Wir entdecken Stadtpläne! Stadtpläne als Mittel zur Förderung von Raumorientierung und Raumvorstellung DARUM GEHT ES - SACHINFORMATIONEN Stadtpläne bieten eine gute Grundlage für reichhaltige Lernumgebungen. Insbesondere das Beschreiben und das Finden von Wegen sprechen sowohl inhalts- als auch prozessbezogene Kompetenzen an. Zudem bieten sie einen nahen Alltagsbezug und eine Vielzahl an verschiedenen Aufgabenstellungen, die auf verschiedene Teilbereiche der Mathematik bezogen werden können. In dieser Lernumgebung soll jedoch nicht mit einem konkreten Stadtplan gearbeitet werden, sondern die Unterrichtsreihe basiert auf Straßenkarten, wie im nebenstehenden Bild ersichtlich. Einen Stadtplan kann man auch als Straßennetz interpretieren, welches durch Kanten und Knoten gestaltet ist. Solche Netze bieten eine Grundlage für topologische Fragestellungen. Die Topologie untersucht Eigenschaften des Raumes bzw. der Ebene. Um topologische Aufgaben in der Grundschule bearbeiten zu können, sind in erster Linie keine Vorkenntnisse nötig (vgl. Radatz 1999, S.179). In der folgenden Lernumgebung können sowohl Eigenschaften eines Stadtplans (Nutzen von Symbolen, Richtungen in Plänen, Finden und Beschreiben von Wegen zwischen zwei Orten) als auch Aspekte der Topologie erkundet werden. Zudem bieten Stadtpläne eine Basis zur gemeinsamen Kommunikation, die durch gesammelte Fachsprache wie Richtungsangaben (Nord, Süd, West, Ost) angeregt werden kann. Einen Hauptteil der Lernumgebung beansprucht das Betrachten des Stadtplans als Netz. Dafür wird das Problem Rundtour: Ja oder Nein in den Fokus gerückt. Eine Rundtour (in der Literatur Eulertour) beschreibt einen Weg durch ein Netz, bei dem der Anfangs- gleich dem Endpunkt (Knoten) ist und jede Straße (Kante) genau einmal begangen wird. Damit diese Bedingungen erfüllt sind, muss jeder Knoten einen geraden Knotengrad (Anzahl der abgehenden Kanten von einem Knoten) besitzen (vgl. Lutz-Westphal 2007, S.77-89). Übertragen auf das Legespiel ist dies immer der Fall, wenn das Netz geschlossen ist (keine Sackgassen) und keine T-Kreuzungen verwendet wurden, da diese eine ungerade Anzahl an abgehenden Straßen hat. Das Aufgabenformat besitzt seinen Schwerpunkt in der inhaltsbezogenen Kompetenz Raumorientierung und -vorstellung und es ermöglicht zudem auch, die prozessbezogenen Kompetenzen zu fördern (vgl. MSW NRW 2008, S. 59-66). ZIELE Durch die Thematisierung eines Stadtplans unter Verwendung von Fachsprache, sollen die Schülerinnen und Schüler (SuS) beim Beschreiben und Erkennen von Wegen Raumorientierung und Raumvorstellung zum Lösen der Aufgaben nutzen. Dadurch kann dieses im Sinne der inhaltsbezogenen Kompetenzen (vgl. MSW NRW 2008, S. 63) gefördert werden. Zudem sollen die SuS unter Berücksichtigung der Fachsprache eigene Begründungen und Tippkarten schreiben, das die prozessbezogene Kompetenz Kommunizieren und Darstellen (vgl. MSW NRW 2008, S. 60) Schuljahr 3, 4 Lehrplan-Bezug Inhaltsbezogene Kompetenzen Geometrie Raumorientierung und Raumvorstellung Prozessbezogene Kompetenzen Problemlösen/kreativ sein, Argumentieren, Darstellen/Kommunizieren Kinder sprechen über... räumliche Richtungen... Wege in Stadtplänen Rundtouren in Stadtplänen Juli 2012 Nicole Terhorst für PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/) 1
