Übung Klassifikation von Böden A.1 Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau A Klassifikation von Böden A.1 Klassifikation nach der Korngröße A.1.1 Körnungslinie Über Siebung und / oder Sedimentation werden die Massenanteile der einzelnen Kornfraktionen an der Gesamtmasse einer Probe ermittelt und anschließend in einer Körnungslinie dargestellt. Die Körnungs- oder Sieblinie ist eine Summenlinie, also im mathematischen Sinne keine Verteilung (obwohl sich der Name Korngrößenverteilung eingebürgert hat). Die Darstellung erfolgt im semilogarithmischen Maßstab. Siebanalyse Probengewicht m d Größtkorn 1548,6 g 100 mm Siebweite Siebrückstand Siebdurchgang Gewicht Anteil Anteil Nr. mm g % % 1 63,0 154,9 10,0 90,0 2 31,5 235,4 15,2 74,8 3 16,0 192,0 12,4 62,4 4 8,0 150,2 9,7 52,7 5 4,0 196,7 12,7 40,0 6 2,0 44,9 2,9 37,1 7 1,0 130,1 8,4 28,7 8 0,5 156,4 10,1 18,6 9 0,25 94,5 6,1 12,5 10 0,125 120,8 7,8 4,7 11 0,063 60,4 3,9 0,8 Schale 10,8 0,7 0,1 Summe 1547,1 99,9 Siebverlust 1,5 Tab. A-1: Versuchsergebnisse der Siebung des Bodens 1
Übung Klassifikation von Böden A.2 Im Bild A-1 sind die Körnungslinien von drei Böden dargestellt: - Boden 1: Grobkörniger Boden (ermittelt durch Siebung) - Boden 2: Gemischtkörniger Boden (ermittelt durch Siebung und Sedimentation) - Boden 3: Feinkörniger Boden (ermittelt durch Sedimentation) 100 Ton Schluffkorn fein mittel grob Sandkorn Kieskorn Steine fein mittel grob fein mittel grob Blöcke Anteil der Körner < d in % der Gesamtmasse 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0,002 0,006 0,02 0,06 0,2 0,63 2,0 6,3 20 63 200 Boden 1 Boden 2 Boden 3 d [mm] Bild A-1: Körnungslinie A.1.2 Kenngrößen Aus der Körnungslinie lassen sich verschiedene Kenngrößen ableiten, die zur Beschreibung der Böden wichtig sind. Für den Wert d x gilt, dass x % der Körner kleinere Durchmesser als d x aufweisen. Aus den Korndurchmessern d 10, d 30 und d 60 lassen sich wichtige Kennzahlen ermitteln: - Ungleichförmigkeitszahl C U (teilw. auch U) C = U d d 60 10 Die Ungleichförmigkeitszahl beschreibt eine mittlere Neigung der Körnungslinie, d.h. je kleiner C U ist, umso steiler ist die Sieblinie. Ein Boden mit C U < 5 ist gleichförmig 5 < C U < 15 ungleichförmig C U > 15 sehr ungleichförmig
Übung Klassifikation von Böden A.3 - Krümmungszahl C c C C 10 2 30 d = d d 60 Die Krümmungszahl beschreibt den Bereich zwischen d 10 und d 60. Aus der Krümmungszahl und der Ungleichförmigkeitszahl können wesentliche Bodeneigenschaften (Verdichtungsfähigkeit u.a.) der grobkörnigen (= nichtbindigen) Böden abgeleitet werden. Für den in Bild A-1 dargestellten feinkörnigen (= bindigen) Boden 3 können diese Kennwerte nicht ermittelt werden (d 10 nicht bestimmt). Für feinkörnige Böden werden andere Klassifikationskriterien herangezogen. A.2 Klassifikation (bindiger Böden) nach der