Perspektiven M+E Ausbildungskongress 2014: Ausbildung 4.0 Neue Medien und digitale Trends Mittwoch, 22.10.2014 um 10:00 Uhr Lehel Carre Gewürzmühlstraße 11, 80538 München Lernwelten zukunftsorientiert gestalten digitale Medien in der dualen Ausbildung Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer bayme Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e. V. vbm Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. Es gilt das gesprochene Wort.
1 Sehr geehrte Damen und Herren, herzlich willkommen zum Ausbildungskongress 2014 der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber bayme vbm! Es erwartet Sie auch in diesem Jahr wieder eine gute Mischung aus theoretischen Grundlagen und praktischer Umsetzung rund um das Thema Ausbildung 4.0 neue Medien und digitale Trends. Das Internet und moderne Technologien prägen zunehmend die produzierende Industrie. Wie unsere aktuelle vbw Studie Digitalisierung als Rahmenbedingung für Wachstum zeigt, sind die volkswirtschaftlichen Potenziale immens: Schon jetzt ist die Digitalisierung für rund 0,5 Prozentpunkte des Anstiegs der Bruttowertschöpfung in Deutschland verantwortlich. Das heißt im Schnitt: Ein Drittel unseres Wachstums ist Ergebnis der Digitalisierung!
2 Wir stehen heute vor einem entscheidenden Wandel unserer Arbeitswelt an der Schwelle zur Industrie 4.0. Die Digitalisierung stellt aber nicht nur Anforderungen an unsere Infrastruktur, sie verändert auch Arbeitsprozesse und Personalbedarf in den Unternehmen. Die Vermittlung von digitalen Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung wird immer wichtiger. Das hat auch eine bayme vbm Umfrage von Anfang des Jahres deutlich gezeigt: Rund die Hälfte der befragten bayme vbm Mitgliedsunternehmen nutzen bereits heute Neue Medien in der Ausbildung bzw. wollen sie zukünftig nutzen. Von den Unternehmen, die bereits digitales Lernen in ihrem Ausbildungsprogramm verankert haben, verwenden 90 Prozent computerbasierte und 40 Prozent webbasierte Lernformen. Social Media Anwendungen spielen mit 14 Prozent noch eine eher untergeordnete Rolle.
3 Bei den eingesetzten Medien zum digitalen Lernen überwiegen wenig überraschend PC (92 Prozent) und Laptop (80 Prozent). Smartboards, Tablets und Smartphones werden heute von jeweils einem Zehntel der Unternehmen bei der Ausbildung genutzt. Das Umfrageergebnis zeigt zweierlei: Der Bedarf bei unseren Mitgliedern ist groß aber das noch unentdeckte Potenzial ist es auch. Jeder zweite Ausbildungsbetrieb macht sich offenbar noch eher keine Gedanken über digitales Lernen. Aber das wird sich sicher nach und nach ändern. Der heutige Kongress will einen Beitrag dazu leisten. Ich heiße als Referenten des heutigen Vormittags herzlich willkommen: Herrn Professor Dr. Sönke Knutzen von der TU Hamburg-Harburg sowie Herrn Prof. Dr. Falke Howe von der Universität Bremen. Beide sind renommierte Experten beim Thema digitale Medien in der beruflichen Bildung. Wir freuen uns auf Ihren fachlichen Input.
4 Ganz besonders freut es mich, dass wir bei unserem Kongress auch auf Profis aus unseren Mitgliedsunternehmen zurückgreifen können. Von der Firma Horsch Maschinen GmbH in Schwandorf sind heute bei uns der Ausbildungsleiter, Herr Anton Grauvogel und der Personalleiter, Herr Gerhard Springs. Sie werden uns von den Erfahrungen berichten, die sie mit modernem Medieneinsatz in der Ausbildung gemacht haben. Schön, dass Sie bei uns sind. Bei den Foren am Nachmittag wird sich die Runde dann nochmals weiten um engagierte Vertreter aus Mitgliedsunternehmen, Partnerschulen und dem Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft. Ich begrüße sehr herzlich Frau Dr. Simone Deschler vom bbw, Herrn Studiendirektor Walter Janka von der Staatlichen Berufsschule Neumarkt sowie Herrn Stephan Walther. Er ist Ausbildungsleiter bei FTE automotive systems in Ebern. Danke, dass Sie uns heute mit Ihrem Erfahrungsschatz zur Verfügung stehen.
