Wiederholen einer Jahrgangsstufe April 2013 1. Kurzinformation im Überblick Die vom Lehrplan vorgegebenen unterrichtlichen Anforderungen in den einzelnen Jahrgangsstufen der Grundschule orientieren sich an einem durchschnittlich begabten und belastbaren Kind. Im Bedarfsfall können individuelle Fördermaßnahmen Lernprozesse unterstützen. Es kann aber auch vorkommen, dass ein Kind aus unterschiedlichen Gründen über längere Zeit in mehreren Teilbereichen dem Unterricht nicht mehr folgen kann. Da der Lehrplan der Grundschule curricular aufgebaut ist, die nächsthöhere Jahrgangsstufe also die Inhalte der vorausgegangenen Klasse voraussetzt, können vorhandene Wissensdefizite sinnvolles und angemessenes Lernen verhindern. Schülerinnen und Schüler erhalten in diesem Fall die Möglichkeit, durch Wiederholen der Jahrgangsstufe das Versäumte nachzuholen und zu festigen. 2. Schulrechtliche Bedingungen Die schulrechtlichen Grundlagen sind im BayEUG und in der VSO verankert. a) Aussagen des BayEUG (Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen) BayEUG Art. 52 (3) 1 Unter Berücksichtigung der einzelnen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen werden Zeugnisse erteilt. 2 Hierbei werden die gesamten Leistungen einer Schülerin bzw. eines Schülers unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler in pädagogischer Verantwortung der Lehrkraft bewertet. Für die Festlegung von Zeugnisnoten muss eine ausreichende Zahl von Einzelnoten zur Verfügung stehen. Die Gewichtung der einzelnen Leistungen liegt dabei mehr im pädagogischen Ermessen der Lehrkraft als in arithmetischen Regeln. BayEUG Art. 53 Abs. 1 (1) In die nächsthöhere Jahrgangsstufe rücken Schülerinnen und Schüler vor, die während des laufenden Schuljahrs oder des sonstigen Ausbildungsabschnitts die erforderlichen Leistungsnachweise erbracht und dabei den Anforderungen genügt haben. Vorrücken ist der Übergang in die nächsthöhere Jahrgangsstufe zum Schuljahreswechsel, Wiederholen der nochmalige Besuch der bisherigen Jahrgangsstufe, ebenfalls zum Schuljahreswechsel. Beides erfolgt innerhalb der gleichen Schulart. In die Jahrgangsstufen 2 und 3 rücken die Schüler automatisch vor und nur ausnahmsweise kann gemäß 46 Abs. 1 Satz 2 VSO das Vorrücken durch eine ausdrückliche Entscheidung, die ein Verwaltungsakt ist, versagt werden. BayEUG Art. 53 Abs. 2 (2) Schülerinnen und Schüler, die die Erlaubnis zum Vorrücken nicht erhalten haben, können die bisher besuchte Jahrgangsstufe derselben Schulart wiederholen. Seite 1
Das BayEUG Art. 53 Abs. 3 besagt, dass dieselbe Jahrgangsstufe nicht zweimal wiederholt werden kann und nach Wiederholung einer Jahrgangsstufe die Wiederholung der nächsthöheren ausgeschlossen ist. Diese Regelung gilt allerdings nicht für Volksschulen! Für Volksschulen gilt: Volksschüler (Grund- und Mittelschüler) können im Einzelfall auch dieselbe Jahrgangsstufe mehrfach wiederholen oder nach Wiederholung einer Jahrgangsstufe auch die nächstfolgende wiederholen oder mehrfach wiederholen. In all diesen Fällen ist aber von der Volksschule stets zu prüfen, ob nicht eine Überweisung in die Förderschule angebracht ist. ( 28 VSO) BayEUG Art. 53 Abs. 4 (4) 1Zuständig für die Entscheidung nach den Absätzen 1 mit 3 ist die Klassenkonferenz. 