Konsistenz Die Porenräume des Bodens können in unterschiedlichem Maße mit Wasser gefüllt sein. Für die Eigenschaften von bindigen, gering durchlässigen Böden spielt das vorhandene Wasser eine wichtige Rolle. Der Wassergehalt ist definiert zu m w = m w d mit m w als Masse des Wassers in der Probe und m d als Masse der trockenen Bodenprobe. Abhängig vom Wassergehalt weisen bindige Böden unterschiedliche Zustandsformen auf. Zur eindeutigen Bestimmung der vorhandenen Konsistenz werden im Labor Wassergehalte an verschiedenen Konsistenzgrenzen ermittelt: - Fliessgrenze w L Übergang von der flüssigen zur breiigen Konsistenz Fliessgrenzengerät nach CASAGRANDE - Ausrollgrenze w P Übergang von der steifen zur halbfesten Konsistenz Ausrollversuch - Schrumpfgrenze w S Übergang von der halbfesten zur festen Konsistenz Volumenkonstanz beim Trocknen, Farbumschlag (unterhalb der Schrumpfgrenze hellere Farbe)
Übung Klassifikation von Böden A.4 Über die Wassergehalte sind wiederum Kenngrößen definiert: - Konsistenzzahl I C = w w L L w w P Ein Boden ist flüssig breiig weich steif halbfest wenn I C < 0 0 0,5 0,5 0,75 0,75 1,0 > 1 ist. - Plastizitätszahl I P = w L w P Hiermit wird die Größe des Bereichs zwischen dem Übergang von der flüssigen zur breiigen (w L ) und dem Übergang von der steifen zur halbfesten (w P ) Konsistenz definiert. Eine große Plastizitätszahl ist verbunden mit einer geringen Empfindlichkeit des Bodens gegenüber Wassergehaltsänderungen und umgekehrt. A.3 Klassifikation der nichtbindigen Böden nach der Lagerungsdichte Die Lagerungsdichte D eines Bodens ist für viele bodenmechanische Parameter von Bedeutung; sie ist definiert zu nmax n D = nmax nmin n max : Porenanteil bei lockerster Lagerung n min : Porenanteil bei dichtester Lagerung n: vorhandener Porenanteil Ein Boden ist sehr locker locker mitteldicht dicht sehr dicht wenn D 0 0,15 0,15 0,30 0,30 0,50 0,50 0,80 > 0,80 ist. Rechnet man den Porenanteil n in die Porenzahl e mit n e = 1 n um, so lässt sich die bezogene Lagerungsdichte I D ermitteln: I D e = e max max e e min Bild A-2: Zusammenhang von Porenanteil und Porenzahl
Übung Klassifikation von Böden A.5 A.4 Benennung von Böden Benennung von Böden im Feld Mit Einführung der DIN EN ISO 14688-1 wird die Benennung, Beschreibung und Klassifizierung von Böden (direkt im Feld) anhand (einfacher) visueller und manueller Techniken international geregelt. Mit dem damit einhergehenden Ersatz der DIN 4022-1 zur Benennung und Beschreibung von Boden und Fels werden im Wesentlichen die deutschen Bezeichnungen durch gleichwertige englische Begriffe ersetzt. Es ist jedoch zu erwarten, dass trotz der Einführung der DIN EN ISO 14688-1 die Benennung von Böden auch weiterhin nach DIN 4022 gebräuchlich sein wird. Daher werden im Rahmen dieser Übung sowohl die Benennung nach DIN 4022 als auch nach DIN EN ISO 14688-1 vorgestellt. Die Bezeichnungen der Bodenkörner anhand der Korngröße nach DIN EN 14688-1 und DIN 4022-1 sind folgender Tabelle zu entnehmen: Tab. A-2: Benennung der Bodenkörner nach ihrer Größe (nach DIN EN ISO 14688-1 und DIN 4022-1)
