reise Maja Kunze Klaus Scheddel Fischland Darß Zingst Mit Graal-Müritz Preissymbole (Erläuterung Seite 34) Tipp Lieblingsorte unserer Autoren Hotels (DZ) Highlights bis 70 Euro Grüne Tipps bis 140 Euro Familientipps über 140 Euro
2 Inhalt Inhalt 3 Willkommen auf dem Darß 4 Register 142 Kartenregister 143 Kartensymbole 143 Impressum 144 Orte & Landschaften Das Fischland 40 Dierhagen 42 Wustrow 48 Ahrenshoop 56 Land & Leute Fischland-Darß-Zingst heute 8 Steckbrief: Fischland-Darß-Zingst 10 Sanfter Tourismus 10 Landschaft & Umwelt 12 Die Entstehung der Halbinsel 12 Pflanzen & Tiere 14 Sanddorn: Die Zitrone des Nordens 15 Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft 16 Geschichte 18 Kultur & Lebensart 22 Architektur 22 Zeesenboote 24 Tonnenabschlagen 24 Essen & Trinken 25 Feste & Veranstaltungen 26 Der Darß 64 Born 66 Wieck 72 Schmugglernest Wieck 74 Reffe & Riegen 77 Prerow 78 Leuchtturm & Natureum Darßer Ort 83 Der Zingst 88 Zingst (Ostseeheilbad) 89 Erlebniswelt Fotografie Zingst 93 Die Umgebung 98 Barth 99 Die Meiningenbrücke 103 Bresewitz & Pruchten 104 Bodstedt 105 Ribnitz-Damgarten 106 Rund um Ribnitz-Damgarten 112 Graal-Müritz & Rostocker Heide 114 Graal-Müritz 115 Rostocker Heide 120 Entdeckertouren Reisepraktisches Klima & Reisezeit 30 Ankommen 30 Unterwegs auf Fischland-Darß- Zingst 33 Übernachten 34 Medientipps 34 Sport & Aktivitäten 35 Baden 35 Mit Kindern 36 Wissenswertes von A Z 37 Tour 1 Fischlandtour Dörfer, Meer & Bodden 124 Tour 2 Radrundtour von Darßdorf zu Darßdorf 126 Tour 3 Rundwanderung zum Leuchtturm Darßer Ort 128 Tour 4 Wanderung zum Darßer Weststrand 132 Kranichbeobachtung 137 Tour 6 Radtour von Zingst nach Barth 138 Tour 7 Radtour durch die Rostocker Heide 140 Tour 5 Radtour durch die Sundische Wiese nach Pramort 134
4 Willkommen 5 Willkommen auf dem Darß Wer viel ursprüngliche Natur, pittoreske Dörfer, lange Strände auf der einen, abgeschiedene Bodden idylle auf der anderen Seite sucht, der ist auf Fischland-Darß-Zingst richtig. Weil der Dreifachname etwas umständlich ist, spricht man oft vom Darß, auch wenn die ganze Halbinsel gemeint ist. Natur pur Dabei bezeichnet Darß eigentlich nur den mittleren, größten Teil. Wie immer man es damit halten mag die Reise lohnt sich auf jeden Fall, denn die Halbinsel ist ein Naturidyll ganz besonderer Art. Durch die Lage zwischen Meer und (Salzwasser-) Bodden fühlt man sich schnell wie auf einer richtigen kleinen Insel. Einmal angekommen, kann man übrigens sein Auto stehen lassen und sollte Fischland, Darß und Zingst mit dem Rad oder zu Fuß erkunden. Gut ausgebaute Routen laden dazu ein. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel die vielfältige Waldvegetation des Darßwaldes entdecken: Sumpfgebiete, Fichten, Lärchen, Roterlen und bizarr geformte Weidbuchen. Oder man wandert zum naturbelassenen Weststrand, an dem man sich (fast) wie Robinson fühlen kann. Pittoreske Dörfer Besonders idyllisch sind auch die Dörfer auf der Halbinsel. Zwar sind alle Orte in den letzten Jahren gewachsen. Doch haben sich die Dörfer ihren ganz eigentümlichen, bezaubernden Charme erhalten. Was es lange nicht gab auf Fischland, Darß und Zingst: mondäne Seebäder mit schicken Promenaden und ausgiebigem Nachtleben aber die Ostseebäder Zingst und Ahrenshoop haben hier mittlerweile aufgeholt. Das Künstlerdorf Ahrenshoop zählt inzwischen zu den exklusivsten Zielen an der deutschen Ostseeküste. Entsprechend nobel sind manche Unterkünfte im Ortszentrum. Doch gleich nebenan, am Althäger Boddenhafen, isst man den Fisch wie eh und je im