Volkswirtschaftliche Gesellschaft des Kantons Bern 21. Februar 2012. Die Post im Spannungsfeld zwischen Wettbewerb und Grundversorgung



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Transkript:

Version 14.2.2012 Volkswirtschaftliche Gesellschaft des Kantons Bern 21. Februar 2012 Die Post im Spannungsfeld zwischen Wettbewerb und Grundversorgung Referat von Jürg Bucher, Konzernleiter Post Bild 1 Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder des Vorstandes, sehr geehrte Damen und Herren Liebe Besitzerinnen, liebe Besitzer der Schweizer Post. Sie haben zwar keine Aktien in Ihrem Portefeuille, weil die Post nicht an der Börse kotiert ist. Dies obwohl das Postpapier kein schlechtes wäre in der turbulenten Börsenzeit. Trotzdem gehört die Post uns allen. Sie bestimmen via Ihre Stellvertreter im Parlament, direkt in Referendumsabstimmungen oder nur mit der Drohung einer Initiative oder eines Referendums über die postalische Entwicklung mit. Die Herausforderungen und Chancen dieses grossen Mischkonzerns im Spannungsfeld zwischen Grundversorgung und Wettbewerb möchte ich heute mit Ihnen teilen. Bild 2 Auftrag Der Auftrag des Eigners an die Post ist vielschichtig und entsprechend anspruchsvoll. Die Post soll landesweit eine Grundversorgung mit postalischen Dienstleistungen und mit Zahlungsverkehr zu gleichen Bedingungen anbieten, gleichzeitig in den einzelnen Märkten führend sein, den Unternehmenswert wenn möglich steigern, sozialverantwortlich handeln und dem Finanzministerium alljährlich eine Dividende zahlen. Das ist ein veritabler Spagat zwischen Grundversorgung und Wettbewerb, den die Post bisher recht erfolgreich bestanden hat. Ich wage zu behaupten, wenn die Torhüter des SC Bern, des EHC Biel und der SCL Tigers den Spagat ebenso gut beherrschen, werden wir Berner ab nächster Woche Freude an den Play Off- und Play Out Spielen im NLA-Eishockey haben.

Bild 3 Was ist die Post? Heute präsentiert sich die Schweizerische Post als ein in vier verschiedenen Märkten tätiges Unternehmen: Kommunikation, Logistik, Retailfinanzgeschäft, öffentlicher Personenverkehr. Märkte mit sehr unterschiedlicher Dynamik, unterschiedlichen Regulationen, grossmehrheitlich im freien Wettbewerb. Wenn man berücksichtigt, dass die Briefe unter fünfzig Gramm zwar noch im Monopol sind, aber von der elektronischen Kommunikation konkurrenziert werden, befindet sich die Post bereits heute vollständig in einem herausfordernden Konkurrenzumfeld ohne Monopolschutz. Die Post ist zu einem grossen Mischkonzern herangewachsen. Bild 4 Mit 61 000 Mitarbeitenden ist die Post die zweitgrösste Arbeitgeberin nach der Migros in der Schweiz. Sie ist vorab in der Schweiz jedoch auch in 25 Ländern rund um den Globus aktiv. Die Steuerungszentrale ist in der Hauptstadt Bern. Der grosse Teil der Arbeitsplätze ist über das ganze Land und überdurchschnittlich stark in peripheren Regionen verteilt. Die Geschäftskunden tragen mit rund 80 % den grössten Umsatz- und Gewinnanteil bei und sind damit entscheidend für die solide finanzielle Lage. Die Privatkunden und deren Einstellung tragen aber wesentlich zum Image der Post bei. Selbst Umfragen zur Kundenzufriedenheit von Grossunternehmen mit der Post sind mit Erfahrungen und Aussagen der Partnerinnen und Assistentinnen von CEOs aus ihrem privaten Umfeld durchmischt. Die Post steht auf mehreren gesunden finanziellen Pfeilern, obwohl der Gewinn der PostFinance den grössten Anteil ausmacht. Sie hat sich seit der Herauslösung aus der PTT 1998 vom Staatsbetrieb zu einem wettbewerbsfähigen Konzern gewandelt. Symbolisch dafür ist die bevorstehende Veränderung von der öffentlich-rechtlichen Anstalt zu einer Post AG und einer PostFinance AG. Ich bin deshalb der letzte Anstaltsdirektor an der Postspitze. Die Spezies öffentliche Anstalt hat das Parlament mit den neuen Postgesetzen definitiv beerdigt.