2Für einzelne Schularten kann in der Schulordnung ein anderes aus Lehrkräften der Schule gebildetes Gremium oder die Klassenleiterin bzw. der Klassenleiter bestimmt werden. 3Mitglieder der Klassenkonferenz sind die in der Klasse unterrichtenden Lehrkräfte und die Schulleiterin bzw. der Schulleiter oder eine von ihr bzw. ihm beauftragte Lehrkraft als Vorsitzender. In der Grundschule und in der Mittelschule gibt es grundsätzlich keine Klassenkonferenz, die über Notengebung, Vorrücken oder Wiederholen beschließt. Eine Ausnahme hiervon macht jedoch 46 Abs. 1 Satz 2 VSO für die Fälle, in denen Schülern der Jahrgangsstufen 1 und 2 ausnahmsweise das Vorrücken versagt werden soll. Auch in diesen Jahrgangsstufen werden zwar die Berichte, Bewertungen und Noten vom Klassenleiter im Einvernehmen mit den in der Klasse unterrichtenden Lehrkräften festgesetzt, die Entscheidung über die ausnahmsweise Versagung des Vorrückens ist aber gemäß Art. 53 Abs. 4 Satz 2 BayEUG dem höheren Gremium der Lehrerkonferenz übertragen, In diesen Fällen ist die Entscheidung der Lehrerkonferenz für den Klassenleiter und den Schulleiter bindend. 46 Abs. 8 VSO, (Zuständigkeit) (8) 1Über das Vorrücken entscheidet die Klassenleiterin oder der Klassenleiter im Einvernehmen mit den sonstigen in der Klasse unterrichtenden Lehrkräften. 2Über den Notenausgleich nach Absatz 6 entscheidet die Lehrerkonferenz. Kommentar In der Volksschule entscheidet der Klassenleiter allein über die Noten in den Fächern, die er selbst unterrichtet, und jeweils zusammen mit der zuständigen Lehrkraft in den Fächern, in denen andere Lehrkräfte unterrichten. Art. 53 Abs. 5 BayEUG (Ausnahmen) (5) 1Von den Folgen nach Absatz 3 kann die Lehrerkonferenz befreien, wenn zuverlässig anzunehmen ist, dass die Ursache des Misserfolgs nicht in mangelnder Eignung oder schuldhaftem Verhalten der Schülerin oder des Schülers gelegen ist. 2Die Lehrerkonferenz entscheidet auch darüber, ob bei einer Schülerin oder einem Schüler, die oder der von einer Schule anderer Art übergetreten ist und an der zuvor besuchten Schule bereits einmal wiederholt hat, Abs. 3 anzuwenden ist. Kommentar Die Lehrerkonferenz kann aus pädagogischen Gründen einer Versetzung zustimmen. BayEUG Art. 75 (1) Die Schule ist verpflichtet, die Erziehungsberechtigten möglichst frühzeitig über ein auffallendes Absinken des Leistungsstands oder sonstige wesentliche, den Schüler betreffende Seite 2
Vorgänge schriftlich, aber nicht in elektronischer Form zu unterrichten. Ist eine Benachrichtigung unterblieben, so kann daraus ein Recht auf Vorrücken nicht hergeleitet werden. Die Verpflichtung, die Erziehungsberechtigten frühzeitig über ein Absinken des Leistungsstandes zu unterrichten, gehört zu den selbstverständlichen Fürsorgepflichten der Schule. (2) Steht am Ende des Schuljahres fest, dass ein Schüler in die nächsthöhere Jahrgangsstufe nicht vorrücken darf oder die Abschlussprüfung nicht bestanden hat, so ist die Schule verpflichtet, den Erziehungsberechtigten über den weiteren Bildungsweg des Schülers Beratung anzubieten. Kommentar Die Beratung kann durch die Klassenleitung, die Schulleitung oder Beratungsfachkräfte erfolgen. b) Aussagen der Volksschulordnung (VSO) VSO 46 Abs. 1 (Jahrgangsstufen 1 und 2) (1) 1Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 und 2 rücken ohne besondere Entscheidung vor. 2Ergeben sich aus dem Bericht nach 50 