rus tikalen Räucherhaus. Endlos lange Strände Zingst, der größte Ort der Halbinsel, hat sich zum lebhaften und schicken Seebad gemausert. Etliche, auch höherpreisige, Hotels und Ferienwohnungen sind entstanden. Doch gleich westlich des Ortes beginnt der eigentliche Zingst ein geschütztes Naturparadies zwischen Ostsee und Bodden. Mit traumhaften, familienfreundlichen Stränden punkten die Seebäder Prerow und Dierhagen. Von Prerow lassen sich auch die Naturattraktionen Darßer Ort und Weststrand gut zu Fuß oder per Rad erreichen. Das alte Fischer- und Seefahrerdorf Wustrow hat mit seinen Kapitänshäusern und dem Ortsteil Barnstorf am Bodden seinen ganz eigenen Charme. Die Boddendörfer Born und Wieck haben sich bis heute ihre Abgeschiedenheit bewahrt, obwohl auch dort neue Ferien häuser entstanden sind. Etwas verträumt wirken die beiden Städtchen Ribnitz-Damgarten und Barth auf dem Festland. Beide haben renovierte Altstadtkerne und sind sowohl auf dem Wasser- wie auf dem Landweg vom Darß gut zu erreichen. Viel Natur gibt es auch rund um das Seebad Graal-Müritz. Der Ort grenzt direkt an die Rostocker Heide, in der neben der artenreichen Flora und Fauna verschiedene Weiler auf ihre Entdeckung warten. Pittoreske Reetdachhäuser prägen die Dörfer auf Fischland-Darß-Zingst Der Darßer Weststrand ist unverbaut und besonders naturbelassen
6 7 Treibholz, umgestürzte und vom Wind gepeitschte Kiefern sind typisch für den spektakulären Darßer Weststrand Seite 82 Land & Leute
8 Fischland-Darß-Zingst heute 9 Fischland-Darß-Zingst heute Kilometerlange Sandstrände, schroffe Steilküsten, schilfumkränzte Boddenbuchten, weite Wiesen und dichter Wald: Die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst ist ein Naturidyll. Eingebettet in die Landschaft zwischen Meer und Bodden liegen schöne Seebäder und schmucke Fischer dörfer. Fischland-Darß-Zingst erstreckt sich über eine Länge von 60 Kilometern vor der Küste zwischen Ribnitz-Damgarten im Westen und dem Grabow genannten Bodden im Osten. Ursprünglich waren Fischland, Darß und Zingst eiszeitliche Inselkerne, die durch Verlandung zusammenwuchsen ( Seite 12). Von der Eiszeit geprägt und unablässig Wind und Meer ausgesetzt, findet sich auf Fischland-Darß-Zingst eine der vielseitigsten Küstenlandschaften Deutschlands. Die schmale Landzunge bietet eine einmalige Mischung aus Flach- und Steilufern, Stränden und Dünen, Buchten, Nehrungen, Wäldern und Wiesen. Die flachen Boddengewässer säumen dichte Schilfgürtel, in denen seltene Vogelarten zahlreich Schutz finden. Auf den vorgelagerten Inseln und Salzgraswiesen findet alljährlich im Frühjahr und Herbst ein Naturschauspiel der besonderen Art statt: Rund 45 000 Kraniche und viele andere Zugvögel machen dann auf ihrem Flug nach Süden oder Norden hier Rast. Damit dieses Naturschauspiel in seiner Ursprünglichkeit erhalten bleibt, wurde 1990 der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft eingerichtet ( Seite 16). Im Nationalpark dürfen bestimmte Flächen nicht betreten werden. (Naturbeobachtungs-)Orte wie der Zingster Pramort sind nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Neben dieser ursprünglichen Natur bieten 60 Kilometer lange, weiße Sandstrände viel Platz für Sonnen- und Badehungrige sowie Wassersportler. Viele Jahrhunderte waren Fischland, Darß und Zingst Heimat von Fischern und Seefahrern. Bis heute prägen reetgedeckte Fischer katen, die meist in satten, bunten Farben gestrichen sind, sowie Kapitänshäuser mit bunt bemalten Türen die Orte. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Künstler den malerischen Küstenabschnitt. Kurz darauf kamen auch die ersten Badegäste. Der Badetourismus entwickelte sich seitdem zur wirtschaftlich wichtigsten Einnahmequelle für die Region. Das ist bis heute so geblieben. Trotzdem ist Fischland-Darß-Zingst ein Ziel für naturnahe Ferien. Neben Badegäs ten und Wassersportlern kommen besonders Wanderer und Radfahrer auf dem gut ausgebauten Wegenetz auf ihre Kosten. Eine Besonderheit der Region sind die Zeesenboote: Ursprünglich für den Fischfang in den flachen Boddengewässern gebaut, schippern die majestätischen Holzboote mit ihren rostbraunen Segeln heute vor allem Besucher durch die idyllische Boddenlandschaft ( Seite 24). Boote schaukeln im Hafen von Althagen am Bodden
10 Fischland-Darß-Zingst heute Sanfter Tourismus 11 Steckbrief: Fischland-Darß-Zingst Geografische Lage: Sichelförmige Halbinsel, die nördlich der Kleinstädte Ribnitz-Damgarten und Barth die Darß-Zingster Boddenkette von der Ostsee trennt Länge: ca. 60 km Länge der Strände: ca. 60 km Boddengewässer: knapp 200 km 2 Höchste Erhebung: Bakelberg (ca. 18 m) bei Ahrenshoop Einwohner: 8 860 (mit dem Vorland des Fischlandes 10 460) Gemeinden: Wustrow, Ahrenshoop, Born am Darß, Wieck am Darß, Prerow, Zingst. Ebenfalls dazu gezählt wird Dierhagen, das im Vorland des Fischlandes liegt. Nächste Kleinstädte: Ribnitz- Damgarten und Barth Nächste größere Städte: Rostock (ca. 50 km entfernt) und Stralsund (ca. 45 km) Zugänge vom Festland: aus Richtung Westen über die Bäderstraße von Ribnitz-Damgarten, aus Richtung Osten über die Meiningen brücke von Barth Erschließung: Die gut ausgebaute Bäderstraße führt zu allen Dörfern auf der Halbinsel. Wirtschaft: Der Tourismus ist der bedeutendste wirtschaftliche Faktor. Außerdem: Land- und Fischereiwirtschaft. immer teurer. Bis auf den Bau des Hotels The Grand Ahrenshoop, das auf dem Grundstück des abgerissenen Kurhauses errichtet wurde, gab es aber seit Jahren keine größeren Neubauprojekte mehr. Gerade hier in Ahrenshoop, an der Engstelle zwischen Ostsee, geschützter Natur und Bodden, fehlt der Platz dafür. Das wiederum kann auch zum Problem für die Ahrenshooper selbst werden. So beklagte sich ein alteingesessener Ahrenshooper in der lokalen Ausgabe der Ostsee-Zeitung, dass seine erwachsenen Kinder die Halbinsel verlassen müssten sie fänden keine Wohnung, und Neubaugenehmigungen würden kaum erteilt. Im Frühjahr blüht auf dem Darß vielerorts der Raps Konflikte gibt es auch zwischen Tourismuswirtschaft und Naturschützern auf der einen und Landwirten auf der anderen Seite: Letztere möchten ihre Höfe modern und effizient bewirtschaften, wozu Monokulturen und auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gehört. Das verträgt sich nicht gut mit dem Image der Halbinsel als geschützte Naturlandschaft. Doch davon bekommen die Gäste der Halbinsel kaum etwas mit. Sie können sich einfach nur an der fantastischen Landschaft, den hübschen Dörfern, den weiten Stränden an der Ostsee und den stillen Winkeln am Bodden erfreuen. Sanfter Tourismus In den Jahren seit dem Zusammenbruch der DDR hat sich der Tourismus an der gesamten Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns prächtig entwickelt. Die Seebäder wurden hübsch renoviert, viele neue, oft hochwertige Quartiere sind entstanden, eine vorbildhafte touristische Infrastruktur wurde geschaffen. Das gilt auch für den Darß aber mit ein paar Besonderheiten: So bildet der 1990 noch von der Übergangsregierung der DDR geschaffene Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft eine