Bild 5 Welche Bedeutung hat die Post für den Kanton Bern? Wie in der ganzen Schweiz ist die Post auch im Kanton Bern eine wichtige Drehscheibe für Wirtschaft und Gesellschaft sowie ein wesentlicher Wirtschaftsmotor. Dazu einige Zahlen und Fakten: im ganzen Kanton Bern beschäftigen wir rund 11 000 Personen, davon 400 Lernende. Hier liegt ein grosses Konsum-und Steuerpotential. Tatsächlich zahlen die Postmitarbeitenden heute schätzungsweise 150 Millionen Franken Steuern an Kanton und Gemeinden. Mit der Steuerpflicht als Aktiengesellschaften werden demnächst einige weitere zehn Millionen Franken dazu kommen. Für die Berner Wirtschaft ist die Post ein wichtiger Kunde. Im letzten Jahr hat sie für rund 500 Millionen Franken bei Berner Lieferanten eingekauft. Dazu kommen 360 Immobilien, die wir zum Teil mieten. Das Neubauvolumen heute und in den nächsten Jahren beträgt rund 400 Millionen Franken mit prominenten Bauten im PostParc in der alten Schanzenpost, dem Hochhaus neben der PostFinance-Arena auf der Allmend sowie dem neuen Konzernhauptsitz in der Wankdorf City. Bild 6 Wir betreiben im Kanton Bern 487 Zugangspunkte mit Poststellen, Agenturen und Hausservices. Jährlich werden 600 Millionen Briefe und Zeitungen zugestellt, 14 Millionen Pakete verarbeitet. Eine der grossen Banken im Kanton Bern heisst PostFinance mit 331 000 Privatkunden und 40 000 Geschäftskunden. Die verwalteten Kundenvermögen belaufen sich auf 14 Milliarden Schweizer Franken. PostAuto betreibt das längste öffentliche Verkehrsnetz im Kanton und transportiert in 200 Bussen jährlich 15 Millionen Kundinnen und Kunden. In der digitalen Welt hat die Post längst Fuss gefasst. Bereits hat sie schweizweit 500 000 Zertifikate für die sichere elektronische Kommunikation herausgegeben. Mehrheitlich wirkt die Geschäftstätigkeit der Post mit ihren verschiedenen wachsenden Geschäftsfeldern als Motor der bernischen Wirtschaft. Die Post ist wie die SBB und die Swisscom ein wichtiges Infrastrukturunternehmen. Alle drei sind überdies Netzwerkfirmen mit einer zunehmend wichtigeren Bedeutung in unserer eng verzahnten Welt. Damit hält die Hauptstadtregion gleich mehrere Trümpfe in der Hand. Umgekehrt muss die Hauptstadtregion auch für diese nationalen Firmen attraktiv sein. Zusammen mit der ausgezeichneten zentralen Lage in der Schweiz und der hervorragenden

Lebensqualität können wir hier in Bern durchaus etwas selbstbewusster eine aktive Standortpolitik betreiben und vermarkten. Die Post hat mit ihren jüngsten Immobilienentscheiden einen von hoffentlich vielen Steilpässen gespielt. Jetzt braucht es Tore! Bild 7 Wie sieht die Zukunft aus? Die Welt entwickelt sich in Zukunft zunehmend globaler und digitaler. Die Mobilität von Gütern, Informationen, Geld und Personen steigt weiter. Folge davon sind Liberalisierung und Privatisierung ebenso wie Tendenzen zur Re- Regulierung. Davon gehen wir für die Postentwicklung aus. Die Post verschwindet damit nicht. Die Kerngeschäfte der Post sind so wie Sie sie kennen Briefe, Pakete, Zahlungen, Personentransporte. Diese Geschäfte wollen wir halten, pflegen und wo möglich weiter ausbauen. Die Post von morgen wird aber vielfältiger. Die physische Post wird ergänzt durch die digitale Post. Dank der neuen Technologien gibt es neue Möglichkeiten für digitale Produkte und hybride Angebote. Insbesondere in der Verbindung der physischen und der digitalen Welt hat die Post grosse Chancen. Sie braucht deshalb neue Kompetenzen aus dem elektronischen, digitalen Umfeld und muss neue Kompetenzen in einer hybriden Welt entwickeln. Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie die Post einen grossen Teil einer Wertschöpfungskette abdecken und die Kompetenzen gleich mehrerer Konzernbereiche einbringen kann. Der Käsermeister im Berner Oberland will seinen Alpkäse nicht mehr nur im Laden verkaufen, sondern die Feriengäste auch nach deren Ferien beliefern können. Er braucht eine Webplattform; er betreibt Direct Marketing; er benötigt einen Logistikpartner, der den Käse frisch und schmackhaft nach Hause liefert. Schliesslich wickelt er Inkasso und allfällige Finanzierungen beim gleichen Anbieter ab. Das ist das integrierte Postangebot wie wir es noch in diesem Jahr im Markt anbieten werden. Alles aus einer Hand, ein riesiger Vorteil eines Mischkonzerns wie ihn in der Schweiz nur die Post hat. Bild 8 Was braucht die Post? Um die Herausforderungen in einer künftigen Welt meistern zu können und weiterhin erfolgreich zu sein, braucht die Post gute Rahmenbedingungen. Sie

