Immissionsbelastung in Nahrungspflanzen in Wuppertal-Nächstebreck

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Transkript:

Untersuchungsbericht zur Immissionsbelastung von Nahrungspflanzen in Wuppertal-Nächstebreck 2015

IMPRESSUM Herausgeber Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) Fachbereich 31 Immissionswirkungen Wallneyer Straße 6 45133 Essen Recklinghausen (Juni 2016) Autorin Mitwirkende Dr. Katja Hombrecher katja.hombrecher@lanuv.nrw.de 0201/7995 1186 Dr. Ralf Both, Marcel Buss, Alexandra Müller-Uebachs, Jürgen Schmidt, Ludwig Radermacher (alle FB 31), Udo van Hauten (FB 32), FB 33 (Gesundheitliche Bewertung), FB 65 (Analytik) Informationsdienste Informationen und Daten aus NRW zu Natur, Umwelt und Verbraucherschutz unter www.lanuv.nrw.de Aktuelle Luftqualitätswerte zusätzlich im WDR-Videotext Tafeln 177 bis 179-1 / 13 -

Inhalt 1 Einleitung... 3 2 Methodik... 3 3 Ergebnisse der Pflanzenuntersuchungen... 6 4 Gesundheitliche Bewertung der Ergebnisse... 9 4.1 Expositionsabschätzung... 9 4.2 Bewertung der Ergebnisse... 9 4.3 Fazit der gesundheitlichen Bewertung...10 5 Zusammenfassung und Ausblick...11 6 Literatur...13-2 / 13 -

1 Einleitung Aufgrund von Anwohnerbeschwerden über schwarze Beläge auf den von ihnen angebauten Nahrungspflanzen beauftragte die Bezirksregierung Düsseldorf im Jahr 2015 das LANUV, eine Untersuchung von Nahrungspflanzen auf polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) im Bereich des Asphaltmischwerkes in Wuppertal-Nächstebreck vorzunehmen. Dazu wurde das standardisierte Verfahren der Grünkohlexposition durchgeführt, da Grünkohl aufgrund seiner stark aufgegliederten Blätter und der ausgeprägten Wachsschicht besonders gut fettlösliche (lipophile), organische Schadstoffe, wie PAK, akkumulieren kann. Außerdem existieren für die Grünkohlexposition langjährig ermittelte Hintergrundwerte für NRW, so dass die Messwerte aus Wuppertal mit der Hintergrundbelastung in NRW verglichen werden können. Da es sich bei Grünkohl um eine Nahrungspflanze handelt, können die Messwerte zudem gesundheitlich bewertet werden. Ziel der Untersuchungen ist es eine potenzielle Belastung der Nahrungspflanzen zu erfassen und räumlich einzugrenzen. Die Nahrungspflanzen sollen gesundheitlich bewertet werden. Im Folgenden werden die Vorgehensweise der Untersuchung sowie die Ergebnisse und ihre Bewertung detailliert dargestellt. Abschließend erfolgt eine Zusammenfassung. 2 Methodik In fünf Klein- und Hausgärten wurde vom 07.08. bis zum 09.11.15 Grünkohl nach Standardverfahren in Containern exponiert (s. Abbildung 1). Die Messpunkte befanden sich in der Kleingartenanlage Mollenkotten (MP 3) sowie in den Hausgärten in der Erlenrode (MP 1 und MP 2), Grenzstraße (MP 4) und Wittener Straße (MP 5R). Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, liegen die Messpunkte 1, 2 und 3 ca. 400 500 m nordöstlich in Hautwindrichtung des Asphaltmischwerkes. Der MP 4 liegt ca. 400 m westlich; der MP 5R liegt entgegen der Hauptwindrichtung etwa 1,5 km südwestlich des Asphaltmischwerkes und stellt einen lokalen Referenzmesspunkt dar. Die Messpunkte 1 3 befinden sich zudem im Bereich des Autobahnkreuzes Wuppertal-Nord, so dass hier eine zusätzliche potenzielle Quelle für PAK vorliegt. - 3 / 13 -

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet mit den Messpunkten der Grünkohlexposition 2015-4 / 13 -

