Bats in Action News Seit meinem letzten Newsletter im November 2012 hat sich viel getan. 1. Der BALL rollt - mein Förderverein in Deutschland 2. Sobral - Bats in Action hat ein Zuhause 3. Es geht los - Erste Aktivitäten 4. Erfolge und Schwierigkeiten 5. Nächste Schritte 1. Der BALL rollt - mein Förderverein in Deutschland Während meines Winteraufenthalts in Deutschland besuchte ich Freunde in Leipzig. Dort fand sich spontan eine Gruppe zusammen, die Interesse an der Gründung eines Bats in Action Fördervereins hatte. Dieser Verein verfolgt den Zweck, die Arbeit von Bats in Action in Brasilien und ggf. andere Projekte in Lateinamerika zu unterstützen. Nach diesem Treffen begannen die Vorbereitungen für die Vereinsgründung. Das (Vereins-)Kind brauchte einen Namen und das Ergebnis der kreativen Köpfe in Leipzig: BALL - Bats in Action für Lernende in Lateinamerika. Am 20. März fand schließlich die Gründungsversammlung statt und ein Vorstand wurde gewählt. Jetzt bemüht sich der Vorstand um die Eintragung ins Vereinsregister und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei den Gründungsmitgliedern und dem sehr motivierten Vorstand von BALL bedanken. Sobald die Formalitäten erledigt sind, wird BALL ein Spendenkonto haben. Bei Fragen zum Verein, wendet euch bitte an die Vorsitzende, Anja Lehmann, E- Mail: info@ball-online.net 2. Sobral - Bats in Action hat ein Zuhause Nach meiner Rückkehr nach Brasilien wartete ich ungeduldig auf das Startsignal, um meine Arbeit mit den blinden Kindern in Sobral zu beginnen. Im März war es soweit, ich verließ Fortaleza und reiste nach Sobral, bereit für die neue Herausforderung. Sobral ist eine Stadt mit knapp 200.000 Einwohnern, die in vielen umliegenden Dörfern verstreut sind. Für brasilianische Verhältnisse ist die Stadt recht überschaubar. In Sobral bekomme ich sehr viel unterstützung von Silvia, einer Freundin, die in der Stadtverwaltung für sonderpädagogische Betreuung von Schülern mit Behinderung verantwortlich ist. Sie hilft mir nicht nur beim Auffinden blinder Kinder, sondern auch ganz praktisch mit einem warmen Mittagessen. Die ersten Tage wohnte ich bei Silvia und ihrer Familie, bis ich eine Wohnung in derselben Straße fand. Jetzt hat Bats in Action ein Zuhause, eine Wohnung mit einem großen Wohnzimmer, einer Küche, einem kleinen Gästezimmer und
einem Zimmer für meine Hängematte. Zurzeit nutze ich die Wohnung hauptsächlich als Büro, aber ich hoffe, bald kleine Gruppen von Kindern und Jugendlichen zum Spielen, Lernen und gemeinsamen Kochen einladen zu können. 3. Es geht los - Erste Aktivitäten Bereits bei meinen Besuchen in Sobral habe ich blinde Kinder und Jugendliche kennengelernt, die reguläre Schulen besuchen. Jetzt versuche ich, Kinder in Sobral und Umgebung zu finden, die noch nicht in die Schule gehen. Viele Eltern sind sehr besorgt und beschützen ihre blinden Kinder so sehr, dass sie kaum das Haus verlassen. Der Mangel an Förderung kann zu großen Problemen in der Entwicklung der Kinder führen, deshalb ist es wichtig, die Eltern möglichst früh zu überzeugen, dass ihre blinden Kinder lernen und selbstständig werden können. In der ersten Phase des Projekts arbeite ich mit den Kindern individuell oder in kleinen Gruppen in der Schule oder zu Hause. Wir erkunden unsere Umgebung in der Schule oder der Nachbarschaft. Alle Kinder bekommen einen Langstock, das ist eine spannende Erfahrung vor allem für die Kleinen. Jugendliche schämen sich oft und wehren sich hartnäckig gegen den Stock. Ein Stock hat schon einen Namen, Joelma ist die neue Freundin von Wyliane (4). Sie flitzt mit Joelma durch die Schule und hat besonders viel Spaß beim Treppen steigen. Kauane (10) wehrte sich anfangs gegen den Stock. Jetzt bewegt sie sich schon sicherer in ihrem Dorf und kennt den Weg zur Schule. Unsere gemeinsamen Erkundungen waren eine wichtige Erfahrung für sie, vor allem weil ich auch einen Stock benutze. Je nach Alter und Voraussetzungen arbeiten wir an der Feinmotorik zur Vorbereitung auf das Erlernen der Brailleschrift oder wir üben das Lesen und Schreiben in Braille. Besonders eignen sich Ton, Knetmasse oder Spielzeug zum Bauen und Zusammenstecken. Matusalem (12) ist sehbehindert. Zwar kann er sich noch gut orientieren und lesen, aber sein Sehvermögen verschlechtert sich unaufhaltsam. Deshalb bereite ich ihn schon jetzt
