Eine Landschaft verändert ihr Gesicht

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Transkript:

Eine Landschaft verändert ihr Gesicht Hautnah von Diether Valk Am 2. November 1953 bekam ich als Junglehrer meine erste Stelle an der Katholischen Volksschule Fronhoven-Langendorf. Die beiden Orte gehörten politisch zur Gemeinde Lohn und kirchlich zur Pfarre Lohn (dem Kirchspiel Lohn). Es gab zwei selbständige Schulen: eine in Lohn und eine mit zwei Gebäuden in Fronhoven und Langendorf. Es gab zwei Kirchen: die Pfarrkirche in Lohn und die Filialkirche in Fronhoven. Kirche in Fronhoven 1956 Abriss der Kirche im April 1974 Schule in Fronhoven 1956 1

Da sich mein bisheriges Leben in ganz anderen Landschaften abgespielt hatte, war die neue Umgebung für mich alles andere als einladend: kein Bach, kein Wald, kein Berg; nur Wiesen, Rüben- und Weizenfelder. Das einzige beliebte Ausflugziel der Schüler war das kleine Patterner Wäldchen. Neben den fruchtbaren Lössböden der Jülicher Börde, auf denen Weizen und Zuckerrüben prächtig gediehen, gab es noch einen anderen Bodenschatz: die Braunkohle. Sie bestimmte das Denken und Handeln der Menschen im Kirchspiel Lohn. Die Braunkohle war für sie Chance und Schicksal zugleich. Neben der Landwirtschaft bot der nahegelegene Tagebau vielen eine sichere Erwerbsquelle. Die beiden kleinen Tagebaufirmen, die Biag Zukunft im Tagebau West und die Roddergrube im Tagebau Inden, schlossen sich 1960 zur Rheinischen Braunkohle AG, kurz Rheinbraun genannt, zusammen. Jedem Bewohner des Kirchspiels Lohn hätte eigentlich schon 1950 nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Gesamtplanung des rheinischen Braunkohletagebaus klar sein müssen, dass Haus und Hof eines Tages den Baggern weichen mussten. Aber die meisten Leute steckten den Kopf in den Sand und wollten nicht an das Unfassbare glauben. Später jedoch stellten sie sich dem Vorrücken der Abraumgeräte entgegen. Meine Familie hat seit 1953 die gesamte Entwicklung miterlebt:?? den erbitterten Kampf um den Erhalt der Heimat?? die unaufhaltsam vorrückenden Bagger?? die Belästigung durch den Kohlenstaub?? den Wegzug der Landwirte?? die Schließung der Schulen?? die Umsiedlung nach Neu-Lohn?? die Probleme beim Zusammenschluss der Dörfer zu einer neuen Dorfgemeinschaft?? den Abriss der jeweiligen Häuser des Kirchspiels nach dem Wegzug (bis auf das Oberdorf von Fronhoven)?? die menschlichen Tragödien durch den Verlust der Heimat, besonders bei der älteren Generation. Die Schließung der Schulen des Kirchspiels (es blieb nur noch eine Grundschule in Lohn für wenige Jahre erhalten) im Zuge der Neugliederung des Schulwesens in Nordrhein-Westfalen fiel zusammen mit unserem Umzug in den neu errichteten Ort Neu-Lohn im Dezember 1969. Auch hier bekamen wir die negativen Auswirkungen des Braunkohlenabbaus zu spüren: Viele Jahre hindurch lagen Neu-Lohn und der Rest der Ortschaft Fronhoven mitten im Braunkohlenabbaugebiet, umgeben von hohen begrünten Wällen. Auf der einen Seite befand sich der zu Ende gehende Tagebau Zukunft, auf der anderen Seite der neu erschlossene Tagebau Inden. Nur für die L 238 hatte man Durchgänge im Norden und Süden frei gelassen. Trotz aller Vorkehrungen seitens Rheinbraun - wie Lärmschutzwälle und Lärmschutzwände, Sprühanlagen in der Grube - blieben Lärm- und Staubbelästigungen nicht aus. Kohlenruß und Sandstaub bedeckten vor allem Terrassen und Fensterbänke täglich. An das ständige Geräusch des laufenden Förderbandes hatte man sich im Laufe der Zeit gewöhnt. Das Grollen und Quietschen der Bagger und Absetzer, die in Ortsnähe standen, war lange Zeit bei Tag und Nacht unser ständiger Geräuschbegleiter. Zeitweise konnte man sogar den Lautsprecher hören, über den sich die Mannschaft auf den Abraumgeräten verständigte. Im Februar 1992 verließ das letzte Großraumgerät, der Absetzer 753, den Tagebau Zukunft. Er wanderte über die L238 zwischen Neu-Lohn und Dürwiß in den Tagebau Inden. Der Absetzer hatte die Mulde für den zukünftigen Blausteinsee angelegt. 2