Abs. 1 Satz 1 Zweifel, ob die Schülerin oder der Schüler dem Unterricht in der nächsten Jahrgangsstufe folgen kann, entscheidet die Lehrerkonferenz. Das Vorrücken in die Jahrgangsstufen 2 und 3 kann ausnahmsweise versagt werden, wenn Zweifel bestehen, ob der Schüler/die Schülerin dem Unterricht in der nächsten Jahrgangsstufe folgen kann, 46 Abs. 1 Satz 2 VSO. Zuständig für diese Entscheidung ist die Lehrerkonferenz. Das setzt natürlich eine begründete Vorlage des Klassenleiters voraus, zu der er auch die übrigen in der Klasse unterrichtenden Lehrkräfte, gegebenenfalls auch den Förderlehrer, den für den Schüler eingesetzten Vertreter des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes, eventuell auch den Schulpsychologen und den Schularzt hören muss. Zu Beginn des Schuljahrs 2010/2011 startet an 20 Modellschulen in Bayern der vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus und der Stiftung Bildungspakt Bayern gemeinsam getragener Modellversuch Flexible Grundschule. Der Modellversuch sieht im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der eingeschulten Kinder vor, dass an Stelle der ersten beiden Jahrgangsstufen der Grundschule eine Eingangsstufe in Form kombinierter Klassen eingerichtet wird, die die Schüler entsprechend ihrer Begabung, ihrer kognitiven und sozialen Entwicklung und ihrer Vorbildung in individuellem Tempo in einem Jahr, in zwei oder in drei Jahren durchlaufen können. Innerhalb dieser Klasse gibt es kein Vorrücken oder Sitzen bleiben. VSO 46 Abs. 2 (Allgemeine Regel für die Jahrgangsstufen 3 bis 8) (2) Das Vorrücken in den Jahrgangsstufen 3 mit 8 soll nur dann versagt werden, wenn die Schülerin oder der Schüler in der Entwicklung oder in den Leistungen erheblich unter dem altersgemäßen Stand der betreffenden Jahrgangsstufe liegt und nicht erwartet werden kann, dass die Schülerin oder der Schüler am Unterricht in der nächsten Jahrgangsstufe mit Erfolg teilnehmen kann. Die Entscheidung über das Vorrücken oder Sitzen bleiben erfolgt in pädagogischer Verantwortung und lässt der Schule einen Raum pädagogischer Bewertung. VSO 46 Abs. 3 (Jahrgangsstufen 3 und 4) Seite 3
(3) In den Jahrgangsstufen 3 und 4 liegen die Voraussetzungen des Absatzes 2 in der Regel vor, wenn die Schülerin oder der Schüler 1. im Fach Deutsch oder im Fach Mathematik die Note 6 und in dem anderen dieser Fächer oder im Fach Heimat- und Sachunterricht keine bessere Note als 5 erhält oder 2. in den Fächern Deutsch und Mathematik die Note 5 und im Fach Heimat- und Sachunterricht die Note 6 erhält. Tabellarische Übersicht Schüler, deren Noten nicht besser sind als in der nachfolgenden Übersicht dargestellt, rücken in den Jahrgangsstufen 3 und 4 in aller Regel nicht in die nächsthöhere Jahrgangsstufe vor: Deutsch Mathematik Heimat- und Sachunterricht 6 6 beliebig 6 5 beliebig 5 6 beliebig 6 beliebig 5 beliebig 6 5 5 5 6 VSO 46 Abs. 5 (Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache) (5) 1Für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache, die Unterricht in Deutsch als Zweitsprache erhalten, tritt in den Absätzen 3 und 4 an die Stelle des Fachs Deutsch das Fach Deutsch als Zweitsprache. 