hält sie wach. Verdammt, ich kann nicht einfach so tun, als sei das normal! Dieser Mensch..., er stockt, dieser Hitler, das ist kein Mensch.

Ähnliche Dokumente
Das Lächeln der Sonne. von Nicola Scholz. 4th draft ( )

einfallende Mondlicht ließ vier schmale Betten erkennen. Es gab keine Möbel, in die man kriechen konnte, keine verborgenen Türen oder Schränke, um

Mischa sitzt im Boot und weint. Es tut mir so leid, fängt Daniel an, Ich hab ja nicht gewusst

Bart Moeyaert. Du bist da, du bist fort. Übersetzt aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. Illustriert von Rotraut Susanne Berner

Wie zwei Bären wieder Freunde werden

Martin, der Schuster

SZENE AUS ES IST KOMPLIZIERT. von. Christoph Mathieu

Predigt: Jesaja 9,1-6 Ein Kind schreit. Es ist dunkel. Plötzlich geht die Tür auf. Sie schiebt sich sanft über den Teppich. Ein Licht scheint in den

Am Fluss. Romeo wandert immer am Fluss entlang. Schließlich erreicht er den Stadtrand.

Esslingers Erzählungen für die Allerkleinsten

auf seinen Oberschenkel klatschen. Die Fliege fällt zu Boden. Millie krabbelt auf allen vieren zu der Fliege hin und nimmt sie in die Hand.

Es ist der Tag, an dem der Schnee kommt. In sanften Flocken fällt er auf die Dächer des Dorfes. Langsam deckt er die Wiese zu.

Opium ist das Einzige, was für ihn noch zählt. Und durch Isa Whitney kommt Watson in so einen Opium-Keller.

,10 Jahre und weiblich Annika Deininger Ort der Beobachtung (Drinnen/Draußen, Raum): Gruppengröße (ca.):

Hugo zieht um. Anne Maar Verena Ballhaus (Illustrationen) Mein Papa liest vor und meine Mama auch! Zum Vorlesen oder für Leseanfänger ab 6 Jahren

Drachensturm. von Celchen online unter: Möglich gemacht durch

Der Mann und das Mädchen

Steffi passt auf. Jan soll später gut lesen können. Nicht so wie Steffi. Die Lehrerin hat Jan gelobt. Weil er so fleißig ist. Steffi ist stolz auf

dem Toilettendeckel. Nach dem Bad drückte Oma Papa ein Buch in die Hand, das er ihnen vorlesen sollte. Carolyn saß auf seiner rechten, Charlie an

LILLI und JESS / RASAMUS

Varenka. Wer wird den Menschen den Weg weisen, ihnen die Türen öffnen, wenn sie sich verlaufen und sich im Schneesturm verirren?

eine gefährliche Situation; Jemand braucht schnell Hilfe, z.b. von einem Arzt. 33 der Notfall, -.. e

Rotkäppchen hat viele Blumen gesammelt, sie kann sie kaum noch tragen. Oma freut sich sicher sehr, denkt sie und läuft zurück zum Weg.

8. Die ersten Jünger. Matthäus 4,18-22; Lukas 5, Mensch, der auch zuhören will (kann auch von Andreas gespielt werden mit anderem Umhang)

Wassilij auf dem Weg zu Gott

Die Kriegerin 3. von Klara Hope online unter: Möglich gemacht durch

Naruto: Süße Liebe...11

Das Waldhaus. (Deutsches Märchen nach den Brüdern Grimm)

Gaara Story: harte Schale- weicher Kern

Der Wolf antwortet: Damit sehe ich dich besser! Aber Großmutter, fragt Rotkäppchen, warum hast du so große Ohren?

dumpf rumpelnder Zug, der letzte an diesem Abend, kündigt seine Ankunft an: ein einsamer Ruf, der unbeantwortet bleibt. Der Bahnhofswärter mit

Zum Nachtisch: Leben!

Der kleine Weihnachtsmann und der große Wunsch

Der Affe, der ein Mensch werden wollte

Ballett macht Spaß. happydadoo.com 1/5

Gehst du mit mir zum Abschlussball?, sagt plötzlich eine Stimme über ihr. Marie sieht hoch. Sie fällt fast vom Stuhl. Die Stimme gehört Chris! Ja!

Drachenstark und torgefährlich

breiteten sie ihre Arme aus und ahmten den Flügelschlag der Vögel nach. Lachend liefen nun ihr Vater, die Köchin Anni, Colette und Luise durch das

Verbinde die Satzteile richtig miteinander!

