Michael Ende. Die Zauberschule. und andere Geschichten. Mit Bildern von Regina Kehn. Thienemann

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Transkript:

Michael Ende Die Zauberschule und andere Geschichten Mit Bildern von Regina Kehn Thienemann

In halt Anstelle ei nes Vor worts: Genau genommen 7 Die Zauberschule 14 Tranquilla Trampeltreu, die be harr li che Schild kröte 42 Das kleine Lumpenkasperle 52 Len chens Ge heim nis 59 Die Ge schichte vom Wunsch al ler Wün sche 88 Nor bert Nackendick oder Das nackte Nas horn 94 Macht nichts 110 Nieselpriem und Naselküss 120 Eine Zungenbrechergeschichte 135 Lirum Larum Willi Warum 139 Moni malt ein Meis ter werk 146 Die Ge schichte von der Schüs sel und vom Löf fel 152 Der Teddy und die Tiere 174 Der lange Weg nach Santa Cruz 186 Der Lind wurm und der Schmet ter ling oder Der selt same Tausch 227 Filemon Fal ten reich 233 Eine schlimme Nacht 247 Das Traumfresserchen 254 Ophe lias Schattentheater 263

Anstelle ei nes Vor worts: Genau genommen In un se rer Fa mi lie ha ben alle Mit glie der, vom äl tes ten bis zum jüngsten, die selbe kleine Schwä che: das Le sen. Kaum ei ner von uns ist je dazu zu be we gen, sein Buch aus ir gend ei nem Grunde für ei nen Au - gen blick bei seitezule gen, um et was an de res Drin gen des oder Un auf - schieb ba res zu er le di gen. Das soll nicht hei ßen, dass die ses Dringende oder Un auf schieb bare über haupt nicht ge tan wird. Wir fin den nur, dass es durch aus nicht nö tig ist, des halb auf das Le sen zu verzich ten. Man kann doch sehr gut das eine tun und das an dere da bei nicht las sen, nicht wahr? Ich gebe zu, dass da durch mit un ter die ses oder je nes kleine Miss ge schick vor kommt aber was macht das schon? Der Groß va ter sitzt, sa gen wir mal, in ei nem be que men Oh ren ba - cken ses sel, raucht seine Pfeife und hat ein Buch in der Hand. Er liest. Nach ei ner Weile klopft er seine Pfeife in den Aschen be cher aus, der 7

vor ihm auf dem Tisch chen steht. Das heißt, ge nau ge nom men ist es ei gent lich nicht sein rich ti ger Aschen be cher, son dern eher eine Blumen vase. Durch den Klang er in nert sich der Groß va ter dun kel daran, dass er schon längst seine Hus ten me di zin hätte neh men müs sen. Also greift er nach der Blu men vase und trinkt sie aus.»hm, hm«, brummt er,»der Kaf fee ist heute aber be son ders schwarz nur lei der kalt.«die Groß mut ter sitzt, sa gen wir mal, in der an de ren Zim mer ecke auf dem Sofa. Sie hat eine Brille auf der Nase und klap pert mit ih ren Strickna deln. Auf ih rem Schoß liegt ein di ckes Buch, darin liest sie. Sie strickt und strickt was strickt sie wohl? Ei nen Strumpf na tür lich. Das heißt, ge nau ge nom men ist es ei gent lich kein ganz rich ti ger Strumpf, sondern eher eine Art wol lene Rie sen schlange, die sich schon über den Bo den quer durch das ganze Zim mer rin gelt. Wäh rend die Groß mut - ter um blät tert, wirft sie ei nen kur zen Blick über den Rand der Brille hin weg auf das Un ge tüm und mur melt:»da hat es, scheint mir, schon wie der mal bei uns ge brannt. Aber die Feu er wehr sollte trotz dem nicht ein fach ih ren Schlauch bei uns her um lie gen las sen.«der Va ter ist Por trät ma ler. Er steht, sa gen wir mal, in sei nem Atelier vor ei ner Lein wand und malt das Bild nis ei ner vor neh men, reichen Dame. Diese Dame sitzt vor ihm auf ei nem Pos ta ment, trägt ein ent zü cken des Blu men hüt chen auf dem Kopf und hat ih ren Mops auf dem Schoß. Der Va ter malt mit ei ner Hand, denn in der an de ren hält er ein Buch, in dem er liest. Als das Bild nis schließ lich fer tig ist, erhebt sich die vor nehme, rei che Dame und tritt ge spannt nä her, um ihr ei ge nes Kon ter fei zu be wun dern. Es ist ein sehr schö nes Bild ge wor - den. Das heißt, ge nau ge nom men ist es viel leicht ein biss chen merkwür dig, denn der Va ter hat der Dame mit dem Blu men hüt chen das Gesicht des Mop ses ge malt und dem Mops auf ih rem Schoß das Ant litz der Dame. Des halb geht nun die Dame ziem lich un gnä dig fort, ohne das schöne Por trät zu kau fen.»na ja«, sagt der Va ter be trübt,»ge schmei - chelt ist es viel leicht nicht ge rade aber sehr ähn lich.«8

