SPIRITUELLE HEILUNG MIT WASSER



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Transkript:

SPIRITUELLE HEILUNG MIT WASSER Rituelle und symbolische Einleitung in die Forschungsthematik Im Rahmen des Vortrags wurde die heilende, reinigende und spirituelle Wirkung von Wasser in einem religionsethnologischen Kontext untersucht. Dabei wurden spirituelle und sakrale Symboliken des Wassers im Kontext von Heilung erfasst. Dies wurde beispielsweise in Hinblick auf Gottheiten des Wassers, seine symbolischen Bedeutungen und seine zentrale Rolle als rituelles Objekt erläutert. Dabei stand die symbolische und spirituelle Heilung mit Wasser und die religionsspezifischen (Heilungs-)Kräfte, die dem Wasser in ihrem jeweiligen kulturellen sowie religiösen Kontext zugedacht werden, im Zentrum. Es wurde die zentrale Rolle des Wassers und seine Wirkung in Ritualen erläutert und seine Heiligkeit und Verehrung als heilbringendes ursprüngliches Element untersucht. In diesem Zusammenhang wurde die Bedeutung von heiligem Wasser sowie heiligen Flüssen und Quellen und die damit einhergehenden Rituale einer genaueren Betrachtung unterzogen und deren sakrale, spirituelle, rituelle und symbolische Bedeutung sowie die Auswirkung des Wassers auf die körperliche, spirituelle und soziale Ganzheit des Menschen welche als Heilwerdung im Sinne eines spirituellen Erlebens verstanden wird beschrieben. Im Rahmen des Vortrags wurde auf folgende forschungsleitende Fragestellungen eingegangen: - Welche Formen der (inneren, spirituellen) Reinigung und Heilung durch Wasser lassen sich im religionsethnologischen Kontext finden? - Welche spirituellen und sakralen Bedeutungen sowie Symboliken hat Wasser im Kontext von Heilung in religiösen Ritualen? Symbolische, rituelle und spirituelle Heilung mit Wasser Heilwerdung setzt eine Transformation der Umstände in Gang, unter denen das Individuum seine Existenz wahrnimmt und das Leid der Krankheit erlebt und durchlebt. Spirituelle Heilung verändert die Wahrnehmung der Person und kreiert Bedeutung, in dem sie den Fokus der Aufmerksamkeit umlenkt. Dabei wird für den/die Betroffene/n eine neue Realität Seite 1

geschaffen. Bei allen Formen von Heilung ist es von zentraler Bedeutung, dass der/die Kranke oder der/die Heilsuchende emotionale Unterstützung in seinem/ihrem Leiden von der sozialen Gruppe erhält und sich als ein wertvoller Teil der Gemeinschaft fühlt. Da spirituelle Heilung auf verschiedenen Ebenen operiert, werden sowohl soziale als auch kulturelle Faktoren wie Bedeutungen und Symbole mit einbezogen. Heilung bedeutet in diesem Fall nicht eine Wiederherstellung des Zustands vor der Krankheit, sondern einen Übergang in ein Dasein, welches unabhängig vom Befinden einer Person vor oder während der Krankheit existiert (Csordas 2002). Die Erfahrung der Heilung ist dabei durch kulturspezifische Symbole kultureller Erklärungsmodelle oder Mythen generalisiert. Dies bedeutet, dass das Problem des/der Heilsuchenden durch die gesellschaftlich festgelegten Werte und Erklärungsmuster verstanden werden kann und durch die Bedeutungen und Emotionen, welche den mythischen Symbolen zugeschrieben werden, verändert werden kann (Dow 1986). Über diese sozialen und kulturellen Kategorien ist auch bestimmt, wann ein Mensch als krank gilt und welche Maßnahmen zu treffen sind, um