Wasserstoff aus Elektrolyse ein technologischer Vergleich der alkalischen und PEM Wasserelektrolyse Derzeit wird Wasserstoff vor allem in der chemischen Industrie als Ausgangsstoff verwendet und zum überwiegenden Teil durch Reformierung von Erdgas/Erdöl in Raffinerien gewonnen. Die Elemente Wasserstoff und Sauerstoff können aber auch durch Wasserelektrolyse in einer Elektrolyse Einheit gewonnen werden. Aus ökonomischen Gründen hat sich diese Methode bisher nur da durchgesetzt, wo extrem kostengünstiger Strom, z. B. aus Wasserkraft, zur Verfügung steht. Deshalb wird heutzutage nur weniger als 1 % des weltweiten Wasserstoffbedarfs mittels elektrolytischer Wasserspaltung gedeckt. Durch die Verknappung fossiler Energieträger ist jedoch zu erwarten, dass zukünftig die Wasserelektrolyse zur Gewinnung von Wasserstoff als chemischen Grundstoff und auch als Energieträger an Bedeutung gewinnen wird. Das Prinzip der Wasserelektrolyse ist seit über 200 Jahren bekannt und wird in Form der alkalischen Elektrolyse seit vielen Jahrzehnten in der Industrie eingesetzt. In einer alkalischen Elektrolysezelle wird eine ca. 25 prozentige Kalilauge als Elektrolyt auf der Anode und Kathode im Kreis gepumpt und dabei eine Spannung an der Zelle angelegt, so dass auf der Kathode reiner Wasserstoff und an der Anode reiner Sauerstoff entsteht. Beide Halbzellen sind durch ein für OH Ionen durchlässiges Diaphragma voneinander getrennt. Als Elektroden werden meistens vernickelte Eisenbleche oder Drahtnetze eingesetzt, deren Oberfläche aktiviert bzw. vergrößert ist. Alkalische Elektrolyse ist Stand der Technik und wird von verschiedenen Herstellern mit H 2 Produktionsraten von bis zu mehreren Hundert Standard Normkubikmetern pro Stunde angeboten. T. Smolinka Fraunhofer ISE 79110 Freiburg tom.smolinka@ ise.fraunhofer.de Gewinnung von Wasserstoff Jahresproduktion: 600 Mrd Nm³ Wasserstoff weltweit Entspricht 1,5% des Weltenergieverbrauches Erzeugung hauptsächlich durch Reformierung von Erdgas in Raffinerien Dampfreformierung (Partielle Oxidation) (Autotherme Reformierung) Derzeit nur << 1% durch Wasserelektrolyse Linde Anlage zur H2 Gewinnung, Leuna 67
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Heutige Verwendung des Wasserstoffs Vor allem industrielle Nutzung! Ammoniaksynthese (Düngemittel, Sprengstoff) Methanolsynthese Schwerölhydrierung (Kohlehydrierung) Mineralölverarbeitung (Hydrocracking) Reduktionsmittel (Verhütung von Erzen) Fetthärtung (Magarineherstellung) Raketentreibstoff, Schweißen, Brennstoffzellen Elektrolytische Wasserspaltung Chance der CO 2 neutralen Wasserstoffgewinnung Um 1800 vom deutschen Chemiker Johann Wilhelm Ritter nachgewiesen 3 prinzipielle Verfahren möglich: Alkalische Elektrolyse Elektrolyse im sauren Medium (PEM Elektrolyse) (SPE water electrolysis) Wasserdampfelektrolyse (Hochtemperaturelektrolyse) (SOEC, analog zur SOFC) Johann Wilhelm Ritter (1776 1810) 68
Thermodynamik der Wasserspaltung Temperaturabhängigkeit der Standardwerte Aufbau einer alkalischen Elektrolysezelle 69