Die Mut ter steht, sa gen wir mal, in der Kü che und kocht das Mittag es sen. Glück li cher weise hat sie ver ges sen, die Gas flamme un ter dem Töpf chen an zu dre hen, sonst wäre das Es sen mög li cher weise schon ein ganz klein we nig schwärz lich. In der Hand hält sie nämlich ein Buch, in dem sie liest. In der an de ren Hand hält sie ei nen Koch löf fel, mit dem sie rührt und rührt. Das heißt, ge nau ge nom men ist es ei gent lich nicht so sehr ein rich ti ger Koch löf fel, son dern eher ein Fie ber ther mo me ter. Nach ei ner Weile hält sie es sich ans Ohr und sagt kopf schüt telnd:»es geht schon wie der eine Stunde nach. So werde ich na tür lich nie recht zei tig fer tig.«die große Schwes ter (sie ist vier zehn) sitzt, sa gen wir mal, draußen auf dem Flur beim Te le fon und drückt ge spannt den Hö rer ans Ohr. Te le fone sind ja be kannt lich ei gens für vier zehn jäh ri ge Schwestern er fun den, denn ohne den Hö rer am Ohr müss ten alle vier zehn - jäh ri gen Schwes tern der Welt so ge wiss an Nach rich ten man gel sterben wie Tau cher ohne Atem ge rät an Luft man gel. Aber un sere vier zehn jäh rige Schwes ter hat oben drein noch ein Buch in der Hand, in dem sie liest. Trotz dem hört sie na tür lich sehr gut, was ihre Freun-

din ihr al les Auf re gen des zu er zäh len hat. Das heißt, ge nau ge nom - men hört sie es viel leicht doch nicht so be son ders gut, weil sie nämlich über haupt keine Num mer ge wählt hat. So un ge fähr nach zwei Stun den fragt sie schließ lich ganz ne ben bei:»sag mal, wer ist ei gentlich die ser Tüt-tüt, von dem du die ganze Zeit re dest?«der kleine Bru der (er ist zehn) be fin det sich, sa gen wir mal, auf dem Weg in die Schule. Na tür lich hat auch er ein Buch in der Hand und liest, denn was könnte er wäh rend der lan gen Stra ßen bahn fahrt Bes se res tun? Die Stra ßen bahn wa ckelt und rum pelt und fährt hinauf und hin un ter und kommt wie der mal gar nicht recht vom Fleck. Das heißt, ge nau ge nom men ist es ei gent lich nicht die ganz rich tige Stra ßen bahn, son dern eher der Lift un se res Hau ses, aus dem der kleine Bru der aus zu stei gen ver ges sen hat. Als er nach ei ni gen Stunden noch im mer nicht an der Hal te stelle vor der Schule an ge kom - men ist, mur melt er sor gen voll:»si cher wird mir der Leh rer wie der nicht glau ben, dass es nicht meine Schuld ist, wenn ich im mer zu spät komme.«das jüngste Mit glied un se rer Fa mi lie, das Baby, liegt, sa gen wir mal, in sei nem Körb chen. Na tür lich liest in un se rer Fa mi lie auch schon das Baby. Es hat wie alle an de ren ein Buch in der Hand, nur dass es klei ner und leich ter ist als die Bü cher der äl te ren, ein Ba by - buch eben. Im an de ren Arm hält es sein Fläsch chen, denn seine Aufgabe, die es sehr ernst nimmt, be steht darin, sich gut zu er näh ren, da mit es groß und stark wird und bald grö ßere und schwe rere Bü - cher le sen kann. Aber ge nau ge nom men ist es ei gent lich nicht sein rich ti ges Fläsch chen, was es da im Arm hält, son dern eher ein großes Tin ten fass. Und es trinkt auch nicht dar aus, son dern schüt tet sich ab und zu ei nen Schluck dar aus über das Köpf chen. Das macht ihm wei ter nichts aus, nur als schließ lich ein di cker Tin ten klecks auf die Seite tropft, wo es ge rade liest, be ginnt es plötz lich zu schreien, und es ruft (und ich hoffe, dass nie mand be zwei feln wird, dass un ser le - 10

