1. Inhaltsverzeichnis



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Transkript:

1. Inhaltsverzeichnis 1. Inhaltsverzeichnis... 1 2. Abkürzungsverzeichnis... 3 3. Vorwort... 5 4. Einleitung... 7 4.1 Begriffsdefinition Notfall... 8 4.2 Begriffsdefinition Erste Hilfe... 9 4.3 Begriffsdefinition Lebensrettende Sofortmaßnahmen... 9 4.4 Begriffsdefinition Vitalfunktionen... 10 5. Erkennen und Bewältigen von vital gefährdenden Notfallsituationen... 11 5.1 Die Notfallausstattung einer Normalstation... 11 5.1.1 Materialien und Geräte... 12 5.1.2 Medikamente und Infusionen... 13 5.2 Erkennen des vital gefährdeten Patienten... 15 5.2.1 Überwachung des Bewusstseins... 17 5.2.2 Überwachung der Atmung... 18 5.2.3 Überwachung der Herzaktion und des Kreislaufs... 20 5.3 Handlungskompetenz bei vital gefährdenden Störungen... 22 5.3.1 Bewusstseinstörungen und Maßnahmen... 22 5.3.2 Atemstörungen und Maßnahmen... 24 5.3.3 Kreislaufstörungen und Maßnahmen... 27 5.4 Basic Life Support, BLS... 28 5.4.1 Beurteilung des Bewusstseins... 29 5.4.2 Beurteilung der Atmung und Freimachen der Atemwege... 30 5.4.3 Beurteilung des Kreislaufs... 31 5.4.4 Die Cardiopulmonale Reanimation... 32 5.5 Advanced Life Support, ALS... 34 5.5.1 ALS bei defibrillierbaren Rhythmen... 34

5.5.2 ALS bei nicht defibrillierbaren Rhythmen... 37 5.5.3 Die vier H und HITS... 37 5.6 Ethik der Reanimation... 38 5.7 Psychosoziale Akuthilfe durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege... 40 5.7.1 Physische und psychische Belastungen während eines Notfalls... 40 5.7.2 Notfall als psychischer Ausnahmezustand... 41 5.7.3 Grundregeln der psychosozialen Akuthilfe... 42 6. Schluss... 44 6.1 Psychohygiene nach Notfällen... 45 6.2 Zusammenfassung... 46 7. Glossar... 48 8. Literaturverzeichnis... 53 9. Abbildungsverzeichnis... 57 10. Tabellenverzeichnis... 57 11. Anhang... 58

2. Abkürzungsverzeichnis AED AICD ALS ARC BLS bzw. CO 2 CPR DNAR EKG ERC FBA ILCOR inkl. i.v. J mg mg/dl min ml Automatischer externer Defibrillator automatic implantable cardioverter defibrillator = automatischer implantierter Herzdefibrillator Advanced Life Support = erweiterte lebensrettende Maßnahmen Austrian Resuscitation Council = Österreichischer Wiederbelebungsrat Basic Life Support = lebensrettende Basismaßnahmen beziehungsweise Kohlendioxid Cardiopulmonale Reanimation = Herzlungenwiederbelebung do not attempt resuscitation = keinen Wiederbelebungsversuch durchführen Elektrokardiographie European Resuscitation Council = Europäischer Rat für Wiederbelebung Fachbereichsarbeit International Liaison Commitee on Resuscitation = Internationale Kommission zur Zusammenarbeit der Wiederbelebungsorganisationen inklusive intravenös Joule Milligramm Milligramm pro Deziliter Minute Milliliter

mmol/l mmhg NW O 2 PEA S a O 2 usw. VF vgl. VT WHO z.b. ZNS Millimol pro Liter Millimeter Quecksilbersäule Nebenwirkung Sauerstoff pulslose elektrische Aktivität Sauerstoffsättigung und so weiter Ventrikelflimmern = Kammerflimmern vergleiche Ventrikeltachykardie = Kammertachykardie World Health Organisation = Weltgesundheitsorganisation zum Beispiel Zentrales Nervensystem kleiner gleich größer gleich

3. Vorwort Ich bin Rettungssanitäterin beim Österreichischen Roten Kreuz und habe bei diversen Einsätzen immer wieder Notfälle erlebt. Auch während meiner Praktikumszeit im Krankenhaus und im Seniorenheim war ich mit einigen Notfallsituationen konfrontiert. Diese Erfahrungen als Sanitäterin und als Krankenpflegeschülerin, aber auch mein persönliches Interesse auf dem Gebiet der Notfallmedizin haben mich bei meiner Themenauswahl für die Fachbereichsarbeit inspiriert. Notfallsituationen sind auf Normalstationen keine Routinetätigkeiten, sie können trotzdem tagtäglich und jederzeit auftreten. Ich glaube, dass Pflegepersonen oftmals Angst und Scheu vor Notfallsituationen haben, vor allem wenn sie noch nie eine solche Situation erlebt haben. Angst entsteht aus Unwissenheit, und Unwissenheit kann man mit Information begegnen. Meine FBA ist eine Unterstützung für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, um vital gefährdende Notfallsituationen auf Normalstationen rasch und frühzeitig zu erkennen, und um diese zu bewältigen, indem man professionelle Hilfe leistet und kompetent handelt. Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die mich bei der Erstellung meiner FBA unterstützt haben. Besonderer Dank geht an DGKP Mike Lamp, der mich mit zahlreichen Literaturunterlagen, wichtigen Tipps und vor allem mit seiner wertvollen Meinung unterstützt hat. Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Korrekturleserin Michaela Habetseder Lafenthaler. Ein großes Dankeschön und Lob gebührt auch meinem Betreuungslehrer Helmut Wallner, MSc. Die professionelle, zuverlässige und bemühte Unterstützung von seiner Seite ist keine Selbstverständlichkeit. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch meine Eltern, dank deren liebevoller Hilfe und Begleitung ich die Ausbildung zur Diplomkrankenschwester absolvieren konnte. Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 5

Der in dieser FBA verwendete Begriff Pflegeperson steht synonym für Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Es wird durchgehend die männliche Schreibweise verwendet, gleichermaßen stellvertretend für die weibliche und männliche Anrede. Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 6

4. Einleitung Die Kunst ein Leben zu retten, besteht in der Kompetenz zu wissen, was meine Aufgabe ist und wo sie endet, im Geschick, die Aufgabe mit meinen Händen zu lösen, und dabei niemals die Gefühle und Ängste der betroffenen Menschen zu übersehen. (Bernd Fertig) (Schubert, Kintzel 2009, S.1) Unter einem Notfall stellt man sich ein unvorhergesehenes, überraschendes, akut eintretendes, chaotisches und bedrohliches Geschehen vor. Notfallsituationen sind lebensgefährlich, innerhalb der Mauern eines Krankenhauses genauso wie außerhalb. In einem Krankenhaus ist ein Notfall als ein vorhersehbares Ereignis zu betrachten, schließlich beherbergt man hier kranke und verletzte Menschen. Die Gruppe der Pflegepersonen ist jene Berufsgruppe, die in einem Krankenhaus den meisten Kontakt mit den Patienten hat. Sie sind häufig die Ersten, die eine Notfallsituation auf der Station erkennen. Innerhalb von Sekunden müssen sie kompetent handeln, in Eigenverantwortung oder im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich unter Anleitung eines Arztes. Sie müssen wissen, welche Tätigkeiten dem eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich der Pflege unterliegen und benötigen spezielle Kenntnisse, um im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich mit den Ärzten kompetent zusammen zu arbeiten. Notfälle sollten strukturiert, ruhig und professionell bewältigt werden. Grundvoraussetzung hierfür sind Basiskenntnisse über verschiedene Notfallsituationen und regelmäßiges Training solcher Akutereignisse. Notfälle sind vielfältig und unterschiedlich, ich beziehe mich daher in meiner Arbeit auf akut vital bedrohliche Situationen, in denen die Pflege Handlungskompetenz zeigen kann und muss. Die Forschungsfragen zur Bearbeitung dieses Themas lauten: Welche Rolle bzw. welche Aufgaben hat der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege im Erkennen und Bewältigen von Notfallsituationen? Welche vital gefährdenden Notfallsituationen können auf der Station auftreten, und wie kann die Pflegeperson kompetent reagie- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 7