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Funktionsprinzip der alkalischen Elektrolyse Kathodenreaktion: 2H 2 O + 2e H 2 + 2OH Anodenreaktion: 2OH O 2 + H 2 O + 2e Gesamtreaktion: 2H 2 O 2H 2 + O 2 Kalilauge als basischer Elektrolyt OH durchlässiges Diaphragma Diaphragma Elektroden Anordnung Membran: (asbesthaltig) Nickeloxid auf Ni Gerüst ZrO 2 auf Polymer Anode: Legierung aus Ni Co Fe Raney Nickel (Ni Al) O 2 H 2 perforierte Platten Elektroden Kathode: Ni Pt/C 1mm Gasblasen 0,5mm schematische Stromlinienverteilung Zero gap Zellanordnung a 0,4 Diaphragma b c Quelle: Fischer, Chemie Ingenieur Technik 61 (1989) 70
Einfluss der Temperatur Kennlinie einer alkalischen Elektrolysezelle Kennlinie @ 1 atm Quelle: DLR, Inst. Techn Thermodynamik, HYSOLAR Solar Projekt Meist bipolarer Aufbau Atmosphärisch Stackdesign alkalischer Elektrolyseur 7 30 bar ( 200 bar) Aktive Fläche bis 2,5 m² 200 400 ma/cm² Explosionszeichnung Lurgi Elektrolyseur (Quelle: Winter/Nitsch, 1986) 71
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Systemdesign alkalischer Elektrolyseur Quelle: Norsk Hydro Laugenkonzentration 25% KOH (20 40%) Betriebstemperatur: < 80 C Reinheit: > 99,7% (vor Gasreinigung) Minimaler Teillastbereich: 20 25% Realisierte Anlagen alkalischer Elektrolyseure Kommerziell erhältlich in einer Bandbreite von 1 760 Nm³/h ca. 5 kw el 3,4 MW el Druck Elektrolyseur von SAGIM Größere Anlagen: Parallelbetrieb mehrerer Einheiten Assuan Staudamm / Ägypten: 156 MW el (33000 Nm³/h), drucklos Cuzco / Peru: 22 MW el (4700 Nm³/h), Druckbetrieb Atm. Elektrolyseur von Norsk Hydro 72
Größere Anlagen arbeiten effektiver Ab ca. 20 Nm³/h: kaum noch Effizienzsteigerung Energieverbrauch alkalischer Elektrolyseure Drucklose Systeme: 4,1 4,5 kwh/nm³ Wirkungsgrad: > 80% Druckelektrolyseure: 4,5 5,0 kwh/nm³ * Wirkungsgrad: < 78% * Für Anlagen > 10 Nm³/h Wird eine beidseitig mit einem Katalysator beschichtete semipermeable Membran eines perfluorierten Polymers mit Sulfongruppen in den Seitenketten als Festelektrolyt eingesetzt, kann auf die Kalilauge verzichtet und als Elektrolyt reines Wasser verwendet werden. Diese Technologie im sauren Medium wird in Analogie zu den PEM Brennstoffzellen auch als PEM Wasserelektrolyse bezeichnet. PEM Elektrolyseure weisen einen einfacheren Systemaufbau auf (kein gepumpter Kalilaugen Kreislauf), zudem können die Zellen mit deutlich höheren Stromdichten und Wirkungsgraden betrieben werden. Allerdings bedingen die stark korrosiven Verhältnisse in der Zelle den Einsatz teurer Materialien, so dass sich diese Technologie eher im kleinen Leistungsbereich mit H 2 Produktionsraten << 10 Nm 3 /h etabliert hat. Dadurch konnten die guten Zellwirkungsgrade bisher noch nicht auf das Systemlevel übertragen werden. Durch die schnelle Entwicklung der PEM Technologie wird aber in Zukunft mit erheblichen Fortschritten gerechnet. 73
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Aufbau einer PEM Elektrolysezelle Kathode Anode Funktionsprinzip der PEM Elektrolyse Anodenreaktion: H 2 O 0,5 O 2 + 2H + +2e Kathodenreaktion: 2H + + 2e H 2 Gesamtreaktion: H 2 O H 2 + 0,5 O 2 Protonen leitende Membran 74
