Überblick über erlenund eschenreiche Wälder in Oberösterreich Teil 2: Feucht-, Hang- und Schluchtwälder

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Transkript:

NATURSCHUTZABTEILUNG - OBERÖSTERREICH Überblick über erlenund eschenreiche Wälder in Oberösterreich Teil 2: Feucht-, Hang- und Schluchtwälder ÖKO L 26/3 (2004): 10-15 Michael STRAUCH Amt der Oö. Landesregierung Naturschutzabteilung Promenade 33 A-4020 Linz In Fortsetzung der Bearbeitung der erlen- und eschenreichen Waldtypen Oberösterreichs (vgl. ÖKO. L 26/2) möchte ich einen kurzen Überblick über die von mir untersuchten Bruch-, Quell-, Hang- und Schluchtwälder geben. Eschen- und Erlenwälder außerhalb der Auen treten in Oberösterreich, wie auch im übrigen Mitteleuropa, in sehr vielgestaltiger Weise auf und repräsentieren nach den Buchen- und Fichtenwäldern (bzw. Fichtenforsten) die flächenmäßig bedeutendsten Waldtypen. Das standörtliche Spektrum reicht dabei von kleinstflächig ausgebildeten, dauerhaft durchnässten Quellbereichen über Moorstandorte und schuttreiche Schluchtwälder bis hin zu viele Hektar umfassende, frische Großwaldflächen, in denen meist die Esche alleine herrscht. Schwarzerlen-Bruchwälder und Sumpfdotterblumen-Erlenwälder Schwarzerlen-Bruchwälder (Alnetum glutinosae) sind Wälder über Anmoor- oder Moorböden und dauernd durchnäßt. Neben verschiedenen anderen Typen, wie zum Beispiel Moorbirken-Bruchwald, gehe ich hier nur auf den Schwarzerlen-Bruchwald ein. Dieser findet sich in Oberösterreich vorzugsweise in den Verlandungsbereichen einiger Seen (Abb. 1 und 2) sowie - meist kleinräumiger - im Bereich mancher Moorgebiete. Besonders ausgedehnte Bestände befinden sich am Almsee, am Grabensee und am Offensee. Typische, aber nicht immer vorhandene, Begleiter sind Sumpffarn (Thelypteris palsutris), Langährige Segge (Carex elongata) und selten auch der Kamm-Wurmfarn (Dryopteris cristata - Abb. 3). Sumpfdotterblumen-Erlenwälder (Caltha palustris-alnus glutinosa-gesellschaft - Abb. 4) nehmen eine markante Zwischenstellung zwischen echten Bruchwäldern und den Schwarzerlen-Eschenwäldern (Pruno-Fraxinetum) ein. Der ausschlaggebende Standortfaktor ist hier die Luftzufuhr im Boden, die bei den Bruchwäldern sehr schlecht ist, weshalb es zur Torfbildung kommt. Trotz der meist starken Vernässung sind die Sumpfdotterblumen-Erlenwälder besser durchlüftet, weil das Wasser dort in der Regel nicht völlig stagniert, sondern mehr oder weniger bewegt ist und sich der Wasserspiegel stärker ändern kann. Die bessere Luftzufuhr verhindert die Bildung von Torf und führt zu einer verbesserten Humuszersetzung und damit Nährstoffversorgung. Sumpfdotterblumen-Erlenwälder, in denen die Schwarzerle (Alnus glutinosa) und die Sumpfdotterblume (Caltha palustris) stets vorhanden sind, sind besonders in ebenen Talsenken vieler Alpenvorland-Bäche verbreitet und gar nicht selten auch in den äußeren Randbereichen der Niederterrassen größerer Flusstäler anzutreffen, wo sich Hang- und Quellwasser am Fuß der angrenzenden Leitenwälder staut und wegen der stellenweisen Bodenverdichtung nicht sofort abfließen kann. Schwarzerlen-Eschenwälder Abb. 1: Schwarzerlenbruchwald am Großen Huckinger See. Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, vom Verfasser Schwarzerlen-Eschen(au)wälder (Pruno-Fraxinetum) stellen gegenüber Sumpfdotterblumen-Erlenwäldern und Schwarzerlen-Bruchwäldern weniger nasse Wälder dar und vermitteln zu den noch trockener stehenden Eschen-Mischwäldern (vgl. weiter unten). Sie finden sich daher überwiegend auf eher ebenen oder nur leicht geneigten Flächen, die vom Grundwasser meist langsam durchsickert werden, etwa in Talbereichen kleiner Bäche, in Hangmulden und manchmal auch an Stelle von Bruchwäldern, die sich als Folge oft starker Entwässerung zu Schwarzerlen-Eschenwäldern weiterentwickeln (vgl. DERNTL 2004). Eigene Charakterarten fehlen vollständig. Im Vergleich mit Bruchwäldern und Sumpfdotterblumen-Erlenwäldern gehen aber die Nässezeiger deutlich 10 ÖKO L 26/3 (2004)