Wir entdecken Stadtpläne! anspricht. Zuletzt wird problemorientiertes Vorgehen (vgl. MSW NRW 2008, S. 59) bei topologischen Fragestellungen von den SuS gefordert. Dies wird beim Finden eigener Strategien und Muster beim Finden von Rundtouren angesprochen. Die Kinder sollten am Ende der Einheit reflektieren, dass Pläne auf der Basis von allgemeingültigen Richtungen, eine gemeinsame Kommunikationsebene bieten und das Finden von Wegen in Form eines Netzes ermöglichen. Legespiel Vorlage ZEIT drei Schulstunden SO KANN ES GEHEN 1. Einheit: Wir erforschen einen Stadtplan Orientierung in Stadtplänen Zeit: eine Unterrichtsstunde Problemstellung/Leitfragen Transparenz/Problemstellung der Einheit Den Kindern sollte eine Übersicht über das Thema gegeben werden. Zu Beginn der Stunde sollten die Schüler jedoch die Möglichkeit bekommen, das Straßenkarten-Material selber zu entdecken und somit auch die Themenfindung selber zu gestalten. Die erste Einheit bildet eine Einführung in das Thema Stadtpläne und erprobt das Arbeiten mit Stadtplänen. Im Anschluss an den im Folgenden beschriebenen Einstieg, sollte die Lehrkraft einen Überblick über die folgende Einheit geben. Zunächst wollen wir uns mit verschiedenen Aufgaben zu Stadtplänen beschäftigen und dabei das Material Straßenkarten näher kennenlernen. Einstieg Zum Einstieg bekommt jeder Schüler einen Kartensatz. Diesen soll der Schüler mischen und den Stapel Karten umgedreht auf den Tisch legen. Das weitere Vorgehen soll in Partnerarbeit durchgeführt werden. Ein Schüler beginnt, indem er die oberste Karte seines Stapels umdreht. Nun wird immer abwechselnd die oberste Karte aufgedeckt und an das bereits bestehende Gebilde angefügt. Dabei ist es wichtig, dass die Lehrkraft lediglich die Regeln erläutert und nichts vorwegnimmt, sodass die Schüler eigene Meinungen und erste Erfahrungen sammeln können. Als mögliche Juli 2012 Nicole Terhorst für PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/) Material Schüler Kartensatz Straßenkarten Arbeitsblatt Wir erforschen einen Stadtplan! (zwei Seiten) verschiedenfarbige Stifte Lehrerin Material für Wortspeicher (Papierstreifen) verschiedenfarbige Kreide 2
Erweiterung kann der Arbeitsauftrag Gestaltet zu zweit eine eigene Stadt an die Schüler gestellt werden. Zum Abschluss der Einstiegsphase sollte eine Reflexion stattfinden. In dieser sollten erste Erfahrungen gesammelt Arbeitsblatt Seite 1 werden, die durch Leitfragen wie Was konntet ihr mit dem Kartenspiel legen? Welche verschiedenen Karten gibt es? angeregt werden können. Dabei können bereits Fachbegriffe (Kurve, Kreuzung, Stadt, Straße usw.) von den Schülerinnen und Schüler (SuS) verwendet werden. Im Hinblick auf die folgende Arbeitsphase und als Abschluss des Einstiegs sollte ein Wortspeicher angelegt werden. Dieser kann von der Lehrkraft bereits vorbereitet werden. Es werden Begriffe wie die Himmelsrichtungen (Norden, Osten, Süden und Westen), Richtungen (links und rechts), abbiegen und die verschiedenen Straßenformen (Kreuzung, T-Kreuzung, Gerade und Kurve) eingeführt und festgehalten. Dabei kann man von den Kindern Beispielkarten zu den verschiedenen Straßenformen zuordnen lassen. Arbeitsphase Im Anschluss an den Einstieg sollen die Schüler nun in Einzel- oder auch Partnerarbeit das zweiseitige Arbeitsblatt