Ein ähnliches Ereignis hatte sich bereits im September 1987 ereignet, als der Bagger 287 den gleichen Weg nahm. Im Februar 1969 trat ich meinen Dienst an der Gemeinschaftshauptschule Aldenhoven an, wo Heinz Bielefeldt Rektor war. In den letzten Jahren hatte ich die beiden Schulen des Kirchspiels Lohn als Hauptlehrer geführt und erhielt in Aldenhoven die Stelle des Konrektors. Die hatte ich inne bis zu meiner Pensionierung im Juli 1991. Auf meinen Fahrten zur Schule stellte ich fest, wie die Siedlung Neu-Pattern entstand, wuchs und sich zu einem attraktiven Wohngebiet entwickelte. Heute sind die Wunden vernarbt, die der Verlust der angestammten Heimat geschlagen hatte. Die meisten Umsiedler haben sich in der neuen Umgebung eingelebt und hier eine lebenswerte Heimat gefunden. Kirche St. Silvester in Neu-Lohn Seit Jahren fordern mich die vielfältigen Veränderungen heraus, die neu entstandene und neu entstehende Landschaft auf meinen häufigen Wanderungen zu beobachten und in Text und Bild zu dokumentieren. 3

Der Blausteinsee Nach der Auskohlung des Tagebaus Zukunft-West durch die Rheinbraun AG hätte man das entstandene Restloch durch den Abraum aus dem Tagebau Inden verfüllen und der Landwirtschaft wieder zur Verfügung stellen können. Die verantwortlichen Planer aber entschieden sich für die Gestaltung eines Naherholungsgebietes mit einem 100 ha großen See und einer aufgeforsteten Umgebung von nochmals 150 ha. Der See und seine Umgebung sollten nicht nur Menschen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung bieten, sondern auch eine neue Heimat für zahlreiche Tiere werden. Darum war es notwendig, einen großen Teil des Sees und seines Ufers für die Tierwelt zu reservieren. Aus diesem Grunde hat man den Freizeitbereich auf das an Dürwiß grenzende südliche Ufer des Sees verlegt. Der nördliche Teil des Sees und seine Ufer gehören zur sog. beruhigten Zone, in der die Tiere nicht gestört werden sollen. Deshalb gibt es hier unmittelbar am See entlang keine Wanderwege. Am 24. 1. 1983 gründeten die Gemeinden Aldenhoven, Eschweiler, Alsdorf, Stolberg und Würselen die GmbH Freizeitzentrum Blaustein-See. Hier erschien auch zum ersten Mal der heutige Name des Sees, der in den Anfängen der Planung Eschweiler See genannt wurde. Der Name Blausteinsee bezieht sich auf eine alte Flurbezeichnung. Zwei Ereignisse können als Geburtsstunden des Blausteinsees gelten, wenn man alle anderen Vorbereitungen nur als Schwangerschaft ansehen will: - das Aufstellen eines Grundsteins - den ersten Wassereinlauf. Am 27. Februar 1991 wurde in der noch nicht völlig eingeebneten Seemulde ein Abraumkegel aufgeschüttet, der die tiefste Stelle des Sees bilden sollte. Darauf ließ Rheinbraun einen Grundstein setzen. 4

