Zulassung für den Öko-Weinbau Pflanzenschutz 2011 Zeitraum im Fünf- bis Siebenblatt-Stadium stehen, was das Auftreten und die Schädigung durch Kräusel- und Blattgallmilben begünstigte, bevor es Ende Mai zu einem explosionsartigen Wachstum kam. Innerhalb kürzester Zeit bildete die Rebe 12 bis 15 Blätter, sodass zwischen dem 10. und 15. Juni die Blüte einsetzte. Die frühe Blüte erfolgte noch in der Schönwetter-Phase, bevor es um den 20. Juni zu einem erneuten Temperatursturz kam. Die Blüte zog sich teilweise über drei Wochen hin und führte je nach Region und Sorte zu starken Verrieselungen, aber auch Botrytisund Peronosporainfektionen an den Gescheinen. Ende Juni setzte dann eine drei- bis vierwöchige Hitzeperiode mit Temperaturen über 30 C und lokalen Starkregenereignissen ein, die vom zu kühlen und deutlich zu nassen August und September gefolgt wurde (Abb. 2). Abb. 1: Asiatische Marienkäfer beim Ausfressen von Trauben 2010 war ein Jahr der großen Herausforderungen für den Pflanzenschutz und die Pflanzenpflege im Öko-Weinbau. Dr. Uwe Hofmann, Internatio nale Beratung im Ökologischen Weinbau, zeigt die letzte Saison und listet die für 2011 zuge las se nen Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel auf. Das Jahr 2010 war in Mitteleuropa von Deutschland über Österreich, Tschechien und Ungarn, was den Witterungsverlauf betrifft, ein Jahr der Extreme. Nach einem langen und zum Teil sehr kalten Winter mit Temperaturen von bis -20 C, was in einigen Regionen zu deutlichen Winterfrostschäden führte, kam es in der zweiten Märzwoche zu einem frühlingshaften Temperaturanstieg. In besonders begünstigten Lagen fingen die Reben unmittelbar mit dem Bluten an und die Knospen begannen, in die Wolle zu gehen. Die folgende Frostperiode von bis -7 C führte daraufhin bei Burgundersorten zu stärkeren Frostschäden und Augenausfall. Der April war wie schon der gesamte Winter eher trocken, dafür aber warm und der Austrieb erfolgte je nach Region zwischen Mitte bis Ende April. Der Mai begann recht kühl (vorgezogene Eisheilige) mit Temperaturen unter 10 C und blieb auch bis Ende Mai deutlich zu kalt. Gleichzeitig war der Mai deutlich zu nass und in manchen Regionen fiel die dreifache Menge an Regen gegenüber dem langjährigen Mittel. Erste Überschwemmungen in Tschechien und Ungarn waren die Folge. Die Reben entwicklung blieb über einen langen Foto: Hofmann Peronospora, Oidium & Co. Durch die extremen Witterungsbedingun gen kam es schon Anfang Mai zu ersten bodenbürtigen Infektionen durch keimende Peronosporasporen. Die niedrige Temperatur reduzierte allerdings die Intensität der Infektionen. Vereinzelt wurden Öl-Flecken, die aber nicht sporulierten, schon Mitte Mai gefunden. Zu bedeutenden Infektionen kam es zwischen dem 24. und 31. Mai. Die lokalen Starkregenereignisse in dieser Zeit führten zu massiven Infektionen, die sich um den 6./8. Juni als sporulierende Ölflecken manifestierten (s. Abb. 3). In der Folge kam es ausgehend von diesem massiven Befall zu Gescheins- und Beereninfektionen. Überlagert wurden diese Infektionen von einem starken Auftreten der Botrytis und in einigen Regionen zusätzlich von der Schwarzfäule. Gerade die Schwarzfäule entwickelte sich in Österreich wie auch Tschechien zu einem stärkeren Problem, da sie erstmals verstärkt in diesen Anbaugebieten festgestellt wurde. Durch die kurze Wärmepe- Abb. 2: Witterungsverlauf für Geisenheim 2010, Deutscher Wetterdienst Geisenheim Fotoquelle: Deutscher Wetterdienst Geisenheim 28 das deutsche weinmagazin 7/9. April 2011