An jedem Messpunkt wurde ein Container aufgestellt, der mit Einheitserde (ED 73) gefüllt und durch Textildochte mit einer automatischen Wasserversorgung verbunden war (s. Abbildung 2). Bei der Grünkohlexposition wurden pro Container 5 Pflanzen ausgebracht und nach einem Monat wurde die schwächste Pflanze entfernt. Die Pflanzen wurden nach 94 Tagen Expositionszeit geerntet und in Aluminiumboxen ins LANUV transportiert. Bei der Ernte wurden jeweils alle verzehrfähigen Blätter entnommen. Im LANUV erfolgte die küchenfertige Aufarbeitung der Proben zu einer homogenen Mischprobe je Messpunkt. Es gelangten nur die Teile der Pflanzen zur weiteren Aufarbeitung, die üblicherweise verzehrt werden. Das Pflanzenmaterial wurde gründlich gewaschen, schockgefroren und anschließend gefriergetrocknet. Nach dem Vermahlen wurde es zur Bestimmung der Gehalte der 16 PAK nach EPA (Environmental Protection Agency der USA) an das LANUV-Labor übergeben. Abbildung 2: Exposition von Grünkohl in Wuppertal - 5 / 13 -

3 Ergebnisse der Pflanzenuntersuchungen Die in Wuppertal-Nächstebreck zwischen August und November 2015 exponierten Grünkohlpflanzen wiesen während des Untersuchungszeitraums und bei der Ernte keine sichtbaren Beläge auf den Blättern auf. Es wurden alle verzehrfähigen Pflanzenteile gewaschen, getrocknet und auf die PAK-Gehalte analysiert. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Grünkohlexposition beschrieben und mit der Hintergrundbelastung in NRW verglichen. Die Werte der Hintergrundbelastung für die einzelnen Schadstoffe basieren auf einer Auswertung von Messdaten aus dem Wirkungsdauermessprogramm NRW (s. LANUV-Fachbericht 61, 2015). Aufgeführt werden das 50. und das 95. Perzentil der Gehalte in Grünkohl von neun verschiedenen Hintergrundstationen aus dem 10-Jahreszeitraum von 2005 bis 2014. Messwerte, die das 95. Perzentil der Hintergrundbelastung überschreiten, werden als Hinweis auf eine vorliegende Immissionsbelastung durch die untersuchte Substanz gewertet. Es wurden die in Tabelle 1 aufgeführten Gehalte an PAK gesamt (= Summe der 16 PAK nach EPA), Benzo[a]pyren (BaP), Chrysen, Benzo[a]anthracen und Benzo[b]fluoranthen (BbF) in Grünkohl an den Messpunkten in Wuppertal [µg/kg FM= Frischmasse] ermittelt. Tabelle 1: Gehalte an PAK gesamt (= Summe der 16 PAK nach EPA), Benzo[a]pyren (BaP), Chrysen, Benzo[a]anthracen und Benzo[b]fluoranthen (BbF) in Grünkohl an den Messpunkten in Wuppertal [µg/kg FM]; 50. und 95. Perzentil der Hintergrundbelastung in NRW (2005 2014; n = 87) Messpunkte PAK gesamt BaP Chrysen BaA BbF 1 32 <0,34 1,9 n. b.* 0,39 2 27 <0,32 2,1 0,56 0,46 3 28 <0,37 1,4 0,39 <0,37 4 34 0,37 2,2 0,81 0,66 5R 23 <0,31 2,2 0,99 0,42 50. Perzentil 29 0,19 0,50 1,6 0,64 95. Perzentil 70 0,40 1,5 4,8 1,5 *Substanz war nicht bestimmbar aufgrund von Retentionszeitverschiebungen innerhalb der analysierten Probe Die im Jahr 2015 in Wuppertal-Nächstebreck in Grünkohl ermittelten PAK gesamt -Gehalte (s. Tabelle 1) liegen zwischen 23 µg/kg FM (am Referenzmesspunkt 5R) und 34 µg/kg FM (MP 4) und damit im Bereich der mittleren Hintergrundbelastung in NRW (50. Perzentil der Hintergrundbelastung in Grünkohl: 29 µg/kg FM). Vergleicht man die in Wuppertal ermittelten - 6 / 13 -