Wir erforschen einen Stadtplan! bearbeiten. Dabei soll vor allem die Kommunikation der Schüler untereinander unter Verwendung von Fachsprache gefördert werden. Zunächst soll anhand einer Wegbeschreibung ein Ort gefunden und auf der Karte markiert werden. Aufbauend auf diese Aufgabe soll jeder Schüler eine eigene Wegbeschreibung als Suchspiel schreiben. Dabei können leistungsschwächere Kinder dazu angeregt werden, sich zuerst einen Weg im Plan zu suchen und diesen einzuzeichnen, um anhand dessen die Wegbeschreibung zu formulieren. Dabei können die Begriffe aus dem Wortspeicher hilfreich sein. Im Anschluss an die Aufgabe können nun die Suchspiele untereinander ausgeführt werden, wodurch jeder Schüler eine individuelle Rückmeldung von seinem Mitschüler bekommt. Bei diesen Aufgaben können Schwierigkeiten bei der Vorstellung von Richtungen entstehen. Links kann aus der eigenen Sicht, oder im Sinne des Standortes auf dem Stadtplan gemeint sein. Außerdem können Begriffe wie oben und unten als Angabe von Nord und Süd verwendet werden. Die folgenden Aufgaben des Arbeitsblattes sind Knobelaufgaben, bei denen alle Wege in einem Straßennetz gefunden werden sollen. Zudem sollen Begründungen und Tippkarten zu diesen Aufgaben verfasst werden. Dadurch sollen vor allem die prozessbezogenen Kompetenzen Problem lösen/kreativ sein, Argumentieren und Kommunizieren angesprochen werden, denn die Schüler nutzen Strategien zum Lösen der Aufgaben und sollen diese begründen und beschreiben. Arbeitsblatt Seite 2 Reflexion Zum Abschluss der Unterrichtseinheit kann im Plenum die Aufgabe Findet alle Wege als Reflexionsanlass genutzt Juli 2012 Nicole Terhorst für PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/) 3
werden, indem alle Möglichkeiten mit Hilfe verschiedener Kreidefarben an der Tafel gesammelt werden. Dabei kann ein Kind einen Weg einzeichnen und der Rest der Klasse hat die Aufgabe, dies zu überprüfen und bei einem Fehler zu argumentieren, wieso dieser Weg nicht möglich ist. 2. Einheit: Rundtour: JA oder NEIN Der Stadtplan als Netz: Rundtouren in Stadtplänen Zeit: zwei Unterrichtsstunden Einstieg Zu Beginn der neuen Einheit bekommen die Schüler die gleiche Einstiegsaufgabe wie zum Einstieg in die erste Einheit (vgl. S. 2). Dabei sollen die Schüler nun möglichst geschlossene Städte gestalten. Die Begriffe offen (Sackgassen sind möglich) und geschlossen (Sackgassen sind nicht möglich) sollten dafür gemeinsam in den Wortspeicher aufgenommen und von den Schülern erläutert werden. Material Schüler Arbeitsblatt Rundtour: JA oder NEIN Kartensatz Straßenkarten Vorlagematerial für Straßennetze Probierpapier (weiße Zettel) Plakat Lehrer Klebeband Material für Wortspeicher (Papierstreifen) Arbeitsblatt Rundtour: JA oder NEIN Arbeitsphase Im Anschluss an den Einstieg wird die Leitfrage für den weiteren Verlauf der Einheit vorgestellt. Dafür wird die Tafel folgendermaßen eingeteilt: Regeln: Rundtour: ja nein Wortspeicher Karopapier Die Leitfrage der Einheit Rundtour: JA oder NEIN befindet sich auf der mittleren Tafel. Die SuS sollen in Partnerarbeit Stadtpläne entwerfen und deren Straßen auf extra Papier abzeichnen, die entweder eine Rundtour ermöglichen oder diese nicht ermöglichen. Damit zunächst ausprobiert werden kann, ist es sinnvoll, einfaches Kopierpapier als Probierpapier in die Bearbeitung hineinzugeben. Dabei ist es wichtig, zunächst zu klären, was eine Rundtour ist und welche Eigenschaften diese hat. Daraufhin wird der Begriff in den Wortspeicher aufgenommen, der auf dem rechten Teil Juli 2012 Nicole Terhorst für PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/) 4