Dieser Stein weist in seiner Inschrift auf die genaue Lage des tiefsten Seepunktes mit +85 m NN hin und gibt die geplante Tiefe des zukünftigen Sees mit 44 m an. Die Oberfläche des Sees wird also einmal 129 m über NN liegen. Foto Hein von Meer Am 5. Oktober 1994 hieß es dann Wasser marsch!. Eine Fontäne von über 10 Meter Höhe schoss aus dem Schwimmponton und lieferte pro Sekunde ca. 500 Liter Wasser. Eine Rohrleitung führte von der östlichen Uferböschung in die Mulde des Sees. Sie wurde durch Betonklötze und große gelbe Bälle stabilisiert. Das Wasser kommt aus den Brunnengalerien der Vorfeldentwässerung des Tagebaus Inden und wird über die sog. Ostrandleitung dem See und dem RWE zugeführt. Seit 2004 wird das Wasser nicht mehr über den Schwimmponton, sondern durch die Rohrleitung direkt in den See geleitet. Inzwischen hat sich der Blausteinsee zu einem echten See entwickelt. Die schnelle Aufforstung hat seinen Reiz noch erhöht. Bewaldete Flächen, Feldgehölze und sogar Streuobstwiesen machen ihn zu einem neuen Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen. Rasen- und Freiflächen verteilen sich an seinen Uferböschungen, so dass der Blick auf den See immer wieder möglich bleiben wird. Die offizielle Eröffnung des Blausteinsees fand am 12. August 2000 statt. Seither ist eine wassersportliche Nutzung in einem eigens ausgewiesenen Bereich möglich. Darauf haben Segler, Surfer, Taucher, Kanu- und Bootsfahrer jahrelang gewartet. Auch Schwimmen und Baden sind inzwischen in einem begrenzten Bereich in der Nähe des Seehafens erlaubt. Motorboote sind vom See verbannt - mit Ausnahme des Bootes der DLRG natürlich. 5

Ein Findling in der Nähe der Bootsanlegestelle soll an das große Ereignis erinnern. Die Inschrift lautet: BLAUSTEIN - SEE ERSTBEFÜLLUNG 5. OKTOBER 1994 ERÖFFNUNG 12. AUGUST 2000 Ein Loch, ein ziemlich großes in der Erde, von riesigen Baggern gerissen, um einen Schatz zu heben. Ein neuer See Ein Restloch: in seiner Mitte eine Fontäne, 500 Liter Wasser pro Sekunde speiend. Ein See beginnt sich zu bilden, langsam aber stetig seit Oktober 1994, 100 Hektar am Ende. Ein Stein an seinem Grund - verschwunden schon seit Juni 1995 - wird künden von seiner Entstehung. Ein Loch verliert seine Schrecken; die Wunden beginnen zu heilen: Das Grün erobert allmählich die wüste Landschaft; Tiere finden eine neue Heimat; Menschen lockt der See. Ein Loch, Verletzung der Natur und der Menschen durch den Menschen für die Menschen. Ein Heilungsversuch, genannt Rekultivierung! "Blausteinsee" "Gott setzte den Menschen in den Garten Eden, damit er ihn bebaue und hüte." (Gen 2,15) 6