2Bei Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache in deutschsprachigen Klassen, die keinen Unterricht im Fach Deutsch als Zweitsprache erhalten, sind in den ersten beiden Jahren des Schulbesuchs in der Bundesrepublik Deutschland unzureichende Leistungen im Fach Deutsch bei der Entscheidung über das Vorrücken nicht zu berücksichtigen. 3Für Schülerinnen und Schüler, die Unterricht im Fach Muttersprache erhalten, tritt in Absatz 4 das Fach Muttersprache an die Stelle des Faches Englisch. Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf 46 Abs. 7 VSO (Sonderpädagogischer Förderbedarf) (7) Schülerinnen und Schülern mit festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf, bei denen gemäß 44 Abs. 3 von einer Bewertung der Leistungen durch Noten abgesehen wird, ist abweichend von den Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 das Vorrücken zu ermöglichen, wenn zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen für eine aktive Teilnahme voraussichtlich auch in der nächsthöheren Jahrgangsstufe gegeben sind. Kommentar 46 Abs. 7 VSO gilt für solche Schüler, bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt ist und die gemäß Art. 41 Abs. 1 Satz 2 BayEUG aktiv am Unterricht teilnehmen können, für die aber die Lehrerkonferenz gemäß 44 Abs. 3 Satz 1 VSO auf eine Bewertung mit Noten verzichtet hat.... Diese Schüler können nicht auf dem allgemeinen Anforderungsniveau der Volksschulklasse erfolgreich teilnehmen und erhalten deshalb im Jahreszeugnis keine Noten, sondern allgemeine verbale Bewertungen. Auf sie können also die auf Noten abstellenden Vorrückungsbestimmungen nicht angewendet werden. In M-Klassen können solche Schüler ohnehin nicht aufgenommen werden. Seite 4
Auf Schüler, die trotz festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf sei es mit, sei es ohne Unterstützung durch Mobile Sonderpädagogische Dienste auf dem allgemeinen Anforderungsniveau ihrer Klasse mitarbeiten können, gilt 46 Abs. 7 VSO nicht; auf sie sind vielmehr die allgemeinen Regelungen des 46 Abs. 1 bis 6 VSO anzuwenden. Sie werden also benotet und nach o.g. Versetzungsbestimmungen versetzt. Das Gleiche gilt für behinderte Schüler, deren sonderpädagogischer Förderbedarf nicht förmlich festgestellt ist z. B. wegen Offensichtlichkeit oder die trotz Behinderung keinen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Vorrückungskriterien Den in 46 Abs. 7 VSO angesprochenen Schülern (Schüler, bei denen die Noten durch eine verbale Beurteilung ersetzt werden) ist das Vorrücken zu ermöglichen, wenn zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen für eine aktive Teilnahme auch in der nächsthöheren Jahrgangsstufe gegeben sind. Es muss also eine Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Schülers im darauf folgenden Schuljahr erstellt werden. Erforderlichenfalls sind der Schularzt, der Schulpsychologe und der Vertreter des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes zu beteiligen. 48 Abs. 1 VSO (Freiwillige Wiederholung, Rücktritt) (1) 1Auf Antrag der Erziehungsberechtigten können Schülerinnen oder Schüler freiwillig wiederholen oder spätestens zum Schulhalbjahr in die vorherige Jahrgangsstufe zurücktreten. 