riode Anfang Juni konnte sich gleichzeitig auch Oidium sehr gut entwickeln. Die Hitzeperiode Ende Juni bis Juli mit zum Teil tropischer Witterung begünstigte dann vielerorts einen massiven Traubenbefall durch Oidium. Für die Öko-Weinbaubetriebe war es extrem wichtig, trotz der niedri gen Temperaturen und des Wachstumsstillstands im Mai vor dem 20. Mai eine Peronos pora- und Oidium-Behandlung mit den zugelassenen Pflanzenschutz- und Stärkungsmitteln durchzuführen. Mit Beginn des star ken Massenzuwachses und der Entwicklung der Gescheine war es Ende Mai notwendig, schon mit höheren Kupferaufwandmengen (200 bis 300 g Reinkupfer) oder mit den Stärkungsmitteln Frutogard oder ALGINURE Bio-Schutz eine Behandlung durchzuführen. Die Kombination mit geringen Kupfermengen (50 bis 100 g Reinkupfer) erwies sich als sehr wirkungsvoll. Durch den sehr unterschiedlichen Blüteverlauf je nach Sorte und Standort waren sehr gezielte individuelle Pflanzenschutzmaßnahmen angesagt. Wer in dieser Phase seine Applikationen nicht auf die phänologische Entwicklung der jeweiligen Sorte abgestimmt hatte, sondern turnusmäßig spritzte, kam für manche Sorten zu früh und für andere zu spät. Gerade beim Einsatz von Kupfer und Schwefel war eine sehr genaue Terminierung not- Tab. 1: Zugelassene Pflanzenschutzmittel für den ökologischen Wein- und Tafeltraubenanbau, Stand März 2011 Mittel/Indikation Wirkstoff Beschränkung PILZKRANKHEITEN Falscher Mehltau Peronospora (Plasmopara viticola) Funguran Kupferoxychlorid Anwendungshäufigkeit für Bio-Betriebe nicht beschränkt Zulassung bis 2012 Funguran progress WP (NEU) Kelter- & Tafeltrauben Kupferhydroxid Maximal 2 Anwendungen nach der Blüte! Cuprozin-flüssig Kelter- & Tafeltrauben Kupferhydroxid Bis 10 Anwendungen (maximal 16 l/anwendung) Kocide opti Kelter- & Tafeltrauben Cueva Kupfer-Octanuat Maximale Aufwandmenge 3 kg Rein-Kupfer/ha und Jahr Kumuliert über alle Kupferpräparate Echter Mehltau Oidium (Uncinula necator) Kumulus WG, Netzschwefelit WG, Netzschwefel WG Microthiol WG; Netzschwefel Stulln Thiovit Jet, Sufran Jet Kelter- & Tafeltrauben Dipel ES (Zulassungsende Feb. 2011) XenTari Schwefel Vorblüte 3,6 4,8 kg ab ES 09 ES 61 Nachblüte 2,8 3,6 kg 8 Anwendungen SCHÄDLINGE Einbindiger & Bekreuzter Traubenwickler/Heu- und Sauerwurm Kelter- & Tafeltrauben Bacillus thuringiensis (var. Kurstaki) (var. aizawei) Heu- und Sauerwurm je 2malige Anwendung Heu- und Sauerwurm je 3malige Anwendung (Keine Zulassung gegen dritte Generation!) Spintor, Ultima Käfer- und Raupenfrei Spinosad* Einbindiger & Bekreuzter Traubenwickler (*Stark bienen- und gewässergefährlich keine Zulassung bei den deutschen Bio-Verbänden!) RAK 1 + 2 Pheromone Wirkung auch gegen dritte Generation RAK 1 Neu Einbindiger TW Spinnmilben MICULA, Schädlingsfrei Naturen Kelter- & Tafeltrauben Rapsöl Austriebsbehandlung, maximal 1 Anwendung ES 05 11 Promanal Neu Austriebsspritzmittel, Promanal Neu; Promanal Mineralöle