mit Gold und Seide reich verziert Ein mittelalterliches Reliquiar aus Dortmund-Barop

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Transkript:

mit Gold und Seide reich verziert Ein mittelalterliches Reliquiar aus Dortmund-Barop

Dortmunder Exkursionen zur Geschichte und Kultur Schriften der Conrad-von-Soest-Gesellschaft Verein zur Förderung der Erforschung der Dortmunder Kulturleistungen im Spätmittelalter Herausgegeben von Thomas Schilp und Barbara Welzel Band 1

Thomas Schilp und Annemarie Stauffer (Hg.) mit Gold und Seide reich verziert Ein mittelalterliches Reliquiar aus Dortmund-Barop Verlag für Regionalgeschichte Bielefeld 2009

Die Publikation wurde gefördert durch das Stadtarchiv Dortmund. Abbildung Umschlag vorne: Das Baroper Reliquiendöschen nach der Restaurierung (Foto Ulrich Borowiak, Fachhochschule Köln) Abbildung Umschlag hinten: Margarethenkapelle Barop, Kapitell der südöstlichen Eckvorlage im Chor; das Kapitell wurde an der linken Seite abgearbeitet. (Foto Roland Pieper) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag für Regionalgeschichte Alle Rechte vorbehalten Für die Fotos des Reliquiars: Fachhochschule Köln; sonst bei den genannten Bildgebern ISSN 1868-1085 ISBN 978-3-89534-831-0 Typografie und Herstellung Klartext Medienwerkstatt GmbH, Essen Druck Hans Kock Buch- und Offsetdruck, Bielefeld Bindung Großbuchbinderei Gehring, Bielefeld Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier nach ISO 9706 Printed in Germany

Inhalt Vorwort......................................... 7 Annemarie Stauffer Ein textiles Reliquiar aus dem 13. Jahrhundert.................. 11 Dokumentation Das mittelalterliche Reliquiar aus Dortmund-Barop.............. 31 Elke Michler Die Konservierung eine besondere Herausforderung............ 39 Thomas Schilp Historische Kontexte des Kapellenbaus und des Reliquiars.......... 61 Roland Pieper Die Margarethenkapelle in Dortmund-Barop Anmerkungen zur Bauchronologie und Baugeschichte............ 75 Anhang:»Margarethe«in der Legenda Aurea........................ 91

Vorwort Die Ausstellung»Ferne Welten Freie Stadt. Dortmund im Mittelalter«und der im gleichen Jahr erschienene Stadtführer»Dortmund im Mittelalter«haben unseren Blick nicht nur auf die Zeugen mittelalterlicher Kultur in Dortmund gelenkt, sondern auch auf die Spuren jener Zeit in den umliegenden, heute eingemeindeten Orten.1 Die im Hinblick auf die Ausstellung durchgeführte, systematische Erfassung von mittelalterlichen Sachzeugen in Dortmund und dem weiteren Stadtgebiet führte zur Entdeckung eines Kelchs und einer textil geschmückten Dose in der Kirchengemeinde Dortmund-Barop. Beide Objekte stammen aus der Margarethenkapelle, der so genannten»alten Kirche«. Die Kapelle weist eine bewegte Geschichte auf. Wiederholt drohte der Margarethenkapelle die Zerstörung durch Baufälligkeit und Abriss, aber auch durch eine Umwidmung des einstigen Gotteshauses. Im Kontext der Industrialisierung wäre das Gotteshaus beinahe abgerissen worden, als man seit 1911 mit der Lutherkirche einen den Bedürfnissen der immens gewachsenen Bevölkerung angemessenen neuen Kirchenbau errichtete. Jetzt wurde die Kapelle immer wieder nur»alte Kirche«genannt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Kapelle ihren Namen»Margarethenkapelle«wieder. Man erinnerte sich offensichtlich einer überlieferten einstigen Inschrift in der Kapelle, die noch im 18. Jahrhundert an der Chorwand zu lesen gewesen sein soll:2 Virgo fuit Margreta huius patrona sacelli, sed nos patronum novimus esse Deum. (»Jungfrau Margarethe war die Patronin dieser Kapelle, doch wissen wir, dass Gott unser Patron ist.«) Wiederholt drohte die Margarethenkapelle in Vergessenheit zu geraten. Die Reformation, der Abschied von der Heiligenverehrung, ließen den Namen des Gotteshauses in den Hintergrund treten. Mit dem Namen verschwand auch der Ort immer wieder aus dem Bewusstsein. Durch die Überlieferung der gegen den katholischen Heiligenkult mit all seinen Ritualisierungen gerichteten Inschrift behielten gerade Vorwort 7

