferten Planungsunterlagen zu prüfen. Er muss Bedenken anmelden bei Unstimmigkeiten, erkennbar mangelnder Ausführung, nicht rechtzeitiger Fertigstellung oder bei unzureichendem Platz für die elektrischen Betriebsmittel. Der Auftragnehmer muss die erforderlichen Bedienungs-, Wartungsanleitungen und Bestandspläne anfertigen und an den Auftraggeber übergeben. Der Auftragnehmer hat vor Inbetriebnahme eine Prüfung auf Funktion und eine Prüfung nach den Normen, z. B. Erstprüfung nach DIN VDE 0100-600 (VDE 0100-600), durchzuführen, die Ergebnisse zu dokumentieren und an den Auftraggeber zu übergeben. Das Bedienungspersonal muss durch den Auftragnehmer in die Bedienung und Wartung der Anlage eingewiesen werden.

Stemm-, Fräs- und Bohrarbeiten dürfen nur in Absprache mit dem Auftraggeber, bei Arbeiten an Mauerwerk nur unter Beachtung der DIN 1053-1 "Mauerwerk - Teil 1: Berechnung und Ausführung" ausgeführt werden. Weitere Technische Regeln und Bestimmungen Zu diesen zählen beispielsweise die VDI-Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure e. V. oder die DVGW-Regelwerke vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches. Auch hier ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob rechtliche oder vertragsrechtliche Gründe für eine zwingende Anwendung vorliegen. Allgemein anerkannte Regeln der Technik- was sind das? Häufig wird, wie die vorstehenden Beispiele zeigen, in Verordnungen, Vorschriften und Normen sowie in der Technik der diffuse Begriff "allgemein anerkannte Regeln der Technik" benutzt, dessen Bedeutung letztendlich durch die Rechtsprechung festgelegt wurde. Regeln der Technik gelten dann als allgemein anerkannt, wenn Fachleute davon überzeugt sind, dass die betreffenden Regeln den sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen. Dabei genügt es nicht, dass nur im Schrifttum oder in Fachschulen die Ansicht vertreten bzw. gelehrt wird, die Regeln entsprächen den technischen Erfordernissen. Die technischen Regeln müssen in der Praxis erprobt sein und eine Durchschnittsmeinung darstellen, die sich in Fachkreisen gebildet hat. Unerheblich ist es, wenn einzelne Fachleute die Regeln nicht anerkennen oder nicht kennen. Vielfach gehen die Anforderungen über die schriftlich vorliegenden allgemeinen technischen Vorschriften, wie z. B. den DIN-Normen, hinaus. Für gültige Normen besteht nur die Vermutung, dass sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Außerdem sind Normen nicht immer auf dem aktuellen technischen Kenntnisstand und beinhalten nicht immer Regeln, die sich langfristig bewähren oder bewährt haben. Nach dem Werkvertragsrecht stellen die "Allgemein anerkannten Regeln der Technik" eine Minimalanforderung für den Sollzustand dar. Bei Nichteinhaltung liegt ein Mangel vor, wenn Sicherheitsanforderungen nicht eingehalten sind oder wenn die Abweichung nicht zuvor mit dem Auftraggeber vereinbart wurde. Wichtig ist es demzufolge, den Auftraggeber vollumfänglich über geplante Abweichungen zu informieren und auf die daraus resultierenden Folgen hinzuweisen. Die Abweichungen sollten in jedem Fall schriftlich fixiert werden, um spätere Reklamationen und mögliche Regressansprüche abzuweisen. Das gilt besonders, wenn von gültigen Normen und anderen Technischen Regeln abgewichen wird. Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Normen mit sicherheitstechnischer Bedeutung, wie z. B. die DIN VDE-Normen (VDE-Bestimmungen), müssen eingehalten werden. Abweichungen davon sind nur zulässig, wenn mindestens die gleiche Sicherheit erreicht wird (Kapitel 2.1). Die allgemein anerkannten Regeln der Technik unterscheiden sich vom Stand der Technik. Dieser kennzeichnet den Entwicklungsstand von fortschrittlichen Verfahren oder Betriebsweisen, deren Eignung für die Praxis als gesichert erscheint, die aber noch nicht allgemein anerkannt sind. Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik kann nach dem Strafgesetzbuch strafrechtliche Folgen haben. Im 319 "Baugefährdung" heißt es dazu unter anderem: Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und

dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft Ebenso wird bestraft, wer in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet. Bestandsschutz - Anpassung von elektrischen Anlagen an neue Bestimmungen Nach dem Erscheinen von neuen Bestimmungen, wie Verordnungen, Vorschriften und Normen, sind bestehende elektrische Anlagen und Betriebsmittel nur dann anzupassen, wenn dieses ausdrücklich in den neuen Bestimmungen gefordert ist. Andernfalls besteht ein Bestandsschutz, wenn die Anlagen und Betriebsmittel den Normen und Vorschriften entsprechen, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bzw. Herstellung gültig waren (Bild 2.6 zeigt eine Hohlwandinstallation, die von der Rückseite nicht gegen mechanische Einwirkungen geschützt ist - dafür gilt kein Bestandsschutz, weil die Errichtung nicht normgerecht ausgeführt wurde). Weisen elektrische Anlagen, für die ein Bestandsschutz gilt, Abweichungen von den aktuellen Normen auf, sind dieses keine Mängel. Die Abweichungen werden in diesem Fall als Hinweise für den Betreiber der Anlage dokumentiert und dieser auf mögliche Verbesserungen hingewiesen. Eine Anpassungspflicht besteht allerdings bei einer Änderung der Art oder Nutzung der Betriebsstätte, z. B. Änderung der Raumart von "trocken" in "feucht" oder "nass", wenn der Zustand der Anlage oder der Betriebsmittel einen erheblichen Missstand erkennen lässt oder wenn Leben oder Sachwerte gefährdet sind. Bei einer Erweiterung oder Änderung von bestehenden elektrischen Anlagen sind für den neuen oder geänderten Teil die allgemein anerkannten Regeln der Technik, d. h. der aktuelle Normenstand anzuwenden. Eine Reparatur berührt den geltenden Bestandsschutz in der Regel nicht, d. h. dieser bleibt erhalten. Im Abschnitt 4.1 der DIN VDE 0105-100 (VDE 0105-100) "Betrieb elektrischer Anlagen" heißt es dazu unter anderem: Elektrische Anlagen sind den Errichtungsnormen entsprechend in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten. Bei Änderung der Betriebsbedingungen, z. B. Art der Betriebsstätte müssen die bestehenden Anlagen den gültigen Errichtungsnormen angepasst werden. Werden Mängel beobachtet, die eine Gefahr zur Folge haben, sind unverzüglich Maßnahmen zur Beseitigung der Mängel zu treffen.