Austriebsbehandlung, maximal 1 Anwendung ES 07 11 Neu Schild- und Wolllausfrei Kelter- & Tafeltrauben Pockenmilbe Eryophyes vitis Thiovit Jet, Asulfa Jet, Sufran Jet Kelter- & Tafeltrauben Schwefel 3,6 ES 09 4,8 kg/ha ES61 4 Anwendungen Kräuselmilbe Calipitrimerus vitis Thiovit Jet, Asulfa Jet, Sufran Jet Kelter- & Tafeltrauben Schwefel 3,6 ES 09 4,8 kg/ha ES61 4 Anwendungen MICULA, Schädlingsfrei Naturen Kelter- & Tafeltrauben Rapsöl Austriebsbehandlung, maximal 1 Anwendung ES 05 11 Rhombenspanner, Springwurm Spintor, Ultima Käfer- und Raupenfrei Spinosad* Reblaus in Nichtertragsanlagen (Rebschulen, Rebmuttergarten) Neem Azl-T/S Azadirachtin 3l/ha, maximal 2 Anwendungen ab Sichtbarwerden des Befalls Feldmaikäfer Neem Azl-T/S Azadirachtin Einsatz im Vorblütebereich das deutsche weinmagazin 7/9. April 2011 29
Abb. 3: Witterungsverlauf und Peronospora-Infektionsbedingungen, hier ein Beispiel aus Süd-Mähren, Station Velke-Bilovice wendig. Der Einsatz von Frutogard machte es durch die systemische Wirkung möglich, die unterschiedliche phäno logische Entwicklung im Blüte- und Infektionsverlauf etwas auszugleichen. Der Einsatz erfolgte bis zum Stadium abgehende Blüte. Mit Beginn des Fruchtansatzes wurde je nach Niederschlagsverlauf mit den zuge lassenen Kupferpräparaten weiter behandelt, wobei die modernen Kupferhydroxide eine bessere Wirkung zeigten als Kupferoxychlorid oder dreibasisches Kupfersulfat. Die Begrenzung der Gesamtkupfermenge auf 3 kg Reinkupfer/ha/Jahr war nur durch die Kombination mit Frutogard (Kalium- Salz der Phosphonsäure) ohne größere wirtschaftliche Einbußen zu realisieren. Gleichzeitig zeigte sich, dass durch die Kombinatio nen von Schwefel, Bicarbonaten sowie Fenchelextrakt auch bei starkem Oidiumdruck ein befallsfreies, gesundes Lesegut zu erzielen war und dies auch bei sehr anfälligen Rebsorten wie Dornfelder, Portugieser, Trollinger (Vernatsch), Blaufränkisch (Lemberger) oder Cabernet Sauvignon. Durch den Einsatz von Kalium-Wasserglas konnte bei den starken Niederschlägen eine bessere Regen stabilität der Mittel, insbesondere von Kupfer und Schwefel, erzielt werden, was zusätzlich die Wirkung der Mittel verstärkte. Die genaue Beob achtung, Nutzung von Prog nosesystemen und Wettervorhersagen sowie sehr intensive und gezielte Laubarbeit in Verbindung mit der Anwendung der empfohlenen Mittelkombinationen waren entscheidend. So war es den Öko-Betrieben in der Mehrzahl trotz sehr widriger Bedingungen möglich, gesunde und reife Trauben zu ernten. Durch die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren wurden die empfohlenen und notwendigen Laubarbeiten von den Winzern sehr konsequent und zeitgenau durchgeführt, auch diese kulturtechnischen Maßnahmen trugen in der Gesamtheit zum Behandlungserfolg bei. Zusätzlich wurde die Gesunderhaltung der Trauben durch ertragsregulierende Maßnahmen wie frühes Entblättern sowie Traubenteilen gefördert. Insgesamt stellte das vergangene Jahr höchste Ansprüche an den ökologischen Anbau, gleichzeitig zeigte sich aber, dass bei optimaler Kulturführung und Einsatz der zugelassenen Präparate ein gutes Ergebnis zu erzielen war. Wer im letzten Jahr umgestellt hat, startete zwar mit einer Feuertaufe, konnte aber gleichzeitig auch von den Erfahrungen