PAK gesamt -Gehalte in Grünkohl mit den Standorten aus dem Wirkungsdauermessprogramm NRW, an denen PAK-Belastungen feststellbar waren, so liegen die Gehalte deutlich niedriger als die Mittelwerte über die letzten 10 Jahre an diesen Standorten (s. Abbildung 3). Am Verkehrsstandort in Düsseldorf-Mörsenbroich werden durch den Straßenverkehr die auf einer Verkehrsinsel exponierten Grünkohlpflanzen mit PAK belastet. Noch stärker ist der Eintrag von PAK am Standort in Bottrop in unmittelbarer Nähe zu einer Kokerei. In Wuppertal werden solch hohe Werte nicht ermittelt. Es liegt demnach kein Anhaltspunkt für einen gegenüber der Hintergrundbelastung erhöhten immissionsbedingten Eintrag von PAK an den untersuchten Messpunkten in Wuppertal-Nächstebreck vor. Abbildung 3: Gehalte an PAK gesamt (= Summe der 16 PAK nach EPA), an den Messpunkten in Wuppertal und an einem Verkehrsstandort (Düsseldorf-Mörsenbroich) und einem Industriestandort (Bottrop, Kokerei) aus dem Wirkungsdauermessprogramm NRW als Mittelwert über 10 Jahre [µg/kg FM]; 50. und 95. Perzentil der Hintergrundbelastung in NRW (2005 2014; n = 87) Benzo[a]pyren (BaP) gilt als Leitsubstanz der polzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, weshalb die Gehalte hier auch einzeln betrachtet werden: Die im Jahr 2015 in Wuppertal- Nächstebreck in Grünkohl ermittelten BaP-Gehalte liegen an 4 von 5 Messpunkten unterhalb der Bestimmungsgrenze. Lediglich am Messpunkt 4 konnte mit 0,37 µg/kg FM ein Wert leicht oberhalb der Bestimmungsgrenze ermittelt werden. Dieser Wert liegt im Bereich der Hintergrundbelastung in NRW. Es liegt demnach auch für BaP kein Anhaltspunkt für einen gegenüber der Hintergrundbelastung erhöhten immissionsbedingten Eintrag vor. Auch die Gehalte der Substanzen Chrysen, Benzo[a]anthracen (BaA) und Benzo[b]fluoranthem (BbF) können mit der Hintergrundbelastung in Grünkohl in NRW verglichen werden: Die im Jahr 2015 in Wuppertal-Nächstebreck in Grünkohl ermittelten Chrysen- Gehalte liegen zwischen 1,4 µg/kg FM (MP 3) und 2,2 µg/kg FM (Messpunkte 4 und 5R) und damit etwas höher als die Hintergrundbelastung (95. Perzentil: 1,5 µg/kg FM). Eine windrich- - 7 / 13 -