Abb. 2: Linear ausgebildeter Schwarzerlenbruchwald am Almsee mit viel Steifsegge (Carex elata) im Unterwuchs. zurück. Stattdessen kann sich schon die eine oder andere Art besserer Wälder behaupten, wie etwa Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) und Echte Nelkenwurz (Geum urbanum). Dabei tritt die Schwarzerle noch so gut wie immer auf und stellt meist sogar die dominante Baumart dar. Die Esche (Fraxinus excelsior) ist fast immer vorhanden. Winkelseggen-Wälder und Riesenschachtelhalm- Eschenwälder Liegt eine ähnliche Wasserversorgung vor wie in den Sumpfdotterblumen-Erlenwäldern oder den Schwarzerlen-Eschenwäldern, sind die Standorte aber stärker geneigt, so wird der Boden vom Wasser (je nach Neigung) mehr oder weniger lebhaft durchsickert. Damit liegt viel Feuchtigkeit (Nässe) und gleichzeitig sehr gute Sauerstoffversorgung im Wurzelbereich vor. Diese Verhältnisse kommen besonders der Winkelsegge (Carex remota) und dem Riesen- Schachtelhalm (Equisetum telmateia - Abb. 5) entgegen. Die Winkelsegge nimmt dabei die tendenziell basenärmeren, aber keineswegs immer sauren Standorte ein. Voraussetzung ist weiters eine Abb. 3: Den seltenen Kamm-Wurmfarn (Dryopteris cristata) findet man vereinzelt in Übergangsmooren und Moorwäldern, wie dem Schwarzerlenbruch. Foto: J. Limberger nahezu dauernde quellige Vernässung wie sie im Bereich von Quellfluren und entlang von Quellbächen auftritt. Hier gedeiht der Winkelseggen- Erlen-Eschenwald (Carici remotae- Fraxinetum - Abb. 6), der in Oberösterreich weitgehend nur in der Böhmischen Masse und in der Flyschzone (zwischen dem Irrseebecken und Gaflenz) auftritt. Der Riesen-Schachtelhalm kann hier (außer in der Böhmischen Masse) manchmal beigemischt sein. Darüber hinaus können in Randzonen zu Moorstandorten (z. B. am Alm- Abb. 4: Sumpfdotterblumen-Erlenwälder sind oft extrem nass und stark überstaut. Im Gegensatz zum Schwarzerlenbruch handelt es sich aber um sauerstoffreicheres Sickerwasser, weshalb keine Torfbildung erfolgt. Abb. 5: Der Riesen-Schachtelhalm (Equisetum telmateja), die namengebende Art der Riesenschachtelhalm-Eschenwälder, kann bis zu 2 m hoch werden. Foto: J. Limberger Abb. 6: Winkelseggen-Eschenwälder gibt es nur kleinräumig im Bereich stark durchsickerter, quelliger Hänge in den Quellbereichen von Bächen über sauren Ausgangsgesteinen ein. ÖKO L 26/3 (2004) 11

Abb. 7: Kalk- oder zumindest basenreiche Sicker-Quellen bilden oft die Standorte der zauberhaften Riesenschachtelhalm-Eschenwälder. see) oder an anmoorigen Oberläufen Mühlviertler Bäche winkelseggenreiche Wälder mit dominanter Schwarzerle auftreten (Winkelseggen- Schwarzerlen-Gesellschaft). An höher gelegenen Standorten und an quelligen Stellen im Umfeld von Grauerlenauen tritt aus standörtlichen Gründen an die Stelle der Schwarzerle die Grauerle. Hier ist an zumindest nicht kalkfreien Standorten neben der Winkelsegge auch der Riesen-Schachtelhalm meist vorhanden. Die dermaßen aufgebauten Wälder werden als Winkelseggen-Grauerlen-Gesellschaft