Kleine Elfe bring mir Glück

Geschichte der kleinen Engel Monday, 16. June 2003

Sitzung 5 Die Fähigkeit, Zuneigung auszudrücken, vertiefen

fühle mich fallengelassen. Was er mir sagen will, ist klar, doch ich möchte es nicht hören. Pat? Rede mit mir. Wie fühlst du dich?, fragt er mich und

Gottesdienst am /// Ev. Kirchengemeinde Werden // Predigt von Pfarrerin Jule Gayk

Zahnarztbesuch für Mutige Kyra Pfeifer

Progressive Relaxation Muskelentspannungstraining

Das magische Licht. Bearbeitet von Gabrielle Alioth

Bä Jeder ist einmalig

14. Das Einhorn Elmina

Du in Hogwarts. von Mona online unter: Möglich gemacht durch

uns kennenlernten, und auf der Uni arbeitete, ein kleiner Aushilfsjob, wie er immer wieder betonte, denn eigentlich wollte er eine richtige Arbeit,

Julia steht auf, sucht den Augen-Make-up-Entferner, findet ihn, und schminkt sich ab.

Das gebe dir Gott. Text: Werner Arthur Hoffmann 2004 Felsenfest Musikverlag, Wesel

Laura liebte diese Ausritte, wenn sie im

Bevor ich reagieren konnte, bohrten sich gelbe Zähne in meine Hüfte. Der Schmerz raubte mir die Luft zum Schreien. Mein Herzschlag dröhnte in den

1. kapitel. Früh am Morgen

GERMAN. LEVEL: 3 4 (Γ - ηµοτικού)

Im Urwald regnet es sehr fest. Das Nashorn Lea ist in ihrer Höhle und schaut traurig heraus. Sie schaut so traurig, weil sie morgen Geburtstag hat.

Welche Wörter passen mehr zum roten, welche mehr zum blauen Jungen? Ordnen Sie zu. HAU VORSC zur Vollversion

Der glückliche Prinz Nach einer Erzählung von Oscar Wilde

Ein wenig verloren. Jennifer Pruckner. Fotos. An einem schönen Tag wie heute war Seitenstetten gut besucht.

Martin schaut ins Schneegestöber.»Huh, das wird eine kalte Nacht!«, denkt er. Martin ist römischer Soldat. Heute hat er Nacht wache am Stadttor.

Bernds rechte Hand in die Hosentasche. Für einen Moment berührten seine Finger das Messer. Schade, dass der Alte nicht zu sehen ist, dachte er.

Das Geheimnis der Mondprinzessin - Was danach geschah.

Was macht ihr, wenn ich schlafe? Text: Petra Postert Illustrationen: Mascha Greune

Nur die Ruhe Nicht nur Erwachsene haben Stress. Auch Kinder stehen unter Druck. Wichtig ist, wie wir damit umgehen.

TAGEBUCH DES EUROWAISENKINDES

Roberto Trotta Alles über das All erzählt in 1000 einfachen Wörtern

Die Chatpartnerin. Ein paar Tage später schickt ihm Kathie ein Foto.

elfenbeinweiß gestrichenen Flur entlang, in dem Gemälde einheimischer Künstler hängen, sehr schlechte, blaue Meerlandschaften mit fröhlich auf den

An der gegenüberliegenden Wand hängt ein in dezenten Pastelltönen gemaltes Bild: ein sehr hübsches, etwa sechzehn Jahre altes Mädchen mit

Müller zeigt, dass er arm ist, indem er die Taschen aus den Hosen holt und ein Gesicht zieht. Müller und König begrüßen sich.

Ein Tomaten- Liebhaber und eine Manga- Liebhaberin

DLIB SPIEGEL. wecker. fuss morgen SPIEGEL. Multimediale Illustration DVD und Fotos Kai Jauslin, Februar 2005

Im Blauen Garten ist zu Gast: Lina

One Piece - Blindes Feuer 2

wir wollen ein Gedicht sein Buchstaben zum Wort Worte zur Lyrik geformt Vorwort

Ein großer Tag für Schuster Martin

Die Nacht singt ihre Lieder

Sommer mit Summer. von Alaska online unter: Möglich gemacht durch

Der alte Mann Pivo Deinert

Das einsame Mädchen. Ronja Meyer 7b

Ein Engel besucht Maria

Rotkäppchen und der Wolf [von Kirsten Großmann]

4. Kapitel Ein zahnloses Monster

sagt nicht die Wahrheit, er lügt. Männer; sie arbeiten für den König. 4 der Lügner, 5 die Wachen (Pl.)

Aschenputtel, was willst du hier in der Stube, du dummes Ding? Wer essen will, muss arbeiten. Geh in die Küche und arbeite.

PERSONEN MARIA: lebt mit ihrer Familie in Astenberg/

Juhu, so wird Heu gemacht!