der alten Hasen sowie der guten Beratung profitieren und ohne Lehrgeld zu zahlen durch das schwierige Jahr kommen. Bei man- Tab. 2: Liste der im ökologischen Weinbau einsetzbaren Pflanzenstärkungsmittel Pflanzenstärkungsmittel Einsatzgebiet Wirkprinzip Myco-Sin VIN 0,5 % (schwefelsaure Tonerde) Peronospora (Schwarzfäule) Aluminiumsulfat, Schachtelhalm-, Brennnessel-, Kamille- und Hefeextrakt: Phytoalexinbildung, induzierte Resistenz Frutogard, ALGINURE Bioschutz, (Kaliumsalz der Phosphonsäure) Kalium-Wasserglas 5 kg/ha als Austriebsbehandlung 2,5 3kg/ha Vitisan, Salucarb Kaliumbicarbonat Steinhauers Mehltauschreck Natriumbicarbonat HF Pilzvorbeuge Equisetum Plus/Schachtelhalmextrakt Brottrunk für Pflanzen Pflanzenextrakte/Kompostextrakte Ferment Getreide Flüssig, BIOCOS Huminsäuren, Algenextrakte Tierische, pflanzliche Aminosäuren: Siapton, Bio Aminosol, AminoVital Trichoderma- und Mycorrhiza-Präparate Peronospora (Schwarzfäule) Wintereier Spinnmilben; Kräuselmilben (in Verbindung mit Netzschwefel) Oidium, Botrytis Oidium, Botrytis Grüne/Amerikanische Rebzikade Oidium, Botrytis Oidium allgemeine Pflanzenstärkung Erhöhung der Widerstandskraft allgemeine Pflanzenstärkung Algenextrakte, Huminsäure, Kaliumsalz der Phosphonsäure, Phosphat: Phytoalexinbildung, induzierte Resistenz Abtötung über Luftabschluss, Tracheenverklebung Verkieselung, Verhärtung der Epidermis, ph-wert-veränderung Auslösung unspezifischer Resistenz, ph-wert-veränderung, Austrocknung Tracheenverklebung, mechanische Zerstörung der Mundwerkzeuge Auslösung unspezifischer Resistenz, ph-wert-veränderung, Austrocknung Auslösung unspezifischer Resistenz, Förderung der Nützlingspopulation, Stressminderung, Vitalisierung der Pflanze Verkieselung, Verhärtung der Epidermis, Auslösung unspezifischer Resistenzen Auslösung unspezifischer Resistenz, Antagonistentätigkeit der Milchsäurebakterien, Düngung Phytoncide und Auslöser von Phytoalexinen, induzierte Resistenz, Erhöhung der Mikroorganismen Aktivität im Boden Stressminderung, Düngung und Vitalisierung der Pflanze 30 das deutsche weinmagazin 7/9. April 2011
chem erfahrenen Betriebsleiter zeigte sich allerdings auch, wie wenig hilfreich eingefahrene und bis dato erfolgreiche Strategien unter schwierigen Bedingungen sind. Ein ständiges Lernen und Auseinandersetzen mit den Krankheitsentwicklungen, den Witterungs-, den eigenen Standort- und Sortenbedingungen sowie die Nutzung von Fortbildungsveranstaltungen, Feldtagen und auch der Beratungsinformationen sind für jeden Öko-Winzer unabdingbar. Abb. 4: Fressen und gefressen werden zur Schädlingsreduzierung sollte man generell auf ein hohes Angebot an Gegenspielern setzen. Kräuselmilbe, Traubenwickler & Co. 2010 traten bedingt durch den Wachstumsstillstand im Mai verstärkt Kräusel- und Blattgallmilben auf. Der Schaden hielt sich weitestgehend in Grenzen. Nur in Junganlagen und Anlagen mit sehr geringem Raubmilbenbesatz zeigten sich Kümmerwuchs und die typischen Blattgallen. Durch die gezielte Einbürgerung von Raubmilben (was gerade bei Umstellungsbetrieben wieder notwendig erscheint) kann einer Massenvermehrung der Kräuselmilben entgegen gewirkt werden. Mit den etablierten frühen Schwefel-Wasserglasapplikationen ab Knospenaufbruch