bezeichnet und treten in Oberösterreich nur im Alpenraum auf. Reine Riesenschachtelhalm-Eschenwälder (Equiseto telmatejae-fraxinetum - Abb. 7) sind nach meinen bisherigen Kenntnissen im Alpenvorland verbreiteter als im Bereich der Kalkalpen. Die häufige Lage innerhalb landwirtschaftlich genutzter Gebiete bringt auch einen hohen Nährstoffreichtum mit sich, weshalb Arten wie Kleb-Labkraut (Galium aparine) und Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) typisch sind. Solche Arten sind gleichzeitig auch Anzeiger für Lehm, der für die Standorte des Riesenschachtelhalm-Eschenwaldes an den Unterhängen der außeralpinen Bachtäler charakteristisch ist. Manchmal findet man Riesenschachtelhalm-Eschenwälder in Verbindung mit vertuffenden Quellen, die häufig entlang von Terrassenkanten an Grenzschichten zwischen Schlier und darüber liegenden tertiären Schottern Abb. 8: Sehr oft in Kontakt mit Riesenschachtelhalm-Eschenwäldern stehen Tuffquellen, in denen gelegentlich kaskadenartige Formen auftreten. Solche Tuffquellen sind manchmal am Rand größerer Tallagen (z. B. Traun- und Almtal) im Grenzbereich zwischen Schotter und den darunter liegenden, wasserundurchlässigen Schliermassen zu finden. auftreten. Es sind Märchenwälder, in denen das Quellwasser über bisweilen kaskadenartig geformte und bemooste Tuffbildungen plätschert (Abb. 8), die von einem Schleier aus fast mannshohem Riesen-Schachtelhalm umgeben werden. Manchmal bricht das Sonnenlicht durch das Laub der darüber wachsenden Eschen - ein zauberhafter Anblick! Gerne begleitet auch die Riesen-Segge (Carex pendula) die gerade beschriebenen Waldtypen. Weil sie aber im Gegensatz zum Riesenschachtelhalm und der Winkelsegge auch mit weniger Wasser auskommt, leitet sie, wenn sie ohne die beiden anderen auftritt, schon zum frischen, aber nicht mehr nassen Eschen- Mischwald über. Der Eschen-Mischwald (Adoxo- Aceretum) Mit abnehmender Dauernässe aber immer noch guter Wasserversorgung (das heißt mehr oder weniger dauernd feuchtem Untergrund) auf meist tiefgründig-lehmigen, nährstoffreichen Böden, können sich (fast) reine Eschenwälder entwickeln (Abb. 9). Voraussetzung ist allerdings auch eine ausreichende Durchlüftung des Bodens, denn Staunässe wird von der Abb. 9: Der Eschen-Hangwald (Adoxo-Aceretum) ist eine in Oberösterreich besonders im Alpenvorland weit verbreitete Waldgesellschaft. Über frischen, tiefgründigen, nicht rutschenden Mittel- und Unterhängen, vermittelt er zwischen den echten Schluchtwäldern und dem feuchteren Traubenkirschen-Eschenwald. 12 ÖKO L 26/3 (2004)

Esche gemieden! In ganz ebenen Flächen über stauendem Untergrund (im oberösterreichischen Alpenvorland meist Lößlehm, Schlier oder Gley- Horizonte) wird die Esche daher je nach Feuchtigkeit durch die Schwarzerle oder die Eiche und die Hainbuche ersetzt (mündl. Ch. Jasser)! Sobald aber in Löß- oder - noch besser ausgeprägt - in Schliergebieten schon eine geringe Hangneigung vorhanden ist, hat die Esche beste standörtliche Voraussetzungen: Nährstoffreichtum, Tiefgründigkeit, ausreichend Sauerstoff und ein sehr ausgeglichener Wasserhaushalt machen diese Wälder zu den Turbos in der forstwirtschaftlichen Nutzung. Entsprechend mäßig ist jedoch oft die Qualität des Holzes (vgl. OBERDORFER 1992), insbesondere der Fichte, die auf solchen Standorten rasch rotfäulig wird. Die Bäume wachsen schnell und werden zu wahren Riesen bis über 35 m. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass diese Standorte nahezu allen Baumarten Wachstum ermöglicht: Hier können sich Bruchweide und Vogelkirsche, Schwarzerle und Feldahorn auf ein und demselben Standort begegnen. In der Krautschicht der Eschen- Mischwälder herrschen anspruchsvolle Stauden und Kräuter vor, vor allem Giersch (Aegopodium podagraria), Berg-Goldnessel (Lamiastrum montanum - Abb. 10), Hohe Schlüsselblume (Primula elatior), Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), Wald-Segge (Carex sylvatica) und viele andere. Moschuskraut (Adoxa moschatellina - Abb. 11), die namengebende Art der Waldgesellschaft, tritt nur in etwa 1/3 der Aufnahmeflächen auf und ist auch in anderen ähnlichen Waldgesellschaften - wenn auch nicht in diesem Ausmaß - verbreitet. Für mich besteht mittlerweile kein Zweifel mehr darüber, dass der Eschen-Mischwald, der ja überaus häufig auch als bachbegleitender Wald auftritt, nach dem Fichtenforst im Alpenvorland die häufigste Waldgesellschaft darstellt, denn Buchenwälder wurden weitgehend auf die Terrassenkanten der größeren Flüsse zurückgedrängt und Eichen-Hainbuchenwälder gibt es ohnehin nur mehr vereinzelt in den Niederterrassen großer Flüsse sowie punktuell auf der Traun-Enns-Platte und an kleinen, steilen Geländeabbrüchen. Eschenwälder dagegen ziehen sich oft kilometerlang an unse- Abb. 10: Die Berg-Goldnessel (Lamiastrum montanum) ist eine der häufigsten Arten des Eschen-Hangwaldes und zur Blütezeit eine Zierde des Waldes. ren Bächen entlang und kleiden die angrenzenden Hänge häufig flächendeckend ein. Besonders im Bereich des Robulus-Schliers zwischen Pollham und Leonding sowie zwischen Ansfelden und Hargelsberg sind Eschen-Mischwälder (im Verein mit Spitzahorn-Sommerlindenwäldern) sogar noch großflächig (einige hundert Hektar!) vorhanden. Offen ist die Frage, inwieweit es sich - ähnlich wie bei Eichen-Hainbuchenwäldern - auch bei Eschen-Mischwäldern um eine nutzungsbedingte Ersatzgesellschaft von Buchenwäldern handelt. Spitzahorn-Sommerlinden- Wälder Ist vom Schluchtwald die Rede, dann bringt man diesen in der Regel immer mit steilen, schuttreichen, meist nördlich exponierten Hängen in engen Schluchten mit kühlem, luftfeuchtem Klima in Zusammenhang. Unterhang-Schuttwälder in südlicher Lage oder allgemein wärmebegünstigter und weniger luftfeuchter Lage traten dagegen in der einschlägigen oberösterreichischen Fachliteraur so gut wie nie auf. Es gibt sie aber! Es sind die Spitzahorn-Sommerlinden-Wälder (Aceri-Tilietum). Sie bewohnen ausschließlich wärmebegünstigte Lagen an mehr oder weniger steilen Hängen, sei es an Standorten unter etwa 400 m oder - wenn höher gelegen - (meist) an Südhängen. Der Wasserhaushalt im Boden ist ähnlich wie im Eschen-Mischwald, der Untergrund ist lehmreich bis schottrig und oft nachschaffend. Das Material wird dabei oft aus Konglomeratwänden nachgeliefert. Arten, durch welche dieser Waldtyp von den anderen beschriebenen unterschieden werden kann, sind vor allem die beiden Linden-Arten (Tilia cordata und T. platyphyllos), der Feld-Ahorn (Acer campestre), der häufig baumförmig auftritt, die Hainbuche (Carpinus betulus), durch die der häufige Übergang zu Eichen-Hainbuchenwäldern und auch Buchenwäldern angezeigt wird sowie krautige Arten wie Finger-Segge (Carex digitata), Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus), Abb. 11: Das Moschuskraut (Adoxa moschatellina) ist eine Pflanzenart frischer, bewaldeter Unterhänge trotz seiner namengebenden Funktion ist sie nicht nur auf das Adoxo-Aceretum (Eschen-Hangwald) beschränkt. ÖKO L 26/3 (2004) 13