tungsabhängige Beaufschlagung durch das Asphaltmischwerk lässt sich jedoch auch hier aufgrund der Gleichverteilung der Messergebnisse (keine Ausbildung eines Gradienten) nicht ablesen. Dagegen liegen die BaA-Gehalte in den exponierten Grünkohlpflanzen mit 0,39 µg/kg FM (MP 3) und 0,99 µg/kg FM (MP 5R) deutlich unterhalb des 50. Perzentils der Hintergrundbelastung von 1,6 µg/kg FM. Das gilt auch für die BbF-Gehalte, die in Wuppertal zwischen <0,37 µg/kg FM (MP 3) und 0,66 µg/kg FM (MP 5R) betragen. Das 50. Perzentil der Hintergrundbelastung in NRW liegt bei 0,64 µg/kg FM und das 95. Perzentil bei 1,5 µg/kg FM. Für die gesundheitliche Bewertung (siehe Nr. 4) werden Benzo[a]pyren und Chrysen zur Summe PAK-2 zusammengefasst (s. Tabelle 2) und zusätzlich die Gehalte an Benzo[a]anthracen und Benzo[b]fluoranthen zur Summe PAK-4 addiert. Bei Werten unterhalb der Bestimmungsgrenze wurde jeweils die halbe Bestimmungsgrenze zur Gesamtsumme addiert. Die ebenfalls gesundheitlich zu bewertende Summe PAK-8 konnte nicht gebildet werden, da die Gehalte für die zusätzlich zu den PAK-4 zu addierenden Substanzen Benzo(k)fluoranthen, Dibenzo(a)anthracen, Benzo(ghi)perylen und Indeno(123)pyren bei drei Messpunkten alle unterhalb der Bestimmungsgrenze lagen und an den Messpunkten 3 und 4 teilweise aufgrund von Retentionszeitverschiebungen innerhalb der analysierten Proben nicht bestimmbar waren. Tabelle 2: Gehalte an PAK-2 (= Summe Benzo[a]pyren, Chrysen) und PAK-4 (= Summe Benzo[a]pyren, Chrysen, Benzo[a]anthracen und Benzo(b)fluoranthen) in Grünkohl an den Messpunkten in Wuppertal [µg/kg FM]; 50. und 95. Perzentil der Hintergrundbelastung in NRW (2005 2014; n = 87) Messpunkte PAK-2 PAK-4 1 2,1 2,5 2 2,3 3,3 3 1,6 2,2 4 2,6 4,0 5R 2,4 3,8 50. Perzentil 1,8 2,9 95. Perzentil 5,0 7,6 Die in Wuppertal-Nächstebreck in Grünkohl ermittelten PAK-2- und PAK-4-Gehalte liegen an allen Messpunkten im Bereich der Hintergrundbelastung. Die PAK-2-Gehalte betragen zwischen 1,6 µg/kg FM (MP 3) und 2,6 µg/kg FM (MP 4) und liegen damit deutlich unterhalb des 95. Perzentils der Hintergrundbelastung von 5,0 µg/kg FM. Die PAK-4-Gehalte betragen zwi- - 8 / 13 -

schen 2,2 µg/kg FM (MP 3) und 4,0 µg/kg FM (MP 4) und liegen damit auch unterhalb des 95. Perzentils der Hintergrundbelastung von 7,6 µg/kg FM. Es liegen an den Messpunkten in Wuppertal-Nächstebreck keine gegenüber der Hintergrundbelastung in NRW erhöhten immissionsbedingten Einträge von PAK gesamt, BaP sowie PAK-2 und PAK-4 vor. Von den untersuchten Messpunkten ist der MP 4, welcher westlich und damit nicht in Hauptwindrichtung zum Asphaltmischwerk Wuppertal liegt, etwas höher belastet als die übrigen Messpunkte. Dieser Unterschied ist allerdings marginal und liegt im Bereich der Verfahrensstreuung. 4 Gesundheitliche Bewertung der Ergebnisse 4.1 Expositionsabschätzung Im vorliegenden Fall werden als Konvention bei der Berechnung 250 g der jeweiligen Nahrungspflanze pro Tag - stellvertretend für gesamtverzehrtes Gemüse - zu Grunde gelegt [IFUA 1999]. Außerdem wird angenommen, dass das durchschnittliche Körpergewicht eines Erwachsenen 70 kg beträgt. 4.2 Bewertung der Ergebnisse Bei den hier zu bewertenden Substanzen (BaP, PAK-2, PAK-4) handelt es sich um mutagene und kanzerogene Substanzen ohne Schwellenwert. Für diese Substanzen kann eine Dosis ohne ein theoretisches Krebsrisiko per Definition nicht abgeleitet werden. Hilfsweise kann zur Abschätzung des potentiellen Risikos von gentoxisch und kanzerogen wirkenden Substanzen nach Ansicht des Wissenschaftlichen Ausschusses der EFSA ein Margin of Exposure (MOE) berechnet werden [EFSA 2008]. Der MOE ergibt sich aus einer kanzerogenen Effektdosis, abgeleitet aus der Dosis-Wirkungskurve im Tierversuch, im Verhältnis zu der menschlichen Exposition. Ein MOE von 10.000, basierend auf einer unteren Grenze des Vertrauensbereiches der Benchmark-Dosis für ein zusätzliches Risiko von 10 % ( Benchmark dose lower confidence limit 10 % ; BMDL 10 ) oder darüber wird für genotoxische Substanzen als gesundheitlich wenig bedenklich angesehen [SCHER/SCCP/SCENIHR 2009; Scientific Opinion 2012]. Für Benzo[a]pyren, PAK-2 (Summe der Konzentrationen von Benzo[a]pyren und Chrysen) und PAK-4 (Summe der Konzentrationen von Benzo[a]pyren, Benzo[a]anthracen, Benzo[b]fluoranthene und Chrysen) hat die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) auf der Grundlage der jeweiligen kanzerogenen Wirkung jeweils BMDL 10 berechnet. Diese BMDL 10 für die unterschiedlichen Substanzen entsprechen den niedrigsten statistisch signifikanten Werten jeweils für einen Anstieg der Inzidenz des relevanten kanzerogenen Effektes. Sie wurden von der EFSA als Referenzpunkte festgesetzt. - 9 / 13 -