kann ebenfalls einer Kräuselmilbenkalamität entgegen gewirkt werden. Zusätzlich stellten die drei Generationen der Traubenwickler (Einbindiger und Bekreuzter Traubenwickler) im Jahr 2010 in den Regionen und Flächen, wo keine Pheromone eingesetzt werden, ein größeres Problem dar. Ansonsten wurden mit der für den Weinbau sehr wichtigen Verwirrmethode (Mating disruption) mittels Sexual-Pheromonen die Traubenwickler erfolgreich großflächig insektizidfrei bekämpft. Wo eine Ausbringung der Pheromone an der Flächengröße scheitert, wird eine Bekämpfung mit Bacillus-thuringiensis-Präparate durchgeführt, dabei können je nach Intensität des Auftretens der Schädlinge bis zu drei Behandlungen notwendig werden. Eine Bekämpfung der dritten Generation ist damit derzeit nicht möglich, auch wenn die zugelassenen Mittel keiner Wartezeit unterliegen. Durch den Einsatz von Bicarbonaten sowie Wasserglas konnte auch eine Reduktion der Grünen Rebzikade (Empoasca vitis) sowie in den Befallsregionen Österreichs gegen die Amerikanische Rebzikade (Scaphoideus titanus) beobachtet werden. Die Tiere werden nicht unmittelbar abgetötet, aber durch den austrocknenden und verklebenden Effekt der Kristalle in ihrer Lebensfunktion stark beeinträchtigt. Mit den zusätzlich vorhandenen Nützlingen konnte damit einer Massenver- Foto: Hofmann Tab. 3: Mischbarkeitstabelle von Pflanzenschutz mitteln im ökologischen Weinbau Pflanzenschutzmittel Mischbarkeit Paraffinöle Promanal Neu Austriebsspritzmittel, Promanal Neu; Promanal Neu Schild- und Wolllausfrei Rapsöl Nicht mischbar, nur separat ausbringen Micula Neem Azal Spintor (Spinosad) Bacillus thuringiensis Präparate Dipel, XenTari Myco-Sin VIN, Cuprofor, Funguran, Cuprozin, Cueva, Netzschwefel, Pflanzen-, Algen-, Kompostextrakten, HF-Pilzvorbeuge Netzschwefel max. 4,8 kg/ha Microthiol WG; Netzschwefel Stulln Thiovit Jet, Sufran Jet, Asulfa Jet Kumulus WG, Netzschwefelit WG, Netzschwefel WG Kupfermittel Funguran, Cuprozin, Kocide opti, Funguran progress (NEU) Cueva Wasserglas, VitiSan, Natriumbicarbonat, dreibasischem Kupfersulfat (Cuproxat, Kupferol!) Keine Einschränkung in der Mischbarkeit Mischung mit HF-Pilzvorbeuge kann zu phytoxischen Schäden führen, insbesondere im Stadium Fruchtansatz Myco-Sin VIN Wasserglas, HF-Pilzvorsorge, Pflanzen-, Algen-, Kompostextrakten, Schwefel, Bicarbonaten; Bacillus thuringiensis, Frutogard Myco-Sin VIN HF-Pilzvorbeuge, Wasserglas, Myco-Sin VIN, Frutogard das deutsche weinmagazin 7/9. April 2011 31
mehrung ausreichend entgegengewirkt werden, sodass die Grüne Rebzikade nur noch als Gelegenheitsschädling im ökologischen Weinbau angesehen wird. Die Schädlinge der Rebe konnten insgesamt durch die natürlichen Gegenspieler, die durch blühende Begrünungen oder Blühstreifen entlang der Weinberge angezogen wurden, weitestgehend in Schach gehalten werden. Zwischen den einzelnen Gegenspielern stellt sich ein Gleichgewicht ein, sodass neue Schädlinge wie der Ohrwurm oder auch der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) (s. Abb. 1) im ökologischen Weinbau keine größeren Schäden anrichten. Für die Tiere wird ein ausreichender Lebensraum mit trocke nen Blättern in der Laubwand, Rückzugsmöglichkeiten am Holzpfahl sowie in der verkrauteten