Schutzzone für die Natur, die nicht nur die Ostseeküste und die Boddengewässer zwischen Darß und Rügen umfasst, sondern auch den großen Darßwald im Zentrum der Halbinsel. Hier wird die Natur im Wesentlichen sich selbst überlassen und darf doch überwiegend von Touristen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Pferd auf den vorhandenen Wegen durchkreuzt und bewundert werden. Durch den Nationalpark konnte auch der fantastisch schöne Darßer Weststrand so erhalten werden, wie er seit Jahrhunderten ist: wild, windumtost und von urwüchsiger Schönheit. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn hier Hotel-Resorts gebaut worden wären. Der Nachteil an diesem, vom Naturschutz bestimmten Tourismuskonzept: Es gibt nur relativ wenig Platz für die Erweiterung der Dörfer. So sind, mit Ausnahme des Seebades Zingst, wo einiges gebaut wurde, die Kapazitäten der Dörfer begrenzt. Das ist aber durchaus im Sinne vieler Einwohner auf der Halbinsel. Mehr Tourismus muss nicht sein, meinen sogar die Touristiker in den Kurverwaltungen. Im Künstlerdorf Ahrenshoop wird das Dilemma am sichtbarsten: Ahrenshoop ist in den letzten 25 Jahren immer schöner und beliebter geworden, die Quartiere
12 Landschaft & Umwelt 13 Landschaft & Umwelt Fischland-Darß-Zingst, das abwechslungsreiche Land zwischen Meer und Bodden, zählt zu den wenigen urwüchsigen Naturlandschaften Mitteleuropas: Auf engstem Raum findet sich hier die gesamte Vielfalt der Flora und Fauna des südlichen Ostseeraumes. Die Entstehung der Halbinsel Die Insellandschaft Fischland-Darß- Zingst begann sich vor etwa 10 000 Jahren zu formen, als die gewaltigen Gletscher der letzten gro ßen Eiszeit abschmolzen. Beim Abtauen lagerten die Eismassen Geröll und Gesteinsblöcke ab und bildeten Abflussrinnen wie das Recknitztal südlich von Ribnitz-Damgarten. Zurück blieb eine abwechslungsreiche Landschaft, durchzogen von Grundund Endmoränen. Später stieg der Meeresspiegel, überflutete die Küstengebiete und ließ Erhebungen zu Inselkernen werden: Zu diesen zählten im Westen die Moräneninsel Hohes Fischland, im Osten der Altdarß sowie die flachen Inseln Westund Ostzingst. Fischland lag zu dieser Zeit noch doppelt so hoch über dem Meeresspiegel wie heute. Doch an seiner Außenküste wirkte die Kraft von Wind und Wasser. Sand, Ton und Kies von Strand und Steil ufer wurden im Lauf der Jahrtausende abgetragen, wanderten mit der Strömung entlang des Ufers und lagerten sich schließlich an den nordöstlichen Rändern als Sandbänke und Sandhaken wieder an. Innerhalb vieler Jahrhunderte verlandeten die Durchlässe zwischen den Inseln und aus Fischland und Darß wurde im 15. Jahrhundert eine Halbinsel. Die Insel Zingst, durch die Mündung des Prerowstroms noch abgetrennt, kam erst 1872 durch Sandlawinen infolge eines Sturmhochwassers hinzu. Der Bereich zwischen den Inselkernen und der eigentlichen Festlandküste wurde so fast völlig vom offe nen Meer abgeschnitten die Bodden entstanden. Heute sind die Außenküsten von Fischland, Darß und Zingst vollständig zusammengewachsen. Doch die Küstenlandschaft verändert sich weiter. So verliert das Fischland jedes Jahr durch Abtragungsvorgänge einen halben Meter seiner Küste. Ohne Küs tenschutz in Form von Buhnen, Steinwällen und Deichen oder der Bepflanzung der Stranddünen mit Strandhafer wären die schmalen Stellen der Nehrungen zwischen Dierhagen und Wustrow sowie zwischen Ahrenshoop und dem Altdarß längst durchbrochen. Im Gegenzug zum Landverlust wächst die Dünenlandschaft zwischen Darßer Ort und Prerow durch Sandanlandung jährlich um etwa zehn Meter ( Seite 65). Das östliche Ende von Zingst bestimmen Sandhaken: ins Wasser ragende und durch Sandanlandung wachsende Landzungen. Ein einmaliges Schauspiel von Werden, Wachsen und Vergehen. Der konstante Wind am Weststrand lässt die Kiefern zur Seite wachsen