Laut EFSA [2008] beträgt die BMDL 10 der jeweiligen Kontaminanten: für BaP: für PAK-2: für PAK-4: 0,07 mg/kg KG/d 0,17 mg/kg KG/d 0,34 mg/kg KG/d. Werden die oben getroffenen Expositionsannahmen zu Grunde gelegt (durchschnittliches Körpergewicht von 70 kg und täglicher Verzehr von 250 g Frischgemüse), ergeben sich allein über den Verzehr der Nahrungspflanzen des Messpunktes 4 rein rechnerisch maximale Zusatzbelastungen in Höhe von: für BaP: für PAK-2: für PAK-4: 1,3 ng/kg KG/d (Konz. in Grünkohl an MP 4: 0,37 µg/kg FM) 9,3 ng/kg KG/d (Konz. in Grünkohl an MP 4: 2,6 µg/kg FM) 14 ng/kg KG/d (Konz. in Grünkohl an MP 4: 4,0 µg/kg FM) Nach EFSA [2] beträgt die Aufnahme (durchschnittliche Exposition der Gesamtbevölkerung) über den allgemeinen Warenkorb in Deutschland für BaP 3,6 ng/kg KG/d (255 ng/d nach EFSA) für PAK-2 9,7 ng/kg KG/d (681 ng/d nach EFSA) für PAK-4 18 ng/kg KG/d (1258 ng/d nach EFSA) Unter Berücksichtigung der Schadstoffaufnahme über den allgemeinen Warenkorb ergeben sich bei Verzehr des Grünkohls von Messpunkt 4 rein rechnerisch (Angabe von zwei signifikanten Stellen) insgesamt maximale tägliche Aufnahmemengen in Höhe von: für BaP für PAK-2 für PAK-4 4,9 ng/kg KG/d 19 ng/kg KG/d 32 ng/kg KG/d Es ergibt sich ein Margin of Exposure (MOE) in Höhe von: für BaP ca. 14.000 für PAK-2 ca. 8.900 für PAK-4 ca. 10.600 4.3 Fazit der gesundheitlichen Bewertung Unter Berücksichtigung der jeweiligen durchschnittlichen Hintergrundbelastung über den allgemeinen Warenkorb wird eine MOE von 10.000 für Benzo[a]pyren überschritten, für PAK-4 eingehalten und für PAK-2 unterschritten. Die EFSA hat festgestellt, dass die Messung von Benzo[a]pyren als alleiniger Marker für das Vorkommen von PAKs in Lebensmitteln nicht geeignet ist und schlägt vor, die Summe der - 10 / 13 -