ihn zu heilen sowie wann er als geheilt betrachtet wird (Csordas 2002). Symbolische Heilung liegt daher einem Model der erlebten und gelebten Realität einer kulturell bzw. religiös etablierten mythischen Welt zugrunde. Was für die Erlangung oder Wiederherstellung von Heilung zu tun ist, basiert auf der mythischen Begründung für eine Krankheit oder ein Problem. In diesem Zusammenhang wird über den Symbolgehalt religiöser, heiliger Objekte, die im Rahmen der ritualisierten Heilerfahrung zu heilbringenden Ritualgegenständen werden, das Bewusstsein und die Emotionen des/der Heilsuchenden modifiziert, was wiederum zu Veränderungen auf der körperlichen Ebene führen kann. Der/die Heilsuchende erlangt somit eine symbolische Kraft, um sich über die Ebene des Bewusstseins selbst zu heilen (Dow 1986). In Bezug zu Heilungsritualen kann dieser Übergang von Krankheit zu Heilung und Heilwerdung anhand Arnold van Genneps Konzept zu rites de passage erläutert werden: Rites de passage sind Übergangsrituale, die den Übergang des Menschen von einem Lebensabschnitt in einen anderen Daseinszustand oder Status ermöglichen und unterstützen. Im Kontext mit Prozessen im Heilungsritual wird ersichtlich, dass es einer erkrankten oder spirituell unreinen Person nicht mehr möglich ist ihre Aufgaben in einer Gemeinschaft voll wahrzunehmen, da sie durch die Erkrankung einer Separierung unterworfen ist. Die Liminalitätsphase bildet die Übergangs- und Schwellenphase im Heilungsritual, während der es zu veränderten Seite 2

Bewusstseinszuständen und einem Perspektivenwechsel kommt. In diesem Stadium des Rituals ist der Einsatz von Symbolen äußerst wichtig, da sie komplexe innere Vorgänge nach außen hin sichtbar machen. Bei der letzten Phase, der Integration helfen Symbole, die Ordnung wiederherzustellen und die Person wieder in die Gemeinschaft einzugliedern wobei die kulturspezifischen Kategorien der Heilung angenommen werden (URL1: cam-tm.com 2012). Thomas Csordas stellt in diesem Zusammenhang drei Grundlegende Merkmale einer medizinischen Intervention fest: Die Prädisposition beschreibt die Überzeugung der teilnehmenden Person, dass eine Heilung möglich ist und die Überzeugungen der Gruppe werden im Kontext der kulturspezifischen Erklärungsmodelle legitimiert. Empowerment ist die Überzeugung der teilnehmenden Person, dass das Ritual wirkungsvoll ist und dass durch die spirituellen Kräfte Heilung erlangt werden kann. Bei der Transformation muss die teilnehmende Person zur Überzeugung gelangen, die Kategorien der Heilung anzunehmen und ihr Verhalten nach den kultur- und religionsspezifischen Bedingungen zu ändern, welche Heilung symbolisieren (Csordas 2002). Die Ursache für ein Problem oder eine Krankheit wird durch verschiedene Divinationstechniken von einem/einer HeilerIn ergründet und durch die kulturspezifischen Erklärungsmodelle erläutert. Dabei treten moralische, soziale oder göttliche Dimensionen in den Vordergrund weshalb die Divination nicht wie eine klassische biomedizinische Diagnose verstanden werden kann. Dies gilt es auch in Zusammenhang mit dem Prinzip der Bikausalität nach Edward Evan Evans-Pritchard zu betrachten, da bei der Suche nach Ursachen für eine Krankheit oder ein Problem neben den physischen und psychischen Gegebenheiten Erklärungen aus religiösen oder spirituellen