14 Landschaft & Umwelt Sanddorn: Die Zitrone des Nordens 15 Pflanzen & Tiere Im Westen säumen die Halbinsel Steil ufer und flache Strände, die im Norden in mächtige Sanddünen übergehen. Den Süden prägen schilf umkränzte Boddenbuchten mit vorgelagerten Salzgrasinseln, dazwischen liegen Wälder, Moore, Heiden und Wiesen. Der Darßwald Im Herzen der Halbinsel erhebt sich der 50 Quadrat kilometer große Darßwald, der einschließlich großer Teile der Boddengewässer seit 1990 zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ( Seite 16) gehört. In ihm haben viele Tiere ihre Heimat, die in anderen Regio nen ausgestorben sind oder äußerst selten vorkommen: Seeadler, Schwarzstorch, Fischotter und Hermelin, Schlingnatter und Kreuz otter, um nur einige von ihnen zu nennen. Auch Rehe, Hirsche, Wildschweine und Füchse kann man im Darßwald antreffen. Recht versteckt leben dort Dachs, Iltis, Stein- und Baummarder. Auch Marderhunde, die ursprünglich aus Osteuropa stammen, gibt es im Darßwald. In den Mischwäldern sind circa 20 Baumarten heimisch. Eine Besonderheit ist die an feuchteren Stellen vorkommende Stechpalme (Ilex). Hier wachsen auch viele Orchideenarten wie Frauenschuh und Purpurknabenkraut, die genauso geschützt sind wie der seltene Sonnentau in sumpfigen Gegenden. Dort, wo Wald und Dünen ineinander übergehen, wachsen Strandhafer und Strandnelke, zudem die vom Aussterben bedrohten Pflanzen Meerkohl und Strand distel. Das landschaftliche Highlight aber ist der an den Darßwald angrenzende urwüchsige Weststrand ( Seite 82). Der weiße Sandstreifen ist durch Einflüsse von Stürmen und Brandung geprägt. Eindrucksvoll sind die auf den Dünen thronenden windschiefen Rotbuchen, auch Windflüchter genannt, denen raue Westwinde zu ihrer Form verholfen haben. Wattflächen & Salzwiesen Eine weitere Besonderheit stellen die Sundische Wiese, die Werderinseln und das Windwatt im Ostteil des Zingst dar. Die charakteristischen Wattflächen und Salz wiesen sind ein idealer Lebensraum für Salzpflanzen sowie Wasser- und Watvogelarten. Im Frühjahr und Herbst bietet sich ein faszinierendes Schauspiel, wenn zehntausende Kraniche auf ihrer Zug route hier einen Schlafplatz finden ( Seite 137). Die Vogelschutz inseln Kirr und Oie im Barther Bodden bilden den Lebensraum für Brutvögel der Salzwiesen wie Zwergmöwe, Uferschnepfe, Kampfläufer, Löffelente oder Säbelschnäbler. In den breiten Röhrichten am Ufer (ein Röhricht ist ein Biotop, das bestimmte Arten von Flachwasser- und Uferpflanzen beherbergt) brüten viele versteckt lebende Vögel wie Rohrsänger und Rohrweihe. In den angrenzenden flachen, von der Ostsee abgetrennten Boddengewässern leben über 40 verschiedene Fischarten. Zu ihrem Schutz ist der Fang heute nur noch in festgelegten Zonen mit traditionellen Stellnetzen und Reusen gestattet. In der Ostsee selbst leben unter anderem Dorsch, Flunder, Kliesche und Scholle ebenso wie Hornhecht und Sandgrundel. Die Meeressäuger der Ostsee wie Robben und Seehunde können mit Glück und Schweinswale mit äußerst viel Glück gesichtet werden. Sanddorn: Die Zitrone des Nordens Der dornige Strauch mit den orangeroten Früchten wächst auf dem sandigen Boden am Rand der Ostseedünen. Dank des hohen Vitamin-C-Anteils wird Sanddorn auch als Zitrone des Nordens