Weinfelder. Predigt. Das Wichtigste gesehen. Januar 2014 Nr Lukas 2, 25-32

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Transkript:

Weinfelder Januar 2014 Nr. 750 Predigt Das Wichtigste gesehen Lukas 2, 25-32 von Pfr. Richard Häberlin gehalten am 29. Dez. 2013

Lukas 2, 25-32: Und da war in Jerusalem einer mit Namen Simeon, und dieser Mann war gerecht und gottesfürchtig; er wartete auf den Trost Israels, und der heilige Geist ruhte auf ihm. Ihm war vom heiligen Geist geweissagt worden, er werde den Tod nicht schauen, bevor er den Gesalbten des Herrn gesehen habe. Nun kam er, vom Geist geführt, in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um an ihm zu tun, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, da nahm er es auf die Arme und pries Gott und sprach: Nun lässt du deinen Diener gehen, Herr, in Frieden, wie du gesagt hast, denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor den Augen aller Völker bereitet hast, ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel. Liebe Gemeinde, Gegen Ende des Jahres wird zurückgeschaut. Im Fernsehen z.b. werden uns nochmals die Bilder des Jahres präsentiert. Wir werden nochmals konfrontiert mit wichtigen Ereignissen und eindrücklichen Szenen aus dem vergangenen Jahr. Auch persönliche Jahresrückblicke haben Tradition. Verschiedene Freunde von uns schicken uns jeweils ihre Weihnachtsbriefe, in denen steht, was jedes Familienmitglied (inkl. Katze, Hund oder Hamster) erlebt hat in den vergangenen 12 Monaten. Wenn ich mein eigenes Leben Revue passieren lasse, dann könnte ich mir heute die Frage stellen: Seite 2

Habe ich in diesem Jahr, das jetzt zu Ende geht, gesehen, was ich wollte? Habe ich meine Vorsätze umgesetzt? Habe ich mir jenen Wunsch erfüllt, der auf meiner Liste gestanden ist? Und aus Sicht eines älteren Menschen könnte sogar die Frage im Raum stehen: Habe ich das Wichtigste gesehen in meinem Leben? Ich denke hierbei an eine alte Frau, die bei einem Routineuntersuch überraschend mit einer Krebsdiagnose konfrontiert worden ist. Die Ärzte haben ihr noch wenige Wochen zu leben gegeben. Einen Wunsch hat diese Frau aber noch gehabt: Die Trauung ihrer Enkelin, die im Ausland lebt, noch mitzuerleben. Dank grosser Hilfe von Seiten der Familie konnte ihr dieser Wunsch noch ermöglicht werden. Sie hat kurz vor ihrem Tod sehen dürfen, wie ihre Familie nochmals vereint war anlässlich dieser Hochzeit. Kurze Zeit später durfte sie sterben Wenn ich am Abend meines Lebens angelangt bin: Was würde ich da wollen erwähnen können? Im Sinne von: Das habe ich noch sehen dürfen! Manche wollen möglichst alle Erdteile bereist haben und die Welt gesehen haben. Andere möchten gerne sehen, wie ihre Kinder oder auch Grosskinder gut aufwachsen und ihren Weg machen; dass etwas aus ihnen geworden ist. Wieder andere möchten sehen, dass sie selber und was sie geleistet haben, auch geschätzt und gewürdigt wird und Spuren hinterlassen hat. In unserem Predigttext ist von einem Mann die Rede, der nicht sterben wollte, ohne vorher etwas ganz Bestimmtes gesehen zu haben. Er wollte Jesus, den versprochenen Messias, sehen. Das war für ihn die Vision seines Lebens, sein grösster Herzenswunsch. Seite 3