Sinnzusammenhängen herangezogen werden (URL1: cam-tm.com 2012). Dabei werden zwei Ursachen gleichzeitig für den Ausbruch einer Krankheit verantwortlich gemacht, eine natürliche, wie Infektion, Kälte, schlechtes Essen oder Überarbeitung und eine soziokulturelle wie Disharmonie mit dem sozialen Umfeld, mit Gott, den Geistern und den Ahnen (URL2: Prinz 2010). Ein Sinn von Heilungsritualen ist daher die Reinigung als Befreiung von fremden, äußeren Einflüssen durch die angewandten kulturspezifischen Symbole. Die soziokulturellen Ursachen für Krankheit können in diesem Zusammenhang durch die jeweils festgelegte rituelle Handlung und den therapeutischen Prozess beeinflusst werden. Hierbei handelt es sich um Opfer, Gebete, Tanz und andere Kulthandlungen wobei Mittel der symbolischen Kommunikation, wie Farben, Gesten, Trommelsprache und Seite 3

Ritualgegenstände aller Art sowie Interaktionen durch psychodramatische Aufführungen, fingierte operative Eingriffe usw., welche oft mit veränderten Wachbewusstseinszuständen in Verbindung stehen, eingesetzt werden (URL1: cam-tm.com 2012). In diesem Rahmen wird nun die Bedeutung des Wassers für eine rituelle Heilung im religionsethnologischen Kontext näher erläutert und auf die verschiedenen Formen von gemeinschaftlichen Ritualen und religiösen Heilbehandlungen mit Wasser eingegangen, da dieses in zahlreichen spirituellen Heilungs- und Heilwerdungszeremonien ein zentrales Ritualobjekt ist. Heilung mit Wasser im religionsethnologischen Kontext Wasser wird als Urelement und symbolischer Informationsträger, dem reinigende und heilende Wirkung zugesprochen wird, weltweit in den verschiedensten Ritualen verwendet (Kiesenhofer 2001). Ursprünglich konnte Heilung durch religiöse Verehrung erlangt werden. Heiliges, heilendes Wasser wurde als Gabe der Gottheiten angesehen und Heilquellen als Geschenk der Gottheiten betrachtet und verehrt. Auch Flüsse wurden als Gottheiten verehrt und dem Tau und Brunnenwasser wurden seit jeher heilsame Kräfte zugeschrieben (Selbmann 1995). Gewässer welchen heilsame Bedeutungen zugedacht wurden, waren schon immer spirituelle Plätze an denen die Menschen Rituale wie Waschungen und Besprengungen sowie Rituale des Untertauchens vornahmen. Dabei kommt es zu einem Akt seelischer Reinigung bei dem sich die Menschen nicht nur von physischem Schmutz, sondern auch von psychischen Leiden oder spiritueller Verunreinigung befreien. Rituelle Waschungen sind daher Handlungen die mit einer Transformation in einen neuen Zustand verbunden sind. Der Mensch geht als neues gereinigtes Individuum aus einer Zeremonie hervor (Kiesenhofer 2001). Religiöse Reinheit muss nicht mit körperlicher Reinheit einhergehen, da die jeweiligen Auffassungen von dem, was als rein und unrein gilt, kulturell geprägt sind. Grundsätzlich besteht aber eine gedachte Verbindung zwischen Sauberkeit, Gesundheit und Leben sowie Schmutz, Krankheit und Tod (Blum-Heisenberg nach Kiesenhofer 2001). Im Kontext von Heilungs- und Reinigungszeremonien werden nun verschiedene kulturell geprägte Symboliken und Bedeutungen des Wassers erläutert. Seite 4

