BWE-Hintergrundpapier. Windenergieprojekte unter Berücksichtigung von Luftverkehr und Radaranlagen

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Transkript:

BWE-Hintergrundpapier Windenergieprojekte unter Berücksichtigung von Luftverkehr und Radaranlagen

Windenergieprojekte unter Berücksichtigung von Luftverkehr und Radaranlagen 3.500 Megawatt konkret geplanter Windenergieprojekte können momentan nicht realisiert werden, weil die zivilen oder militärischen Luftfahrtbehörden und der Deutsche Wetterdienst (DWD) entgegenstehende Belange geltend machen. Hierbei sind derzeit mit über 1.700 Megawatt verhinderter Windleistung vor allem die verlangten Schutzbereiche mit einem Radius von 15 km rund um die Drehfunkfeuer der zivilen Luftfahrt das größte Problem. Nicht zu unterschätzen sind des Weiteren die verlangten Schutzbereiche rund um Wetterradare durch den DWD und die Schutz- und Interessenbereiche um die Radare der Bundeswehr, ferner die Verfahrensräume und Bauschutzbereiche um Flugplätze. 1 Im Folgenden wird auf den rechtlichen und faktischen Hintergrund bei den verschiedenen Konfliktfeldern eingegangen sowie der Stand der aktuellen Diskussion dargestellt. Ziel des Bundesverbandes WindEnergie (BWE) ist es, einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Windenergieausbau und den Interessen des Luftverkehrs, des Wetterdienstes und der Landesverteidigung zu schaffen. 1. Rechtlicher Hintergrund: Belange der zivilen und militärischen Flugsicherung Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) dürfen u.a. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu diesen Vorschriften gehören aus dem Bereich des Luftverkehrs die 12-18b LuftVG. 12 LuftVG stellt die Errichtung von Bauwerken im näheren und weiteren Umkreis um den Flughafen unter einen Zustimmungsvorbehalt der Luftfahrtbehörde (sog. Bauschutzbereich). Im Bereich von Landeplätzen und Segelfluggeländen gilt entsprechende Regelung in 17 LuftVG (sog. Beschränkter Bauschutzbereich). Außerhalb des Bauschutzbereiches bedarf es der Zustimmung der Luftfahrtbehörde bei Bauwerken ab 100 m, vgl. 14 I LuftVG. Der Bauschutzbereich nach dem LuftVG dient als Vorlagegrenze für Bauwerke in der näheren Umgebung von Flug- und Landeplätzen. In allen genannten Bereichen bedarf es der Zustimmung der zuständigen Luftfahrtbehörde für die Genehmigung von Bauwerken auf der Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme der Flugsicherheitsorganisation. Für den zivilen Bereich wird die Stellungnahme durch die Deutsche Flugsicherung (DFS) und für den militärischen Bereich bis 100 m durch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen abgegeben, ab 100 m wieder die DFS. 1 Vgl. www.wind-energie.de/sites/default/files/attachments/page/arbeitskreis-luftverkehr-und-radar/20131107-bwe-umfrage-radar.pdf 2