Übung Klassifikation von Böden A.6 A.4.1 Benennung nach DIN 4022-1 a) Hauptanteile Der Hauptanteil ist die nach Massenanteilen am stärksten vertretene Bodenart oder die Bodenart, welche die Eigenschaften des Bodens bestimmt. Es wird unterschieden in: - Grobkörnige Böden Massenanteil an Körnern d < 0,06 mm geringer 5 % Bodenarten Sand S, Kies G, Steine X und Blöcke Y - Gemischtkörnige Böden Der Massenanteil an Körnern d < 0,06 mm liegt zwischen 5 % und 40 % Wenn nichtbindige Anteile das Bodenverhalten bestimmen, erfolgt die Benennung nach grobkörnigen Bestandteilen wie Sand oder Kies. Wenn bindige Anteile bestimmend sind, wird mit Hilfe des Plastizitätsdiagramms (analog zu feinkörnigen Böden) nach Schluff oder Ton unterschieden. - Feinkörnige Böden Massenanteil an Körnern d < 0,06 mm größer 40 % Bodenarten Schluff U und Ton T, die genaue Klassifizierung erfolgt nach dem Plastizitätsdiagramm (Bild A-3) b) Nebenanteile Als Nebenanteile werden die Kornanteile eines Bodens bezeichnet, welche die bestimmenden Eigenschaften des Bodens nicht prägen. Nebenanteile werden als Adjektive beschreibend hinzugefügt. Sie werden in Kleinbuchstaben gesetzt. - Grobkörnige Nebenanteile werden bei allen Bodenarten (feinkörnig, gemischtkörnig, grobkörnig) entsprechend ihrer Massenanteile hinzugefügt. Sind die Massenanteile der Beimengen < 15 % so wird die Bezeichnung schwach (Abkürzung ) > 30 % so wird die Bezeichnung stark (Abkürzung oder *) verwendet. Teilweise ist eine zusätzliche Beschreibung in fein, mittel oder grob üblich.
Übung Klassifikation von Böden A.7 - Feinkörnige Nebenanteile werden in Abhängigkeit der Bodenart folgendermaßen behandelt: bei feinkörnigen Böden erfolgt die Benennung nach dem Plastizitätsdiagramm (Bild A-3). bei grobkörnigen Böden werden feinkörnige Nebenanteile entsprechend ihren Eigenschaften hinzugefügt. Die Bezeichnung schwach oder stark wird nur verwendet, wenn die feinkörnigen Nebenanteile von besonders geringem bzw. großem Einfluss auf den Boden sind (unabhängig von den Masseanteilen). bei gemischtkörnigen Böden, o deren Verhalten vom Feinkornanteil geprägt ist, werden sie analog den feinkörnigen Böden behandelt, o bei gemischtkörnigen Böden, deren Verhalten nicht vom Feinkornanteil geprägt ist, analog den grobkörnigen Böden. Bild A-3: Plastizitätsdiagramm zur Benennung nach DIN 4022 Anmerkung: Zur Beantwortung der Fragestellung, ob das Verhalten eines gemischtkörnigen Bodens von seinen bindigen oder seinen nichtbindigen Anteilen geprägt wird, können der Trockenfestigkeitsversuch und andere manuelle Verfahren herangezogen werden.