Symboliken des Wassers Symbolischer Wasserkreislauf Das Element Wasser nimmt im religionsethnologischen Kontext verschiedene Symboliken und Bedeutungen in Zusammenhang mit Gesundheit, Reinheit und Heilung ein. In diesem Kontext kann ein symbolischer Wasserkreislauf festgestellt werden. Am Beginn des Zyklus steht das Wassers als Vorraussetzung für Wachstum und Fruchtbarkeit und ermöglicht das Leben auf der Erde, wodurch es zum Symbol des Lebens wird. Gleichermaßen wie das Wasser die Kraft hat Leben zu ermöglichen, kann es dieses aber durch seine Gewalt auch zerstören. Die Symbolik des Wassers als Todesbringer wird besonders im Mythos der Sintflut deutlich. In diesem Zusammenhang zeigt es sich aber auch als ein Symbol der Regeneration und Sinnbild der Wiedergeburt und steht daher mit Ritualen des Untertauchens besonders in Verbindung. Die Symbolik des Wassers für Leben, Tod und Wiedergeburt wird beim Taufen ersichtlich. Im Sinne eines Übergangsritus stirbt der Mensch einen symbolischen Tod und das Wasser löst seine alte Form auf, spült seine Vergangenheit und seine Sünden weg wodurch er letztendlich gereinigt und erneut wiedergeboren wird. Daher hat Wasser die Symbolkraft der körperlichen und seelisch-geistigen Reinigung (Selbmann 1995). Ebenso ist Wasser nach C.G. Jung das geläufige Symbol für das Unbewußte (Jung nach Selbmann 1995) und Sinnbild der Sexualität. Daher steht es auch in vielen Gesellschaften und Kulturen mit Weiblichkeit in Verbindung, welche wiederum mit Fruchtbarkeit und Leben in Zusammenhang steht und den Wasserkreis von Werden und Vergehen letztendlich schließt. Im Kontext mit den genannten Symboliken haben daher in den Kosmologien vieler Gesellschaften und Religionen Wassergottheiten an essentieller Bedeutung gewonnen (Selbmann 1995). Ausgehend von den genannten kulturellen und mythischen Bedeutungsgehalten des Elements im Kontext mit Gesundheit und Krankheit, sowie Leben und Tod, folgt nun ein Überblick der religiösen Bedeutungen und Symboliken von Wasser und eine Erläuterung seiner Anwendung in rituellen Zeremonien sowie religiösen und kulturellen Festen am Beispiel der meist verbreitetsten monotheistischen und polytheistischen Religionen der Welt dem Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus. Wasser in den 5 meist verbreitetsten Religionen der Welt Christentum: Im Christentum wird das Wasser als Geschenk Gottes angesehen (Kürschner- Pelkmann 2005). Es symbolisiert Wandlungsfähigkeit (Zink nach Kürschner-Pelkmann Seite 5

2005) und spielt eine bedeutende Rolle in religiösen Zeremonien als heiliges Weihwasser und im Sinne der Taufe. Die heilende Wirkung des Wassers spielt eine bedeutende Rolle. Hierbei sind vor allem Heilquellen und Pilgerstätten wie z.b. Lourdes in Frankreich zentral bei denen es zu Wunderheilungen und Spontanheilungen kommt. Der Glaube an die Heilkraft des Wassers wird vor allem in den christlichen Kirchen in Lateinamerika, Afrika und Asien intensiviert, da sich dort katholische Symboliken mit einheimischen Traditionen vermischen (Kürschner-Pelkmann 2005). Judentum: Im Judentum gelten Wasser und Regen als Sinnbild des Segen Gottes. Die rituelle Reinheit, zu deren Erlangung Reinigungsrituale vorgeschrieben sind, wird als Tahara bezeichnet. Dabei spielt das rituelle Eintauchen in die Mikwe, einem Fluss oder Tauchbecken, eine zentrale Rolle. Vor dem Bad ist eine intensive körperliche Reinigung notwendig, es hat also nichts mit körperlicher Hygiene zu tun, sondern ist eine innere spirituelle Erneuerung und Reinigung (Kürschner-Pelkmann 