dürfen einen anspruchsvollen Leistungsauftrag enthalten, müssen jedoch auch dafür sorgen, dass das Unternehmen im Wettbewerb nicht benachteiligt wird. Zu grosse Lasten und Einschränkungen in der Angebotsgestaltung verträgt es in einem Konkurrenzumfeld nicht. Die künftigen Rahmenbedingungen sind in den im Dezember 2010 vom Parlament verabschiedeten Postgesetzen festgelegt. Sie werden gegenwärtig in den dazugehörenden Verordnungen des Bundesrates konkretisiert. Gesetze und Verordnungen sollen in diesem Sommer in Kraft gesetzt werden. Sie sind ein tauglicher Rahmen für die nächsten Jahre. Jedenfalls habe ich auf dem Bild die Paragraphen kleiner werden lassen. Hoffen ist im Moment durchaus erlaubt. Wichtig sind die in Gesetz und Verordnung festgelegten grösseren unternehmerischen Freiheiten zum Beispiel bezüglich Kooperationen, flexibleren Gesamtarbeitsverträgen, moderner Governance sowie klaren und flexiblen Vorgaben zur Grundversorgung. Eine flächendeckende Grundversorgung ist Last und Chance zugleich. Ein Vertriebsnetz mit 3 600 Zugangspunkten in der ganzen Schweiz, im Kanton Bern 487, eine tägliche Brief- und Paketzustellung bei der mehr als 97% aller Sendungen pünktlich ankommen kostet Geld. Mit genügender Gestaltungsfreiheit in der Art der Erbringung ist der Grundversorgungsauftrag mit dem damit verbundenen Vertrauensbeweis aber auch eine Chance für die Unternehmung im Wettbewerb. Eine ausgezeichnete Versorgung aller Landesteile ist ein Qualitätsversprechen im Wettbewerb mit Konkurrenten. Weiterentwickelt werden dürften die Rahmenbedingungen in ein paar Jahren bezüglich Briefliberalisierung und PostFinance. Das Restmonopol beim Brief unter fünfzig Gramm braucht die Post nicht mehr. Die Konkurrenz kommt aus der elektronischen Welt. Die Post hat bereits mit der vollständigen Marktöffnung bei der Paketpost ihre Leistungsfähigkeit bewiesen. Und der beste Zahlungsverkehr in der Schweiz ist in 106 Jahren in Konkurrenz mit den Banken entstanden. Die Post wird auch beim Brief ihren Leistungsvorsprung auszuspielen wissen. Es braucht keine Monopole, um die Grundversorgung sicherzustellen. Was es braucht sind verbindliche Aufträge mit unternehmerisch machbaren Rahmenbedingungen. Wettbewerb fördert Kreativität, Innovation und kundenorientierte Angebote. Ich spreche aus Erfahrung. Der zunehmende Wettbewerb in den letzten zehn Jahren, die Oeffnung von Postmärkten und sogar allein die Aussichten auf Liberalisierungen haben im Postkonzern enorme Potentiale freigelegt und sind ein wesentlicher Treiber für ein heute anpassungsfähiges Unternehmen.