2Die Entscheidung trifft die Lehrerkonferenz unter Würdigung der schulischen Leistungen der Schülerin oder des Schülers. Kommentar Die Vorschrift regelt die Fälle, in denen ein Schüler nach den im Jahreszeugnis erzielten Leistungen an sich vorrücken dürfte, aber noch einmal freiwillig die vorher besuchte Jahrgangsstufe besuchen möchte. Das wird meist dann der Fall sein, wenn der Schüler oder seine Erziehungsberechtigten befürchten, dass der Schüler den Anforderungen der nächsthöheren Jahrgangsstufe nicht gewachsen sein wird. Denkbar ist das z. B. bei einem vorzeitig eingeschulten Kind, das dann in der ersten Klasse überfordert war. Ferner sind die Fälle geregelt, in denen ein Schüler während des Schuljahres, spätestens aber im Anschluss an die Aushändigung des Zwischenzeugnisses, in die unter seiner Jahrgangsstufe liegende Jahrgangsstufe zurücktreten möchte. 48 Abs. 1 VSO macht das freiwillige Wiederholen und den Rücktritt nicht von der Erfüllung genau fixierter Bedingungen abhängig. Die Entscheidung ist in pädagogischer Verantwortung zu treffen. Das freiwillige Wiederholen und der Rücktritt sind nur zulässig, wenn die Erziehungsberechtigten einen entsprechenden Antrag stellen. Ohne einen solchen Antrag kann die Schule diese Maßnahmen nicht verfügen. Die Schule muss aber die Erziehungsberechtigten eingehend beraten. Eine Rücknahme des Antrags ist jedenfalls bis zur Entscheidung der Lehrerkonferenz zulässig, aber auch noch, bevor die Entscheidung der Lehrerkonferenz vollzogen ist. Zuständig für die Entscheidung ist nicht der Klassenleiter im Einvernehmen mit den in der Klasse unterrichtenden Lehrern (vgl. 46 Abs. 8 Satz 1 VSO), sondern die Lehrerkonferenz. Daraus ergibt sich auch, welche Bedeutung die Volksschulordnung dieser Entscheidung beimisst. Die Entscheidung der Lehrerkonferenz ist für den Schulleiter bindend. (Art. 58 Abs. 4 Satz 1 BayEUG i. V. m. 48 Abs. 1 Satz 2 VSO9. Der Schulleiter muss diesen Beschluss grundsätzlich ausführen, muss also dem Beschluss entsprechend die Wiederholung der Jahrgangsstufe oder den Rücktritt genehmigen oder ablehnen. Die VSO verbietet nicht, von der freiwilligen Wiederholung einer Jahrgangsstufe oder dem Rücktritt in die niedrigere Jahrgangsstufe auch wiederholt Gebrauch zu machen. Pädagogisch sinnvoll wird dies allerdings in der Regel nicht sein, vielmehr sollte in solchen Fällen die Überweisung an die Förderschule in Betracht gezogen werden. Seite 5
Ende der Vollzeitschulpflicht 48 Abs. 1 VSO gilt auch, wenn der Schüler neun Schulbesuchsjahre zurückgelegt und damit seine Vollzeitschulpflicht erfüllt hat. In diesen Fällen kann er von dem Recht Gebrauch machen, nach Art. 38 BayEUG die Mittelschule freiwillig ein zehntes, elftes oder zwölftes Schuljahr zu besuchen. Dies kann er, wenn er die Vorrückungserlaubnis in die nächsthöhere (in der Regel 8. oder 9.) Jahrgangsstufe besitzt, mit der freiwilligen Wiederholung der zuletzt besuchten Jahrgangsstufe verbinden. Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen in der Übersicht Die Entscheidung über das Vorrücken in die nächsthöhere Jahrgangsstufe trifft an der Volksschule die Klassleitung bzw. die Lehrerkonferenz. Schüler der Volksschule können eine Jahrgangsstufe einmal oder mehrfach wiederholen, auf Antrag auch freiwillig. Ein Antrag auf freiwillige Wiederholung muss zum Schuljahresende, auf Rücktritt in die vorhergegangene Jahrgangsstufe bis zum Zwischenzeugnis, gestellt werden. Die wiederholten Schuljahre werden zur Vollzeitschulpflicht hinzu gerechnet, im Bedarfsfall muss eine Schulzeitverlängerung beantragt werden. Die Schule kann im Einzelfall den sonderpädagogischen Förderbedarf überprüfen und ggf. eine Überweisung an ein Förderzentrum veranlassen. 