Die beschriebenen Bauschutzbereiche stellen kein absolutes Ausschlusskriterium bei der Planung und dem Bau von WEA dar. Die Errichtung ist vom Einzelfall abhängig und auch innerhalb des Bauschutzbereiches tatsächlich und rechtlich möglich (vgl. Urteil des OVG Weimar Az.: 6 K 3085/03, 14.06.2006). Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs durch die WEA hervorgerufen wird. Des Weiteren ist auch die Errichtung von WEA in der Nähe von Flugsicherungseinrichtungen wie Radar- oder Funknavigationsanlagen gesetzlich geregelt. Gemäß 18a I LuftVG dürfen Bauwerke nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) entscheidet auf der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der DFS, ob durch Errichtung von WEA die Flugsicherungseinrichtungen gestört werden. Wann eine Störung vorliegt wurde bereits von einigen Gerichten dargelegt. Für ein Bauverbot zum Zwecke der Abwehr von Gefahren für den Luftverkehr reiche nicht jede Beeinträchtigung aus. Vielmehr sei erforderlich, dass unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr die Beeinträchtigung der Flugsicherung nicht mehr hinnehmbar sei. Dies sei vor allem nicht schon dann der Fall, wenn in überschaubarer Zukunft nur hypothetisch mit einem Schadenseintritt zu rechnen sei. Notwendig sei, dass ein solcher Schadenseintritt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne (VG Aachen, Urteil vom 24.07.2013 Az.: 6K 248/09; Beschluss vom VG Hannover Az.: 12 B 3465/10). Nach der aktuellen Rechtsprechung des VG Aachen Az 6 K 248/09 wird eine Notwendigkeit einer luftfahrtbetrieblichen Relation der festgestellten technischen/funktionellen Auswirkungen von WEA auf Flugsicherungseinrichtungen gefordert. Nach dieser Rechtsprechung findet eine zweistufige Prüfung statt. Auf der ersten Stufe erfolgt die Feststellung einer technischen Beeinträchtigung der Funktionsweise einer Flugsicherungseinrichtung. Auf der zweiten Stufe findet eine flugbetriebliche relative Bewertung dahingehend statt, ob diese Funktionsbeeinträchtigung zu einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts führt. 2. Problematik Drehfunkfeuer VOR/DVOR Ein Drehfunkfeuer ist ein Funkfeuer für die Luftfahrtnavigation. Es sendet ein spezielles Funksignal aus, dem ein Empfänger im Flugzeug die Richtung zum Funkfeuer entnehmen kann. Das eigentliche VOR ist die Bodenstation, deren Signal vom VOR-Empfänger im Flugzeug ausgewertet und als Richtungsinformation auf einem Anzeigegerät abgelesen werden kann. Der Unterschied zwischen DVOR und VOR- Anlagen liegt in der Form der Erzeugung des Signals. Ein DVOR-Sender ist typischerweise zwei- bis dreimal genauer als ein herkömmlicher VOR-Sender. Durch VOR/DVOR erfolgt die Navigation von Flugzeugen neben der Nutzung von Satelliten und bordeigenen Kreiselplattformen. Gesetzliche Grundlage für Störungen des Drehfunkfeuers ist der 18a LuftVG. Die Ermittlung ob und wie sich die WEA negativ auf das Drehfunkfeuer auswirken kann, erfolgt nach den internationalen 3

Maßgaben der ICAO (International Civil Aviation Organization, EUR DOC 015 - Europäisches Anleitungsmaterial zum Umgang mit Anlagenschutzbereichen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation). Hier werden Anlagenschutzbereiche empfohlen, innerhalb derer eine Prüfung der potenziellen Störungen durch Windenergieanlagen durchgeführt werden soll. Dabei geht es technisch um Winkelfehler, welche auf Grundlage des ICAO-Dokuments 8071 i.v.m. ICAO Annex 10 einen Wert von 3,5 an Winkelablage nicht erreichen sollen. Wenn festgestellt wird, dass eine nicht hinnehmbare Störung der Drehfunkfeuer vorliegt, spricht das BAF keine Zustimmung aus. Die Schutzzonen um die Standorte der Drehfunkfeuer wurden 2009 in einer ICAO-Empfehlung von 3 km auf 15 km ausgeweitet. Dieses Problem führt zu massiven Planungshindernissen. Die Auswirkungen von WEA auf VOR-Anlagen sind schwer zu beurteilen. Insbesondere handelt es sich bei dem VOR/DVOR um eine veraltete Technik, die in der Zukunft durch Satellitennavigation abgelöst wird. Zudem ist äußerst fraglich, ob und welche Bindungswirkung die Vorgabe des EUR DOC O15 und DOC 8071 (i.v.m. Annex 10) der ICAO entfalten. Durch die Ausweitung der Prüfzonen wird zunehmend bei bereits ausgewiesenen Windeignungsgebieten die Genehmigung versagt. Die DFS betont, dass innerhalb des 15 km Radius die Situation im Einzelfall bewertet wird. Es handele sich hierbei nicht um Mindestabstände. Vielmehr seien Standort, Höhe und Menge der WEA ausschlaggebend und werde im Einzelfall geprüft. Die neuerlichen Genehmigungsanträge würden nicht pauschal abgelehnt, vielmehr sei das Umfeld von Flugsicherungseinrichtungen bereits schon so umfangreich bebaut, dass es zu negativen gutachterlichen Stellungnahmen komme. Aus Sicherheitsgründen könne rund um die bundesweiten 64 Drehfunkfeuer, in den international empfohlenen 15 km Schutzzonen, nur noch in genehmigten Ausnahmefällen neue WEA errichtet werden. Darüber hinaus weist die DFS daraufhin, dass eine Nutzungseinschränkung für Anlagen außerhalb der 15 km Schutzzone angeordnet werden kann, wenn ein Störbeitrag von der WEA ausgeht. Das BAF trägt ferner vor, an die Vorgaben der ICAO gebunden zu sein. Eine Bindungswirkung an die Vorgaben der ICAO ist jedoch bis heute rechtlich nicht geklärt. 2.1. Stand der Gutachten Es liegen mittlerweile zwei Gutachten vor: 2.1.2. Gutachten zur Interaktion zwischen Windenergieanlagen und dem DVOR Michaelsdorf Auftraggeber: Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig- Holstein (LLUR), Auftragnehmer: Flight Calibration Services, Dr. Ing. Jochen Bredemeyer, Abschlussbericht: März 2014. In dem Gutachten wurde das etwaige Störpotenzial von Windenergieanlagen auf das DVOR Michaelsdorf untersucht. 4