57 MARTINSHOF /TINAS ZIMMER BIBI+TINA

also wenn es Ihnen nichts ausmachen würde «Trojan begann zu schwitzen. Die Panik der letzten Nacht war noch immer nicht ganz aus seinem Körper

Gedanken nicht abstellen kann. Ich mache mir Sorgen um Landon, wenn er so deprimiert ist. Ab und zu verschwindet er in seiner eigenen kleinen Welt

Impressum: Herausgeber:

Frau Holle. (Deutsches Märchen nach den Brüdern Grimm)

D R E C K franz rieder

Transkript:

Emilie Zarte Sonnenstrahlen kitzeln Emilies Augen durch die geschlossenen Lider. Die Frühlingsluft dringt durch das gekippte Fenster und den lindgrünen Vorhang herein. Ein Lächeln spielt auf ihren spröden Lippen. Mit geschlossenen Augen und ihren neuen, viel zu großen Schuhen geht sie über das spärliche Gras, den rechten Arm weit nach vorn gestreckt. In der Linken trägt sie die mit Vaters altem Lederriemen zusammengeschnürten Schulbücher. Sie kennt den Weg in- und auswendig, dennoch pocht ihr Herz. Emilie! Vaters Stimme vibriert. Schau mal! Sie öffnet die Augen, die Sonne blendet, im Stolpern erkennt sie ein schwarzes Knäuel auf seinem Arm. Sie schluckt. Dann lässt sie den Riemen los und rennt mit großen Schritten auf den Vater zu. Vater, du hast... ist es wirklich... Groß und lachend steht er am Hoftor. Er winkt, doch mit jedem ihrer Schritte entschwindet er ein wenig mehr. Bleib! Warte... geh nicht! Mit aufgerissenen Augen sitzt Emilie im Sessel, ihre grauen Haare stehen wie elektrisiert vom Kopf ab. Unstet irrt ihr Blick über den braun melierten Läufer, dann aufwärts zum Bett, am Haltegriff entlang zur Notklingel, um schließlich an der Wand gegenüber zu verharren. Aus großen und kleinen Bilderrahmen starren sie fremde Menschen an. Sie versucht, mit der Zunge das Brennen auf den Lippen zu lindern. Es hilft nicht. Ihre spinnedünnen Finger schaben an der Armlehne. Von draußen dringen Wortfetzen an ihr Ohr. Sie kann schon wieder nicht einschlafen. Eigentlich ist sie dem Kinderbett entwachsen, doch Mutter sagt, sie soll sich schräg hineinlegen, dann geht es noch. Sie liegt schräg und kann trotzdem nicht schlafen. Vaters zornige Stimme 1

hält sie wach. Verdammt, ich kann nicht einfach so tun, als sei das normal! Dieser Mensch..., er stockt, dieser Hitler, das ist kein Mensch. Der lässt alle Juden verschwinden. Verstehst du? Wenn es stimmt, was die Leute erzählen, dann lässt er sie sogar um... Mit aller Kraft presst sich Emilie die Ohren zu und betet inbrünstig zum lieben Gott. Bitte mach, dass sie aufhören! Emilie fröstelt. Die Häkeldecke ist von ihrem Schoß geglitten. Unerreichbar. Gänsehaut krabbelt über die Oberarme hinauf zu den Schultern. Es klopft, die Tür geht auf. Ein großer junger Mann tritt ein. Emilie erschrickt. Er ist ein Riese. Ein Riese und seine Stimme so scharf wie ein Messer. Wie heißt du? Emilie gibt sich Mühe, ihren Namen zu nennen, doch die Angst vor dem SS- Mann hat ihr die Worte weggefangen. Er gibt ihr einen Stoß. Du bist Emilie? Emilie Moulin? Emilie nickt. Sicher sollst du sagen, du bist allein zu Haus, stimmt's? Emilie nickt wieder. Ein Fehler. Zu spät. Er stößt sie aus der Tür, sie fällt. Ich bin es, Großmutter, Thomás. Emilie drückt sich in den Sessel und kratzt an der Lehne. Ich bin es doch, Großmutter. Er hebt die Decke auf, legt sie in der Mitte zusammen und breitet sie über ihren Schoß. Erstaunt beobachtet sie ihn. Bitte, Vater, darf Seppi heute in meinem Bett schlafen? Bitte, nur ein Mal. Lächelnd deckt der Vater sie zu. Seppi sitzt neben ihrem Bett und schaut von einem zum andern. Seppi ist ein Hund und der gehört nicht ins Bett. Sei vernünftig. Es reicht doch, dass er bei dir im Zimmer schlafen darf. Emilie nickt. Bist du morgen früh zu Hause? Seine braunen Augen sind groß. Und traurig. Schlaf jetzt und frag nicht so viel. Er küsst sie auf die Stirn und zieht die Tür hinter sich zu. Eine Hand streichelt ihre Wange. Emilie blickt in große, traurige, braune Augen. 2