Türkenbund (Lilium martagon) und Wimper-Segge (Carex pilosa). An besonderen Pflanzenarten treten neben der durchaus häufigen Pimpernuss (Staphylea pinnata) und der Neunblatt-Zahnwurz (Dentaria enneaphyllos - Abb. 12) besonders selten auch die vom Aussterben bedrohte Kragenblume (Carpesium cernuum - Abb. 13) auf. Trotz dieser deutlichen Übergangssituation bleiben Esche, Bergahorn und oft auch die Bergulme die stets beherrschenden Baumarten. Spitzahorn-Sommerlinden-Wälder treten im Alpenvorland recht häufig (neben Eschen-Hangwäldern, Eichen- Hainbuchenwäldern und Buchenwäldern) an den steilen Terrassenab- Abb. 12: Im Bereich der Unterhänge wärmegetönter Schlucht- und Hangwälder sind krautreiche Artengemeinschaften ausgebildet. Im Bild: Neunblatt-Zahnwurz (auch Detail), Hohe Schlüsselblume, Moschuskraut, Buschwindröschen, Bärlauch und Lungenkraut. Abb. 13: Die Kragenblume (Carpesium cernuum) zählt ohne Zweifel zu den seltensten Arten Oberösterreichs. Die Art erreicht, von den Pyrenäen über die Schweiz, Oberösterreich und die Steiermark ihre nördliche Ausbreitungsgrenze in Europa. Meine Fundstellen liegen ausschließlich an südexponierten, etwas wasserzügigen Unterhängen wärmegetönter Eschen-Ahornwälder, in denen auch Hainbuche, Winter- und Sommerlinde sowie Feldahorn eine wichtige Rolle spielen. hängen größerer Flüsse und Bäche auf, sind aber auch im Alpenraum sowie in der Böhmischen Masse an eher südlich geneigten Unterhängen mit mehr oder weniger bewegtem Untergrund zerstreut anzutreffen. Schluchtwälder i. e. S. (Fraxino- Aceretum) Im Vergleich zu den Eschen-Mischwäldern sind die wirklichen Schluchtwälder nachschaffend. Das heißt, das Gelände ist so steil, dass eine laufende Nachlieferung mit Feinerde, Fein- oder Grobschutt bis hin zu großem Blockschutt stattfindet. Typbestimmende Standortfaktoren sind darüber hinaus Basenreichtum, eher kühles und luftfeuchtes Kleinklima und die Art des Schuttmaterials. Mit Ausnahme der Granitblockhalden der tief eingeschnittenen Mühlviertler Täler sind alle anderen Formen der Schluchtwälder Oberösterreichs basenreich. Auf diesen Granitblockhalden gedeihen meist bodensaure Linden-Blockwälder, auf die ich hier nicht näher eingehe. Diesen Schluchtwald bezeichnet man üblicherweise als Linden-Ulmen-Ahorn-Wald (Fraxino-Aceretum), in dem manchmal die für ihn typischen Arten Mondviole (Lunaria rediviva - Abb. 14) oder Hirschzunge (Asplenium scolopendrium - Abb. 15) auftreten. Hierbei besiedelt die Hirschzunge generell die blockreichen Abhänge, während die Mondviole die feinschuttreicheren Standorte bevorzugt. Den meisten Schluchtwäldern fehlen aber diese beiden Zeigerarten, neben denen auch der Geißbart (Aruncus dioicus) als Zeigerart für mehr lehm- und humusreiche Rutschböden eine gewisse Rolle spielt. Oft ist es schwer, eine klare Grenze zu den Eschen-Hangwäldern zu ziehen, was einen starken Hinweis auf naturgemäß häufig vorhandene Übergänge gibt. Kurz festhalten möchte ich noch die Existenz des Mehlbeer-Bergahorn- Mischwaldes (Sorbo - Aceretum) und des Hochstauden-Bergahorn- Waldes (Ulmo-Aceretum) im oberösterreichischen Alpenraum, bei denen es sich ebenfalls um Schluchtwaldtypen handelt. Der Mehlbeer- Bergahorn-Mischwald stellt dabei die Weiterführung des Spitzahorn- Sommerlinden-Waldes an höher gelegenen, wärmebegünstigten, oft schon felsigen Standorten dar, was Abb. 14: Die Ausdauernde Mondviole (Lunaria rediviva) tritt in stark nachschaffenden, genügend boden- und luftfeuchten Schluchtwäldern über Feinschuttböden oft flächendeckend auf. Daneben ist sie aber auch in geschiebereichen Grauerlenauen und vereinzelt in blockreicheren, bachbegleitenden Hainmieren-Schwarzerlenwäldern zu finden. 14 ÖKO L 26/3 (2004)