ren? Zur Beantwortung dieser Fragen verwende ich neben den Fachbüchern für Pflege und Medizin auch Literatur der Psychologie zur Beschreibung der psychischen Aspekte von Notfallsituationen. Eine weitere Literaturgrundlage sind die Anwenderleitlinien 2005 des European Resuscitation Council, ERC. Diese Leitlinien sind die auf Europa übertragene Umsetzung der Ergebnisse der Konsenskonferenz der ILCOR, International Liaison Commitee on Resuscitation. Sie basieren auf einer internationalen wissenschaftlichen Übereinkunft, Consensus of Science. (vgl. Schmid 2008, S.2) Eine weitere Quelle sind Publikationen des ARC, des Austrian Resuscitation Council. Der ARC ist der österreichische Rat für Wiederbelebung, wurde 2002 als interdisziplinärer Arbeitskreis gegründet und ist administrativ an das Referat für Notfall- und Katastrophenmedizin der österreichischen Ärztekammer gebunden. (Internet: vgl. Baubin 28.01.2009) Zu Beginn werden in dieser FBA häufig verwendete Fachbegriffe wie Notfall, Erste Hilfe, lebensrettende Sofortmaßnahmen und Vitalfunktionen genau erklärt. 4.1 Begriffsdefinition Notfall Ein Notfall ist eine akut lebensbedrohliche Situation, bei der es zu schweren Störungen der Vitalfunktionen Bewusstsein, Atmung und Kreislauf oder der Funktionskreisläufe Wasser-Elektrolyt-Haushalt, Säure-Basen- Haushalt, Temperaturhaushalt und Stoffwechsel kommt. Verletzungen, Vergiftungen oder Erkrankungen können zu Notfallsituationen führen. Im erweiterten Sinn zählt man auch psychische Notfallsituationen wie Selbsttötungsabsichten, Psychosen oder Gewaltsituationen zum Begriff Notfall. Der betroffene Notfallpatient kann sich nicht mehr selbst helfen, sondern ist auf Hilfe von anderen Menschen, seien es Ersthelfer, Rettungssanitäter oder Pflegepersonen, angewiesen. Sofortige professionelle Hilfeleistung ist in einem Notfall von höchster Bedeutung um erhebliche gesundheitli- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 8

che Schäden oder den Tod des Patienten zu verhindern. (Internet: vgl. Wikipedia Notfall 21.12.2008) 4.2 Begriffsdefinition Erste Hilfe Medizinische Notfälle sind im Krankenhaus als vorhersehbares Ereignis zu betrachten, daher ist es für den gehobenen Dienst für Gesundheitsund Krankenpflege unabdingbar, professionelle Erste Hilfe leisten zu können. Als Erste Hilfe bezeichnet man Hilfsmaßnahmen, um das Leben eines Menschen zu retten, bedrohende Gefahren oder Gesundheitsstörungen abzuwenden bis der Betroffene von einem Arzt versorgt wird. In einer Notfallsituation Erste Hilfe zu leisten geht mit enormem psychischem Druck und Stress einher, deshalb ist es wichtig, durch häufiges Üben ein eingeschliffenes, strukturiertes Vorgehen zu trainieren. Die internationalen Empfehlungen zur Ersten Hilfe, besonders zur Reanimation, verändern sich von Jahr zu Jahr. (Internet: vgl. Wikipedia Erste Hilfe 02.01.2009; Menche 2004, S.516) 4.3 Begriffsdefinition Lebensrettende Sofortmaßnahmen Die lebensrettenden Sofortmaßnahmen sind Akutmaßnahmen, die der Ersthelfer in einer Notfallsituation ausführen muss, um die lebenswichtigen Körperfunktionen des Patienten, die Vitalfunktionen, zu erhalten bzw. wiederzuerlangen. Dazu gehören das Absichern der Unfallstelle, das Bergen von Patienten, das Absetzen eines Notrufs, bei Bewusstlosigkeit des Notfallpatienten die Stabile Seitenlage, bei Herz-Kreislaufstillstand die Beatmung, Herzdruckmassage und Defibrillation, die Stillung einer starken Blutung und die Schockbekämpfung. (Internet: vgl. Wikipedia Lebensrettende Sofortmaßnahmen 02.01.2009) 14a Gesundheits- und Krankenpflegegesetz: (1) Die Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst die eigenverantwortliche Durchführung lebensrettender Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 9

Sofortmaßnahmen, solange und soweit ein Arzt nicht zur Verfügung steht. Die Verständigung eines Arztes ist unverzüglich zu veranlassen. (2) Lebensrettende Sofortmaßnahmen im Sinne des Absatz 1 sind insbesondere die Durchführung der Defibrillation mit halbautomatischen Geräten und die Verabreichung von Sauerstoff. (Internet: Gepart 2008 25.09.2008). Somit ist die sofortige Durchführung der lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei Notfallsituationen ein eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, es bedarf keiner ärztlichen Anordnung, um dem Patienten Sauerstoff zu verabreichen oder mit halbautomatischen Defibrillatoren Leben zu retten. Es liegt auch in der Eigenverantwortung der Pflege, zu wissen, wie man in einer Notfallsituation richtig reagiert und wo der eigene Kompetenzbereich liegt, regelmäßige Schulungen dafür sind unabdingbar. 4.4 Begriffsdefinition Vitalfunktionen Der Begriff Vitalfunktion kommt aus dem Lateinischen und setzt sich zusammen aus den Silben vita für Leben und functio für Verrichtung, Aufgabe. Vitalfunktionen sind die lebenswichtige Körperfunktionen Bewusstsein, Atmung und Kreislauf. Im weiteren Sinn zählt man auch die Funktionskreisläufe Wasser-Elektrolyt-Haushalt, Säure-Basen-Haushalt, Temperaturhaushalt und Stoffwechsel dazu. Die Kontrolle der Vitalfunktionen bei vital gefährdenden Situationen ist notwendig, um eine Notfalldiagnose zu stellen und die entsprechenden lebensrettenden Sofortmaßnahmen einzuleiten. Störungen der Vitalfunktionen führen zu einer Minderversorgung des Gehirns mit Sauerstoff, sie sind deshalb akut lebensbedrohlich. Alle lebensrettenden Maßnahmen im Rahmen der Ersten Hilfe bei einem Notfall zielen daher auf die Sicherstellung der Vitalfunktionen ab. (Internet: vgl. Wikipedia Vitalfunktionen 02.01.2009; Wallner 2008, S.2) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 10