Oh! Sie berührt sein Kinn mit zitternden Fingern. Ich bin es. Thomás, dein Enkelsohn. Erinnerst du dich? Verwirrt schüttelt Emilie den Kopf. Der Riese steht seufzend auf und bürstet ihr die Haare. Weißt du noch? Als ich klein war, haben deine langen Haare den ganzen Rücken bedeckt. Er lächelt. Damals wollte ich Frisör werden. Es ziept, als Mutter ihre störrischen Haare zu Zöpfen flicht. Kurze Zeit später geht Emilie an Mutters kalter Hand einen langen, weißen Korridor entlang. Überrascht betrachtet sie die Bahren mit den seltsamen Säcken auf dem Flur. Abrupt bleibt Mutter stehen. Ihr durchdringender Schrei lässt Emilie erstarren. Ahhhh! Großmutter, hab ich dir wehgetan? Entschuldige! Mit zwei großen Schritten geht der Riese um Emilies Sessel herum und kniet vor ihr nieder. Zärtlich blickt er zu ihr auf. Erstaunt erkennt sie die vertrauten Augen: Hab... hab... hab... verr... verr...aten dich. Ihre Hände zittern, es gelingt ihr nicht, sein Gesicht zu berühren. Verraten? Mich? Du hast mich nicht verraten, Großmutter. Er hält ihre Hände, langsam lässt das Zittern nach und ihr magerer Körper entspannt sich. Durch die dünne Zimmerwand hört sie die Mutter weinen. Emilie liegt auf dem Boden, sie passt schon lange nicht mehr in das Bett. Auch nicht schräg. Seppi fehlt ihr. Mutter musste ihn hergeben. Sie kann kaum für sie beide sorgen. Emilie hält sich die Ohren zu und schließt die Augen: Lieber Gott... Wo bist du, Großmutter? Warm umspült sein Atem ihr Ohr. Ich, ich wollte nicht... Ihre Stimme versagt den Dienst. Was wolltest du nicht? Mutter, wann kommt Vater wieder? Das fragst ausgerechnet du? Emilies Tränen erfrieren. 3

Großmutter, was wolltest du nicht? Hierher ins Heim? Erstaunt sucht ihr Blick nach dem Ursprung der Stimme. Ich, ich... Es tut mir so Leid, sagt er leise. Du bist also Ruths Tochter? Die viel zu klein gewordenen Schuhe drücken. Emilie versucht die Zehen stillzuhalten. Es drückt trotzdem. Ja, antwortet sie der Bäuerin, die vor ihr hergeht. Plötzlich bleibt die Frau stehen und dreht sich zu ihr um. Emilie heißt du? Emilie lächelt unsicher. Nun, hier wirst du Magda heißen. Alle Mägde heißen hier so. Verstanden? Entgeistert nickt Emilie, die Bäuerin öffnet die Tür. Bei uns beginnt der Tag um fünf. Hast du verstanden, Magda? Emilie weint. Vorsichtig reibt sie ihren rechten Fuß an der linken Wade. Schmerzen die Zehen wieder? Behutsam zieht Thomás ihr die grauen Wollhausschuhe von den Füßen und massiert sanft die verkrümmten Zehen. Wenn ich nur wüsste..., flüstert er. Emile lehnt sich zurück. Sind deine Füße noch kalt? Nein, Vater, du hast sie warm gerubbelt. Emilie strahlt übers ganze Gesicht und ihre Wangen glühen von der Wärme des Ofens. Müdigkeit schleicht sich in ihre Augen. Sie wehrt sich, will nicht schlafen. Der Vater lacht und trägt sie in ihre Kammer. Sie kuschelt sich an ihn, er riecht nach Winter. Bumm bum, bumm bum, schlägt ruhig sein Herz. Morgen ist ein neuer Tag, Prinzessin. Sanft wischt Thomás Emilies Tränen fort. Sie schläft. Er hebt sie hoch und trägt sie zum Bett. Die Gummibundhose hängt schlaff um ihren zerbrechlichen Leib. Emilie hört sein Herz, bumm bum, bumm bum, und seufzt. In seine Trauer schleicht sich ein unsicheres Lächeln. 4

Er deckt sie zu und küsst sie auf die Stirn. Emilies Atem ist flach und ruhig. Sachte schleicht sich die Sonne aus dem Raum. Petra Endres, März 2006 Mundingerstr. 59 79312 Emmendingen Tel: +49 (0)7641/ 9359475 petra_endres@hotmail.com 5