5 Last but not least möchte ich auch noch diesjährigen Gewinner unseres Quabi-Preises sowie deren Ausbilder, Lehrer und Familien herzlich begrüßen. Der Preis für den Qualifizierten Beruflichen Bildungsabschluss geht an die besten bayerischen Azubis in der M+E-Industrie und hat eine lange Tradition wir verleihen ihn heute bereits zum 26. Mal. Der Preis würdigt nicht nur eine erfolgreiche berufliche Qualifikation, sondern ist zugleich Appell an junge Menschen: Leistungsbereitschaft in der Ausbildung lohnt sich nicht nur für die persönliche Zukunft, sondern auch für die Zukunft unserer Unternehmen und der Gesellschaft insgesamt. Und diese Zukunft ist zunehmend von der Digitalisierung geprägt. Meine Damen und Herren, die Generation Y ist mittlerweile in aller Munde. Aber sagt Ihnen die Generation Z etwas? Damit wird die Gruppe der nach dem Jahr 2000 Geborenen klassifiziert. Also genau die jungen Leute,
6 die in den kommenden Jahren mit ihrer Ausbildung anfangen. Für die Generation Z existiert kein Unterschied mehr zwischen virtueller und analoger Welt denn Smartphones & Co gehören von Klein auf zu ihrem Alltag: 96 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 haben heute ein Handy, fast zwei Drittel ein internetfähiges Smartphone. Die Jugendlichen sind den Umgang mit neuen Medien und Trends gewohnt und sie erwarten auch ganz selbstverständlichen von ihren Schulen und Ausbildungsbetrieben, dass sie am digitalen Puls der Zeit sind: 45 Prozent der fünf bis 16-Jährigen haben einer aktuellen Umfrage zufolge am meisten Spaß beim Lernen via PC, Tablet oder Smartphone Durchschnittlich 48 Minuten verbringt ein Schüler heute am PC damit, um zu Hause etwas für die Schule zu machen. Das zeigt: Tablets und Smartphones sind mehr als eine Freizeitbeschäftigung. Sie gehören zum Lernund Arbeitsalltag mit dazu. Beste Personalvoraussetzungen also für die neuen
7 Arbeitsformen in der Industrie 4.0 wenn man dieses Potenzial auch nutzt: Klar: Ein Unternehmen kann sich bis zu einem gewissen Grad weigern, digitale Trends mitzumachen und vielleicht gibt es gute Gründe dafür um im digitalen Wettbewerb bestehen zu können, trägt das aber nicht bei. Und zur Attraktivität für die Mitarbeiter auch nicht. Gerade in Zeiten eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels muss man sich dessen bewusst sein. Denn derzeit gestaltet sich die Lehrstellensituation in Deutschland für Jugendliche erfreulich, für die Unternehmen jedoch eher problematisch: Rein rechnerisch kommen aktuell auf jeden Bewerber 1,2 Ausbildungsstellen und für jeden noch unversorgten Bewerber gibt es laut Statistik etwa 2,4 unbesetzte Ausbildungsstellen. Zieht man den Summenstrich unter all diese einzelnen Aspekte, kann das Ergebnis aus meiner Sicht nur lauten: Unternehmen werden noch stärker als bisher in Ausund Weiterbildung investieren müssen. Einmalige und