Bild 9 Wohin entwickelt sich Post? Die Post hat sich daher stark gewandelt, sie wird sich auch in der Zukunft weiter wandeln. Die skizzierten Gesellschafts- und Marktentwicklungen sowie die neuen Postgesetze verändern die Post. Die raison d être der Post wird künftig nicht mehr die Grundversorgung sein, sondern zunehmend ein wettbewerbsfähiges Infrastruktur- und Dienstleistungsangebot für physische, digitale und hybride Kommunikation, für Logistik, Retailfinanzgeschäfte und öffentlichen Personenverkehr. Aus dem heutigen Stammhaus Post mit verschiedenen kleineren Tochtergesellschaften wird eine Konzernstruktur mit drei starken Aktiengesellschaften Post Schweiz AG, PostFinance AG und PostAuto AG unter einem gemeinsamen Dach. Das Postorganisationsgesetz sieht den mehrheitlichen Besitz der Post AG beim Bund, der PostFinance AG bei der Post, analog wie dies heute bei der Swisscom der Fall ist. Es wäre damit möglich, einen substantiellen Minderheitsanteil der beiden Gesellschaften an externe Kapitalgeber zu veräussern. Eine solche Teilprivatisierung wäre dann zweckmässig, wenn sie die Unternehmen in ihrer Entwicklung weiterbringt. Zum Beispiel wenn in Zukunft mehr Eigenkapital für PostFinance nötig würde oder wenn zusätzliche Geldmittel für grössere Investitionen der Post gefunden werden müssten. Ein Grund könnte auch darin bestehen, dass der Bund die Risiken mit andern Investoren teilen möchte. Das sind einige persönliche Ueberlegungen, die zwar heute nicht aktuell sind, jedoch in einigen Jahren durchaus angestellt werden könnten. Wer weiss vielleicht ergänzen wir in fernerer Zukunft unsere Portefeuilles mit Volksaktien der Post und/oder von PostFinance. Mit den Strukturanpassungen verändert sich auch die Führung. Neben dem Postverwaltungsrat wird ein eigenständiger Verwaltungsrat die Geschicke der PostFinance AG unter Aufsicht der FINMA steuern. Die Lenkung des Konzerns wird noch stärker auf die Märkte ausgerichtet werden. Wie die Herausforderungen an das Unternehmen auch immer sind, die Institution Post steht unter Dauerbeobachtung und ist sehr rasch der Kritik ausgesetzt. Nicht alle Leute in diesem Land begreifen die Notwendigkeit von Veränderungen in einem öffentlichen Unternehmen. Auch wenn sie selbst die gute alte Zeit längst hinter sich gelassen haben. Sogar der Töfflilärm wird vermisst, wenn der Postbote auf elektrisch leisen Rädern die Briefe ins Haus bringt und damit

seine Ankunft nicht mehr hörbar ist. Die strategische und operative Führung der Postgruppe muss all die wesentlichen Veränderungen schrittweise vornehmen, die Bürgerinnen und Bürger und die tausenden von loyalen Mitarbeitenden mit auf die Reise nehmen. Es dürfen nicht zu viele Sensibilitäten von Volk, Mitarbeitenden, Politik und Medien auf einmal berührt werden. Es braucht auch in Zukunft Augenmass. Dazu gehört ebenfalls die Glaubwürdigkeit und Authentizität der verantwortlichen Personen. Was manchmal in einem privaten Unternehmen noch toleriert wird, überschreitet in einem öffentlichen Unternehmen sehr rasch die Grenzen des Verzeihens. Bescheidenheit, Demut und Bodenhaftung sind Eigenschaften, die von der Führung öffentlicher Unternehmen zu recht ganz besonders gefordert werden. Bild 10 Die Post bleibt im Spannungsfeld Ich schliesse meine Ausführungen mit den folgenden zusammenfassenden Erkenntnissen. Den Spagat zwischen Wettbewerb und Grundversorgung kann die Post beherrschen. Der Wettbewerb fördert kundenorientierte, innovative Dienstleistungen auch in der Grundversorgung. Die neuen Rahmenbedingungen in den Postgesetzen und den Verordnungen geben der Post den zwingend notwendigen unternehmerischen Spielraum. Die auch künftig wartenden Veränderungen müssen gut geführt und sozialverträglich gestaltet werden. Ein wettbewerbsfähiges, finanziell auf eigenen Füssen stehendes Unternehmen ist die beste Garantie für eine qualitativ hochstehende Versorgung mit vielfältigen Dienstleistungen sowie für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Als Eigentümer und Kunden dieser Post müssen wir an einer fitten Post grosses Interesse haben. Bild 11 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!