Begrünung ermöglicht, sodass sie nicht auf die Trauben als Rückzugsgebiet angewiesen sind. Gleichzeitig treten aber auch Spinnen sowie Vögel als natürliche Regulatoren im ökologischen Weinbau auf. Es herrscht ein ständiges Fressen und gefressen werden. Zulassungssituation im Jahr 2011 In der Tabelle 1 sind die im Jahr 2011 für den ökologischen Weinbau in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel mit ihrer jeweiligen Indikation aufgeführt. Wie schon in den letzten Jahren stellt die Peronosporabekämpfung nach dem derzeitigen Zulassungsstand für Kupferpräparate eine große Herausforderung für die ökologisch arbeitenden Winzer dar. Die 2009 erfolgte Listung der Kupferpräparate (Kupferhydroxid, Kupferoxychlorid, Kupferoxid sowie dreibasisches Kupfer sulfat, Bordeaux-Brühe und Kupferoctanoat) in Annex 1 der EU-Pflanzenschutzrichtlinie 91/414 läuft 2017 aus. Für eine Weiterzulassung müssen ökotoxikologische Studien zur Auswirkung auf die Regenwurmbiozönose sowie Kleinsäuger und Kleinvögel vorgelegt werden, ebenso sind nationale Reduktionsprogramme auszuarbeiten. Durch die Erarbeitung eines nationalen Kupferreduktionsprogrammes haben die Verbände des ökologischen Land-und Weinbaus in Deutschland zusammen mit dem BMELV, dem UBA und dem JKI einen wichtigen Schritt für die weitere Zulassung getan. Das gemeinsame Ziel der Förderung des ökologischen Land- und Weinbaus wurde dabei in Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Dabei ist allen Beteiligten klar: solange es keine ökologisch vertretbaren Alternativen zum Einsatz von Kupfer im Öko-Anbau gibt, werden diese Mittel weiterhin zugelassen werden, allerdings mit sehr restriktiven Bedingungen. Schon 2010 wurde eine maximale Kupferauf- Tab. 4: Mischbarkeitstabelle von Pflanzenstärkungsmitteln im ökologischen Weinbau Pflanzenstärkungsmittel Mischbarkeit Myco-Sin VIN 0,5 % (ph der Tankmischung 4) Netzschwefel (Microthiol WG; Netzschwefel Stulln, Thiovit Jet, Sufran Jet, Asulfa Jet), Kräuterextrakte-Tees (Wasserauszüge), Algenextrakt, Bacillus thuringiensis > Empfohlene Mischung: 1:1 Myco-Sin VIN + Schwefel, maximal 5 kg Schwefel Frutogard Algen + Kalium-Phosphonat Kalium-Wasserglas Natrium-Kaliumbicarbonat, VitiSan Steinhauers Mehltauschreck HF Pilzvorbeuge Kupferpräparaten, Wasserglas, Kalium-(Natrium)bicarbonat, Netzschwefel (Kumulus), Aminovital, Algomin Kupferpräparaten, Netzschwefel, Brottrunk, Bacillus thuringiensis > Empfohlene Mischung: 3 5 l Frutogard + 50 100 g Kupfer + Schwefel 2 5 kg Myco-Sin VIN, Cueva, Wasserglas, Kupferpräparaten, Netzschwefel, Pflanzen-, Algen-, Kompostextrakten, HF-Pilzvorbeuge > Empfohlene Mischungen: 3 l Wasserglas + 3 kg Schwefel (gegen Kräuselmilben, Oidium, Schwarzfleckenkrankheit); 3 l Wasserglas + 3 kg Schwefel oder 2,5 l Wasserglas + 2,5 l HF-Pilzvorbeuge (Oidium); 3 5 l Wasserglas (Botrytis, Hagel) Myco-Sin VIN, Bacillus thuringiensis, Kalium-(Natrium)bicarbonat Kupferpräparaten, Netzschwefel, HF-Pilzvorbeuge > Empfohlene Mischungen: 8 10 kg VitiSan oder 10 15 kg Natriumbicarbonat (Oidium); 8 10 kg VitiSan + 1 2 l HF-Pilzvorbeuge (Oidiumbefall); 8 10 kg VitiSan + 1 2 l HF-Pilzvorbeuge + 2 l Cocona-Seife (min. 1 000 l Wasser) (Traubenwäsche) Myco-Sin VIN, Bacillus