Dieser alte Simeon ist für mich ein Vorbild im Glauben. An ihm wird für mich fassbar, worum es im Glauben geht. Drei Aspekte erkenne ich in diesem Text: Warten Sehen Gehen. I. Warten Da war in Jerusalem einer mit Namen Simeon, und dieser Mann war gerecht und gottesfürchtig; er wartete auf den Trost Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm. (V.25) Wir erfahren hier nicht, wie lange Simeon schon gewartet hat: Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte Dieser Ausdruck Er wartete auf den Trost Israels will sagen, dass er zu jenen gehörte, die ihre Hoffnung auf den lang versprochenen und ersehnten Messias noch nicht aufgegeben hatten. Schon seit Jahrhunderten hatte das Volk Israel auf den verheissenen Befreier gewartet. Und nicht wenige hatten diese Hoffnung schon lange begraben Nicht wahr, liebe Gemeinde, wenn etwas lang Ersehntes einfach nicht eintrifft, hat das oft eine innere Abstumpfung zur Folge. Das Warten ist dann nicht mehr wirklich ein aktives, gespanntes Warten, sondern mehr so eine Art heilige Tradition. Man macht diese Tradition mit, spricht die entsprechenden Worte, nimmt an den jeweiligen Anlässen teil. Aber dieser religiöse Akt ist irgendwie blutleer, ohne innere Beteiligung. Das heilige Feuer im Innersten brennt nicht mehr. Das Glaubensleben erschöpft sich in der Befriedigung der religiösen Bedürfnisse: Das Unservatergebet spricht man mit, weil es halt dazu gehört. Die Taufe und die Konfirmation feiert man, weil es eine gute kirchliche Tradition ist. Seite 4

Das Abendmahl nimmt man zu sich, weil es die Kirchenordnung so vorschreibt und nicht unbedingt, weil es einem ein tiefes Bedürfnis nach Vergebung und Vergewisserung im Glauben ist. Ganz abgesehen von bestimmten biblischen Verheissungen, wie z.b. die Wiederkunft Jesu am Ende der Zeit, die mit ein paar theologischen Tricks in der Bedeutungslosigkeit versenkt wird. Auch der alte Simeon hätte sicher manchen Grund gehabt, sein Warten auf den Trost Israels aufzugeben und stattdessen sein Leben noch in vollen Zügen zu geniessen. Was ihn davon abgehalten hat, ist in der Bemerkung des Evangelisten Lukas zu erfahren, wenn er schreibt: Und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Das ist allerdings nicht die einzige Erwähnung des Heiligen Geistes. Sondern unmittelbar nachher lesen wir: Ihm war vom Heiligen Geist geweissagt worden, er werde den Tod nicht schauen, bevor er den Gesalbten des Herrn gesehen habe. Und weiter: Er kam, vom Geist geführt, in den Tempel. Diese dreifache Erwähnung des Heiligen Geistes im Glaubensleben des Simeon zeigt, dass er bis ins hohe Alter geistlich wach geblieben ist. Es war ihm ein Herzensanliegen, sich vom Geist Gottes leiten und führen zu lassen. Simeon hat Gott täglich darum gebeten, dass Er ihn an jene Orte und zu jenen Menschen leitet und führt, wo aus Gottes Sicht eine wegweisende Begegnung dran ist. Die Bibel fordert die Glaubenden immer wieder auf, aufzuwachen, wach zu bleiben, aufmerksam zu werden für das Reden Gottes. Seite 5

Es gibt im geistlichen Leben eine Schläfrigkeit, die es verhindert, die zarten Impulse des Heiligen Geistes wahrzunehmen. Im Lied Sonne der Gerechtigkeit heisst es einmal, als Gebet formuliert: Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit, dass sie deine Stimme hört, sich zu deinem Wort bekehrt (RG 795). Wenn Simeon nicht auf diese feine Stimme Gottes in seinem Herzen geachtet hätte, hätte er den Messias nicht zu sehen bekommen, denn es heisst ja: Er kam auf Anregen des Geistes in den Tempel. Auf Anregen des Geistes : Das ist das Geheimnis in einem Christenleben! Warten, bis der Geist Gottes Impulse gibt und dann (aber wirklich erst dann; dann aber auf jeden Fall) handeln. Ein solcher Wink des Geistes kann z.b. sein, dass ich plötzlich den Gedanken bekomme, eine bestimmte Person anzurufen. Oder dass ich den Impuls spüre, eine Aufgabe anzunehmen oder vielleicht auch das Gegenteil: Eine Aufgabe abzugeben. Der Heilige Geist redet ganz individuell. Entscheidend ist nur, dass ich hörbereit bin. Diese Form von Warten als offene Hörbereitschaft gegenüber Gott und seinem Wort ist der erste Ausdruck des Glaubens. Das Warten führt dann aber zum zweiten: II. Sehen Meine Augen haben dein Heil gesehen. Von Natur aus sehen wir Menschen nur das, was vor unseren Augen ist. Ich glaube nur, was ich sehe, sagt deshalb der Skeptiker. Um aber zu sehen, was uns von Gott geschenkt ist, braucht es andere Augen und einen anderen Geist: Den Geist von Gott her. Seite 6