In dieser Arbeit wird nur auf vital bedrohliche Notfallsituationen mit Störungen von Bewusstsein, Atmung oder Kreislauf eingegangen. Notfallsituationen gehen somit immer mit Störungen der Vitalfunktionen einher, deshalb ist es für Pflegepersonen auf der Normalstation wichtig, die Grundwerte der Vitalparameter zu kennen, diese zu überwachen, pathologische Veränderungen rasch zu erkennen und adäquat zu handeln. 5. Erkennen und Bewältigen von vital gefährdenden Notfallsituationen Eine Hauptaufgabe von Pflegepersonen ist die Beobachtung und Überwachung von Patienten, um Veränderungen des Zustandes rechtzeitig erkennen zu können. Befindet sich ein Patient in einer akut vital bedrohlichen Situation, müssen Pflegepersonen wissen, wie sie handeln müssen, um das Leben des Betroffenen zu schützen. Große Bedeutung kommt auch der psychosozialen Akuthilfe durch den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege zu. Damit Pflegepersonen vital gefährdende Notfallsituationen auf der Station kompetent bewältigen können, ist die Kenntnis über die vorhandene Notfallausrüstung auf der jeweiligen Station Grundvoraussetzung. Um im Notfall schnell handeln zu können, bedarf es umfangreicher, guter Schulungen und regelmäßigen Trainings der Pflegepersonen im Umgang mit Geräten, Materialien, Medikamenten und Infusionen. 5.1 Die Notfallausstattung einer Normalstation Die Beschreibung der Notfallausstattung bezieht sich auf Empfehlungen des ARC. Je nach innerklinischem Arbeitsbereich, Normalstation, Ambulanzbereich, Transportbegleitung usw., und je nach Notfallmanagement eines Krankenhauses, Notfallteam mit Ausrüstung oder Notfallausrüstung auf der Station, sind unterschiedliche Ausrüstungen und Medikamente Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 11

erforderlich. Der ARC beschreibt verschiedene Module für Geräte, Materialien und Medikamente, welche von Fachexperten aus der Medizin und Pflege entwickelt wurden und nach individuellem Bedarf kombiniert oder erweitert werden können. (Internet: vgl. Schneider, Schmid 25.01.2009) Die Auflistungen der Materialien und Geräte bzw. der Medikamente wurden zusätzlich ergänzt mit Wissen aus der verwendeten Fachliteratur. 5.1.1 Materialien und Geräte Notfälle sind unvorhersehbare Ereignisse, die einer raschen Handlung bedürfen, die dazu benötigten Geräte und Materialien sollen in einer solchen Situation griffbereit sein. Auf jeder Station sollte eine Checklist zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit und Vollständigkeit der Geräte und Materialien aufliegen, die die kontrollierende Pflegeperson mit Datum und Handzeichen zu bestätigen hat. Außerdem sollen Pflegepersonen den Verwendungszweck der einzelnen Materialien kennen und im Umgang mit den Geräten eingeschult sein, um im Notfall schnell und kompetent reagieren zu können. Bezeichnung Defibrillator Sauerstoffeinheit Sauerstoffmaske Beatmungsbeutel + Verbindung zur O 2 Flasche + Sauerstoffreservoir Beatmungsmasken Guedeltuben Wendeltuben Endotrachealtuben Laryngoskop + Ersatzlamperl Führungsdraht Tubusfixation Magillzange Beißblock Beschreibung/Verwendungszweck Gerät zur elektrischen Defibrillation Sauerstoffflasche inkl. Filter Oropharyngealtubus zur Freihaltung der Atemwege Nasotrachealtubus zur Freihaltung der Atmwege Metall-, Gummi- oder Kunststoffrohr zur Einführung in die Luftröhre Kehlkopfspiegel, Instrument zur Untersuchung des Kehlkopfes und zur Intubation Metalldraht, der den Tubus bei der Intubation stabilisiert z.b. Pflasterfixierung Abgewinkelte Fasszange zur nasotrachealen Intubation bzw. Einführung einer Magensonde Verhindert bei oraler Intubation, dass der Patient auf den Tubus beißt Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 12

Cuffspritze Spritze zum Blocken des Ballons des Tubus Xylocain-Gel Anästhesiert die Rachenschleimhaut Silikonspray zur Gleitfähigkeit Absaugeinheit Absaugkatheter Zwei verschiedene Größen Stauschlauch, Tupfer, Hautdesinfektionsmittel, Materialien zum Legen eines venösen Zugangs Venflon verschiedene Größen, Nadeln, Nadelabwurfbehälter, Venflonpflaster Spritzen 2/5/10 ml, Infusionsbestecke, Schere, Taschenlampe, Einweghandschuhe, Blutdruckmessgerät, Leukoplast, Peha-Haft, Verbandsma- Sonstige Materialien terial Tab. 1: Materialien und Geräte (Internet: vgl. Schneider, Schmid 28.01.2009; Reuter 2004) 5.1.2 Medikamente und Infusionen Ebenso wie die Geräte und Materialien überprüft werden, müssen auch die Notfallmedikamente regelmäßig auf Vollständigkeit, Ablaufdatum und eventuelle Beschädigungen kontrolliert werden. Die Auswahl der Medikamente in einer Notfallsituation ist eine ärztliche Tätigkeit, im Rahmen des mitverantwortlichen Tätigkeitsbereiches kann jedoch die Vorbereitung oder die Verabreichung der Arzneimittel an den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege delegiert werden. Medikament Wirkstoffgruppe Adrenalin Sympathomimetikum Atropin Parasympatholytikum Amiodaron Antiarrhytmikum Propofol Narkotikum Etomidat Narkotikum Handelspräparate Suprarenin Atropinum sulfuricum Sedacoron Disoprivan Extremität während der Applikation anheben; Schnell spritzen Hypnomidate Indikation Kreislaufstillstand jeglicher Ätiologie Anaphylaktischer Schock Kardiogener Schock Asystolie, PEA Bradykardie Hämodynamische Instabilität Refraktäres VF/VT Supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardie Narkoseeinleitung Narkoseaufrechterhaltung Kurze Sedierung Narkoseeinleitung CAVE Initiale Dosis beim Erwachsenen 1 mg, nach 3-5 min wiederholen Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 13

Ketamin Hypnotikum, Analgetikum Fentanyl Opioidanalgetikum Midazolam Benzodiazepin Diazepam Benzodiazepin Rocuroniumbromid Muskelrelaxans Succinylcholin Muskelrelaxans Theophylin Broncholytikum Dimetinden Antihistaminikum Flumazenil Antidot Naloxon Antidot Natriumbikarbonat Puffersubstanz Kalzium Elektrolyt Magnesium Elektrolyt Ketanest S Fentanyl Dormicum Valium Esmeron Lysthenon Euphyllin- Amp. Fenistil Anexate Naloxon Benzodiazepinintoxikation Opioidüberdosierung Diagnostik bei Heroinbzw. Opiatintoxikation Arterielle ph-wert <7,1 (oder Base-Excess <10mmol/l) bei CPR Hyperkaliämie Hyperkaliämie Hypokalzämie Überdosis von Kalziumkanalblockern VF/VT mit Verdacht auf Hypomagnesiämie Digitalisintoxikation Natrium- Bikarbonat 8,4 % Calcium Fresenius Magnesium Gluconicum LH Kurznarkose Analgesie Status asthmaticus Schwerste Schmerzzustände Narkoseführung Sedierung Narkoseeinleitung/ Narkoseführung Krampfanfall Krampfanfall Sedierung Anästhesie Erschlaffung der quergestreiften Muskulatur Intubation Kurzzeitige Muskelrelaxion Asystolie Status asthmaticus Akute Rechtsherzinsuffizienz Lungenemphysem Allergische Reaktion NW: Hypersalivation Atropingabe; Halluzinationen und Träume Midazolamgabe Atemdepression! Dosis bei alkoholisierten und älteren Menschen Bewusstseinsausschaltung vor Gabe der Muskelrelaxanzien Nur Intubationseinleitung Langsam applizieren (NW bei rascher Applikation: Arrhythmien, Krämpfe) Nur i.v. Infusion; Dosierung nach Blutgasanalyse Bei Kreislaufstillstand rasch i.v. applizieren Glukose 40 % Hypoglykämie Langsam i.v. applizieren Glucose 5 % NaCl 0,9 % Tab. 2: Notfallmedikamente (Internet: vgl. Schneider, Schmid 28.01.2009; Schmid 2008, S.14-16; Schubert, Kintzel 2009, S.126-133) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 14