Abb. 15: Die Hischzunge (Asplenium scolopendrium) charakterisiert blockreiche Schluchtwälder. Da sie saure Standorte in der Regel meidet, ist die Art hauptsächlich in den Kalkalpen und an wenigen Stellen im Alpenvorland verbreitet. in vielen gemeinsamen Begleitarten zum Ausdruck kommt. Der Hochstauden-Bergahorn-Wald hingegen löst in zunehmend luftkaltem Klima den Linden-Ulmen-Ahorn-Wald ab und ist sehr gut durch den Wimper- Kälberkropf (Chaerophyllum hirsutum) und den Rundblatt-Steinbrech (Saxifraga rotundifolia) charakterisiert. Wegen ihrer Steilheit sind die Schluchtwälder meist schwer zu bewirtschaften, weshalb sie oft ganz aus der Nutzung genommen werden. Oft können sich daher urwaldartige Strukturen mit hohem Totholzanteil entwickeln (Abb. 16). Naturschützern gefällt so etwas natürlich! Eine akute Gefährdung von Schluchtwäldern liegt landesweit nur im Alpenvorland und in der Böhmischen Masse vor, wo der echte Schluchtwald (Fraxino-Aceretum, in der Böhmischen Masse stets nur mit der Mondviole und ohne Hirschzunge) überaus selten ist. Im Alpenraum dagegen ist sowohl der forstwirt- schaftliche Nutzungsdruck als auch die unmittelbare Standortgefährdung auf die doch weit verbreiteten, wenn auch meist eher kleinräumig auftretenden Schluchtwälder eher gering bzw. nur ein lokales Problem. Erlen- und eschenreiche Wälder sind allgemein in Oberösterreich keine außergewöhnlichen Erscheinungen. Viele dieser Waldtypen sind sogar recht großflächig verbreitet (z. B. Eschen-Mischwälder). Andere wiederum sind extrem selten (Bruchwälder) oder fast stets nur sehr kleinflächig ausgebildet (z. B. Winkelseggen-Erlen-Eschenwald). Um ihren Funktionen im Naturhaushalt gerecht werden zu können, besteht aber unabhängig von der Art ihrer Verbreitung und den daraus folgenden Schutzbemühungen die Notwendigkeit, den Flächenanteil naturnaher Wälder und Forste in Oberösterreich zu erhöhen. Die Oö. Landes- und Bezirksforstinspektionen haben im Rahmen der forstlichen Beratung in den letzten Jahren bereits wesentlich dazu beigetragen und andere Helfer wie Stürme, Borkenkäfer und Fichtenblattwespe werden darüber hinaus auch in den kommenden Jahren den Anteil naturnäherer Wälder in Oberösterreich vergrößern helfen. Literatur Abb. 16: Schluchtwälder, wie hier am Hobelsberg in Frankenburg, einer der ganz wenigen großflächigen Schluchtwälder außerhalb der Alpen in Oberösterreich, weisen oft einen hohen Totholzanteil auf. BACHMANN H. (1990): Die montanen Waldgesellschaften des Sengsengebirges in Oberösterreich. Dissertation Univ. Innsbruck. BACHMANN H. (1990): Vegetationskartierung Mitteregg. Unpubl. Studie i. A. Amt d. Oö. Landesregierung/Naturschutzabteilung, Linz. DERNTL B. (2004): Vegetation und Entstehung einiger Moorreste und Feuchtwiesen im Sauwald und seinem Vorland, Oberösterreich. Dipl.Arb. Univ. Salzburg. KRISAI R. (1975): Die Ufervegetation der Trummer Seen (Salzburg). Diss.Bot. 29, Vaduz. OBERDORFER E. (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften. Wälder und Gebüsche - Textband. - Teil VI. Jena, G. Fischer. PRACK P. (1985): Die Vegetation der Unteren Steyr. Stapfia 14: 5-70 SCHANDA F., Lenglachner F. (1988): Biotopkartierung und Vegetationskartierung Donauleiten 1987. Unpubl. Studie i. A. d. Oö. Landesregierung/Naturschutzabteilung, Linz. ÖKO L 26/3 (2004) 15