3. Verlaufserfahrung Die Wiederholung einer Jahrgangsstufe bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, versäumten oder nicht verstandenen Stoff aufzuarbeiten und damit die Grundlage für weiteres Lernen zu schaffen. Die Wiederholung allein garantiert jedoch nicht den erfolgreichen Verlauf. So kommt es, dass nur ein Teil der Wiederholer langfristig (also nicht nur im folgenden Schuljahr, sondern auch in den nächsten Jahren) bessere Leistungen erbringt. Die Betroffenen benötigen Unterstützung beim Lernen, sie verstehen z.b. nicht automatisch einen Rechenweg, nur weil er zweimal präsentiert wurde. Oft ist es nötig, dass auch die Rahmenbedingungen geändert werden, z.b. Lernzeiten und Lernmethoden festgelegt werden, eine Unterbringung in einer Ganztagseinrichtung bzw. einem heilpädagogischen Hort erfolgt. Bewährt hat sich die Wiederholung der 1. Jahrgangsstufe nur in den Fällen, in denen Entwicklungsrückstände bei der Einschulung übersehen worden sind oder das Kind überdurchschnittlich häufig erkrankt war. In der Regel wird jedoch in o.g. Fällen eher eine Zurückstellung zum 30. November des laufenden Jahres erfolgen. Eine (oft freiwillige) Wiederholung der 4. Jahrgangsstufe ist im Hinblick auf eine Notenverbesserung für den Übertritt nicht zu empfehlen. Hier sollte vielmehr die Möglichkeit genutzt werden, nach der 5. Klasse Mittelschule den Übertritt an eine Realschule oder ein Gymnasium anzustreben. Die Mittelschule führt die Unterrichtsinhalte in bewährter Form unter Beibehaltung des Klassenlehrerprinzips weiter und unterstützt geeignete Schülerinnen und Schüler durch Förderangebote in der Gelenkklasse (5. Jahrgangsstufe). Die Wiederholung der 4. Jahrgangsstufe wird von den Schülern oft als Misserfolgserlebnis verbucht. Pädagogisch-psychologische Hinweise Die Wiederholung einer Jahrgangsstufe stellt Eltern und Kinder vor eine wichtige Entscheidung. Sie sollte stets mit einer Beratung verbunden sein und auch mögliche Alternativen berücksichtigen. Seite 6
Nachstehender Verlauf ist denkbar: Eltern und/oder Lehrkraft beobachten massive, länger anhaltende Leistungsprobleme im Schulalltag. Je früher alle Beteiligten sich um das Problem kümmern, umso besser greifen die Interventionen. In der Lehrersprechstunde werden Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht und Stützmaßnahmen zu Hause besprochen. In einem Begleitheft werden Dauer und Inhalt der Stützmaßnahmen festgehalten. Falls organisatorisch möglich, wird das Kind im Förderunterricht der Schule oder durch den MSD besonders gefördert. Außerhalb der Schule kann dem Kind für eine überschaubare Zeit Nachhilfe angeboten werden. Falls diese Maßnahmen keine Verbesserung bringen, haben Schule, Lehrkraft und Eltern die Möglichkeit, Beratungslehrer oder Schulpsychologen einzuschalten. Gespräche, Unterrichtsbeobachtungen und Testverfahren klären die Ursachen der Leistungsprobleme. Liegt eine Teilleistungsstörung (Legasthenie, Dyskalkulie, ADHS) vor, so können besondere Therapien helfen. Für Schüler mit diagnostizierter Legasthenie oder Lese-Rechtschreibschwäche kann der Schulpsychologe einen Nachteilsausgleich vorschlagen. Die Schulleitung oder die Lehrkraft können den mobilen sonderpädagogischen Dienst