Pflegepersonen sollen über die wichtigsten Notfallmedikamente, ihre Wirkung, die richtige Dosierung und auch die geeigneten Applikationswege Kenntnis besitzen, um die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Arzt und Pflegeperson zu optimieren. Die intravenöse Medikamentenapplikation über einen zentralvenösen Katheter ist am effektivsten, während einer CPR sollte jedoch keine Anlage eines solchen Katheters erfolgen, da die CPR unterbrochen werden müsste. Um eine optimale zentrale Zirkulation bei periphervenöser Medikamentenverabreichung zu erreichen, sollte die betreffende Extremität für etwa zehn bis 20 Sekunden angehoben werden. Falls ein intravenöser Zugang nicht möglich ist, kann ein intraossärer Zugang zur Medikamentenapplikation gelegt werden. Einzelne Medikamente können auch über den Endotrachealtubus appliziert werden, es sollten jedoch andere Medikamentenapplikationsarten bevorzugt werden. (vgl. Schmid 2008, S.14) Wesentliche Grundaufgaben von Pflegepersonen sind das Beobachten und Beurteilen. Um Notfallsituationen zu verhindern bzw. früh genug zu erkennen, muss der Patient und dessen Vitalzeichen engmaschig beobachtet bzw. überwacht und beurteilt werden. 5.2 Erkennen des vital gefährdeten Patienten Die klinischen Zeichen einer akuten Erkrankung sind unabhängig von ihrer Ursache ähnlich, da sie alle Störungen der Atmung, des Kreislaufs oder der neurologischen Funktion zeigen. Abnorme Veränderungen von Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz sowie des Bewusstseins sind Parameter, um die vital bedrohliche Zustandsverschlechterung eines Patienten zu erkennen oder vorherzusagen. Die regelmäßige Messung und Dokumentation dieser Vitalparameter obliegt dem eigenverantwortlichen Aufgabenbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kranken- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 15

pflege. Um eine vital bedrohende Verschlechterung des Krankheitsbildes eines Patienten vorherzusagen, empfiehlt der ARC ein Frühalarmsystem. Dieses standardisierte Notrufkriteriensystem bezieht sich auf pathologische Abweichungen von Vitalparameter und kann benutzt werden, um das Pflegepersonal auf der Normalstation darauf hinzuweisen, dass sich der Zustand eines Patienten verschlechtert. Pflegepersonen sollen bei Registrierung einer oder mehrerer Abweichungen der Vitalfunktionen von den Normalwerten kompetent, entsprechend ihrem eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich reagieren, den Stationsarzt informieren und eventuell einen Notruf durchführen. Die Früherkennung und die sofortige, effektive Behandlung schwer erkrankter Patienten kann möglicherweise einen innerklinischen Kreislaufstillstand und eine ungeplante Aufnahme auf der Intensivstation oder sogar den Tod eines Patienten verhindern. (vgl. Nolan et al. 2006, S.38-39) Ein innerklinischer Kreislaufstillstand tritt aber selten plötzlich und unvorbereitet ein. Eine Strategie, gefährdete Patienten zu identifizieren, kann möglicherweise einige Kreislaufstillstände verhindern, ebenso können sinnlose Reanimationsversuche unterlassen werden. (Nolan et al. 2006, S.42) Alarmierungskriterien für Erwachsene Bei akuten Veränderungen des klinischen Zustandsbildes: Gefahr einer Atemwegsverlegung Atemwege, Atemstillstand Atmung: Atemfrequenz < 5/min Atemfrequenz > 36/min Kreislauf: Kreislaufstillstand Pulsfrequenz < 40/min Pulsfrequenz > 140/min Systolischer Blutdruck < 90 mmhg Plötzlich eintretende Bewusstseinseintrübung Neurologie: Wiederholte oder länger dauernde zerebrale Krampfanfälle Weiters: Jeder Patient, um den Sie akut besorgt sind Tab. 3: Alarmierungskriterien (Internet: Baubin 03.05.2009) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 16

Es ist eine wesentliche Aufgabe des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, alle wichtigen Vitalparameter auf der Normalstation kontinuierlich zu messen und zu dokumentieren, um vital bedrohte Patienten rechtzeitig zu erkennen und so möglicherweise einen bevorstehenden Kollaps des Herz-Kreislauf-Systems vorherzusagen oder zu verhindern. Die Ursachen für Störungen der Vitalfunktionen sind in der Akutphase einer Notfallsituation zweitrangig, Vorrang hat die Sicherung von Bewusstsein, Atmung und Kreislauf. 5.2.1 Überwachung des Bewusstseins Bewusstsein meint in der Medizin, speziell in der Anästhesie und Intensivmedizin, oftmals einfach wach sein, ansprechbar sein, und intellektuell angemessen reagierend. (Ullrich et al. 2005, S.74) Die Minderung der Wachheit wird auch als quantitative Störung des Bewusstseins oder Vigilanzstörung bezeichnet. Quantitative Bewusstseinsstörungen können eingeteilt werden in Benommenheit, Somnolenz, Sopor und Koma. Die Benommenheit ist die leichteste Form, der Patient ist orientiert, jedoch in seinem Denken und Handeln verlangsamt. Die abnorme Schläfrigkeit wird auch Somnolenz genannt. Der Patient ist kurzzeitig weckbar, für diesen Moment orientiert, kann jedoch nur mehr einfache Fragen beantworten. Sopor ist ein schlafähnlicher Zustand, in dem der Patient nur mehr nach Setzen von Schmerzreizen mit kurzzeitigen Orientierungsversuchen reagiert. Das Koma ist das Stadium der tiefen Bewusstlosigkeit, der Betroffene zeigt keine Reaktion auf Ansprache, möglicherweise sind ungezielte Reaktionen auf Schmerzreize vorhanden. Zur standardisierten Einstufung von Bewusstseinsstörungen im Notfall dient die Glasgow-Koma-Skala. Das Augenöffnen, die sprachliche und motorische Reaktion des Patienten wird mit Punkten beurteilt. (vgl. Menche 2004, S.1247) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 17

