TROTZ GELD UND GUT Von Julius Neidl

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Transkript:

TROTZ GELD UND GUT Von Julius Neidl

TROTZ GELD UND GUT Schauspiel für Kinder-Theater * [1] PERSONEN. Luzia, eine berühmte Sängerin. Marie, deren Kammermädchen. Franz, deren Diener. [3] * Wien: Druck und Verlag von Wlhelm Hegenauer / XVI., Dreihausgasse 16 [1905].

Reich möblierte Wohnung. Erste Scene. LUZIA. MARIE. [4: Leerseite] [5] LUZIA in reicher Hauskleidung, tritt auf und ruft. Marie! MARIE von links. Hier gnädige Frau. LUZIA. Ist Franz noch nicht zurück? MARIE. Nein, er dürfte aber nimmer lange ausbleiben. LUZIA. Ach, ob er nicht wieder eine Absage bringen wird? MARIE. Wenn es mir erlaubt ist, meine Meinung aussprechen zu dürfen, dann glaube ich wohl. [6] LUZIA. So? Ich soll also trotz meiner Berühmtheit, trotz meines Reichtumes, trotz Geld und Gut keine menschliche Seele finden, die mir am heutigen Abende Gesellschaft leistet? MARIE. Am heutigen Abende schwerlich, denn heute ist Christabend und da speist Hochdero Freund und Gönner bei seinem Vater. LUZIA. So wirst Du bei mir bleiben, Marie! MARIE. Ich? Verzeihen, gnädige Frau, Sie erlaubten mir einen Ausgang, und da habe ich zugesagt! Ich speise bei meiner Mutter. Zweite Szene. FRANZ. Die VORIGEN. [7] FRANZ einen Brief überreichend. Von Seiner Exzellenz. LUZIA. Gib. Rasch den Brief erbrechend und lesend. Angebetete Luzia! Vergeben, daß ich Ihrer heutigen Einladung nicht Folge leisten kann, aber heute ist Christabend, ich speise bei meinem Bruder. Abscheulich! Franz, er muß heute bei mir bleiben. FRANZ. O weh! Gnädige Frau haben mich doch für heute Abend dispensiert. Bitte, nehmen Sie die Gnade nicht zurück, ich speise bei meiner Schwester. LUZIA. Ha! Nun kein Wort mehr! Dieser speist bei seinem Vater, jener bei seiner Mutter, Die da bei ihrem Bruder und Der bei seiner [8] Schwester. Nur ich ich soll einsam und allein bleiben? Nein! Euch kann ich Gott sei Dank dazu zwingen, bei mir bleiben zu müssen, und ich stelle Euch deshalb die Wahl, es freiwillig zu tun oder auf der Stelle mein Haus zu verlassen. Nun geht und überlegt Euch s! MARIE. Gnädige Frau...

FRANZ. Halten zu Gnaden... LUZIA. Fort jetzt, sagt mir später Euren Entschluß. FRANZ und MARIE ab. Dritte Szene. [9] LUZIA allein. LUZIA. Das wäre mir noch recht, wenn ich trotz Geld und Gut nicht einmal mehr meiner Dienerschaft den Trotz brechen könnte! Und doch doch vielleicht tue ich Unrecht. Ich nenne das Trotz, was doch nur die Liebe zu den Ihren ist. Sie wollen ja zu ihren Familien. Ach! Warum habe ich keine Familie, warum stehe ich allein auf der Welt, trotz Geld und Gut? Vierte Szene. MARIE. FRANZ. LUZIA. [10] MARIE mit einem Reisebündel. Gnädige Frau, ich...ich... kann nicht weiterreden und fängt zu schluchzen an. FRANZ. Auch ich...ich...ich... kann auch nicht weitersprechen. LUZIA. Nun! Was soll das? Und soviel ich sehe, seid Ihr Beide reisefertig? MARIE. Verzeihen, aber... FRANZ. Halten zu Gnaden, aber... LUZIA. Ja, ich verstehe. Ihr wollt also meinem Befehle nicht nachkommen, Ihr wollt eher mein Haus verlassen. Mein Haus, wo Ihr es gewiß gut gehabt. Nun so geht denn, Ihr Undankbaren, geht denn, geht! [11] MARIE. Gnädige Frau, es kommt uns nicht leicht an, ich wollte gerne für Sie alles tun... FRANZ. Ich wollte für Euer Gnaden, weiß Gott, durch s Feuer gehen, aber... LUZIA. Aber, Ihr wollt mir nicht einen einzigen Abend Eure Freiheit opfern. MARIE. Ach, wäre es nur nicht der Christabend. FRANZ. Der einzige Festabend, den ich bei den Meinen zubringen kann. MARIE. Ich speise bei meinem Bruder. FRANZ. Ich speise bei meiner Schwester. MARIE. Ich habe nur den einzigen Bruder. FRANZ. Und ich die einzige Schwester. MARIE. Es ist so selten, daß wir uns sehen können. FRANZ. Wir sind dann immer glücklich für s ganze Jahr lang. MARIE. Die Erinnerung an unsere Kindheit werden da in uns wieder wach.

FRANZ. Wir erinnern uns unserer verstorbenen Eltern. LUZIA. Genug! Genug! Ich müßte kein Herz haben, Euch dieses einzige Glück zu rauben. Geht denn, geht! MARIE. Und gnädige Frau zürnen uns deshalb nicht? LUZIA. Nein! FRANZ. Und gestatten uns noch ferner, in Ihren Diensten zu bleiben? LUZIA. Ja! FRANZ und MARIE zugleich. O Dank! Tausend Dank! LUZIA. Geht, geht, ich bin zu bewegt. FRANZ und MARIE ab. [12] Fünfte Szene. [13] LUZIA allein. LUZIA. Fließe, Du Träne, aus meinem Auge! Fließe, denn Die, die sie weint, hat heute zum ersten Male kennen gelernt, daß trotz Geld und Gut die Familienliebe nicht zu unterdrücken ist. LUZIA. Was bringt Ihr da? Sechste Szene. FRANZ. MARIE. Die VORIGE. FRANZ und MARIE bringen einen gedeckten Tisch herein. FRANZ. Den zum Souper gedeckten Tisch. Befehlen, gnädige Frau, daß ich es serviere. LUZIA. Ja, bringt es. Dann aber zieht Euch zurück und geht zu den Euren. Noch eins, gebt mir die Kabinets-Photographie von dort. FRANZ bringt ihr das Bild. Hier, gnädige Frau. LUZIA. Kennst Du das Bild, Marie? MARIE. Es ist das Porträt von Hochdero seeligen Frau Mutter. [15] LUZIA. Ja! Und nun geht Ihr zu den Euren, Du zum Bruder und Er zur Schwester, ich aber stellt das Bild auf den Tisch, ich speise bei meiner Mutter! Gruppe. Der Vorhang fällt. ENDE. [14]