einschalten. Dieser überprüft den Förderbedarf und unterstützt die Lehrkraft bei der Organisation von Fördermaßnahmen. Ist absehbar, dass ein Kind trotz unterstützender Maßnahmen nicht mit den Klassenkameraden Schritt halten kann und auf Dauer sehr stark belastet ist, so sollte das Für und Wider einer Jahrgangsstufenwiederholung besprochen werden. Das betroffene Kind ist in den Übergansprozess mit einzubeziehen. Es kann z.b. in der neuen Klasse einen Schnuppertag angeboten bekommen und/oder mit der neuen Lehrkraft vorab ein Kennenlerngespräch führen. Sollte sich in der zweiten Jahrgangsstufe ausnahmsweise eine Wiederholung anbahnen, so wird ein Rücktritt bereits zum Schulhalbjahr (Februar) empfohlen, da die "neuen" Klassenkameraden (hier Jahrgangsstufe 1) zu diesem Zeitpunkt in ihren Freundschaftsbeziehungen noch nicht so gefestigt sind und Kontakte schneller aufgebaut werden können. In der dritten Jahrgangsstufe wird eine Wiederholung erst am Ende des Schuljahres empfohlen, da das Kind sonst für ein halbes Jahr zu einer neuen "Zweitklasslehrerin" müsste, um dann erneut am Schuljahresende einen Lehrerwechsel zu erleben. Lehrer und Eltern sollten das Kind bei einer Wiederholung emotional unterstützen und ihm helfen, möglichst schnell neue Freundschaften aufzubauen. Alle Daten und Testbausteine aus: Bildungsbericht Bayern 2012 Klassenwiederholungen im Schuljahr 2010/11 im Überblick 71 % der Klassenwiederholungen finden an derselben Schulart statt, an der die Jahrgangsstufe schon einmal durchlaufen wurde (siehe Abbildung B4/a). Anlässe sind Nichtversetzung, freiwilliges Wiederholen und andere Umstände, wie z. B. Zurückstellung im Vorjahr (Grund- und Förderschule) oder eine nicht bestandene Probezeit (Gymnasium, Berufliche Oberschule). 29 % der Wiederholungen gehen mit einem Schulartwechsel einher, am häufigsten bei den so genannten Spätübertritten aus der Jahrgangsstufe 5 der Haupt- /Mittelschule an die Realschule oder das Gymnasium und aus der Jahrgangsstufe 7 der Haupt-/ Mittelschule an die Wirtschaftsschule. Seite 7
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Die obere Abbildung zeigt, dass an den Schularten unterschiedlich häufig wiederholt wird und dass auch die Anlässe variieren: Wiederholungen aufgrund von Nichtversetzung sind an der Wirtschaftsschule, der Fachoberschule und der Berufsoberschule mehr als zehnmal so häufig wie an der Grundschule oder der Volksschule zur sonderpädagogischen Förderung. An der Grundschule, der Haupt-/Mittelschule und der Volksschule zur sonderpädagogischen Förderung wiederholen mehr Schülerinnen und Schüler freiwillig als aufgrund von Nichtversetzung. Zu der relativ großen Wiederholergruppe aus sonstigen Gründen an den Fachoberschulen und Berufsoberschulen zählen auch Jugendliche, die entweder die Probezeit nicht bestanden oder den Schulbesuch nach bestandener Probezeit abgebrochen haben. Schulartinternes Wiederholen wegen Nichtversetzung Im Schuljahr 2010/11 haben insgesamt 20.861 Schülerinnen und Schüler eine Jahrgangsstufe zum zweiten Mal durchlaufen, weil sie am Ende des vorigen Schuljahres an derselben Schulart nicht versetzt worden waren. Das entspricht 1,6 % der Gesamtschülerzahl. Über die letzten Jahre gehen bei fast allen Schularten die Wiederholeranteile zurück. Seite 9
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