Beispiel 1: Reparatur einer Steckdose im Bad (Errichtung 1980) Eine im Jahr 1980 in einem Raum mit Badewanne errichtete Steckdose ist defekt und wird ausgewechselt. Die Steckdose ist in dem zum Errichtungszeitpunkt geltenden Bereich 3 angeordnet (Bereich zwischen 0,6 m und 3,0 m vom Rand der Badewanne, Höhe bis 2,25 m). Der Stromkreis für die Steckdose wird als TN-S-System mit Schutz durch eine Überstrom-Schutzeinrichtung zur automatischen Abschaltung im Fehlerfall betrieben. Ein Zusatzschutz mittels einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungs- Differenzstrom ma ist nicht vorhanden. Für die Steckdose gilt der Bestandsschutz, weil sie nach der zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden VDE-Bestimmung 0100/05.73 49 normgerecht errichtet wurde. Ein Zusatzschutz durch eine Fehlerstromschutzeinrichtung war nicht gefordert. Der Austausch der Steckdose ist eine Reparatur und berührt den Bestandsschutz nicht. Der Eigentümer ist durch die Elektrofachkraft auf die erhöhte Sicherheit und die Vorteile hinzuweisen, wenn für die Steckdose eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungs-Differenzstrom ma nachgerüstet wird. Diese Empfehlung sollte ebenfalls für alle anderen Stromkreise ausgesprochen werden. Bei Anlagen die noch als TN-C-System betrieben werden, oder als Alternative für eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung im Verteiler wäre in diesem Fall auch der Einsatz einer Steckdose mit integrierter Fehlerstromschutzeinrichtung möglich (Bild 2.7 links). Wichtig: In Räumen mit Badewanne oder Dusche, die nach 2002-02 errichtet wurden, sind Steckdosen mit integrierter Fehlerstrom-Schutzeinrichtung nicht zulässig, weil nach den Normenausgaben DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701):2002-02 und DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701):2008-10 die gesamten Stromkreise (nicht nur die Steckdose) durch den Zusatzschutz geschützt werden müssen. Bild 2.7: links - Steckdose mit integrierter Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (Busch-Jaeger) rechts - Fehlerstrom-Schutzeinrichtung zur Unterputzmontage (Busch-Jaeger) Beispiel 2: Reparatur einer Steckdose im Bad (Errichtung 1998) Eine im Jahr 1998 in einem Raum mit Badewanne errichtete Steckdose ist defekt und wird ausgewechselt. Die weiteren Details entsprechen dem Beispiel 1. Für die Steckdose gilt kein Bestandsschutz, weil sie nach der zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden VDE-Bestimmung DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701):1984-05 nicht normgerecht errichtet wurde. Ein Zusatzschutz für Steckdosen im Bereich 3 durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungs-Differenzstrom ma war zwingend gefordert. Der Austausch der Steckdose darf deshalb so nicht vorgenommen werden.

Der Eigentümer ist durch die Elektrofachkraft auf die nicht normgerechte elektrische Anlage und die möglicherweise auftretenden Gefahren hinzuweisen. Für die Steckdose muss eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungs-Differenzstrom ma nachgerüstet werden. Die Emp-fehlung sollte ebenfalls für alle anderen Stromkreise ausgesprochen werden. Als Alternative für eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung im Verteiler wäre in diesem Fall der Einsatz einer Steckdose mit integrierter Fehlerstrom-Schutzeinrichtung möglich, weil nach der Normenausgabe von 1984 noch kein Schutz des gesamten Stromkreises notwendig war. Beispiel 3: Änderung einer Steckdose im Bad (Errichtung 1980) Eine im Jahr 1980 in einem Raum mit Badewanne errichtete Steckdose muss wegen eines größeren Spiegels um 20 cm versetzt werden. Die weiteren Details entsprechen dem Beispiel 1. Für die neu errichtete Steckdose gilt kein Bestandsschutz, weil die elektrische Anlage geändert wird. Für die Änderung ist die zurzeit geltende VDE-Bestimmung DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701):2008-10 anzuwenden. Nach Abschnitt 701.415 müssen in Räumen mit Badewanne oder Dusche, bis auf wenige Ausnahmen, die gesamten Stromkreise durch einen Zusatzschutz