Wie aus heiterem Himmel? Naturkatastrophen und Klimawandel Was uns erwartet und wie wir uns darauf einstellen sollten Prof. Dr. Gerhard Berz, Ludw.-Max.-Universität München, ehem. Leiter der GeoRisikoForschung, Munich Re
Münchener Rück - Publikation (August 1973) Januar 2007, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung
Weltkarte der Naturgefahren/Globus der Naturgefahren (DVD / Wandkarte / Faltkarte) => www.munichre.com
NatCatSERVICE Naturkatastrophen 1980 2009 Prozentuale Verteilung nach Katastrophenart 18.500 Schadenereignisse 1.700.000 Todesopfer Mass movement wet (av, ls, ro) 7% Heat wave Drought 3% Winter damage 7% Wildfire 2% Earthquake 12% Volcano 2% Blizzard / Snowstorm Hailstorm 3% Drought 20% Heat wave 5% Wildfire Earthquake 36% Local windstorm 4% Flood 19% Tropical cyclone 6% Mass movement wet (av, ls, ro) 3% Tempest/Severe storm 16% Flood 10% Flash flood Volcano 2% Flash flood 9% Winter storm Tornado 3% 4% Tempest/Severe storm Tropical cyclone 20% Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbruch) Meteorologische Ereignisse (Sturm, Unwetter, etc.) Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) Witterungsereignisse (Temperaturextreme, Dürre, Waldbrand) 2010 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE Stand Januar 2010
NatCatSERVICE Naturkatastrophen 1980 2009 Prozentuale Verteilung nach Katastrophenart Gesamtschäden: 2.753 Mrd. US$ (Werte 2009) Versicherte Schäden: 690 Mrd. US$ (Werte 2009) Heat wave Drought 5% Wildfire 3% Winter damage 3% Earthquake 2 Drought Flash flood Flood 7% Wildfire 3% Winter damage 2% Earthquake 6% Mass movement dry (ls, ro, su) 2% Blizzard / Snowstorm Hailstorm 3% Mass movement dry (ls, ro, su) Winter storm 13% Flood 22% Blizzard / Snowstorm Hailstorm Tornado 4% Flash flood Winter storm 6% Tornado 2% Tempest/Severe storm 6% Tropical cyclone 26% Tempest/Severe storm 15% Tropical cyclone 4 Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbruch) Meteorologische Ereignisse (Sturm, Unwetter, etc.) Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) Witterungsereignisse (Temperaturextreme, Dürre, Waldbrand) 2010 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE Stand Januar 2010
NatCatSERVICE Naturkatastrophen weltweit 1980 2009 Anzahl der Ereignisse pro Naturgefahr 500 450 400 350 Anzahl 300 250 200 150 100 50 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 Geophysikalische Ereignisse (Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbruch) Meteorologische Ereignisse (Sturm, Unwetter, etc.) Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) ---- Trendlinien 2010 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE Stand Januar 2010
Große Wetterkatastrophen 1950 2009 (Dekadenvergleich) Dekade Dekade Dekade Dekade Dekade letzte 10 1950-1959 1960-1969 1970-1979 1980-1989 1990-1999 2000-2009 Anzahl 13 16 29 44 74 28 Gesamtschäden 53,8 72,4 97,5 155,7 528,0 435,2 Vergleich der letzten 10 Jahre mit 1960ern zeigt dramatischen Anstieg Faktor letzte 10:60er 1,8 6,0 Versicherte Schäden 1,6 8,1 15,0 29,0 125,7 193,8 23,8 Schäden in Mrd. US$ in Werten von 2009 2009 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE Stand: Januar 2009
Naturkatastrophen nehmen weltweit dramatisch an Häufigkeit und Schadenausmaß zu. Die Gründe: Bevölkerungszunahme Steigender Lebensstandard Konzentration von Bevölkerung und Werten in immer mehr und größeren Großstadträumen Besiedlung und Industrialisierung stark exponierter Regionen Anfälligkeit moderner Gesellschaften und Technologien Steigende Versicherungsdichte Änderung der Umweltbedingungen, Klimawandel 1999 GeoRisikoForschung, Münchener Rück