2005). Des Weiteren wird das Bad in Form der Prosyletentaufe beim Konvertieren zum Judentum eingenommen (Kiesenhofer 2001). Auch bei religiösen Festen nimmt das Wasser eine zentrale Rolle ein, wie z.b. beim Sukkot welches auch Wasserschöpffest genannt wird (Kürschner-Pelkmann 2005). Islam: Da der Islam seinen Ursprung in der Wüstenregion der arabischen Halbinsel hat, verkörpert das Wasser Leben, Fruchtbarkeit und Vegetation. Trockenheit hingegen steht für Wüste und Tod. Das Wasser ist ein Geschenk Allahs an die Menschen, Pflanzen und Tiere. Die Oase ist daher ein Symbol für die Zuwendung Allahs an die Menschen. Daher gehört zu den religiösen Pflichten der PilgerInnen das Trinken aus der heiligen Quelle Zamzam bei Mekka. Wasser repräsentiert das Urbild des Reinen, was auch in den rituellen Waschungen zum Ausdruck kommt. Von großer Bedeutung ist das Gebet um Regen, welches Istiqua genannt wird, das den Glauben zum Ausdruck bringt, dass Wasser den Gerechten zusteht, während Allah den Ungerechten das Wasser entzieht. Da sauberes, kühles Wasser auch in den islamischen Paradiesvorstellungen eine bedeutende Rolle einnimmt, gelten Gärten mit Springbrunnen als islamisches Sinnbild für das Paradies (Kürschner-Pelkmann 2005). Buddhismus: Im Buddhismus besteht die Natur aus den vier Elementen Wasser, Feuer, Erde, Luft. Das Gleichgewicht dieser Elemente führt zu Wohlbefinden. Wasser wird als Mutter Seite 6

Wasser gesehen, welche aufgrund der Umweltverschmutzung um Vergebung gebeten wird, wodurch innere Reinigung erlangt werden kann (Sivaraksa nach Kürschner-Pelkmann 2005). Im Buddhismus ist die Achtung vor dem Wasser und der Natur aufgrund der Abhängigkeit aller Lebewesen zentral. Daher repräsentiert der Schutz der Natur Liebe und Mitgefühl. Wasser ist ein Sinnbild der Erlösung und spielt in vielen buddhistischen Zeremonien eine große Rolle. Eine wichtige Bedeutung hat es auch beim Neujahrsfest, welches auch Wasserfest genannt wird. Dabei werden die Tempel und Buddha-Statuen mit geweihtem Wasser gereinigt und die Menschen begießen und bespritzen sich mit Wasser, da das nasse Element Glück und Segen bedeutet (Kürschner-Pelkmann 2005). Hinduismus: Wasser wird im Hinduismus als Urquell des Lebens angesehen und hat bei religiösen Zeremonien einen zentralen Stellenwert erlangt. Durch das rituelle Waschen mit heiligem Wasser oder Baden an heiligen Stätten kann die Seele gereinigt werden und Sünden abgespült werden. Heiliges Wasser heilt auch von Krankheiten und kann Jugend und Schönheit zurückbringen. Eine besonders zentrale Bedeutung nimmt hier der Fluss Ganges ein. Das Ausstreuen der Asche der Toten in den Fluss symbolisiert die Reise der Seele die mit der Reise des Wassers einhergeht. Bei rituellen Festen wie dem Maha Kumbh Mela Fest kommen Mio. PilgerInnen an seine Ufer um im Wasser zu baden und davon zu trinken um Erlösung zu erlangen. Jedoch gibt es massive Probleme mit der Wasserverschmutzung, da Abwässer ungeklärt in den Fluss geleitet werden. Auch halbverbrannte Leichnahme werden teilweise in den Fluss geworfen. Die Menschen, die auf das Wasser angewiesen sind, werden davon krank und leiden unter Hautausschlägen, Cholera, Hepatitis und Durchfall (Kürschner-Pelkmann 2005). Wasserbewusstsein Ökologische Spiritualität Im Zusammenhang mit der ökologischen Problematik