GLASGOW-KOMA-SKALA (GCS) Zu bewertende Reaktion Beobachtete Reaktion Punktewert Spontan Auf Ansprache Öffnen der Augen Auf Schmerzreiz Keine Orientiert Verwirrt Verbale Reaktion Einzelne Worte Laute Keine Befolgen von Aufforderungen Gezielte Schmerzreaktion Ungezielte Schmerzreaktion Motorische Reaktion Beugemechanismen Streckmechanismen Keine Tab. 4: Glasgow-Koma-Skala (Ullrich et al. 2005, S.386) 4 3 2 1 5 4 3 2 1 6 5 4 3 2 1 Der Schweregrad der Bewusstseinsstörung ergibt sich aus der Summe der Punkte. Je weniger Punkte, desto schwerer die Beeinträchtigung des Bewusstseins. (vgl. Menche 2004, S.1247) Pflegepersonen können die Bewusstseinslage eines Patienten sehr schnell und ohne Hilfsmittel einschätzen. Durch Ansprechen, Berühren und/oder Setzen eines Schmerzreizes kann innerhalb von wenigen Sekunden eine Beurteilung erfolgen, die Glasgow-Koma-Skala kann als Unterstützung dafür dienen. 5.2.2 Überwachung der Atmung Die gesunde, normale Atmung, Eupnoe, erfolgt regelmäßig, gleichmäßig tief, ist geräuscharm und geruchlos. (Menche 2004, S.144) Die Beurteilung der Atemsituation eines Patienten ist Aufgabe der Pflegepersonen und umfasst die Beobachtung von Atemfrequenz, Atemvolumina, Atemintensität, Atemrhythmus, Atemgeräusche, Atemgeruch, Husten und Sputum. Die Atemfrequenz ist die Anzahl der Atemzüge pro Minute und beträgt bei Erwachsenen 12 bis 20 Atemzüge pro Minute. Pathologische Abweichungen der Atemfrequenz sind die Tachypnoe, die beschleunigte Atmung mit mehr als 20 Atemzügen pro Minute, die Bradypnoe, die ver- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 18

langsamte Atmung mit weniger als zwölf Atemzügen pro Minute und die Apnoe, der Atemstillstand. (vgl. Wallner 2007, S.6-25) Wie in Tabelle 3 Alarmierungskriterien beschrieben, besteht für einen Patienten eine vital gefährdende Situation bei einer Atemfrequenz unter fünf Atemzüge pro Minute, über 36 Atemzüge pro Minute oder bei einem Atemstillstand. (Internet: vgl. Baubin 03.05.2009) Weitere klinische Zeichen einer Atemstörung sind die veränderte, graue oder blaue Hautfarbe des Patienten, verursacht durch den Sauerstoffmangel im Gewebe. Patienten mit akuter Atemnot, Dyspnoe, sitzen meist in einer sehr aufrechten Körperhaltung, setzen ihre Atemhilfsmuskulatur ein und benötigen einen übermäßigen Kraftaufwand, um zu atmen. Atemnot ruft bei dem Betroffenen ein Gefühl der Angst, Beklemmung und Panik hervor, da die Situation als sehr lebensbedrohlich erlebt wird. Vital bedrohliche Atemstörungen werden häufig begleitet von abnormen Atemgeräuschen, wie z.b. expiratorischem oder inspiratorischem Stridor, trockenen oder feuchten Rasselgeräuschen oder gurgelnden, schnarchenden oder krächzenden Geräuschen. (vgl. Menche 2004, S.697-700; Nolan et al. 2006, S.50) Ein Hilfsmittel zur Einschätzung der Atemsituation eines monitorisierten Patienten ist die Messung der Sauerstoffsättigung, S a O 2, mittels Pulsoximetrie. Die Pulsoximetrie ist ein fotometrisches Messverfahren, um den Anteil an mit Sauerstoff gesättigten Hämoglobins im Verhältnis zum Gesamthämoglobin zu bestimmen. Eine Sonde wird per Clip entweder an einer Fingerbeere, an einem Fußzeh, an einem Ohr oder am Nasenflügel angebracht. Die Leuchtdiode dieses Clips sendet Licht durch das Gewebe, von dem ein Teil resorbiert wird, der Rest jedoch wieder aus dem Gewebe heraus tritt und von einem Messsensor aufgefangen wird. Hämoglobin absorbiert dieses Licht nur, wenn es mit Sauerstoff beladen ist. Der Monitor zeigt den Anteil dieses gesättigten Hämoglobins. Der Normalwert liegt bei 97 Prozent, eine Hypoxie besteht ab einem Messwert kleiner als 93 Prozent. Die Pulsoximetrie kann sofort, kontinuierlich und nicht-invasiv gemessen wer- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 19

den. Aufgrund vieler Fehlermöglichkeiten, z.b. falsche Sättigungswerte bei niedriger Hämoglobinkonzentration im Blut, bei Kreislaufzentralisation, bei peripheren Gefäßerkrankungen oder bei Nagellack, hat die Pulsoximetrie nur einen hinweisenden Charakter. Zur Verifizierung der Atemsituation benötigt man eine Blutgasanalyse und natürlich die klinische Einschätzung des Patientenstatus. (vgl. Menche 2004, S.1376; Ullrich et al. 2005, S.91-92) 5.2.3 Überwachung der Herzaktion und des Kreislaufs Ein weiterer Aufgabenbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheitsund Krankenpflege ist das Messen von Blutdruck und Puls eines Patienten, um dessen Herz-Kreislaufsituation zu überwachen. Die Pulsfrequenz ist die Anzahl der tastbaren Pulswellen pro Minute und stimmt im Normalfall mit der Herzfrequenz, die Anzahl der z.b. im EKG sichtbaren Herzaktionen, überein. Weiter unterscheidet man zwischen zentralem und peripherem Puls. Der zentrale Puls wird an allen großen, herznahen Arterien getastet, Arteria carotis oder Arteria femoralis, und gibt relativ genau die Herzfrequenz wieder. Empfohlene Taststellen für den peripheren Puls sind beispielsweise die Arteria radialis, die Arteria ulnaris oder die Arteria temporalis. Bei der peripheren Messung können schwache Pulswellen nicht immer getastet werden, deshalb soll bei unregelmäßigem Puls oder in Notfallsituationen an zentralen Gefäßen gemessen werden. Beim gesunden Erwachsenen schlägt das Herz zirka 70 Mal pro Minute, von einer Tachykardie spricht man beim Erwachsenen ab einer Pulsfrequenz über 100 Schlägen pro Minute, von einer Bradykardie bei weniger als 60 Schlägen in der Minute. (vgl. Menche 2004, S.159-160) Laut Einschätzung des ARC befindet sich der Patient in einem kritischen Gesundheitszustand ab einer Pulsfrequenz unter 40 Schlägen pro Minute oder mehr als 140 Schlägen pro Minute. (Internet: vgl. Baubin 03.05.2009) Der Blutdruck des Körperkreislaufs wird durch den Druck während der Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 20

