ERNÄHRUNGSSICHERHEIT DANK INLANDPRODUKTION
Zum Leben braucht der Mensch genügend gesundes Essen. Dieser Bedarf an Lebensmitteln spiegelt sich im Begriff Ernährungssicherheit wider. Zwei wichtige Parameter bestimmen ihn: Die Lebensmittelproduktion (Selbstversorgung) und die Importkapazität eines Landes. Die Anteile von Inlandproduktion und Import sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Geographische und klimatische Begebenheiten bestimmen und limitieren die Produktionskapazität. Der Lebensstandard, die Kaufkraft und die Ernährungspolitik beeinflussen die Versorgung ebenfalls. Zurzeit importiert die Schweiz etwa die Hälfte der konsumierten Lebensmittel. Damit haben wir im weltweiten Vergleich einen der niedrigsten Selbstversorgungsgrade. In der Schweiz gedeihen nicht alle Kulturen. Dies ist aber nicht der einzige Grund für die hohen Importe. Unser Land ist relativ klein und ein beachtlicher Teil besteht aus Eis, Wasser, Fels oder Wald. Letzterer geniesst einen absoluten Schutzstatus, sodass die Waldflächen stetig zunehmen. Die Wohn- und Infrastrukturfläche liegt einen Drittel über dem internationalen Durchschnitt. Die offene Ackerfläche pro Bewohner ist dagegen vier Mal kleiner als der weltweite Schnitt. Dazu kommt, dass die Schweizer Bevölkerung wächst. Somit brauchen wir in Zukunft mehr Essen, während die Produktionsflächen schwinden. Ohne Gegenmassnahmen nimmt deshalb unsere Abhängigkeit von ausländischen Lebensmitteln zu. Die Schweizer Landwirtschaft ermöglicht die Versorgung mit Lebensmitteln über kurze Vertriebswege. Somit sind Frische und Qualität garantiert.
WIE WIRD DER SELBSTVERSORGUNGSGRAD BERECHNET? Für die Berechnung des Selbstversorgungsgrads werden die Inlandproduktion sowie die Importe und Exporte in Energie (Kalorien) berücksichtigt. Die Berechnungsformel lautet: Inlandproduktion / (Inlandproduktion + Importe Exporte) x 100. Herr und Frau Schweizer brauchen im Schnitt 9555 Terakalorien (TKcal) verwertbare Energie pro Jahr. Die Schweizer Landwirtschaft produziert auf 10 000 km 2 Kulturland rund 60% des Bedarfs von etwa 5735 TKcal. Für die Tierfütterung muss die Schweiz Getreide und Eiweiss importieren. Wenn man die auf dieser Basis produzierte Energie abzieht, sinkt der Selbstversorgungsgrad auf 53%. Die fehlende Energie für die Ernährung der Bevölkerung und die Fütterung der Tiere importieren wir aus dem Ausland. Damit «belegen» wir irgendwo auf der Welt nochmals die gleiche Nutzfläche wie im Inland, also etwa 10 000 km 2. Eine starke inländische Lebensmittelproduktion hilft einen guten Selbstversorgungsgrad zu erreichen. Brutto-Selbstversorgungsgrad in % Argentinien Australien Kanada Indonesien Vereinigte Staaten Russland Elfenbeinküste Kroatien EU Burkina Faso China Ägypten Chile Marokko Schweiz Albanien Kuba Norwegen 0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300
INLANDPRODUKTION UND KONSUM Der Anteil der Inlandproduktion ist vor allem bei den tierischen Produkten hoch. Als Grasland finden bei uns vor allem Wiederkäuer wie Kühe, Ziegen und Schafe, aber auch Pferde eine gute Futtergrundlage. Weil die Futtergetreideflächen zurückgingen, sank die Eigenversorgung mit Futtermitteln stetig und die Abhängigkeit vom Ausland nahm zu. Der Importanteil hängt auch von den Konsumgewohnheiten ab. Dank der hohen Kaufkraft essen die Schweizerinnen und Schweizer bevorzugt edles Fleisch. Zunehmend kommt es zu einem qualitativen Austausch mit dem Ausland: Wir exportieren Schlachtnebenprodukte (Zungen, Innereien usw.) und importieren im Gegenzug hochwertige Stücke wie Pouletbrust oder Nierstücke. Jährlicher Pro-Kopf-Verbrauch in kg Pflanzliche Öle** Getreide* 62,6 Kartoffeln 46,2 10 Gemüse 108 Zucker 34,3 Kernobst 32,2 Steinobst 10,8 Wein 38,4 Spirituosen 1,7 Schweinefleisch Rindfleisch Geflügelfleisch Eier Fisch 25,5 11,1 9,8 11,9 7,8 Konsummilch 66,3 Quark und Käse 89 Rahm 31,7 Butter 5,4
SELBSTVERSORGUNGSGRAD (SVG) 2009-2011 IN % Pflanzenproduktion SVG *Getreide 83,0 Kartoffeln 91,9 Zucker 95,0 Gemüse 50,6 Kernobst 106,6 Steinobst 25,2 Wein 36,0 Spirituosen 23,1 **Pflanzliche 35,6 Öle * menschlicher Verzehr ohne Hartweizen und Reis ** Raps und Sonnenblumen Tierproduktion SVG Rindfleisch 87,9 Schweinefleisch 93,7 Geflügelfleisch 47,8 Eier 47,4 Fisch 2,4 Konsummilch 95,0 Quark und Käse 116,2 Rahm 104,9 Butter 112,6
KULTURLANDSCHUTZ Um Lebensmittel zu produzieren, braucht die Landwirtschaft Kulturland. Das Kulturland hat einen besonderen Status, da nur auf diesen Flächen direkt Nahrungsmittel für die menschliche Ernährung produziert werden können. Für alle Grünlandflächen ist eine Veredelung über Wiederkäuer notwendig. Auf die Anzahl Bewohner berechnet, beträgt die Kulturlandfläche der Schweiz 5 Aren. Somit verfügen die Schweizer über 17 Mal weniger Kulturland als Russland oder 11 Mal weniger als die USA. Dennoch geht der Kulturlandverlust in rasantem Tempo weiter. Jede Sekunde verschwindet 1m 2 Landwirtschaftsland für Bauprojekte (Strassen, Häuser, Fabriken). 2012 Anbaufläche nach Nutzungsarten in ha Brotgetreide 84 214 Futtergetreide 62 718 Kartoffeln 10 875 Zuckerrüben 19 211 Gemüse 9 708 Beeren 803 Kernobst 4 954 Steinobst 1 569 Reben 14 920 Raps 22 097 Sonnenblumen 3 550 Flächen von Ackerland 403 018 Wiesen, Weiden, Alpweiden 1 181 665 Aren Kulturland pro Bewohner Russland USA Rumänien Brasilien Frankreich Österreich Deutschland Italien China Holland Schweiz Japan Internationaler Durchschnitt 85 55 41 31 29 16 14 12 8 6 5 3 20 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Kulturland schützen heisst unsere Zukunft sichern!