Membran Elektroden Einheit (MEA) ~180 µm Querschnitt einer MEA (Fraunhofer ISE) ~35 µm Membran: Nafion 117 Dicke: ~ 180 mm Beidseitig beschichtet mit Edelmetall Katalysatoren Kathode: Pt (2,0 mg/cm²) Anode: Ir (2,0 mg/cm²) Beladungen von 1 8 mg/cm² möglich Einfluss der Temperatur Kennlinie einer PEM Elektrolysezelle 75
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Alternative Katalysatoren für die Anode Stackdesign PEM Elektrolyseur Fraunhofer ISE Giner Proton Fraunhofer ISE Fraunhofer ISE Korrosionsresistente Bipolarplatten Titan beschichteter Edelstahl Kunststoffe (leitfähig oder monopolar) Druckfeste Auslegung bis ca. 200 bar realisiert 600 1000 ma/cm² Teilweise Einsatz von Einzellzellen 76
Zirkulationspumpen für DI Wasser Systemdesign PEM Elektrolyseur (allgemein) Gasabscheider Tropfenfeinabscheider Druckhalteventile Wärmetauscher Betriebstemperatur: < 80 C Reinheit: ~ 99,9% (vor Gasreinigung) Teillastbereich prinzipiell nicht beschränkt Systemdesign PEM Elektrolyseur (Niederdruck) 77
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Kommerzielle PEM Elektrolyseure Proton Schmidlin Deutlich geringerer Leistungsbereich als alkalische Systeme: 100 Nml/min 10 Nm³/h ca. 100 W el 50 kw el Laborgeräte, Schweißgeräte, Befüllstation für Wetterballons, BZ Anwendungen Demonstrationsanlagen Größere Systeme auf dem Weg zur Marktreife bis ca. 30 Nm³/h Fumatech Hydro Energieverbrauch PEM Elektrolyseure Kleine Anlagen häufig nicht optimiert Guter Zellwirkungsgrad der PEM Elektrolyseure bisher nicht auf Systemebene übertragen Neuere Entwicklungen zeigen deutlich höhere Effizienz Wirkungsgrad > 80% (Prototypen) 78
Das energieautarke Solarhaus Freiburg die Anfänge der F&E Aktivitäten auf dem Gebiet der PEM Elektrolyse am Fraunhofer ISE Beginn: Ende der Achziger Demonstrationsbetrieb: 1993 1995 Komplette Wassserstoffkette bestehend aus Elektrolyseur Druckspeicher Brennstoffzelle 30 bar/2 kw el PEM Druckelektrolyseur (Eigenentwicklung) Schaltung von gaschromen Fenstern Sonderanwendung für kleine Elektrolyseure Wasserstoff und Sauerstoff strömen abwechselnd durch beschichtete Doppelglasscheibe Komplettes System zur Integration in einen Fensterrahmen Färbung durch sogenanntes Preußenblau (hier: dunkel) zur Verschattung bei Erhaltung der Transmission 79
Tom Smolinka Wasserstoff aus Elektrolyse ein techniologischer Vergleich Befüllstation für portable Metallhydridspeicher Neuartiges Stackdesign mit kostengünstigen Spritzguss Platten Erzeugung von 4.0 Wasserstoff @ 10 bar_g Wasserstoffproduktionsrate: ca. 100 Nl/h Komplett automatisiertes System Vergleich beider Technologien 80
Entwickler von Elektrolysesystemen Zusammenfassung Die alkalische Wasserelektrolyse ist technisch ausgereift, langlebig und zuverlässig und wird seit mehr als 80 Jahren in der chem. Industrie eingesetzt Die PEM Elektrolyse ist eine vergleichsweise junge Technologie mit entsprechend hohem F&E Potenzial Alkalische Elektrolyseure erreichen Produktionsraten bis zu mehreren 100 Nm³/h und Wirkungsgrade > 80% Wasserstoffspeicherung für Fetthärtung 1923 Kommerzielle PEM Elektrolyseure arbeiten in einem deutlich kleinerem Leistungsbereich (bis 10 Nm³/h) Hohe Zellwirkungsgrad von PEM Elektrolyseuren (bis 95%) erst in Prototypen auf Systemlevel übertragen 81