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sen des Baby selbst ver ständ lich auch schon ta del los spre chen kann):»mach doch mal ei ner das Licht an, es wird ja al les so dun kel!«un sere Katze hat, wie die meis ten Kat zen, die Auf gabe, Mäuse zu fan gen. Ihr Be ruf ist ihr ein und al les, des halb sitzt sie so oft stunden lang, sa gen wir mal, vor ei nem Mau se loch links hin ten im Zimmer ne ben dem Klei der schrank. Selbst ver ständ lich hat auch sie ein klei nes Buch in den Pfo ten, denn was sollte sie wohl wäh rend der lan gen Zeit des Lau erns Bes se res tun als le sen. (Und wer glaubt, dass eine Katze le sen kann, sollte sich nicht wun dern, dass sie auch spricht.) Sie sitzt also, wie ge sagt, vor dem Mau se loch. Das heißt, ge - nau ge nom men ist es ei gent lich kein ganz rich ti ges Mau se loch. Während sie liest, ha ben die Mäuse sie näm lich ein fach her um ge dreht und ein Stück chen wei terge scho ben, und nun sitzt sie vor der Steckdose. Nach ei ner Weile fasst sie mal mit den Kral len hin ein, und die Fun ken sprü hen ihr aus dem Schwanz.»Aua!«, maunzt sie er schro - cken.»die ses Buch ist aber wirk lich vol ler Hoch span nung!«un ser Laub frosch sitzt, sa gen wir mal, in sei nem Laub frosch glas. Er hat ein wich ti ges Amt, er soll näm lich das Wet ter vor her sa gen, in - dem er auf sei ner Lei ter hin auf- oder hi nunter klet tert. Er er füllt seine Pflicht sehr ge wis sen haft, so fern er nicht ge rade liest, denn es versteht sich mitt ler weile wohl schon von selbst, dass bei uns auch der Laub frosch ein ei ge nes brief mar ken gro ßes und was ser fes tes Laubfrosch buch be sitzt. (Dar über, dass ein Frosch, der liest, auch spricht, ver lie ren wir jetzt schon kein ein zi ges Wort mehr.) Nun ist die Sa che nur lei der die, dass er ei gent lich im mer fort liest und in so fern sei nem Haupt be ruf nicht die nö tige Auf merk sam keit wid met. Aber manchmal über wäl tigt ihn plötz lich sein schlech tes Ge wis sen, und er er in - nert sich an seine Pflicht. Um sei nen gu ten Wil len zu be wei sen, rennt er dann plötz lich los und has tet, im mer mit dem Buch in sei ner feuch ten Hand, die Lei ter hin auf. Oder er steigt sie ebenso ei lig und grund los herab. Das heißt, ge nau ge nom men steigt er sie nicht rich- 12

tig Sprosse für Sprosse ab wärts, son dern er tritt ins Leere und purzelt die ganze Stiege mit ziem li chem Ge töse her un ter.»wenn ich mich selbst rich tig ver stehe«, quakt er dann und reibt sich sein grünes Schien bein,»gibt es wohl bald ei nen Wet ter sturz.«der Ein zige in un se rer Fa mi lie, der nicht liest, ist aus ge rech net der Bü cher wurm, der, sa gen wir mal, im ach ten Band des gro ßen Brockhaus-Le xi kons wohnt. Nein, er liest nicht. Er be trach tet die Bü cher aus schließ lich vom Ge sichts punkt der Ess bar keit aus. Des halb hat sein Ur teil über»gu ten«und»schlech ten Ge schmack«zu min dest in die ser Hin sicht nur sehr be grenz ten Wert, und wir an de ren be trach - ten ihn auch nicht als voll gül ti ges Fa mi li en mit glied. Viel leicht fragt nun je mand, in wel cher ver wandt schaft li chen Be - zie hung ich selbst ei gent lich zu den üb ri gen Fa mi li en mit glie dern stehe. Ich muss zu ge ben, dass ich mir dar über nicht ganz klar bin. Das heißt, ge nau ge nom men kenne ich die Leute über haupt nicht, und, un ter uns ge sagt, ich glaube kaum, dass es sie wirk lich gibt. Mög li cher weise ist diese ganze Ge schichte, die ich hier er zählt habe, nur des halb so ge wor den, wie sie nun mal ge wor den ist, weil ich wäh rend des Nie der schrei bens gleich zei tig ein Buch vor mir lie gen habe, in dem ich lese. Und nun kann ich euch nur noch ra ten, das selbe zu tun. Das heißt, ge nau ge nom men tut ihr es ja schon, denn sonst hät tet ihr dies al les hier gar nicht ge le sen. Also, gebt Ruhe und lasst auch mich wei ter - le sen!