ERNÄHRUNGSSICHERHEIT IN DER SCHWEIZ UND WELTWEIT Habe ich die Gewissheit, mich auch in Zukunft mit genügend Lebensmitteln versorgen zu können? Sind die Lebensmittel, welche ich konsumiere, gesund? Weiss ich, wie die Lebensmittel, die ich konsumiere, produziert worden sind? Diese Fragen betreffen die Ernährungssicherheit. Dabei gibt es qualitative und quantitative Aspekte. Die Schweizer Bauernfamilien sind die Basis für qualitativ hoch stehende Lebensmittel aus einheimischer Produktion. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherheit. Um ihren Auftrag gemäss Bundesverfassung zu erfüllen, muss die Schweizer Landwirtschaft ihre Produktionskapazität bewahren. Diese hängt stark vom verfügbaren Kulturland ab. Infolge Siedlungsdruck und der Ausdehnung von Naturschutzprojekten gehen die nutzbaren Flächen aber stetig zurück. Ein hoher Selbstversorgungsgrad ermöglicht den Schweizer Konsumenten, sich mit regionalen Produkten einzudecken, die für Frische, Qualität und Sicherheit stehen. DEFINITION DER ERNÄHRUNGSSICHERHEIT Gemäss der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist Ernährungssicherheit dann gegeben, wenn «für alle Menschen zu jeder Zeit der physische, soziale und wirtschaftliche Zugang zu quantitativ und qualitativ angemessenen und sicheren Nahrungsmitteln gewährleistet ist, um ein gesundes und aktives Leben zu ermöglichen». Alles, was nicht in der Schweiz produziert wird, muss importiert werden.
LANDGRABBING UND AGROBUSINESS Um ihre Versorgung mit Lebensmitteln zu sichern, kaufen und «mieten» gewisse Länder wie die Golfstaaten, China oder Malaysia grosse fruchtbare Flächen vor allem in Entwicklungsländern. Private Investoren beteiligen sich an diesen Landkäufen. 83,2 Millionen Hektaren wechselten so seit dem Jahr 2000 die Hand. Die am stärksten betroffenen Länder haben oft ein schwaches Bodenrecht. Die Konsequenzen für die lokale Bevölkerung sind dramatisch: Menschen werden ohne Entschädigung oder soziale Absicherung vertrieben. Unsere Lebensmittelimporte belegen landwirtschaftliche Flächen im Ausland, auch in Gegenden, wo die Versorgung mit Lebensmitteln für die lokale Bevölkerung gefährdet ist. Landgrabbing seit 2000, in Mio. ha 0,1 Schweden 2,5 Vereinigtes Königreich 2,3 Südkorea 3,2 Vereinigte Staaten 4,5 China 2,1 Saudi-Arabien 1,8 Indien 1,6 Sudan 5,2 Philippinen 3,2 Äthiopien 2,8 Dem. Rep. 2,5 Malaysia Kongo 2 Tansania 2,1 Brasilien 2,1 Indonesien 0,7 1 Mosambik Singapur 0,9 Südafrika 3,7 Madagaskar 0,7 Argentinien Die zehn wichtigsten Investoren im Bereich Landkauf oder Pacht Die zehn begehrtesten Zielländer für Investoren Herausgeber: SALS-Schweiz/ASSAF-Suisse c/o AGORA, Av. Jordils 5 1006 Lausanne Tel. 021 614 04 79 www.sals-schweiz.ch www.assaf-suisse.ch info@assaf-suisse.ch Gestaltung und Realisierung: Agence d information agricole romande (AGIR); SALS-Schweiz Übersetzung und Anpassung: SBV; AGIR Mitarbeit: Schweizerische Vereinigung für einen starken Agrar- und Lebensmittelsektor (SALS-Schweiz); Schweizer Bauernverband (SBV), LID Quellen: BFS; BLW; TSM Fiduciaire; Momagri; GEO; FAO; Agristat (SBV) Fotos: AGIR Grafik/Print: Imprimerie Saint-Paul (Fribourg) Auflage: 30 000 Exemplare Januar 2014