Systole und der Diastole bestimmt. Dieser Druck herrscht sowohl in den Arterien als auch in den Venen, im klinischen Sprachgebrauch ist jedoch immer der arterielle Blutdruck gemeint. (vgl. Menche 2004, S.162) Nach WHO-Definition wird der normale Blutdruck folgendermaßen definiert: 40 Jahre: systolischer Druck bis 140mmHg, diastolischer Druck bis 90mmHg, 40 Jahre: systolischer Druck bis 160mmHg, diastolischer Druck bis 95mmHg. (Ullrich et al. 2005, S.349) Ein systolischer Blutdruck unter 90mmHg wird vom ARC als Parameter für das Erkennen eines kritisch erkrankten Patienten verwendet. (Internet: vgl. Baubin 03.05.2009) Die Überwachung dieser Vitalzeichen eines Patienten kann auf Intensivstationen, aber auch auf Normalstationen von Monitoren übernommen werden. Überwachungsparameter sind der Herzrhythmus, die Herzfrequenz, der Blutdruck, die Atemfrequenz und die Sauerstoffsättigung. Die Pflegenden kontrollieren und dokumentieren diese Werte in regelmäßigen Abständen und je nach Zustand des Patienten. Um Änderungen der Kreislaufsituation eines Patienten rechtzeitig erkennen zu können, müssen Pflegepersonen am Monitor Alarmgrenzen einstellen, die dem aktuellen Zustand des Betroffenen angepasst sind. Über- oder unterschreitet der Messwert diese Alarmgrenze, so gibt der Monitor ein akustisches und optisches Signal. Veränderungen wie Tachykardie oder Bradykardie sowie lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen wie Kammerflattern, Kammerflimmern oder Asystolie können von Pflegepersonen rasch erkannt werden, und die dementsprechenden Notfallmaßnahmen können ohne Verzögerung eingeleitet werden. (vgl. Menche 2004, S.1414-1415) Pflegepersonen sollen beobachten, beurteilen und als logischen nächsten Schritt auch intervenieren. In einer Notfallsituation müssen innerhalb von wenigen Sekunden Entscheidungen getroffen werden, und es soll so rasch als möglich kompetent gehandelt werden, um das Leben von Patienten nicht zu gefährden. Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 21

5.3 Handlungskompetenz bei vital gefährdenden Störungen Es gibt Notfallsituationen, bei denen die Aufgaben der Pflegepersonen darin liegen, die Notfallsituation rasch zu erkennen, sofort an einen Arzt oder an ein Notfallteam weiterzuleiten und die Anordnungen des Arztes auszuführen. In vielen vital bedrohlichen Notfallsituationen können Pflegepersonen jedoch auch Handlungskompetenzen zeigen und durch gezielte erste Maßnahmen den Verlauf von schweren Störungen von Bewusstsein, Atmung und Kreislauf positiv beeinflussen. Die Auswahl der unter Punkt 5.3.1 bis 5.3.3 beschriebenen Notfallsituationen erfolgte nach Möglichkeit der Handlungskompetenz für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege. Eine der wichtigsten Aufgaben von Pflegepersonen ist das Beobachten der Patienten, das Wissen um verschiedene mögliche Erkrankungen bzw. Notfallsituationen und damit auch das Erkennen von vital gefährdenden Störungen. Kompetent und rasch entsprechend dem Fachwissen und dem eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich zu reagieren und optimal im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich zusammenzuarbeiten sind meine Vorstellungen von professioneller Pflege in Notfallsituationen. Grundlegende vorausgesetzte Erstmaßnahmen in den folgenden beschriebenen Notfallsituationen sind das Erheben und Dokumentieren der Vitalparameter Puls, Blutdruck, Atemfrequenz, Temperatur und Bewusstseinslage sowie das Verständigen eines Notfallteams bzw. des zuständigen Arztes. 5.3.1 Bewusstseinstörungen und Maßnahmen Die Ursache der Bewusstseinsstörung ist in einer Notfallsituation meist zunächst unklar. Es können Störungen innerhalb oder außerhalb des Zentralnervensystems zugrunde liegen. Störungen innerhalb des ZNS sind z.b. Schädel-Hirn-Verletzungen, Durchblutungsstörungen oder Blutungen des Gehirns, zerebrale Krampfanfälle oder Entzündungen des Gehirns. Außerhalb des ZNS können z.b. Vergiftungen, Stoffwechselentglei- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 22

sungen bei Diabetes mellitus oder schwere Schocksymptomatiken zu Bewusstseinsstörungen führen. (vgl. Menche 2004, S.518) Patienten mit Läsionen des ZNS sind vor allem durch eine intrakranielle Drucksteigerung gefährdet. (vgl. Ullrich et al. 2005, S.381) Pflegemaßnahmen wie die Oberkörperhochlagerung oder die Gabe von Sauerstoff können einer Erhöhung des Hirndrucks entgegensteuern. (vgl. Menche 2004, S.1306) Wird ein zerebraler Krampfanfall beobachtet, soll eine Pflegeperson sofort ärztliche Hilfe holen und eine weitere Pflegeperson beim Patienten bleiben. Die Sicherheit des Patienten soll gewährleistet werden, z.b. Stühle oder scharfkantige Gegenstände aus der Umgebung des Patienten entfernen oder Patienten von einer Treppe wegziehen. Es darf kein Gummikeil zwischen die Zähne geschoben werden, ebenso wie aufgrund der Aspirationsgefahr keine Flüssigkeiten oder Medikamente oral gegeben werden dürfen. Beim Status epilepticus werden vier bis sechs Liter Sauerstoff in der Minute gegeben, und es wird in weiterer Folge eine Blutgasanalyse durchgeführt. Zur Aspirationsprophylaxe wird der bewusstlose Patient in die stabile Seitenlage gebracht. Die medikamentöse Unterbrechung eines Status epilepticus erfolgt mit Antiepileptika. Während des epileptischen Anfalls sollen Pflegepersonen den Anfallstyp und -verlauf sowie die Dauer beobachten und dokumentieren, da dies von diagnostischer und therapeutischer Bedeutung ist. (vgl. Menche 2004, S.1279-1282) Die Bewusstseinstörung aufgrund einer Hypoglykämie ist eine lebensbedrohliche Akutkomplikation des Diabetes mellitus. Die Glukosekonzentration im Blut beträgt weniger als 45 mg/dl, Grund hierfür ist ein Missverhältnis zwischen Insulinangebot und Insulinbedarf (vgl. Andreae et al. 2008, S.469) Um das Coma hypoglykaemicum zu verhindern ist es wichtig, die Symptome einer Hypoglykämie frühzeitig zu erkennen. Symptome sind starkes Schwitzen bei einer blassen, kalten Haut, Heißhunger, Herzklopfen, Zittern, Unruhe, Tachykardie. Neurologische Symptome wie Desorientiertheit, Sprach- und Sehstörungen, Koordinations- und Konzentrationsstörungen, Bewusst- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 23

seinsstörungen bis hin zum Koma oder zerebralen Krampfanfällen können auftreten. Die Diagnose erfolgt sehr einfach über Bestimmung der Blutzuckerkonzentration über Blutzucker-Stix, daher sollten Pflegpersonen in Notfallsituationen immer eine Zuckerkontrolle durchführen. (vgl. Schubert, Kintzel 2009, S.71) Ist der Patient bei Bewusstsein, können Pflegepersonen Handlungskompetenz zeigen und schnell wirksame Kohlehydrate wie z.b. Traubenzucker oder Fruchtsäfte in Kombination mit einer kohlehydratreichen Zwischenmahlzeit, z.b. Marmeladebrot, verabreichen. Im Stadium des Coma hypoglykaemicum ist der Patient nicht mehr bei Bewusstsein, hier dürfen aufgrund der Aspirationsgefahr keinesfalls mehr Flüssigkeiten per os gegeben werden! Der Betroffene muss in die Stabile Seitenlage gebracht werden, die Atemwege müssen gesichert und der zuständige Arzt muss umgehend benachrichtigt werden. (vgl. Andreae et al. 2008, S.470) 5.3.2 Atemstörungen und Maßnahmen Abb. 1: Herzbettlagerung Abb. 2: Kutschersitz (Internet: Fabry et al. 03.05.2009) (Internet: Fabry et al. 03.05.2009) Atemstörungen können pulmonale, kardiale oder extrathorakale Ursachen haben. Eine pulmonale Ursache ist einerseits der erhöhte Atemwegswiderstand durch z.b. Asthma bronchiale, chronisch obstruktive Bronchitis oder Fremdkörperaspiration. Weitere pulmonale Gründe für Ateminsuffi- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 24