Ergebnisse: Die am stärksten fehlerbehafteten Winkelbereiche sind eindeutig auf Störungen im Nahfeld zurückzuführen und keinesfalls auf WEA. Störungen durch die Rotorbewegung sind selbst in unmittelbarer Nähe der WEA nicht nachweisbar. Außerhalb des 3 km-radius ist eine Störwirkung von Windkraftanlagen nicht zu erwarten. Von einer rein statistischen Betrachtung des Problems, insbesondere auch von der Prognose des Störpotenzials durch Simulation, wie sie zurzeit durchgeführt wird, wird dringend abgeraten. Die Ergebnisse lassen sich nicht ohne weiteres auf andere DVOR übertragen. Hier bedarf es zusätzlicher weiterer Untersuchungen. 2.1.2 Flugsicherheitsanalyse der Wechselwirkungen von Windenergieanlagen und Funknavigationshilfen DVOR/VOR der Deutschen Flugsicherung GmbH Auftraggeber: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, mit Beteiligung der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen. Verfasser: TU Berlin, Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hüttig, Prof. Dr. jur. Elmar Giemulla, Abschlussbericht Juni 2014. 2 Die Studie sollte klären, ob Störungen (Winkelfehler) der Funktionalität von Drehfunkfeuern möglicherweise hervorgerufen durch Windkraftanlagen - Einfluss auf den operativen Betrieb der Luftfahrt haben. Ferner soll der luftrechtliche Rahmen für die Genehmigung der Errichtung von WEA dargestellt und bewertet werden. Ergebnisse: Windräder haben außerhalb des alten Schutzradius von drei Kilometern grundsätzlich keine nachweisbaren Störwirkungen auf die Navigationsanlagen. Die Entscheidung nach 18 a der BAF sei für die Genehmigungsbehörde verbindlich, sie hat hier einen Beurteilungsspielraum. Es werde nur geprüft, ob Abwägungsfehler etc. vorliegen. Die aktuelle Simulations- und Bewertungsmethode der DFS zur Beurteilung der Störbeiträge ist allerdings durch das technische Gutachten widerlegt und entspricht nicht mehr der Realität. Auf Grund des Rückgangs der Verwendung von konventionellen Funknavigationsverfahren nimmt die Bedeutung von Drehfunkfeuern ab. Es wird nur noch ein reduziertes Netz an Drehfunkfeuern benötigt. 2 Vgl. www.schleswigholstein.de/melur/de/service/presse/pi/2014/0614/melur_140604_gutachten_windenergie.html 5

2.2. Stand Gerichtsverfahren Beschluss des Verwaltungsgericht Oldenburg vom 5.2.2014, Az.: 5 B 6430/13) Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat einen Eilantrag der DFS abgelehnt, der sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von fünf WEA wegen vermeintlichen Verstoßes gegen 18a LuftVG richtete. Die Kammer gelangte zu dem Ergebnis, dass keine der von der DFS (und auch vom BAF) aufgestellten Behauptungen überzeugend sind. Die Entscheidung des BAF nach 18a LuftVG ist für die Genehmigungsbehörde nicht bindend. Weder die DFS noch das BAF haben im Hinblick auf 18a LuftVG eine Einschätzungsprärogative. Wer eine Störung einer Flugsicherungseinrichtung geltend macht, muss darlegen und nachweisen, dass eine Funktionsbeeinträchtigung stattfindet und diese auch luftfahrtbetrieblich relevant ist. Gegen den Beschluss des VG Oldenburg liegt eine Beschwerde beim OVG Lüneburg. 2.3. Stand Politik Die Umweltministerkonferenz hat am 15. Oktober 2013 in Erfurt einstimmig für geboten erklärt, die angelaufenen Gespräche zwischen BAF sowie DFS und den Ländern zu intensivieren. Ziel der Gespräche sollte ein Konzept sein, mit dem bei Aufrechterhaltung der Flugsicherheit weitere Möglichkeiten zum Ausbau der Windenergie eröffnet werden. 3 Die DFS lässt zurzeit die beiden von Schleswig-Holstein vorgelegten Gutachten seinerseits überprüfen, zum einen durch die Universität in Ohio, und zum anderen durch die ENAC (Ecole Nationale de Aviation Civil - Fachhochschule der Flugsicherung in Frankreich). Beide Bewertungen werden Ende Juli 2014 vorliegen. 3. Belange der militärischen Flugsicherung Im Bereich der militärischen Flugsicherung gelten ebenfalls die Vorschriften des LuftVG. Gemäß 30 II LuftVG werden die Verwaltungszuständigkeiten durch die Dienststellen der Bundeswehr wahrgenommen. Für militärische Flugplätze der Bundeswehr ist das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr zuständig. 3 Vgl. www.umweltministerkonferenz.de/documents/gesamt_umk_2.pdf 6