bezeichnet. Allerdings enthalten Sanddornbeeren bis zu viermal soviel Vitamin C wie Zitronen. Den Sanddornfrüchten wird eine gesundheitsfördernde und schützende Wirkung zugeschrieben: So sollen sie unter anderem entzündungshemmend wirken und den Choles terinspiegel senken. Sanddornsträucher wachsen auch auf kargen Böden, gern am Rand von Sanddünen. Ihre Wurzeln dringen tief in den Boden ein. Dadurch sind sie auch hilfreich, um der Bodenerosion entgegenzuwirken. Die Pflanze benötigt viel Licht und Sonne und fühlt sich deshalb auch an der Ostee mit ihren weiten Stranddünen wohl. Der Strauch blüht von März bis Mai. Die Ernte, das so genannte Melken, bei dem der Saft durch ein mühseliges Verfahren direkt am Strauch gepresst wird, erfolgt im Herbst. Aus der Vitaminbombe werden Säfte, Nektar, Tee, Marmeladen, Mus und sogar Hochprozentiges wie Liköre zubereitet. Der herbe, leicht säuerliche Geschmack ist allerdings gewöhnungsbedürftig. Im Herbst leuchten an der Küste die orangen Beeren des Sanddorns
16 Landschaft & Umwelt Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft 17 Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft Der 1990 noch von der DDR- Regierung eingerichtete Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist mit einer Fläche von 805 Quadratkilometern der größte Ostsee- Nationalpark. Er umfasst ausgedehnte Flachwasserund Küstenbereiche zwischen Darß, Zingst, Hiddensee und der Westküste von Rügen. Der größte Teil besteht aus einer Wasserfläche von 651 Quadratkilometern. Landflächen nehmen im Vergleich nur einen geringen Anteil von 118 Quadratkilometern ein. Dazu kommen viele landschaftliche Besonderheiten wie Windwatte, Küstenüberflutungsmoore und Salzwiesen, stellenweise säumen breite Brackwasserröhrichte die Bodden ufer. Sandhaken, Dünen und Strandwälle sowie der sichtbar auf einer Strandwalllandschaft entstandene Darßwald gehören zu den verschiedenen Ökosystemen, die ideale Lebens räume für unzählige Tiere und Pflanzen sind. So hat der Nationalpark neben seiner einzigartigen Vegetation auch als Vogelschutzgebiet große Bedeutung. Bemerkenswert ist die zunehmende Zahl an Seehunden, Robben und Schweinswalen. Die Erhaltung, Pflege und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und diese dem Menschen erleb- bar zu machen gehören zum Anliegen der Schutzmaßnahme. Dazu wurde der Natio nalpark in zwei Schutzklassen untergliedert. Gebiete, die schon heute einen naturnahen Zustand aufweisen, wurden als Schutzzone I, so genannte Kernzonen, ausgewiesen alle anderen vorerst als Schutzzone II. Während die Kernzonen vollständig den Launen der Natur überlassen werden, soll in den anderen Gebieten durch naturverträgliche Wirtschaftsweisen langfristig die natürliche Entwicklung der Landschaften gefördert oder in ihrem jetzigen Zustand erhalten bleiben. In der Schutzzone I dürfen die ausgewiesenen Wege nicht verlassen werden. Hunde müssen übrigens im gesamten Nationalpark an die Leine, damit seltene Tiere nicht aufgeschreckt werden. Die Nationalparkverwaltung befindet sich in Born. Die Informationszentren in Born, in Wieck ( Darßer Arche), der Sundischen Wiese sowie das Natureum am Leuchtturm Darßer Ort veranschaulichen die naturkundlichen Besonderheiten und bieten öffentliche Führungen an. Zudem hat die Nationalparkverwaltung viele Kilometer ausgeschilderte Rad- und Wanderwege eingerichtet sowie Besucherplattformen, die dazu einladen, die Naturbesonderheiten zu erleben. Der urwüchsige Darßwald wird an manchen Stellen zum Moor Teile des Darßer Strandes werden besonders geschützt