Essen als Bewältigungsstrategie...



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Transkript:

Petra Horat Gutmann, www.gesundheitsjournalistin.ch Der folgende Artikel erschien in der Schweizer Zeitschrift Gesundheits- Nachrichten (www.gesundheitsnachrichten.ch, März 2014). Der leicht aktualisierte Text wird aus Copyright-Gründen ohne Fotos wiedergegeben. Essen als Bewältigungsstrategie... Schockolade verschlingen, um sich zu trösten? Über den Hunger hinaus essen, weil man frustriert oder gelangweilt ist? Das Essen aus emotionalen Gründen das sogenannte «Comfort- Eating» ist die häufigste Störung des Essverhaltens in wohlhabenden Ländern. Die Therapeutin Margreth Brühl zeigt Comfort- Eatern, wie sie ihr Essverhalten harmonisieren können. Heisshungerattacken, Angst vor dem Dickwerden, missglückte Diätversuche - für Margreth Brühl sind solche «Essprobleme» Alltag. Als Ernährungsberaterin am Kantonsspital Liestal und an der Klinik Schützen in Rheinfelden hat sie tagtäglich mit Menschen zu tun, die unter Störungen des Essverhaltens und Übergewicht leiden. Dass immer mehr Menschen von Essverhaltensstörungen und Korpulenz betroffen sind, ist für die Fachfrau kein Zufall. «Es besteht ein Defizit an Verhaltensstrategien im Umgang mit dem Überfluss an Nahrungs- und Genussmitteln», sagt die 54-Jährige. «Hinzu kommen neue Essgewohnheiten, die durch Zeitknappheit, Effizienzdruck und die Lust, dauernd Neues zu entdecken, geprägt sind.» Auch der kollektive Schlankheits- und Diätwahn ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 1

spiele eine Rolle, ist Margreth Brühl überzeugt. Die meisten Diäten seien fremdbestimmt, also durch Einflüsse von aussen gelenkt, und würden die interne Regulation von Körper und Psyche ausser Acht lassen. Viele Abnehmvorschriften würden beispielsweise einseitig auf Willen oder Disziplin setzen und das Kontroll- Paradox übersehen, dass ein Verhalten häufiger auftrete, wenn man es zu unterdrücken versuche. Ein Leben in «Pantoffeln» Der Begriff Comfort-Eating leitet sich her vom englischen Wort «Comfort», auf deutsch «Trost» oder «Behaglichkeit». Der Comfort-Eater isst also, um sich zu trösten, beziehungsweise um sich behaglicher zu fühlen. Zum Beispiel, weil er gestresst ist, nervös, ängstlich, ungeduldig, besorgt, wütend, frustriert oder gelangweilt. Margreth Brühl sagt über das Comfort-Eating: «Bildhaft ausgedrückt, ziehen sich Comfort-Eater Pantoffeln an. Mit dieser Fussbekleidung fühlen sie sich wohl und entspannt. Doch die Taktik funktioniert nur vorübergehend. Auf Dauer beeinträchtigt sie das Wohlbefinden, denn sie ist weder gesundheitsfördernd noch gewichtsfreundlich und engt die Selbstwahrnehmung zu stark ein.» Der Comfort-Eater brauche deshalb seelische «Wanderschuhe», sagt die Therapeutin: «In diesen Schuhen kann er sich auf eine Entdeckungsreise machen, die ihn näher zu sich selbst führen wird.» Für den Beginn dieser Reise ist es hilfreich zu wissen, dass sich die innere Instanz, die das Essen steuert, ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 2

ausschliesslich «am Jetzt orientiert», wie Margreth Brühl erklärt. «Gedanken an die Zukunft beispielsweise an mögliches Übergewicht, an gewichtsbedingte Gelenkabnützung oder hohen Blutdruck spielen im Moment des Essens keine Rolle.» Deshalb müsse man sich «Jetzt-Ziele» setzen, wenn man sich aus den Fängen des Comfort-Eatings befreien wolle. Die «Jetzt-Ziele» erkennen Am Kantonsspital Liestal, wo Margreth Brühl das auf den Körper konzentrierte und lösungsorientierte Esstraining «Versöhnung mit Praliné & Co.» leitet, kann die Therapeutin täglich beobachten, wie Menschen mit einer Essverhaltensstörung oder Übergewicht anfangen, sich solche Jetzt-Ziele zu setzen. Dazu Margreth Brühl: «Es macht keinen Sinn, dass diese Menschen Kalorien zählen oder dauernd überlegen, was sie essen dürfen und was nicht. Das ist zu kopfgesteuert und bringt auf Dauer nichts. Wichtig ist, dass die Betroffenen mit ihrer Aufmerksamkeit ganz ins Hier und Jetzt kommen: zu den Empfindungen ihres Körpers, zum bewussten Wahrnehmen ihrer Gefühle und Gedanken.» Dazu gehöre, dass man sich folgende Fragen stelle, wenn sich die Esslust melde: Habe ich biologischen Hunger? Drängen mich Emotionen zum Essen etwa Ärger, Langeweile, Nervosität, Frust oder ein anderes (angenehmes oder unangenehmes) Gefühl? Wie fühle ich mich gerade? ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 3