zienz sind der Funktionsverlust von Lungengewebe durch z.b. eine Lungenembolie, Lungeninfarkt, Lungenverletzung oder Erkrankungen der Pleura, z.b. ein schwerer Pleuraerguss. Kardiale Ursachen sind beispielsweise die akut dekompensierte Herzinsuffizienz mit Lungenödem oder ein Perikarderguss. Beispiele für extrathorakale Ursachen sind Störungen im Bereich des Atemzentrums oder emotionale Faktoren, die zu Atemstörungen führen können. (vgl. Menche 2004, S.698) Die Gründe für eine schwere Ateminsuffizienz sind in einer Notfallsituation nicht immer sofort erkennbar, die Erstmaßnahmen durch die Pflegeperson können jedoch die Situation des Patienten verbessern. Nachdem die Pflegeperson die vital bedrohliche Atemstörung des Patienten erkannt und Alarm ausgelöst hat, ist es wichtig, den Patienten nicht mehr alleine zu lassen. Die Pflegeperson soll ein Gefühl von Ruhe und Sicherheit vermitteln. Zur Verbesserung der Atmung des Patienten ist die Lagerung mit erhöhtem Oberkörper bzw., wenn möglich, eine sitzende Lagerung ideal. Bei bekannter Herzinsuffizienz werden zusätzlich die Beine tief gelagert, diese Lagerung nennt man Herzbettlagerung. Die Atemhilfsmuskulatur des Patienten wird unterstützt durch den Kutschersitz oder indem der Patient die Arme leicht vom Brustkorb abspreizt und auf ein Kissen abstützt. Beengende Kleidungsstücke werden entfernt, und das Fenster wird, wenn möglich, geöffnet, um für Frischluft zu sorgen. Der Patient kann zur ökonomischen Atmung angeleitet werden, z.b. durch die dosierte Lippenbremse. Dem Patienten wird Sauerstoff gegeben, Pflegepersonen müssen jedoch das Risiko der CO 2 Narkose beachten und die Vitalzeichen des Patienten engmaschig kontrollieren. Eventuell kann es notwendig sein, dass Pflegepersonen die benötigten Materialien zum Absaugen oder zur Intubation vorbereiten. (vgl. Menche 2004, S.697-698) Die Erstmaßnahmen bei einer psychogenen Hyperventilation sind die Beruhigung, psychische Betreuung des Patienten und die so genannte Plastikbeutelrückatmung, bei der der Patient in eine möglichst große Tüte at- Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 25

met. (vgl. Menche 2004, S.1141) Pflegerische Maßnahmen nach einer Aspiration sind das kräftige Schlagen mit der flachen Hand zwischen die Schulterblätter. Dabei soll der Patient den Oberkörper nach unten beugen, dadurch wird der Patient beim Aushusten unterstützt. Ist diese Maßnahme erfolglos, so kann der Heimlich-Handgriff durchgeführt werden. Steht der Patient, so schlingt die Pflegeperson von hinten ihre Arme um die Taille des Patienten, dessen Arme, Kopf und Oberkörper nach unten hängen. Sie platziert ihre Faust im epigastrischen Winkel des Patienten, unter dem Sternum. Danach wird die Faust mit Unterstützung der zweiten Hand kräftig in die Bauchdecke in Richtung Zwerchfell gedrückt. Liegt der Patient auf dem Rücken, so kniet die Pflegeperson in Hüfthöhe rittlings oder neben dem Patienten. Die Faust wird mit Unterstützung der anderen Hand, mit kräftigen und raschen Stößen in den epigastrischen Winkel gedrückt. Der Heimlich-Handgriff ist nicht unumstritten, da er für den Patienten erhebliche Schäden, z.b. Zwerchfellruptur, nach sich ziehen kann. (vgl. Menche 2004, S.263; Menche 2004, S.538) Pflegepersonen sollten diesen Handgriff nur durchführen, wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg erzielen und die ausführende Person ausreichende Kenntnis über die Technik dieser Maßnahme besitzt. Abb. 3: Schulterschlag Abb. 4: Heimlich-Handgriff (Internet: Österreichisches Rotes Kreuz (Internet: Österreichisches Rotes Kreuz 03.05.2009) 03.05.2009) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 26

5.3.3 Kreislaufstörungen und Maßnahmen Typische Ursachen für Störungen der Herzaktion und des Kreislaufs sind entweder kardiale Gründe wie Angina pectoris-anfälle, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen oder nicht kardiale Gründe wie z.b. starker Blutverlust, Vergiftungen, allergische Reaktionen oder Synkopen. (vgl. Menche 2004, S.517; Wallner 2008, S.7) Klagt der Patient über akuten Thoraxschmerz bzw. Herzschmerz, starkes Herzklopfen, Herzrasen und über Atemnot, so besteht der Verdacht auf eine kardiale Kreislaufstörung. Es ist wichtig, dem Patienten Ruhe und Sicherheit zu vermitteln, die Pflegeperson soll den Patienten nicht alleine lassen. Beengende Kleidungsstücke werden entfernt, und die Fenster werden geöffnet, um für frische Luft im Raum zu sorgen. Es werden zwei bis vier Liter Sauerstoff gegeben, um die Atemsituation zu verbessern. Der Patient soll jede körperliche Anstrengung vermeiden, er soll im Bett bleiben und mit Oberkörper erhöht und Beine tief gelagert werden. Diese Lagerungsart wird auch Herzbettlagerung genannt. Bei Störungen der Herzaktion ist es wichtig, den Patienten so schnell wie möglich an einen Monitor anzuschließen. (vgl. Menche 2004, S.637; Wallner 2008, S.6) Bei starken inneren oder äußeren Blutungen ist es wichtig, den Patienten hinzulegen bzw. mit erhöhten Beinen zu lagern, also in die so genannte Schocklage zu bringen. Pflegerische Maßnahmen bei äußeren Blutungen sind das Stillen der Blutung durch Aufdrücken einer sterilen Kompresse auf die Wunde oder das Anlegen eines Druckverbandes. (vgl. Menche 2004, S.961) Ebenfalls indiziert ist die Schocklagerung bei allergischen Reaktionen und Synkopen. Ist ein Patient synkopiert, so sollen Pflegepersonen auf mögliche Verletzungen des Patienten achten. (vgl. Menche 2004, S.530; Wallner 2008, S.8) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 27

Abb. 5: Druckverband (Internet: Österreichisches Rotes Kreuz 03.05.2009) Abb. 6: Schocklagerung (Internet: Patzer 03.05.2009) 5.4 Basic Life Support, BLS Unter den Punkten 5.4 und 5.5 wird ein Handlungsschema vorgestellt, welches die Basismaßnahmen, BLS, und die erweiterten Maßnahmen, ALS, nach Auffinden eines reglosen Notfallpatienten beschreibt. Um einen Überblick zu geben, findet man eine graphische Darstellung dieser Abläufe im Anhang dieser FBA. Die Öffentlichkeit erwartet, dass Ärzte und Pflegekräfte im Krankenhaus im Falle eines Herz-Kreislaufstillstandes eine korrekte und erfolgreiche Wiederbelebung durchführen können. Deshalb soll auf allen Stationen sichergestellt werden, dass der Kreislaufstillstand sofort bemerkt wird, dass Hilfe über eine einheitliche Notrufnummer gerufen wird, dass die Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 28

