Wenn die Facebook-Freunde mobben Bad Boll, 24. und 25. November 2014 Henrik Blaich Fachreferent für Medien und Gewaltprävention ajs Aktion Jugendschutz
ajs Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg Suchtprävention Gewaltprävention Kinderschutz Sexualpädagogik Interkulturelle Pädagogik Gesundheitsförderung Medien
3 LandesNetzWerk für medienpädagogische Elternarbeit Derzeit ca. 110 aktive Referentinnen und Referenten
Vorbemerkung Nicht bei jedem Konflikt im Netz handelt es sich um Cyber-Mobbing.
Konflikte im Netz JFF Studie: Wo der Spaß aufhört (2012):
Konflikte im Netz Praxisforschungsprojekt des WIJHW Freiburg: Stress im Netz (2014): im Alltag oftmals unreflektierte Verwendung des Begriffs Cyber-Mobbing alltägliche Konflikte im Netz von Erwachsenen vorschnell als Cyber-Mobbing eingestuft Konflikte im Netz unter Jugendlichen sind nicht grundsätzlich gravierend konstruktive Bewältigung von Konflikten als Entwicklungsaufgabe von Jugendlichen
Mobbing Definition Bei Mobbing 1. geht es nicht um Sachfragen, sondern um Willkür und Bosheit, immer mit dem Ziel, das Opfer fertig zu machen. 2. kann jede Form gewalttätigen Handelns vorkommen: nonverbale oder verbale Gewalt:Sachbeschädigung, Körperverletzung, Drohungen, Spotten, Hänseln, etc. 3. Mobbing muss gegenüber anderen Konfliktformen wie Streit oder Meinungsverschiedenheit abgegrenzt werden.
Mobbing Definition Mobbing hat vier Merkmale 1. Bewusste Absicht zur Schädigung 2. Wiederholung von Verhaltensmustern über einen längeren Zeitraum 3. Machtungleichgewicht 4. Perspektivlosigkeit (für das Opfer)
Cyber-Mobbing Definition Cyber-Mobbing ist Mobbing mithilfe digitaler Medien.
Cyber-Mobbing Definition Cyber-Mobbing hat vier Merkmale (?) 1. Bewusste Absicht zur Schädigung (?) 2. Wiederholung von Verhaltensmustern über einen längeren Zeitraum (?) 3. Machtungleichgewicht (?) 4. Perspektivlosigkeit (für das Opfer)
Cyber-Mobbing Akteure Zuschauerinnen und Zuschauer (Bystander) Opfer Täterin oder Täter Mitläuferinnen und Mitläufer Bystander-Effekt psychologisches Phänomen Warum soll ich helfen? Es sind ja noch andere da! (Verantwortungsdiffusion) Angst vor einer Blamage vor Zuschauerinnen und Zuschauer
Cyber-Mobbing Verhaltensweisen Beleidigung, Beschimpfung (Flaming) Belästigung (Harassment) Anschwärzen, Gerüchte verbreiten (Denigration) Auftreten unter falschem Namen (Impersonation) Bloßstellen und Betrügerei (Outing and Trickery) Dauerhafte Verfolgung (Cyberstalking) offene Androhung von Gewalt (Cyberthreats) Ausschließen (Exclusion) Quelle: Willard, 2007 Weitere Verhaltensweisen: Sexuelle Belästigung, Anmache Gefilmte Prügeleien (Cyber-Grooming) (Happy Slapping)
Cyber-Mobbing Techniken Soziale Netzwerke Handys und Smartphones Chatrooms Instant Messenger Foren E-Mails Online-Spiele Video-Portale Eigene Internetseiten (Hate-Sites) etc.
Was Cyber-Mobbing so schlimm macht Eingriff rund um die Uhr, auch in das Privatleben (aus Klassenzimmer wird zur Qual wird Überall wird zu Qual ) Publikum ist unüberschaubar groß Publikum ist unbekannt Inhalte verbreiten sich extrem schnell Täterinnen und Täter handeln anonym (geringe Konsequenzen) Täterinnen und Täter handeln enthemmter (Online-Enthemmungseffekt) körperliche Stärke unwichtig Folgen können schwerer abgeschätzt werden
15 Gibt es jemanden in Deinem Bekanntenkreis, der schon mal im Internet oder übers Handy fertig gemacht wurde? 60 50 Wo? In einer Community: 23 % Im Chat: 6 % Übers Handy: 5 % In Foren: 2 % Woanders: 1 % 40 37 37 38 37 30 32 27 30 31 30 22 20 10 0 Quelle: JIM 2013, Angaben in Prozent Basis: Internet-Nutzer, n=1.170
Quelle: Studie Cyberlife Spannungsfeld zwischen Faszination und Gefahr
Was können Fachkräfte tun? Informationen einholen, Methoden kennenlernen (Fort- und Weiterbildungen, hausinterne Fortbildungen oder Pädagogische Tage) Respektvolles Klima in der Einrichtung schaffen (Umgangsregeln sowie deren glaubwürdige Einhaltung und Kontrolle, Anti-Mobbing-Team) (Cyber-)Mobbing zum Thema machen Vorbild sein (um Fairness bemüht sein, bei Verletzung der Regeln eingreifen, Gewalt nicht akzeptieren) Nicht wegschauen (Anwalt der Opfer sein und eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung vertreten) Sich als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner anbieten In Abstimmung mit dem Opfer und den Eltern Lösungen entwickeln Vernetzung anstreben (Kontakte zu anderen Schulen und pädagogischen Einrichtungen, zum schulpsychologischen Dienst, zu örtlichen Beratungsstellen und zur Polizei) Grenzen klar benennen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Konflikte im Netz Praxisforschungsprojekt des WIJHW Freiburg: Stress im Netz (2014): Drei Interventionsbremsen 1. Unklarheit der Zuständigkeit (gilt insbesondere für Schulen) 2. Eine Kultur von shame& blamebzw. das Schweigen der Betroffenen 3. Entmächtigungserfahrungdurch Dritte (sitzt tief und ist durch Erfahrung genährt)