Konzentrationen der PAK-4 oder PAK-8 als Grundlage für die Bewertung von Lebensmitteln heranzuziehen. Da die Summe PAK-8 hier aufgrund nicht bestimmbarer Einzelsubstanzen (s. o.) nicht gebildet werden konnte, wird die Summe PAK-4 der Bewertung zu Grunde gelegt. Wird hier zur weiteren Bewertung die Aufnahme von PAK-4 zugrunde gelegt, kann davon ausgegangen werden, dass der Verzehr der Nahrungspflanze Grünkohl von MP 4 zu keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung führt. Da die MOE für PAK-2 jedoch einen Wert von 10.000 unterschreitet, für die Hintergrundbelastung die durchschnittliche und nicht die hohe Exposition (Berücksichtigung des 97,5 Perzentils des Verzehrs von Cerealien und Meeresfrüchten) zugrunde gelegt wurde und im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes die Exposition gegenüber kanzerogenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen soweit wie möglich minimiert werden sollte, wird empfohlen, nicht mehr als 5 bis 6 Portionen Grünkohl pro Woche (oder insgesamt nicht mehr als ca. 1.350 g pro Woche) zu verzehren. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Margin of Exposure für PAK-2 rein rechnerisch ermittelt wurde. 5 Zusammenfassung und Ausblick Im Jahr 2015 wurden in Wuppertal-Nächstebreck in der Nähe eines Asphaltmischwerkes zwischen August und November an fünf Messpunkten Grünkohlpflanzen in Containern mit Einheitserde exponiert und anschließend auf ihre Gehalte an PAK untersucht. Es wurden sowohl die Gesamtgehalte der 16 PAK nach EPA (PAK gesamt ) als auch der Gehalt der Leitsubstanz BaP sowie der für die gesundheitliche Bewertung relevanten Summenkonzentrationen PAK-2 und PAK-4 der untersuchten Grünkohlpflanzen mit der Hintergrundbelastung in NRW verglichen. Demnach liegen an den Messpunkten in Wuppertal- Nächstebreck keine gegenüber der Hintergrundbelastung in NRW erhöhten immissionsbedingten Einträge von PAK gesamt, BaP sowie PAK-2 und PAK-4 vor. Von den untersuchten Messpunkten ist der MP 4, welcher westlich und damit nicht in Hauptwindrichtung zum Asphaltmischwerk Wuppertal liegt, etwas höher belastet als die übrigen Messpunkte. Dieser Unterschied ist allerdings marginal und liegt im Bereich der Verfahrensstreuung. Für die gesundheitliche Bewertung der PAK-Gehalte in den exponierten Grünkohlpflanzen wurde nach EFSA (2008) die Aufnahme von PAK-4 zugrunde gelegt. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass der Verzehr der Nahrungspflanze Grünkohl von dem am höchsten belasteten MP 4 und damit auch der Verzehr der Grünkohlpflanzen aller anderen Messpunkte zu keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung führt. Im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes ist in Wuppertal-Nächstebreck, basierend auf der gesundheitlichen Bewertung des PAK-2-Gehaltes am MP 4 ein Verzehr von 5 bis 6-11 / 13 -

Portionen Grünkohl pro Woche (ca. 1.350 g) gesundheitlich unbedenklich. Hierbei ist zu beachten, dass der Margin of Exposure rein rechnerisch ermittelt wurde und darüber hinaus ein Szenario, in dem 5 bis 6 Portionen Grünkohl pro Woche verzehrt werden, wenig realitätsnah ist. Da im Jahr 2015 kein immissionsbedingter Eintrag von PAK in die untersuchten Nahrungspflanzen festgestellt und damit auch kein Einfluss des Asphaltmischwerkes nachgewiesen werden konnte, sieht es das LANUV als nicht erforderlich an, die Untersuchungen 2016 fortzusetzen. - 12 / 13 -

6 Literatur EFSA (EUROPEAN FOOD SAFETY AUTHORITY, 2008): Polycyclic Aromatic Hydrocarbons in Food 1 Scientific Opinion of the Panel on Contaminants in the Food Chain. The EFSA Journal, Vol 727,1-114,2008 IFUA, INSTITUT FÜR UMWELT-ANALYSE (1999): Verzehrsstudie in Kleingärten im Rhein- Ruhrgebiet. Im Auftrag des Landesumweltamtes. LANUV-FACHBERICHT 61 (2015): Immissionsbedingte Hintergrundbelastung von Pflanzen in NRW Schwermetalle und organische Verbindungen, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, Recklinghausen 2015 SCHER/SCCP/SCENIHR (2009) Scientific opinion on risk assessment methodologies and approaches for genotoxic and carcinogenic substances. Scientific Opinion (2012): Statement on the applicability of the Margin of Exposure approach for the safety assessment of impurities which are both genotoxic and carcinogenic in substances added to food/feed. The EFSA Journal, Vol 10, 2578, 2012-13 / 13 -