Auch im Bereich der militärischen Flugsicherung und im Bereich der Landesverteidigung kommt es dazu, dass WEA aufgrund ihrer Störwirkung auf Flugsicherungs- und Luftverteidigungsradare keine Zustimmung zur Errichtung erhalten haben. Grundlage für die einvernehmliche Lösung einer Vielzahl von Problemfällen ist die von der Bundeswehr schon seit langer Zeit akzeptierte zweistufige Prüfung. Wie zuletzt auch vom Verwaltungsgericht Aachen bestätigt und vom BWE seit langem gefordert, findet nicht nur eine rein technische Prüfung und Feststellung etwaiger Beeinträchtigungen der technischen Anlage militärische Flugsicherungsradaranlage statt. Vielmehr erfolgt durch die zuständige Behörde hier das Kommando Unterstützung Verbände Luftwaffe eine flugbetriebliche Überprüfung, ob und inwieweit eine etwaige Beeinträchtigung der Flugsicherungsradaranlage unter flugbetrieblichen Gesichtspunkten hingenommen werden kann bzw. ob hier unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten mildere Mittel ergriffen werden können. Seine Grundlage findet diese Vorgehensweise in einem Erlass des Bundesverteidigungsministeriums vom Februar 2011. Die Bundeswehr zeigt sich sehr kooperativ mit dem BWE, um gemeinsam eine Lösung der Probleme zu finden. Die Bundeswehr hat eine Unterarbeitsgruppe Bundeswehr und Windenergie gegründet, in der an Konfliktlösungen gearbeitet wird. Es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht, um eine nicht hinnehmbare Störung zu vermeiden. Einschlägiges Urteile in diesem Konfliktfeld: VG Aachen Az.: 6K248/09 und Beschluss vom VG Hannover Az.: 12 B 3465/10. 4. Berücksichtigung der Belange des Deutschen Wetterdienstes Der Deutsche Wetterdienst setzt bei der Bewertung des Einflusses von WEA auf ihre Radarsysteme internationale Richtlinien der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der Vereinten Nationen um. Bei der Umsetzung forderte der DWD nach seinen Informationen zur Errichtung von Windenergieanlagen im Nahbereich der Messsysteme der Deutschen Wetterdienstes, dass der nähere Umkreis von 5 km um die Wetterradarstandorte frei von WEA zu halten ist. In einem Radius von 15 km gelten für WEA Höhenbeschränkungen, die jedoch überwiegend keine übliche WEA ermöglichen. Dementsprechend versagt der DWD sein Einverständnis bei Genehmigungen von WEA. Rechtliche Rahmenbedingung bezüglich des Wetterradars ist 35 III Nr. 8 BauGB. Danach liegt eine Beeinträchtigung dann vor, wenn die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen gestört werden. Eine Beeinträchtigung gilt es im Einzelfall zu prüfen und nicht pauschal vorherzusagen. Der DWD ist als Träger öffentlicher Belange im Rahmen der planungsrechtlichen Genehmigungsverfahren für den Bau und Betrieb von WEA zu beteiligen. 7