CPR sofort begonnen wird und dass die Defibrillation innerhalb der ersten drei Minuten durchgeführt wird. (vgl. Nolan et al. 2006, S.41) Basic Life Support sind die Lebensrettenden Sofortmaßnahmen, welche die Basis der Behandlung eines Herz-Kreislaufstillstandes bilden, mit dem Ziel, die Vitalfunktionen aufrecht zu erhalten. Dazu gehören die Beurteilung des Bewusstseins, das Absetzen des Notrufs, die Beurteilung der Atmung und Sicherung der Atemwege, die Kardiokompression und die Frühdefibrillation. (vgl. Ullrich et al. 2005, S.162) 5.4.1 Beurteilung des Bewusstseins Wird ein regungsloser Patient auf der Station aufgefunden oder ein Kollapsgeschehen beobachtet, so soll zuerst das Bewusstsein des Patienten überprüft werden, indem er angesprochen und indem Körperkontakt hergestellt wird. Vorsichtiges Schütteln an den Schultern und Fragen wie Geht es Ihnen gut? werden empfohlen. Reagiert der Patient nicht, so ist er ohne Bewusstsein, und die Pflegeperson soll den Notruf absetzen und als nächsten Schritt die Atmung kontrollieren. Ist der Patient wach und ansprechbar, ist eine sofortige medizinische Untersuchung notwendig, der Patient sollte Sauerstoff bekommen, an einen Überwachungsmonitor angeschlossen und mit einer Venenverweilkanüle versorgt werden. (vgl. Ullrich et al. 2005, S.163; Nolan et al. 2006, S.42) Abb. 7: Bewusstseinskontrolle (Internet: Wiener Rettung 26.01.2009) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 29

5.4.2 Beurteilung der Atmung und Freimachen der Atemwege Abb. 8: Atemkontrolle Abb. 9: Esmarch-Handgriff (Internet: Wiener Rettung 26.01.2009) (Internet: Wiener Rettung 26.01.2009) Nach Kontrolle des Bewusstseins soll die Pflegeperson die Atemwege des Patienten freimachen und die Atmung kontrollieren. Es erfolgt eine Inspektion der Mundhöhle, da eine Atemwegsverlegung durch Erbrochenes, Blut oder Fremdkörper verursacht sein kann. Großlumige, starre Absaugkatheter oder eine Magillzange können verwendet werden, um diese Verlegung zu beseitigen. Eine weitere Ursache für die Atemwegsbehinderung bei einem bewusstlosen Patienten ist die Verlegung des Pharynx durch den weichen Gaumen und die Epiglottis. Zeichen für Atemwegsverlegungen sind Atemgeräusche, wie ein inspiratorischer Stridor bei laryngealer oder höher gelegener Atemwegsverlegung, exspiratorisches Keuchen bei Verlegung der unteren Atemwege, gurgelnde Geräusche bei flüssigen Substanzen im Luftweg, schnarchende Laute, wenn der Larynx durch den weichen Gaumen oder die Epiglottis verlegt ist oder ein Krächzen als Zeichen für einen Laryngospasmus. Der Atemweg wird freigemacht entweder durch Überstrecken des Halses und Anheben des Kinns, siehe Abb. 2, oder indem man den Esmarch-Handgriff anwendet, siehe Abb. 3. Beim Esmarch-Handgriff wird der Unterkiefer des Patienten vorgeschoben, um dadurch eine Verlegung des Atemwegs durch den weichen Gaumen und Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 30

die Epiglottis aufzuheben. Dieser Handgriff soll vor allem bei Verdacht auf Verletzungen der Halswirbelsäule angewendet werden. Nach dem Freimachen der Luftwege wird die Atmung durch Sehen, Hören und Fühlen kontrolliert. Die Pflegeperson kann sehen, ob sich der Thorax hebt und senkt, hören, ob der Patient Atemgeräusche hat und kann den Ein- und Ausatemluftstrom an der eigenen Wange spüren. Die Beurteilung, ob eine ausreichende Spontanatmung vorliegt, sollte nicht länger als zehn Sekunden dauern. (vgl. Nolan et al. 2006, S.42-50) Ein bewusstloser, aber ausreichend spontan atmender Patient wird in die stabile Seitenlage gebracht und überwacht. (Ullrich et al. 2005, S.163) Abb. 10: Stabile Seitenlage (Handley et al. 2006, S.4) 5.4.3 Beurteilung des Kreislaufs Die Überprüfung des Kreislaufs bzw. das Ertasten des Pulses des Patienten kann in einer Notfallsituation schwierig sein. Weist der Patient keine oder nur zweifelhafte Lebenszeichen auf, wie z.b schnappende Atemoder Hustengeräusche, müssen die Reanimationsmaßnahmen sofort begonnen werden. Ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter sollten zusätzlich versuchen, die Herz-Kreislauffunktion durch Palpation des Karotispulses zu überprüfen. Die Pulsbeurteilung soll maximal zehn Sekunden lang dauern. Falls der Patient nicht atmet, aber einen gut tastbaren Puls hat, muss er beatmet werden. Nach jeweils zehn Atemspenden wird der Karotispuls erneut überprüft. Ist kein Puls tastbar, wird ebenfalls mit den Reanimationsmaßnahmen begonnen. (vgl. Nolan et al. 2006, S.43; Ullrich et al. 2005, S.164) Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 31

5.4.4 Die Cardiopulmonale Reanimation Abb. 11: Herzdruckmassage Abb. 12: Beatmung (Internet: (Internet: Wiener Rettung 26.01.09) Heinemann-Heinvetter 21.05.2009) Eine Person beginnt die CPR, während andere Helfer, falls erforderlich, das Herzalarmteam alarmieren und die erforderliche Notfallausrüstung und den Defibrillator holen. Ist nur eine Person anwesend, muss der Patient kurz verlassen werden, um den Notruf auszulösen. 30 Thoraxkompressionen, gefolgt von zwei Atemspenden werden durchgeführt, wobei die Person, die die Thoraxkompression durchführt, wenn möglich alle zwei Minuten ausgetauscht werden sollte. Die Thoraxkompression bewirkt wechselnde Druckverhältnisse im Brustkorb, wodurch ein Blutfluss erzeugt wird, der bis zu 50 Prozent des normalen Herzzeitvolumens erreicht. Dieser Blutfluss ist abhängig von der Qualität der Thoraxkompression und den individuellen anatomischen und physiologischen Gegebenheiten des Patienten. Eine weitere Voraussetzung für eine effektive Kardiokompression ist eine harte Unterlage unter dem Brustkorb. Der korrekte Druckpunkt ist die Sternummitte, die Handballen beider Hände werden übereinander gelegt und das Brustbein rhythmisch vier bis fünf Zentimeter tief in Richtung Wirbelsäule eingedrückt. Die Beatmung erfolgt je nach stationsüblichen Gepflogenheiten z.b. mit einer Larynx- oder Gesichtsmaske in Kombination mit Beatmungsbeutel. Die Inspiration bei der Beatmung sollte eine Sekunde lang dauern, und das Atemzugvolumen sollte eine normale Notfall auf Station, Ursula Obermoser, 2009 32