Konflikte im Netz Praxisforschungsprojekt des WIJHW Freiburg: Stress im Netz (2014): Notwendig: 1. Schule als verantwortlicher Vernetzungszusammenhang 2. Erfahrbare Vertrauensbeziehungen 3. Mitspracherechte statt Entmächtigung
Prävention in der Familie Selbstbewusstsein stärken Respekt und Anerkennung vorleben Werte vermitteln Mediennutzung zum Thema machen (Vertrauensvolle) Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen sein Das sollten Eltern beachten Ziel ist immer, das Mobbing zu beenden Opferschutz hat Vorrang vor Täterbestrafung Das Opfer entscheidet, wie stark es etwas erlebt hat Das Opfer entscheidet, was getan wird Intervention durch die Eltern Über Mobbing-Prozesse informieren Praktisch helfen und unterstützen Gemeinsam(!) und vertrauensvoll eine Strategie entwickeln Kontakt mit der Schule aufnehmen Eventuell fachliche Hilfe suchen Falsche Reaktionen Die Vorkommnisse verharmlosen Einen Grund für die Attacken beim Opfer suchen Täterin oder Täter bzw. die Eltern direkt konfrontieren Ohne Rücksprache mit dem Opfer die Schule oder Polizei einbeziehen
Wie kann man sich vor Cyber-Mobbing schützen? 1. Fairer und respektvoller Umgang mit anderen im Netz! 2. Think before you post! 3. Sparsamer Umgang mit persönlichen Daten! 4. Besondere Vorsicht bei Fotos und Videos! 5. Sichere Privatsphäre-Einstellungen wählen! 6. Passwörter niemandem weitergeben!
Und wenn es doch passiert ist? 1. Rede darüber! 2. Sichere Beweise! Führe ein (Cyber-)Mobbing-Tagebuch! 3. Sperre die Täterin oder den Täter aus! 4. Antworte nicht! 5. Melde es! 6. Suche professionelle Hilfe! 7. Bei (Cyber-)Mobbing handelt es sich oftmals um eine Straftat, die bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden kann. Wichtig: Sobald die Polizei Kenntnis von einer Straftat hat unterliegt sie dem Strafverfolgungszwang.
Rechtliche Einordnung Strafrecht, u.a. 185 StGB: Beleidigung 186 StGB: Üble Nachrede 187 StGB: Verleumdung --> Öffentlichkeit wird strafverschärfend bei Ehrschutzdelikten ( 186, 187 StGB) 238 StGB: Nachstellung 240 StGB: Nötigung 241 StGB: Bedrohung 201 StGB: Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes 201a StGB: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen 22 und 33 KUG (Kunsturhebergesetz): Recht am eigenen Bild
Rechtliche Einordnung Opfer haben weitere rechtliche Möglichkeiten: Zivilrecht: Unterlassung, Schadenersatz, Schmerzensgeld Ordnungsrecht: Datenschutz, Medienaufsicht, Löschung, etc. Aber: Eine erfolgreiche Rechtsdurchsetzung hängt von einigen wichtigen Faktoren ab, die in der Praxis nicht immer alle vorliegen: Strafmündigkeit bzw. zivilrechtliche Deliktsfähigkeit der Täterinnen und Täter Bekanntheit der Täterinnen und Täter Beweisbarkeit der Tat Anbieter mit Sitz im Ausland erschweren Recherche
Rechtliche Einordnung Mögliche Nachteile bei der Beschreitung des Rechtswegs: Eine Rückgängigmachung der Tat ist auch durch das Recht nicht zu erreichen. Rechtliche Schritte können zu einer Eskalation der Auseinandersetzung und zu einer Erschwerung einer gemeinschaftlichen Streitschlichtung führen. Die Einleitung rechtlicher Maßnahmen geht immer mit einem mehr oder weniger starken Kontrollverlust über den weiteren Verlauf der Auseinandersetzung und dessen Bewertung durch Dritte einher. Die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ist mit einem Kostenrisiko verbunden (nicht so bei einer Strafanzeige).
An wen kann man sich wenden? Nummer gegen Kummer www.nummergegenkummer.de Kostenlose Online-Beratung www.bke-beratung.de Informationen und Beratung durch Jugendliche www.juuuport.de Informationsportale im Netz www.schueler-mobbing.de www.mobbing-schluss-damit.de
Links zum Vortrag Grafiken der agj Freiburg zu den Mobbing-Phasen www.konflikt-kultur.de/images/download/startseite/vortrag_hilt.pdf Let s fight it together http://www.klicksafe.de/ueber-klicksafe/downloads/weitere-spots/ukchildnet-lets-fight-it-together-deutsch/ Stress im Netz Methodenheft des WI-JHW Freiburg http://www.wi-jhw.de/tl_files/bilder/pdfs/wi- JHW/Did.Handreichung_komprimiert.pdf JIM-Studie www.mpfs.de JFF-Studie: Wo der Spaß aufhört www.jff.de/dateien/jff-bericht_online-konflikte.pdf
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Henrik Blaich Fachreferent für Medienpädagogik und Gewaltprävention Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Baden-Württemberg Tel.: 0711 / 237 37 18 Fax: 0711 / 237 37 30 blaich@ajs-bw.de www.ajs-bw.de