Wir entdecken Stadtpläne! der Tafel angeordnet ist. Im Anschluss an diese Teilphase soll eine Gruppenarbeit mit je 4-5 Kindern stattfinden. In den Gruppen sollen die Kinder die gefundenen Pläne mit Hilfe von JA-NEIN-Karten sortieren. Dabei sollen sie auf einem Plakat selbst gefundene Regeln zu der Fragestellung, wann ist eine Rundtour möglich und wann nicht, dokumentieren (vgl. Abb. Sortieren mit den Ja/Nein Karten). Als Tipp kann auf die verschiedenen Arten von Straßennetzen (geschlossen, offen) hingewiesen werden, oder es kann auf die Verwendung verschiedener Karten (bei T-Kreuzungen kann nie eine Rundtour gefunden werden) verwiesen werden. Für leistungsstarke SuS kann eine Zusatzaufgabe hineingegeben werden. Dabei kann an vorgegebenen Plänen untersucht werden, dass es verschiedene Rundtouren gibt (jeder zeichnet eine Rundtour und im Anschluss wird verglichen) und wie viele es von einem bestimmten Anfangspunkt gibt. Reflexion Zum Abschluss der Einheit sollten die einzelnen Gruppen ihre Plakate und gezeichneten Straßennetze an der Tafel sortieren, sodass ein Gesamtgebilde der Klasse entsteht. Im Anschluss daran sollen die Gruppen jeweils ihr Plakat vorstellen. Ein mögliches Plakat kann wie in der Abbildung eines Beispielplakats aussehen. Sortieren mit den Ja/Nein Karten Beispielplakat aus einer vierten Klasse Differenzierung Um eine natürliche Differenzierung zu ermöglichen, sind die Aufgabenstellungen insgesamt sehr offen gehalten, sodass jedes Kind auf seinem Niveau die Fragen beantworten kann. Dies wird besonders deutlich, wenn die SuS ihr eigenes Suchspiel erfinden sollen und begründen, warum und wie sie alle Wege gefunden haben. Bei der Forscheraufgabe der zweiten Einheit können verschiedene Tipps wie: Achte auf die Art der Straßenanordnung! Welche Straßen wurden verwendet? durch den Lehrer an leistungsschwächere Kinder weitergegeben werden. Auch die Regeln können je nach Leistungsniveau ganz unterschiedlich ausfallen. Weiterarbeit Im Anschluss kann weiterführend eine Einheit zur Vertiefung von Netzen mit topologischen Fragestellungen zum Beispiel an U-Bahnplänen durchgeführt werden, oder auch ein neues Problem der Topologie, wie das Färbeproblem (vgl. Hußmann & Lutz-Westphal 2007, S. 131ff) erarbeitet werden. Juli 2012 Nicole Terhorst für PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/) 5
Literatur: Lutz-Westphal, B. (2007): Mathematik für die Müllabfuhr: Das chinesische Postbotenproblem. In S. Hußmann & B. Lutz-Westphal (Hg.): Kombinatorische Optimierung erleben. In Studium und Unterricht. Wiesbaden: Friedr. Vieweg & Sohn Verlag, S. 69-94. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2008): Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen. Frechen: Ritterbach Verlag GmbH. Radatz, H., Schipper, W., Dröge, R. & Ebeling, A. (1999): Handbuch für den Mathematikunterricht. 3. Schuljahr. Hannover: Schroedel Verlag. Juli 2012 Nicole Terhorst für PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/) 6