Wie fühlt sich mein Körper an: Atem, Muskeln, Bauch, Füsse? Warte mal! Margreth Brühl weiss aus langjähriger Erfahrung, dass viele Comfort-Eater oder Übergewichtige erst dank einer solchen Selbstbeobachtung merken, dass sie ihren Körper gar nicht wahrnehmen. Genau dies sei der erste Schritt auf dem Weg zur Harmonisierung des Essverhaltens. Um diese Fähigkeit zu schulen, rät Margreth Brühl zu einer kleinen Pause: «Untersagen Sie sich das Essen nicht, wenn Sie Appetit bekommen, aber verschieben Sie den Beginn des Essens um einige Minuten.» Voraussetzung dafür sei, dass man vorher keine Mahlzeit habe ausfallen lassen. Andernfalls gehe ein Notfallprogramm los, das man nicht mehr steuern könne. «Wichtig ist auch», so Margreth Brühl, «dass man den zeitlichen Aufschub nicht mit einer kopflastigen Tätigkeit überbrückt, sondern mit einer Aktivität, welche die Selbstwahrnehmung verfeinert.» Also zum Beispiel mit achtsamem Atmen, körperlicher Bewegung oder einer mentalen Entspannungsübung. Aus wenig wird viel Erst danach setzt man sich bequem zum Essen hin allerdings ohne jegliche Ablenkung, wie Margreth Brühl empfiehlt: ungestört durch Radio, Fernseher, Lektüre oder Telefon, in Gedanken ganz beim Essen, konzentriert aufs Schmecken der Nahrung. «Machen Sie sich die Befriedigung, die sich gerade im Mund vollzieht, voll bewusst. Nehmen Sie das Knackige, ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 4

Weiche, Knusprige, Glatte, Süsse, Salzige auf Ihrer Zunge wahr kurz: alle Nuancen von Textur und Geschmack der Speise.» Die gesammelten Informationen werden im Befriedigungszentrum des Gehirns die Botschaft «Das schmeckt gut!» auslösen, begleitet von einem Gefühl der Freude und Entspannung. Gleichzeitig führen das achtsame Essen und das daraus resultierende langsamere Kauen über nerval-biochemische Prozesse zu einem Gefühl der Zufriedenheit und einer rascheren Sättigung. Das bestätigen auch Margreth Brühls Kursteilnehmer: Ihr Erstaunen ist jeweils gross, wenn sie das erste Mal erleben, dass der achtsame Genuss eines einzigen Biskuits oder eines Stückchens Schokolade ein Gefühl der satten Zufriedenheit hervorrufen. Für eingefleischte Comfort-Eater sind solche Erlebnisse beeindruckend, zumal die meisten von ihnen selten richtig in die Nahrung hineinschmecken. Auch sind viele von ihnen überzeugt, dass das Essen grosser Mengen genussvoll sei, wie Margreth Brühl feststellt: «In Wahrheit wird das Geschmackserlebnis nicht grösser und toller, je mehr man isst. Im Gegenteil: Es kommt mit zunehmendem Essen zu einem Rückgang der Wahrnehmung.» Das Gehirn programmieren Auf ihrer Entdeckungsreise können Comfort-Eater lernen, dass nicht der leer gegessene Teller oder die leere Chipstüte das Signal zum Aufhören geben, sondern das eigene Körpergefühl, vorab das Sättigungsgefühl von Magen und Bauch. Wurde dieses ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 5