thuringiensis, Wasserglas, Pflanzen- Kompostextrakten, Brottrunk Keine Einschränkung in der Mischbarkeit Mischung mit Schwefel kann Probleme geben (Phytotox insbesondere im Stadium Fruchtansatz) > Empfohlene Mischungen: 2,5 l HF-Pilzvorbeuge + 2,5 l Wasserglas + Kupferpräparate (Oidium, Botrytis); 2,5 l HF-Pilzvorbeuge + 8 10 kg VitiSan + Kupferpräparate (Oidium); 1-2 l HF-Pilzvorbeuge + 8 10 kg VitiSan (Oidiumbefall); 1-2 l HF-Pilzvorbeuge + 8 10 kg VitiSan + 2 l Cocona-Seife (min. 1000l Wasser) (Traubenwäsche) 32 das deutsche weinmagazin 7/9. April 2011
Foto: Hofmann wandmenge von 3 kg/ha und Jahr kumuliert über die zugelassenen Präparate Funguran, Cueva, Cuprozin flüssig und Kocide opti vorgeschrieben. In den vergangenen Jahren wurde im Rahmen des nationalen Aktionsprogramms zur Kupferminimierung die mehrmalige Anwendung von Kupferhydroxid (Cuprozin flüssig neu) bei geringerer Kupferaufwandmenge im Vergleich zu Funguran getestet, was zur Zulassung von Funguran progress (Kupferhydroxid WP) sowie von Cuprozin flüssig Progress für 2011 geführt hat. Die neuen Kupferpräparate werden allerdings 2011 noch nicht für die Praxis zur Verfügung stehen. Nur in ausgewählten Pilotbetrieben können damit Praxiserfahrungen gesammelt werden. Diese Mittel haben eine spezielle Öko-Zulassung mit mehrmaliger Anwendung und reduzierter Aufwandmenge pro Applikation bei Einhaltung der maximal 3 kg Reinkupfer/ha und Jahr. Bei Anwendung der empfohlenen und zugelassenen Aufwandmenge sind sieben Behandlungen möglich. Abb. 5: Ansiedlung von Raubmilben mittels Fanglappen Pflanzenstärkungsmittel Durch die Umsetzung der Pflanzenschutzverordnung 1107 in nationales Recht wird es zu einer Neubestimmung der Pflanzenstärkungsmittel kommen. Dabei stehen die Präparate Frutogard wie auch Myco-Sin VIN auf dem Prüfstand. Mit einer Übergangsregelung ist zu rechnen. Für 2011 ändert sich aber vorerst nichts am Status dieser Mittel (s. Tab. 2). Somit stellt Frutogard in der Peronospora-Bekämpfungsstrategie ein sehr wesentliches Glied in der Ertrags- und Qualitätssicherung und für den betrieblichen Erfolg als ökologisch wirtschaftender Weinbaubetrieb dar. Im Vorblütebereich lässt sich Kupfer zusätzlich durch die Anwendung des Stärkungsmittels Myco- Sin VIN in Aufwandmengen von 2 bis 4 kg reduzieren oder ersetzen. Bei den Mitteln auf Phosphonat-Basis (Frutogard, ALGINURE Bio-Schutz) ist darauf zu achten, dass der optimale Einsatz im Vorblütebereich bis abgehende Blüte, Fruchtansatz Stadium BBCH 68, liegt. Spätere Anwendungen erzielen bei weitem nicht den gewünschten Erfolg. Bei geringem bis mittlerem Befallsdruck durch Peronospora ist mit einer mehrmaligen Anwendung von Myco-Sin VIN mit ausreichendem Behandlungserfolg zu rechnen, allerdings reicht die widerstands-induzierende Wirkung des Mittels nicht mehr aus, wenn es bei starken Niederschlägen und höheren Temperaturen zu einem massiven Peronosporadruck kommt. In diesen Fällen ist im Zeitraum Blüte bis abgehende Blüte Frutogard oder ALGI- NURE Bio-Schutz einzusetzen und im Nachblütebereich Cuprozin flüssig oder Kocide opti. Zur Abschlussbehandlung sollte grundsätzlich ein Kupferpräparat eingesetzt werden. Für die Krankheiten Roter Brenner sowie Schwarzfleckenkrankheit und Schwarzfäule sind