Nach der Darstellung des DWD sind seine 17 Wetterradarstandorte wichtig, weil nur Radare eine flächendeckende Niederschlagsmessung erlauben und eine optimale Wettervorhersage unterstützen. Im Gegensatz zu unbeweglichen Objekten könne der Einfluss von beweglichen Objekten nicht aus den Messwerten herausgerechnet werden, sodass falsche Niederschlagsignale für die Wettervorhersage erfolgen könnten. Die genauen Störwirkungen innerhalb des Interessenbereiches sind bisher nicht exakt bekannt, auch konnten eventuelle bzw. wahrscheinliche Schadenseintritte im Hinblick auf die Nutzung von DWD- Radaren bisher nicht nachgewiesen werden. Daher sind die Grenzen für die Vereinbarkeit von WEA einer bestimmten Höhe mit Wetterradaranlagen nicht nachvollziehbar. Für die Berechtigung des DWD einen bestimmten Schutzbereich zu fordern, fehlen Nachweise und Vorgaben. Aus dem Gesetz über den Deutschen Wetterdienst (DWD-Gesetz) ergibt sich keine Zuständigkeit für den Erlass von Regelungen mit Bindungswirkung für andere Behörden. Die vom DWD herausgegebenen Informationen zur Errichtung von Windenergieanlagen im Nahbereich der Messsysteme der Deutschen Wetterdienstes entfalten daher keinerlei Bindungswirkung und sind nicht als andere öffentlichrechtliche Vorschriften gem. 6 Abs.1 Nr. 2 BImSchG zu betrachten. 4.1. Stand Studien Zurzeit läuft die Studie Auswirkungen von WEA im Radarverbund des DWD, Auftraggeber DWD, Auftragnehmer Technische Universität Graz Institut für Hochfrequenztechnik In dieser Studie soll der Einfluss von WEA auf die Funktionsfähigkeit des Wetterradars unter Berücksichtigung verschiedener Entfernungen und Betriebszustände/Anlagenhöhen ermittelt werden. Dazu werden Daten an vier Standorten mit einem Umkreis von 30 km ausgewertet, um die tatsächlichen Störungen zu erfassen. Anhand von Radarbildern soll qualitativ dargestellt werden, wie sich einzelne WEA in den Radarprodukten des DWD darstellen. In einem letzten Schritt sollen Möglichkeiten der Problemminimierung zunächst zusammengestellt werden, ohne diese jedoch in diesem Schritt weiter zu verfolgen. Dem DWD würden für diese Studie Betriebsdaten von Windenergieanlagen sehr nützen. Die Studie soll bis Ende 2014 laufen. 4.2. Stand Gerichtsverfahren 4.2.1 VG Regensburg vom 17.10.2013, Az. RO 7 K 12.1702 Das VG Regensburg hat in der aktuellen Entscheidung bejaht, dass die Errichtung eine WEA den Betrieb des Wetterradarsystems beeinträchtigt. Dabei orientiert sich das Gericht an den allgemeinen Anforderungen des DWD. Die Anlage ist 11,5 km von dem Wetterradar geplant. Bei der Prüfung der 8

1. Stufe, ob das Radar durch ein Vorhaben tatsächlich technisch beeinflusst wird, ist dies als unstreitig aufgrund der vorgelegten technischen Unterlagen betrachtet worden. 4.2.2 OVG Rheinland Pfalz, Beschluss vom 04.07.2013 8 B 10565/13.OVG Das Verfahren ist zurzeit im Hauptsacheverfahren anhängig. In einem Beschluss wurde entschieden, dass kein Beurteilungsspielraum des DWD besteht. 5. Übergreifendes Forschungsvorhaben Weiterhin läuft noch eine grundsätzliche Studie, das Projekt WERAN - Wechselwirkung Windenergieanlagen Radar/Navigation, Auftraggeber: BMWI, Forschungsnehmer: physikalisch-technische Bundesanstalt Braunschweig und Berlin, Partner FCS GmbH, steep GmbH, Leibniz Universität Hannover. Weitere Partner: DFS und DWD, Laufzeit September 2013 - September 2016 Ziel des Vorhabens: Erzielung einer besseren Vorhersagbarkeit der Störwirkung von Windenergieanlagen auf Übertragungskanäle von Radarsystemen und terrestrischen Funknavigationsanlagen. Dies soll die technisch-wissenschaftliche Grundlage für einen transparenten, nachvollziehbaren und objektiven Genehmigungsprozess von Windenergieanlagen liefern. Bestandteil des Vorhabens ist, die Ergebnisse der in diesem Umfeld tätigen Sachverständigen in einem Ringvergleich einer Referenz gegenüberzustellen. 6. Der Bundesverband WindEnergie fordert Ein wissenschaftlich nachgewiesenes und transparentes Bewertungssystem sowie nachvollziehbare Entscheidungen der Behörden Das Erfordernis eines Nachweises der konkreten Gefahr bei verkehrsrechtlichen Belangen Die Unterstützung der Bundesregierung bei den von uns angestoßenen Dialog mit allen Beteiligten, um diesen schnell und effizient voranzubringen und gemeinsam praktische Lösungen zu erarbeiten Berlin, Juli 2014 9

Ansprechpartnerin: Sonja Hemke Abteilungsleiterin Fachgremien Bundesverband WindEnergie e.v. (BWE) Neustädtische Kirchstraße 6 10117 Berlin T +49 (0)30 / 212341-127 s.hemke@wind-energie.de 10