jahre- oder gar jahrzehntelang ignoriert, könne es am Anfang anstrengend sein, achtsam zu essen, weiss Margreth Brühl. «Auch werden einem die alten Essgewohnheiten immer wieder einen Streich spielen. Doch jeder Versuch, achtsam zu essen, prägt sich dem Gehirn ein. So entsteht allmählich ein neuer Daten-Pfad im Gehirn, der sich mit der Zeit in eine Daten-Autobahn verwandelt, und diese wird das harmonische Essverhalten festigen.» Elastisch werden Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Comfort-Eater unangenehme Emotionen und negative Gedankenmuster entdecken, sobald sie anfangen, sich systematisch aufmerksamer zu beobachten. Beispielsweise, dass man jeden Abend eine Schachtel Biskuits verschlingt, weil man sich langweilt. Für Margreth Brühl sind solche Entdeckungen eine wunderbare Gelegenheit, um die innere Freiheit zu entfalten: «Statt automatisch zu den Biskuits zu greifen, beginnt man im Idealfall, über alternative Verhaltensstrategien nachzudenken. Man macht sich daran, das eigene Potential zu erforschen und zu nutzen.» In diesem Zusammenhang ist es gut zu wissen, dass negative Emotionen keine unveränderlichen Naturgesetze sind. Man kann lernen, elastischer mit ihnen umzugehen! Dazu Brühl: «In jedem Menschen schlummern Begabungen und Qualitäten, mit deren Hilfe man beispielsweise ein Gefühl wie Langeweile konstruktiv verwandeln kann.» ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 6

Wie rede ich mit mir? Auch die Selbstgespräche der Comfort-Eater bieten häufig Optimierungsbedarf. Margreth Brühl hat beobachtet, dass viele Comfort-Eater und Übergewichtige dazu neigen, sich selbst Vorwürfe zu machen, sich zu beschimpfen oder gar zu erniedrigen, wenn sie kulinarisch über die Stränge hauen. Es sei deshalb wichtig, so die Therapeutin, dass sie sich immer wieder fragen: «Wie rede ich mit mir? Würde ich auch mit anderen so reden?» Denn eine freundschaftlichunterstützende Einstellung zu sich selbst erleichtert den Umgang mit negativen Gefühlen und harmonisiert das Essverhalten. Die Erfahrung zeigt: Comfort-Eater, die in diesem Sinne achtsam unterwegs sind, vertrauen ihrem Körpergefühl und ihrer Intuition mit der Zeit immer mehr. Sie bevorzugen von alleine mehr natürliche, vitalisierende Lebensmittel, naschen weniger und nehmen sich kleine kulinarische «Ausrutscher» weder übel noch dramatisieren sie diese. Auch nutzen sie neben dem Essen vielfältige Verhaltensstrategien, um sich wohler zu fühlen zum Beispiel, indem sie im richtigen Moment angenehme Musik hören, einem interessanten Hörbuch lauschen, sich in einen schönen Bildband vertiefen oder unter eine kuschelige Decke schlüpfen. In den Wanderschuhen der Achtsamkeit finden letztlich alle Comfort- Eater zum gleichen Ziel: Weg vom gedankenlosen Essen hin zu einer facettenreichen, freudvollen Selbstfürsorge. ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 7

TIPP Eigenes Essverhalten erforschen Die Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung rund ums Essen kann man spielerisch fördern. Hier sind drei Beispiele aus dem Praxisalltag von Magreth Brühl. 1 Sättigungsbarometer beobachten Stellen Sie sich ein Hunger- und Sättigungsbarometer mit einer Skala von 0 bis 20 vor. Wählen Sie in Gedanken ein Nahrungsmittel aus und stellen Sie sich vor, wie sich Magen und Bauch anfühlen, wenn Sie es essen würden. Beobachten Sie, welchen Sättigungsgrad die Skala anzeigt. Verdoppeln, dann verdreifachen Sie die Menge des Nahrungsmittels, und überprüfen Sie, wie sich das Sättigungsbarometer verändert. Zum Schluss konzentrieren Sie sich auf das Gefühl, mit dem sie sich am wohlsten gefühlt haben. Die Chance ist gross, dass Sie sich wesentlich rascher satt und zufrieden fühlen, als Sie gedacht hätten! 2 In die Flamme schauen Zünden Sie das nächste Mal, wenn sich die Esslust meldet, ein Streichholz an und schauen sie zu, bis es abgebrannt ist. Achten Sie darauf, wie Sie atmen und wie sich Ihre Muskeln anfühlen. Dann setzen Sie sich hin und essen Sie genussvoll. Legen Sie während des Essens immer wieder mal das Besteck weg und achten Sie ausschliesslich aufs Kauen. ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 8

3 Körper-Detektiv spielen Essen Sie drei bis vier Stunden nichts und machen Sie sich in dieser Zeit zum neugierigen Beobachter Ihrer Körperempfindungen. Wo fühlen Sie Leere? Wo Fülle? Schauen Sie wie ein Aussenstehender zu, was geschieht. Es könnte Ihnen dabei ergehen wie jener übergewichtigen Körper- Detektivin, die erkannte: «Ein kleiner Hunger tut gar nicht so weh und bedroht mich nicht! Ich weiss jetzt, dass nichts Schlimmes passiert, sondern dass es befreiend wirkt, wenn ich einige Stunden lang nichts esse.» ein Beitrag von Petra Horat Gutmann Seite 9