mittels Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungs- Differenzstrom ma geschützt werden. Dieser Zusatzschutz ist in diesem Beispiel mindestens ab dem Anschlusspunkt der Zuleitung für die neu zu errichtende Steckdose anzuwenden. Eventuell kann dazu eine Fehlerstrom- Schutzrichtung zur Unterputzmontage, wie sie in Bild 2.7 rechts gezeigt wird, eingesetzt werden. Voraussetzung ist, dass deren Bedienbarkeit gewährleistet ist. Besser ist es in jedem Fall den gesamten Stromkreis ab dem Verteiler zu schützen, z. B. durch eine zweipolige FI/LS-Schalter-Kombination oder durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen für alle Stromkreise. Fachliteratur für eingetragene Elektrotechnikerbetriebe: Nach 13 der Niederspannungsanschlussverordnung dürfen elektrische Anlagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert oder instand gehalten werden. Die Arbeiten dürfen außer durch den Netzbetreiber nur durch ein in ein Installateurverzeichnis eingetragenes Installateurunternehmen durchgeführt werden. Grundlage für die Eintragung sind die "Grundsätze für die Zusammenarbeit von Netzbetreibern und dem Elektrotechniker-Handwerk bei Arbeiten an elektrischen Anlagen gemäß Niederspannungsanschlussverordnung (NAV)" vom Bundesverband der Energieund Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und dem Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH). Neben anderen Voraussetzungen muss das Installationsunternehmen jederzeit die Voraussetzungen der vom Bundes-Installateurausschuss herausgegebenen "Richtlinie für die Werkstattausrüstung von Betrieben des Elektrotechniker-Handwerks" erfüllen. Zu dieser Werkstattausrüstung gehört eine Mindestausstattung an Fachliteratur, die folgendes umfasst: die "VDE-Auswahl für das Elektrotechniker-Handwerk" mit den VDE-Bestimmungen in ihren jeweils gültigen Fassungen einschließlich eines Ergänzungsabonnements und das "Normen-Handbuch Elektrotechniker-Handwerk" mit DIN-Normen und technische Regeln für die Elektroinstallation in der aktuellen Auflage. Die VDE-Auswahl für das Elektrotechniker-Handwerk wurde in Zusammenarbeit mit dem ZVEH gestaltet, um den Betrieben ein kostengünstiges Normenwerk zur Verfügung zu

stellen. Die Auswahl enthält DIN-VDE-Normen für die Errichtung und den Betrieb von Niederspannungsanlagen, die Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel, Schutzmaßnahmen in elektrischen Anlagen, den Blitzschutz von baulichen Anlagen, die Verwendung von Kabeln und Leitungen, die Planung und Errichtung von Gefahrenmeldeanlagen und für andere Anwendungsbereiche. Das Normen-Handbuch wurde ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem ZVEH erstellt und ist gegliedert in die Sachgebiete Elektroinstallationstechnik, Bautechnik, Wärmetechnik, Dokumentation, Sicherheitskennzeichen, Symbole, Schutzeinrichtungen, Technische Vertragsbedingungen, Prüfprotokolle und Formulare. Weitere Fachliteratur: Zusätzlich zur VDE-Auswahl und dem Normen-Handbuch für das Elektrotechniker-Handwerk ist weitere Fachliteratur empfehlenswert. An erster Stelle ist dabei sicherlich die VDE-Schriftenreihe - Normen verständlich zu nennen. Die darin enthaltenen Bücher kommentieren die Bestimmungen, Verordnungen und Normen und geben zusätzliche Erläuterungen zum oftmals schwer verständlichen Normentext. Zusammen mit Beispielen aus der Praxis bieten sie dem Leser schnelle Hilfe bei der Lösung täglich auftretender Fragen und Probleme. Für den Bereich der "Elektroinstallation in Wohnungen" sollen stellvertretend nur folgende Bände genannt werden: Band 35 "Potentialausgleich, Fundamenterder, Korrosionsgefährdung" und Band 45 "Elektro-Installation in Wohnungen". Weiter sollte das regelmäßige Lesen von Fachbeiträgen in Fachzeitschriften oder von Beiträgen auf der Voltimum-Plattform bzw. den Schriften und Internetplattformen der Hersteller von Betriebsmitteln zum Pflichtprogramm eines jeden Elektrotechnikers gehören. Nur so wird es möglich sein, ständig ausreichend über die allgemein anerkannten Regeln der Technik, über Neuerungen bei den verfügbaren Betriebsmitteln und den aktuellen Installationstechniken informiert zu sein.