derzeit keine im ökologischen Weinbau einsetzbaren Pflanzenschutzmittel zugelassen. Aus den Versuchen zur Schwarzfäule- Bekämpfung im Öko-Weinbau (Molitor, Baus und Berkelmann-Löhnertz, das deutsche weinmagazin, Ausgabe 5/6, 20. März 2010, S. 26 ff.) konnte allerdings schon nachgewiesen werden, dass durch die Kombination von Kupfer und Schwefel eine Bekämpfung möglich ist. Gegen Oidium können alle zugelasse nen Schwefelpräparate eingesetzt werden. Zu beachten ist bei der Kombination von Schwefel mit Stärkungsmitteln die Mischbarkeit (s. Tab. 3). Für die Schädlinge Grüne Rebzikade und Schildläuse sind derzeit keine Pflanzenschutzmittel zugelassen. Eine deutliche Nebenwirkung auf die Grüne Rebzikade hat aber der mehrmalige Einsatz von Bicarbonaten (Backpulver). Zur Austriebsbehandlung gegen Blattgallmilben sowie Kräuselmilben stehen mit den Rapsöl-Präparaten Micula und Celaflor Schädlingsfrei gut wirksame Mittel zur Verfügung. Wichtig ist vor der Anwendung dieser Präparate, sich eine Erklärung der Hersteller über die Gentechnikfreiheit (Raps) zu besorgen. Ein früher Einsatz mit Beginn des Knospenschwellens ist nur in letztjährig befallenen Anlagen notwendig. Zusätzlich können die Schwefelpräparate Thiovit Jet, Asulfa Jet und Sufran Jet bis Entwicklungsstadium 61 (Blütebeginn) mit bis zu 4,8 kg/ha gemäß 18 PfSG Indikationszulassung gegen Kräuselmilben eingesetzt werden. Eine Kombination von Schwefel und Kali-Wasserglas hat sich als sehr wirkungsvoll auch gegen Schwarzflecken und Oidium im frühen Entwicklungsstadium erwiesen. Bei befallenen Junganlagen sollte wenn möglich schon im Winter, spätestens aber ab Beginn der Blattentwicklung, eine Ansiedlung von Raubmilben vorgenommen werden. Diese Ansiedlung kann über altes Holz aus stark mit Raubmilben besiedelten Anlagen sowie über speziell vermehrte Raubmilben erfolgen (s. Abb. 5). Gegen die beiden Traubenwicklerarten sind in der kommenden Saison nur noch die Mittel Dipel ES und Xen Tari zugelassen. Da keines der Mittel eine Zulassung gegen die dritte Generation der beiden Traubenwicklerarten hat, kann es beim Auftreten des Süßwurms zu erheblichen Schäden infolge von Botrytis kommen. Wo immer möglich sollte die Traubenwicklerbekämpfung mit Pheromonen großflächig durchgeführt werden und damit auch die dritte Generation bekämpft werden. Eine direk te Bekämpfung des Rhombenspanners, der Fraßschäden an den Knospen verursacht, ist seit 2008 mit dem Präparat Spintor (Spinosad) möglich. Spintor (nicht zugelassen bei ECOVIN) sollte auch nur gegen den Rhombenspanner eingesetzt werden, hat aber auch eine Zulassung gegen Springwurm und Traubenwickler. Das Mittel sollte aber wegen seiner hohen Bienengefährlichkeit nicht gegen Traubenwickler eingesetzt werden, da zu diesen Anwendungszeitpunkten auch ein hohes Blütenangebot in den Reben vorhanden sein sollte. Ein Absammeln der Larven des Rhombenspanners kann auch zur Befallsreduzierung beitragen. Generell ist aber zur Reduzierung der Schädlinge auf ein hohes Angebot an nützlichen Gegenspielern zu setzen. Dr. Uwe Hofmann Weitere Infos Eco-Consult Internationale Beratung im Ökologischen Weinbau (0 67 22) 98 10 00 Fax: (0 67 22) 98 10 02 E-mail: uwe@eco-consult.net das deutsche weinmagazin 7/9. April 2011 33