1995 Der Historische Pfad Der Historische Pfad ist ein ca. 15 km langer Wanderweg durch den rekultivierten Tagebau Zukunft West der Rheinbraun AG. Er führt an den Gedenksteinen mit Hinweistafeln und an alten Kreuzen vorbei, wo einst die für die Abbaggerung vorgesehenen Dörfer lagen, und schließt den im Restloch entstandenen Blausteinsee mit ein. Die Gedenksteine der ehemaligen Ortschaften Lürken, Laurenzberg und Langendorf liegen in den Gemarkungsgrenzen der Stadt Eschweiler, die Gedenksteine der ehemaligen Ortschaften Obermerz und Langweiler in den Gemarkungsgrenzen der Gemeinde Aldenhoven. Gedenkstein Langendorf Die Idee, den Historischen Pfad anzulegen, stammt von Herrn Dieter Brall vom Amt für Agrarordnung in Euskirchen. Er darf als Vater des Pfades angesehen werden, denn durch seinen Einsatz und unter seiner Leitung wurde aus der Idee Wirklichkeit. In Franz Wings aus der ehemaligen Ortschaft Langendorf, bis 2005 Ratsherr der Stadt Eschweiler, fand er seinen ersten interessierten und kompetenten Mitarbeiter. An der Verwirklichung des Wanderweges waren aber bald auch die betroffenen Gemeinden, verschiedene Vereine, zahlreiche Einzelpersonen und die Rheinbraun AG beteiligt. Ohne die Unterstützung der Rheinbraun AG (heute RWE Power) und deren Geräteeinsatz wären die notwendigen Arbeiten für den Historischen Pfad gar nicht möglich gewesen. 7

Diese Hilfe kam auch dem Einsatz der Mitglieder des Fördervereins Gedächtniskapelle Kirchspiel Lohn sehr entgegen, deren Verdienste bei der Erstellung des Historischen Pfades besonders erwähnt werden sollten. Sie sorgten für die Markierung des Weges, zu dem die Rheinbraun Findlinge lieferte; die Beschriftung übernahm die Ortsgruppe Dürwiß des Eifelvereins. Foto Matthias Schmitz Der Geschichtsverein Eschweiler kümmerte sich um die Texte für die Zusatztafeln auf den Gedenksteinen von Lürken, Laurenzberg und Langendorf, die Gemeinde Aldenhoven für den Stein von Obermerz; die Gedenksteine für Langweiler wiesen bereits eine ausreichende Beschriftung auf. Der SC Laurenzberg übernahm die Patenschaft für die Gedenkstätten Laurenzberg und Lürken. Die Naturfreunde Eschweiler stellten an den Parkplätzen in Dürwiß und Fronhoven Hinweistafeln auf, die den Besuchern einen Gesamtüberblick über den Historischen Pfad liefern. Am 10. Juni 1999 fand die Einweihung des Historischen Pfades im Zusammenhang mit dem Abschluss der Flurbereinigung Warden-Niedermerz statt. Mit der Eröffnung des Wanderweges war auch die Enthüllung der zweiten Gedenktafel auf dem Lürkener Stein verbunden. Foto Dieter Brall Über den Historischen Pfad rund um den Blausteinsee informiert ein Faltblatt, herausgegeben vom Amt für Agrarordnung in Euskirchen. Es enthält auch eine Karte, in die der Weg und die Stellen der Gedenksteine eingetragen sind. 8

Gedächtniskapelle Kirchspiel Lohn Die Idee zum Bau der Kapelle geht auf Peter Lentzen und Josef Dickmeis zurück. Im November 1982 standen die beiden vor den Trümmern ihres Heimatdorfes Lohn. Wehmütig blickten sie auf die abgerissenen Häuser und die gesprengte Kirche. Bald würden die Bagger von Rheinbraun auch diese Reste beseitigen. Da entstand spontan der Gedanke, nach der Rekultivierung eine Gedenkstätte zu errichten. Es gingen noch Jahre ins Land, bevor Josef Dickmeis mit dem Modell einer Gedächtniskapelle an die Öffentlichkeit trat. Er fand begeisterte Zustimmung. So wurde im Jahre 1991 ein Förderverein gegründet, der sich Förderverein Gedächtniskapelle Kirchspiel Lohn nannte. Sein Ziel war es, eine Kapelle an der Stelle zu bauen, wo einstmals die alte Pfarrkirche gestanden hatte. Sie sollte die Erinnerung wach halten an die beiden Kirchen und an die fünf abgebaggerten Dörfer des Kirchspiels. 9