Nur weil Simeon dem Heiligen Geist in seinem Herzen Raum gegeben hat, ist es erklärbar, dass er in diesem kleinen Kind auf seinen Armen dann auch den Gesalbten und Messias erkennt. Der Geist hat ihm schon vor längerer Zeit das Versprechen gegeben, dass er ihn sehen werde. Dann, eines Tages, führt er ihn in den Tempel. Und jetzt genau jetzt ist der Zeitpunkt da, wo Simeon offene Herzensaugen hat für dieses Kind, das für ihn, für sein Volk und für alle, die das wollen, zum Erlöser wird. Diese offenen Augen, liebe Gemeinde, dürfen wir erbitten, dass auch wir in unserem Leben Jesus sehen und ihm begegnen. Da nahm Simeon das Kind auf die Arme und pries Gott. Schöner kann man sich diesen Moment gar nicht vorstellen! Dieser alte, bald sterbende Mann nimmt das Neugeborene auf seine Arme und damit an sein Herz. Als ob er mit seinem Körper sagen möchte: Ich habe dich in mein Herz geschlossen! Ich habe das Heil, das Gott auch mir bereitet hat, angenommen und aufgenommen. Ich habe Heilsgewissheit. Nicht Heils-Sicherheit, aber Heils-Gewissheit. Ich darf gewiss sein, dass ich zu denen gehöre, von denen es in der Bergpredigt heisst: Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. (Matth. 5,8) Nachdem Simeon Jesus gesehen und ins Herz geschlossen hat, kann er jetzt auch loslassen und von dieser Welt gehen: III. Gehen Nun lässt du deinen Diener gehen, Herr, in Frieden, wie du gesagt hast. Seite 7

Simeon ist angekommen. Er hat das Wichtigste gefunden. Gott hat wahr gemacht, was schon in seinem Namen ausgedrückt ist: Simeon Gott hat erhört. Nun lässt du deinen Diener gehen, Herr, in Frieden. Könnte auch ich heute so beten? Wäre ich bereit, zu gehen, wenn es sein müsste? Hat meine Sehnsucht Frieden gefunden? Habe ich das Heil, das Gott mir bereitet hat, gesehen? Bei den Benediktinern werden seit dem 8. Jahrhundert im Stundengebet an jedem Abend vor dem Ins-Bett- Gehen genau diese Worte gebetet, auf lateinisch: Nunc dimittis Nun lässt du mich gehen, Herr! Diese Mönche schauen wie Simeon auf Jesus und wissen: Mehr kann ein Mensch nicht sehen in seinem Leben als Jesus, seinen Retter. Es gibt nichts Grösseres, als wenn ich Ihn wie ein Kind an mein Herz gedrückt habe. Liebe Gemeinde, sicher haben Sie schon beobachtet (oder selber erlebt), was für ein Glück in den Augen eines Grossvaters oder einer Grossmutter leuchtet, wenn er resp. sie ihr Enkelkind ans Herz drücken? Das ist wie 2 mal Weihnachten und wahrscheinlich noch viel mehr. Ich kann es nicht genau sagen: Ich selber bin leider resp. im Moment: zum Glück noch nicht Grossvater Aber mit Simeon und zugleich mit den Worten der neuen Jahreslosung 2014 kann ich bezeugen: Gott nahe zu sein ist mein Glück (Psalm 73,28). Amen. Seite 8