der Wasserverschmutzung wird deutlich, dass Wasser heilen aber auch krank machen kann. Obwohl das Wasser vielfach noch verehrt und als Heilmittel genutzt wird, ist seine eigentliche Heilwirkung und Bedeutung vielleicht im tieferen, ursprünglichen Sinn verloren gegangen, da es am globalen Markt zur chemischen Formel und zum Gebrauchsartikel reduziert worden ist und durch Umweltverschmutzung, Verschwendung und Privatisierung seine zentrale Bedeutung für das menschliche Leben zunehmend in den Hintergrund gerückt wird. Das Wasser verändert Seite 7

dadurch auch seine kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung und Symbolik (Selbmann 1995). Wasserschutz und die weltweite Versorgung der Menschen mit ausreichend reinem Trinkwasser ist eine zentrale Aufgabe unserer Zeit. Eine neue spirituelle Beziehung und ein Bewusstsein für und durch das Wasser kann durch eine neue ökologische Spiritualität (Barros 2004) gefunden werden, die sich im Wasserschutz und Umweltschutz zeigt und Dankbarkeit und Respekt für das kostbarste Gut auf der Welt impliziert, welches als Urelement und Lebensspender zentrale Bedeutung für die Zukunft der Menschheit hat. Da Wasser für die Instandhaltung der physischen und psychischen Gesundheit des Menschen unverzichtbar ist und wir ohne Wasser sterben, hat es vielleicht aufgrund dieser medizinischen Tatsache im Zusammenhang mit symbolischer, spiritueller und ritueller Heilung in vielen Kulturen und Religionen an solch einer zentralen Bedeutung als Leben gebende, reinigende und erneuernde symbolische Kraft gewonnen, die wir selbst wahrnehmen und spüren können wenn wir uns das Bewusstsein des Wassers und seine Bedeutung bewusst machen. Weiterführende Literatur: BARROS, Marcelo. 2004. Gottes Geist kommt im Wasser. Wasserkrise, Religionen und ökologische Spiritualität. Luzern: Ed. Exodus. BUCHMAN, Dian Dincin/BUCHMAN, Caitlin Dincin Kraft. 2002. The complete book of water healing. Using Earth s most essential resource to cure illness, promote health, and soothe and restore body, mind, and spirit. Martinsburg: McGraw-Hill. CSORDAS, Thomas J. 2002. Body/Meaning/Healing. Basingstroke [u.a.]: Palgrave MacMillan. DOW, James. 1986. Universal Aspects of Symbolic Healing: A Theoretical Synthesis. In: American Anthropologist, New Series, Vol. 88, No.1, S. 56-69. KIESENHOFER, Claudia. 2001. Heiliges Wasser. Ein phänomenologischer Literaturbericht über die Bedeutung des Elements Wasser als religiöses Symbol aus religionsethnologischer Sicht, Wien: Univ. Dipl.-Arb. KÜRSCHNER-PELKMAN, Frank. 2005. Das Wasser-Buch. Kultur - Religion - Gesellschaft Wirtschaft. Frankfurt am Main: Lembeck. PAKDAMAN, Abolghassem. 2004. O2-Wasser fördert die Gesundheit und bessert die Lebensqualität: neue Wege in der Therapie bei Problemen durch Sauerstoffmangel. Leipzig: Leipziger Univ.-Verl. Seite 8

SELBMANN, Sibylle. 1995. Mythos Wasser. Symbolik und Kulturgeschichte. Karlsruhe: Badenia-Verl. Weiterführende Internetquellen: URL1. Dokumentationszentrum für traditionelle und komplementäre Heilmethoden. 2012. http://www.cam-tm.com/de/index.htm (25.03.12, 16:41). URL2. PRINZ, Armin. 2010. Ethnomedizin. Wissenschaft vom heilkundlichen Denken und Handeln des Menschen. http://www.meduniwien.ac.at/zph/uploads/media/prinz2010.pdf (25.03.12, 18:34)., BA martina.schiffer@aon.at Seite 9