der Name und damit auch der konkrete Ort einen Platz im kollektiven Gedächtnis. Viele Baroper Einwohner haben in den vergangenen Jahrzehnten, die mit der Gründung der Universität und des Technologieparks sowie den vielfältigen Konsequenzen des Strukturwandels den Raum erheblich verformten und wandelten, geradezu eine emotionale Bindung an die schöne, romantisch wirkende Kapelle gewonnen. Schon der Bau lässt nach der Geschichte dieses Ortes fragen und es ist dieses Fragen, welches die Margarethenkapelle weit über die Kirchengemeinde hinaus zu einem Ort der Erinnerung werden ließ. Mit der Renovierung der Margarethenkapelle im Jahre 2004 hat die Kirchengemeinde die Herausforderung des Erinnerungsorts angenommen; trotz der vielfältigen neuen Funktionen bleibt die Kapelle für viele ein besonderer Ort der Gemeinschaft. Ein Kelch aus der Margarethenkapelle weist das Datum 1524 auf. Das Reliquiendöschen, dem sich dieser Band zuwendet, konnte zunächst nicht zeitlich eingeordnet werden. Zum einen beeinträchtigten die starken Zerstörungen den ursprünglichen Gesamteindruck, zum andern fehlten vergleichbare Objekte. Die im Zuge seiner Konservierung an der Fachhochschule Köln durchgeführten Untersuchungen und Recherchen führten zu einer Datierung ins späte 13. Jahrhundert. Auch konnte nachgewiesen werden, dass es sich nicht um einen alltäglichen Gegenstand, sondern um ein besonders aufwändig verziertes Objekt handelt. Damit warf das Reliquiar neue Fragen zu Anlass und Kontext seiner Existenz in Barop beziehungsweise zur Identität seines Auftraggebers auf. Der vorliegende Band präsentiert Überlegungen und Befunde, die erste Antworten auf diese Fragen geben können. Ausgehend von einem zunächst unscheinbar wirkenden Objekt, belegen die verschiedenen Beiträge, wie fruchtbar der Dialog unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen sein kann. Die nun vorgelegten Ergebnisse stellen einen»zufälligen Fund«in einen historischen Kontext, lassen neue Fragen zu und geben Anhaltspunkte, tiefer in das Gewordensein des Ortes einzudringen. Vielfältig ist Dank zu sagen: Der Evangelischen Kirchengemeinde Dortmund- Barop für die Unterstützung des Projekts; dem Stadtarchiv Dortmund für die finanzielle Förderung der Drucklegung. Großzügig unterstützt wurde das Projekt durch das Rektorat sowie das Institut für Konservierungswissenschaft der Fachhochschule Köln, denn hier wurde die umsichtige Konservierung und Restaurie- 8 Vorwort

rung des Reliquiendöschens durchgeführt. Den beiden Mitautoren ist für die harmonische Kooperation, dem Fotografen Urlich Borowiak für die Bearbeitung der Abbildungsvorlagen, dem Buchgestalter Frank Münschke und dem Verleger Olav Eimer für die gute Zusammenarbeit zu danken. Hedwig Röckelein, Göttingen, hat als Expertin für die Geschichte der Reliquien und Reliquiare ihren Rat gewährt. Dortmund und Köln, im Januar 2009 Thomas Schilp und Annemarie Stauffer Anmerkungen 1 Vgl. Ferne Welten Freie Stadt. Dortmund im Mittelalter, hg. v. Matthias Ohm, Thomas Schilp und Barbara Welzel (Dortmunder Mittelalter-Forschungen 7), Bielefeld 2006 sowie den zur Ausstellung herausgegeben Stadtführer Dortmund im Mittelalter, hg. von Thomas Schilp und Barbara Welzel (Dortmunder Mittelalter-Forschungen 6), Bielefeld ²2006. 2 Siehe hierzu Karl-Heinz Strothmann, Die Baroper Heimatgeschichte, o. O. 1972, S. 51; ders., Baroper Kirchengeschichte. Eine Sammlung von Jahreszahlen und Fakten, Dortmund 1979, S. 20. Vorwort 9