Viele Überlegungen, Besprechungen, Verhandlungen und Behördengänge waren in den folgenden Jahren nötig, um die Idee auf den Weg zu bringen und zu verwirklichen. Diese verantwortungsvolle Aufgabe übernahm ab 1998 August Braun als neuer Vorsitzender des Fördervereins. Auch die finanziellen Notwendigkeiten und Möglichkeiten mussten einkalkuliert werden. Zahlreiche Helfer und Gönner und die ständig wachsende Zahl der Vereinsmitglieder unterstützten die gute Sache in einem nicht vorherzusehenden Maße. Am 12. November 2001 fand der erste Spatenstich statt und am 29. Juni 2002 die Grundsteinlegung - genau 100 Jahre nach der Grundsteinlegung der alten Pfarrkirche. Am 25. Mai 2003 erfolgte die feierliche Einsegnung. 10

Fotos Ralf Weiße Die Inde-Aue Neben dem Blausteinsee im ehemaligen Tagebau Zukunft-West westlich von Neu-Lohn gibt es seit 2005 auch östlich von Neu-Lohn am Rande des jetzigen Tagebaus Inden I eine weitere Attraktion für Wanderer: die Inde-Aue. Nur wenige Meter von der Gedächtniskapelle entfernt hat man einen guten Blick in den Braunkohlentagebau und den 30 Meter tiefer gelegenen neuen Inde-Abschnitt. 11

Im Jahre 2005 erreichte der Tagebau den 5 km langen Inde-Abschnitt zwischen Lamersdorf und Kirchberg. Deshalb musste der Lauf der Inde in einem 12 km langen Bogen um den Tagebau herumgeführt werden, um südöstlich von Kirchberg wieder in sein altes Bett zu fließen. Östlich von Kirchberg mündet die aus dem Hohen Venn kommende Inde dann in die Rur. Durch die Umleitung stieg ihre Länge von 44 km auf 51 km. Die Planung und die Durchführung der Verlegung der Inde dauerten 20 Jahre und kosteten 24 Millionen Euro. Trennung von alter Inde (rechts) und neuer Inde (links) bei Lamersdorf Zusammenfluss von alter Inde (links) und neuer Inde (rechts) bei Kirchberg Das Kunstwerk am Beginn der neuen Inde bei Lamersdorf ist eine Felsformation. Sie heißt Inde-Spirale panta rei (alles fließt). Ein anderer Stein trägt die Aufschrift: NEUE INDE 2005 RWE POWER Die neue Inde-Aue hat sich bereits jetzt zu einem idealen Naherholungsgebiet entwickelt. Auf den ersten beiden Dritteln von Lamersdorf in Richtung Kirchberg haben sich zahlreiche Baum- und Buschanpflanzungen im Böschungs- und Flussbereich bereits voll entwickelt. Nur das letzte Drittel macht zur Zeit noch einen kargen Eindruck. Es gibt bereits eine Wanderkarte mit allen begehbaren Wegen. Ausgangspunkte sind die Parkplätze Lamersdorf, Kirchberg und Neu-Lohn. Vier Brücken führen über den 12

mäandernden Fluss: zwei Fußgängerbrücken und zwei Werksbrücken; die beiden letzten führen zu einem Kieswerk bzw. in den Tagebau. G. Frühauf u. E. Weber Hand-Made-Film: Die Inde erhält zwischen Lamersdorf und Kirchberg ein neues Bett Ein Teilstück der Wanderwege in der Inde-Aue soll demnächst in den sog. Kirchspiel- Wanderweg einbezogen werden. Verfasst im Herbst 2006 13