Übung Klassifikation von Böden A.8 A.4.2 Benennung nach DIN EN ISO 14688-1 a) Hauptanteile Hauptanteile werden nach DIN EN ISO 14688-1 immer groß geschrieben. Es wird unterschieden zwischen: - Sehr grobkörnige Böden Der Hauptanteil ist die sehr grobe Kornfraktion, die den Massenanteil am stärksten bestimmt. Bodenarten Stein Co, Block Bo, großer Block LBo - Grobkörnige Böden Der Hauptanteil ist die grobe Kornfraktion, die den Massenanteil am stärksten bestimmt. Bodenarten Kies Gr und Sand Sa - Feinkörnige Böden Der Hauptanteile ist die feine Kornfraktion, die das Verhalten des Bodens bestimmt. Bodenarten Schluff Si Ton Cl Plastizität: Es wird zwischen leichter und ausgeprägter Plastizität unterschieden. b) Nebenanteile Nach DIN EN ISO 14688-1 werden die Kornanteile eines Bodens als Nebenanteile bezeichnet, welche die Eigenschaften des Bodens nicht prägen. - Sehr grobkörnige Nebenanteile Die Nebenanteile werden bei allen Bodenarten als Adjektive vorangestellt. Sie werden dabei nach aufsteigendem Massenanteil der Bodenart sortiert. Grobsand, steinig cocsa - Grobkörnige Nebenanteile Die Nebenanteile werden bei allen Bodenarten als Adjektive vorangestellt. Sie werden dabei nach aufsteigendem Massenanteil der Bodenart sortiert. Nebenanteile, die in besonders starken bzw. besonders geringem Umfang auftreten, werden mit stark bzw. schwach bezeichnet. Feinkies, schwach grobsandig csa FGr - Feinkörnige Nebenanteile Die Nebenanteile werden als Adjektive vorangestellt. Bei feinkörniger Hauptbodenart werden keine feinkörnigen Nebenanteile beschrieben. Feinsand, schluffig sifsa
Übung Klassifikation von Böden A.9 A.4.3 Benennung nach DIN 18196 In der DIN 18196 Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke ist eine andere Regelung zur Benennung getroffen, da hier über die Bezeichnung der Bodenart die bautechnische Verwendbarkeit erkennbar sein soll. - Grobkörnige Böden Die Unterscheidung der Hauptbestandteile erfolgt ähnlich wie in der DIN 4022 nach G oder S. Zusätzlich werden noch Kurzzeichen beigestellt, die aus der Ungleichförmigkeitszahl C U und der Krümmungszahl C C der Körnungslinie ermittelt werden. Benennung Kurzzeichen C U C C Enggestuft E < 6 Beliebig Weitgestuft W 6 1 3 Intermittierend I 6 < 1 oder > 3 Hieraus ergeben sich die Bodenarten GE, GW, GI und SE, SW, SI. - Gemischtkörnige Böden Es wird zwischen Kies-Schluff- (GU), Kies-Ton- (GT), Sand-Schluff- (SU) und Sand-Ton- Gemischen (ST) unterschieden. Beträgt der Anteil des feinkörnigen Bodens zwischen 15 % und 40 % des Massenanteils, wird die Benennung um die Kürzel * oder erweitert, z. B. GT* oder G T (gleichbedeutend). - Feinkörnige Böden Die Unterscheidung zwischen Ton und Schluff erfolgt anhand des Plastizitätsdiagramms von CASAGRANDE (Bild A-4), also nicht nach der Kornverteilung. Tone liegen oberhalb der A-Linie, Schluffe unterhalb; die plastischen Eigenschaften sind abhängig vom Wassergehalt an der Fliessgrenze w L. Es wird zwischen TA, TL, TM und UA, UL, UM unterschieden. Zusätzlich werden in DIN 18196 organogene und organische Böden sowie Auffüllungen unterschieden.
Übung Klassifikation von Böden A.10 Bild A-4: Plastizitätsdiagramm zur Benennung nach DIN 18196 A.4.4 Benennung der drei Böden Boden 1 Boden 2 Boden 3 d 10 [mm] 0,2 (0,006) - d 30 [mm] 1,2 (0,2) - d 60 [mm] 15 (6,3) - C U 75 (1050) - C C 0,48 (1,06) - Benennung nach DIN 4022 G, s*, x G, s, u, x 1) U, s Benennung nach DIN EN ISO 14688-1 co sa* Gr co si sa Gr sa Si Benennung nach DIN 18196 GI GU* UM 1) Unter der Voraussetzung, dass die bindigen Anteile die bautechnischen Eigenschaften des Materials nicht maßgebend beeinflussen
Übung Klassifikation von Böden A.11 Für den Boden 3, bei dem keine organischen Bestandteile nachweisbar waren, sind zudem die Wassergehalte bekannt: w = 0,37 w L = 0,45 w P = 0,35 I P = 0,45-0,35 = 0,10 Benennung nach DIN 4022 (Bild A-3) U, s Benennung nach DIN EN ISO 14688-1 Benennung nach DIN 18196 (Bild A-4) sa Si UM 0,45 0,37 I C = = 0, 8 steife Konsistenz 0,45 0,35