darauf vor, seine übrigen Sinne zu benutzen und alternative Methoden zu lernen. Er lernt sehr schnell und kennt schon viele Buchstaben in Braille. Viele Schulkinder haben wenig Gelegenheit, Braille zu lesen, deshalb haben sie Schwierigkeiten und sind oft frustriert. Ich bin jetzt auf der Suche nach Aktivitäten, die spielerisch das Lesen fördern. Viele Kinder und Jugendliche haben Spaß mit dem Computer. Wir benutzen Audio-Computerspiele, um Koordination, Reaktion und das Finden von Tasten zu üben. Dann wagen wir uns ans Zehnfinger-System, damit die Schüler selbstständig Texte lesen und schreiben können. Vitória (14) lernt das Schreiben auf der Computertastatur. Mit dem Computer kann sie besser mit ihren Lehrern kommunizieren und Schularbeiten erledigen. Ihre ersten Kenntnisse gibt sie gleich an Angela (12) weiter, die sich der Gruppe angeschlossen hat. Viele Kinder und Jugendliche haben wenig Gelegenheit, selbstständig zu essen, sich anzuziehen oder Aufgaben im Haushalt zu erledigen. Wo möglich, besuche ich Kinder zu Hause und ermutige sie zur Selbstständigkeit. Mit Wyliane (4) haben wir das Anziehen zunächst an einer Puppe geübt. Danach begann der Kampf mit den eigenen Füßen und Sandalen. Kauane hatte bisher noch nie gekocht, aber unser Nudelauflauf hat der ganzen Familie geschmeckt. Sie konnte beim Schälen von Knoblauch, beim Käse Reiben und beim Rühren im Topf ganz neue Erfahrungen sammeln. 4. Erfolge und Schwierigkeiten Nach einem Monat kann Bats in Action schon erste Erfolge vorweisen. 7 Kinder und Jugendliche nehmen regelmäßig an den Aktivitäten teil. Sie machen Fortschritte und alle haben schon dazu gelernt. Viele Lehrer sind sehr interessiert und beteiligen sich an der Arbeit. Auch manche Eltern unterstützen ihre Kinder sehr und ermutigen sie zum Lernen.
Ich habe viele Freunde gefunden, die mich tatkräftig unterstützen. Koordination von Besuchen in Schulen, das Auffinden von blinden Kindern, das Erledigen von Telefonaten sind nur einige Bereiche, in denen ich Hilfe brauche. Schwierig ist die Arbeit mit manchen Familien, die ihre Kinder über alle Maßen behüten und aus Scham, Misstrauen oder Fürsorge von der Außenwelt isolieren. Eine Familie weigert sich, ihren zwölfjährigen Sohn zur Schule zu schicken. Bei jedem Besuch wird eine andere Entschuldigung angeführt, warum er nicht zur Schule gehen kann. Diese und andere Eltern denken, dass ihre blinden Kinder nicht in der Lage sind zu lernen und ein selbstständiges Leben zu führen. Ich bin dabei, eine Strategie zu entwickeln, um den Eltern Mut zu geben, ihre Kinder selbst Erfahrungen sammeln zu lassen. Die Arbeit mit den Schulen ist auch eine Herausforderung. Viele Kinder sitzen im Unterricht beispielsweise der 6. Klasse, können aber noch nicht genug Braille, um Notizen zu machen. Außerdem fehlt es an Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien in Braille. Es gibt Schulen, die werden mit Hilfsmitteln wie Brailledruckern und Scannern ausgestattet, aber niemand kann die Geräte bedienen. Außerdem wird kein Papier für den Brailledrucker mitgeliefert. Bei alle dem ist die Situation in Sobral vergleichsweise gut, weil sich die Stadtregierung um die Inklusion bemüht. In benachbarten Gemeinden haben blinde Kinder kaum Unterstützung. Eine vorbereitende Grundschule für blinde Kinder aus der Region ist dringend nötig. 5. Nächste Schritte Eine meiner Prioritäten ist jetzt die Gründung einer Organisation, die der Arbeit von Bats in Action in Brasilien eine offizielle Form gibt. Deshalb versuche ich, Freunde und Unterstützer zu motivieren, um mir bei der Vereinsgründung zu helfen. Am 11. Mai fand eine Veranstaltung statt, um Bats in Action offiziell zu starten. Eingeladen waren blinde Kinder und Jugendliche mit ihren Familien und Lehrern, Studenten, Vertreter der Medien und alle Interessierten. Bei dieser Gelegenheit stellte ich meine Arbeit vor und warb um Unterstützung. Jetzt gilt es Nägel mit Köpfen zu machen und die Organisation ins Leben zu rufen. Das waren die wichtigsten Neuigkeiten aus Sobral. Regelmäßige Updades findet
ihr auf meinem Blog http://www.same-but-different.net und auf Facebook http://www.facebook.com/batsinaction Ich freue mich über Fragen, Anmerkungen und Ideen. Sonnige Grüße aus Sobral Anja