8 auf kurze Zeiträume beschränkte Qualifizierung von Azubis und Beschäftigten reicht nicht mehr aus. Wir brauchen eine Kultur des lebenslangen Lernens. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Digitale Medien ermöglichen es, gezielter auf individuellen Förderbedarf einzugehen, Infos an jedem Ort und zu jeder Zeit abzurufen eben immer dann, wenn man sie braucht Lernprozesse effektiver zu gestalten und so Innovationsprozesse zu beschleunigen. Was heißt das ganz praktisch für die Unternehmen? Fünf Aspekte möchte ich aufgreifen. Erstens. Grundsätzlich ist im Unternehmen abzuwägen, ob der Einsatz von Neuen Medien einen Mehrwert für die Qualität der Ausbildung mit sich bringt. Der Einsatz neuer Medien muss zur Unternehmenskultur passen. Ohne dass die
9 Geschäftsleitung hinter dem Einsatz steht, wird es nicht gehen. Zweitens. Insbesondere gilt es, Ausbilder für den Einsatz neuer Medien zu sensibilisieren und entsprechend vorzubereiten. Drittens. Administrative und datenschutzrechtliche Hürden müssen vorab im Unternehmen geklärt werden. Viertens. Der Einsatz neuer Medien kann nicht punktuell erfolgen, sondern muss in ein didaktisches Gesamtkonzept eingepasst sein. Nur dann lassen sich die Potenziale der Digitalisierung voll ausschöpfen. Fünftens. Tablet & Co dürfen nicht in einer Hauruck- Aktion in den Ausbildungsalltag eingeführt werden. Es braucht Zeit und sollte einhergehen mit einer Weiterbildung aller Mitarbeiter zur Nutzung neuer Medien für ihre Arbeit. Wenn Sie sich jetzt fragen: Und wie soll ich das machen? dann sind Sie bei unseren Foren heute Nachmittag genau richtig: Sie bieten Ihnen viele Praxisbeispiele, Sie können Fragen stellen und mit unseren Experten diskutieren.
10 Aber auch über den heutigen Kongress hinaus wollen wir von bayme vbm Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die meisten von Ihnen werden unser ServiceCenter Aus- und Weiterbildung kennen. Es bietet unseren Mitgliedern Workshops, Trainingsreihen, Inhouse- Tranings, Webinare und vieles mehr rund um das Thema Aus- und Weiterbildung an. Die Themenpalette ist bunt: Von Ausbildungsinhalte anschaulich vermitteln bis hin zu Digitalisierung in der Weiterbildung. Mein Tipp: Nutzen Sie dieses reichhaltige Angebot. Es geht speziell auf den Bedarf in der M+E Industrie ein und ist obendrein für unsere Mitglieder kostenfrei! Zurzeit arbeitet unser Team auch an einer neuen Trainingsreihe Ausbildung zukunftsorientiert ausrichten. Darin wird es speziell auch um Themen wie digitales Lernen gehen. Ganz grundsätzlich gilt: Kommen Sie mit Ihren Fragen und Themenwünschen gern auf uns zu!
11 Meine Damen und Herren, Der Komiker Karl Valentin brachte es vor gut hundert Jahren auf den Punkt: "Heute ist die gute alte Zeit von morgen". Digitalisierung und Industrie 4.0 muss niemandem Angst machen. Die Chancen sind immer noch weit größer als die Risiken! Wohl aber gilt es, die Ausbildungsstrukturen weiterzuentwickeln und die veränderte Lehr- und Lernsituationen anzupassen. Aus diesem Grund müssen wir auch in Zukunft alle gemeinsam Unternehmen, Schulen und Politik neue Wege ausprobieren und gehen, um Jugendliche von heute zielgerichtet zu fördern und so heute Arbeitskräfte für die Arbeitswelt von morgen zu finden. Denn: Kein Talent soll und darf verloren gehen! Dieser Herausforderungen wollen wir von bayme vbm uns mit Ihnen zusammenstellen.
12 In diesem Sinne wünsche ich uns heute eine informative Tagung und übergebe jetzt das Wort an Prof. Knutzen und Prof. Howe. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.