Wichtige Treibhausgase Gas Herkunft anthropogener Anteil Wirkung Anteil am ZTE* relatives Treibhauspotential** Verweildauer (Jahre) >30 (50%) CO 2 Kohlendioxid Natürliche Quellen Verbrennung *** Waldrodungen >30% Treibhauseffekt 6 1 >100 (30%) >1.000 (20%) CH 4 Methan FCKW Fluorchlorkohlenwasserstoffe Feuchtgebiete Reisanbau Tierhaltung Deponien Spraydosentreibmittel Kältemittel Aufschäummittel >60% 100% Treibhauseffekt 15% Treibhauseffekt Ozonabbau 1 21 4.000-11.000 10 50-500 O 3 Ozon (troposphärisch) Natürliche Quellen Verkehr 75% Treibhauseffekt Gesundheitsschädigung 9% 2.000 Tage - Monate N 2 O Lachgas CO Kohlenmonoxid Überschallflugverkehr Verbrennung *** Landwirtschaft Verbrennung *** Verkehr 40% Saurer Regen Smog Ozonabbau 25% Treibhauseffekt Smog 4% s. CO 2 310 130 1 Monate Quelle: Enquête-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" des Dt. Bundestages, Schlußbericht 1995. (aktualisiert) * ZTE = Zusatztreibhauseffekt; restliche 2% aus Wasserdampf ** massenbezogenes Treibhauspotential relativ zu CO 2 *** Verbrennung von fossilen Brennstoffen/Biomasse
Temperaturverlauf 200-2000 Mittelalterliches Optimum Kleine Eiszeit
Klimageschichte -Menschheitsgeschichte vom Homo erectus zum Homo oeconomicus
Mehr Extreme im wärmeren Klima Beispiel Hitze normal wärmeres Klima extrem kalt sehr kalt kalt normal warm heiß sehr heiß kalt normal warm heiß sehr heiß extrem heiß
Klimawandel in Deutschland, die wichtigsten Veränderungen: Sommer Temperaturen steigen deutlich an ausgedehnte Hitzeperioden nehmen zu Niederschlag nimmt ab, vor allem im Südwesten und Nordosten mehr und heftigere Unwetter (Starkregen, Hagel, Blitze) Vegetationsperiode verlängert sich (Achtung: Spätfröste!) Winter Temperaturen steigen an Niederschläge nehmen v.a. im Süden und Westen zu mehr Überschwemmungen und Schneedruckextreme heftigere Winterstürme, veränderte Zugbahnen schlimmere Sturmfluten Quellen: BAYFORKLIM (1999), Stott et al. (2004), MPI Hamburg (2007)
Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Wirtschaftsbereiche Mögliche Auswirkungen Land- und Forstwirtschaft Tourismus Gesundheitswesen Energie Verkehr Baugewerbe Anstieg von Ernteverlusten, Anstieg von Waldbränden, veränderte Anbaumethoden, Zunahme von Wassermangel, Zunahme von Schädlingsverbreitungen Rückgang in Skigebieten, Anstieg in nördlichen Breiten, Anpassungsmaßnahmen an veränderte klimatische Bedingungen Zunahme von Krankheiten (z. B. Tropenkrankheiten), Zunahme hitzebedingter Krankheiten/Todesfälle, Abnahme der Arbeitsproduktivität bei extremer Hitze, Vorsorgemaßnahmen Reduzierte Nachfrage nach Wärme, gesteigerte Nachfrage nach Kühlung, Ölpreis steigt bei Angebotsverknappung durch klimatisches Extremereignis, durch Wasserknappheit bedingtes unzureichendes Kühlwasser für konventionelle bzw. Atomkraftwerke, zusätzlicher Einsatz von CO 2 -freier Energietechnik Zunahme an Infrastrukturschäden, zusätzlicher Einsatz CO 2 -freier Antriebstechniken Schäden an Immobilien, Zunahme der Wirtschaftsleistung durch Neubauten Quelle: DIW Berlin, Wochenbericht 11, 2007
Klimaschutz-Strategien Vermeidung und Reduzierung von Emissionen - Verringerung der Emissionen (Energiesparen, Effizienzsteigerung, Ausbau erneuerbarer Energien) - CO 2 -Speicherung (Aufforstung, Holzbau, Filterung) - internationale Verträge (Rio, Kyoto) - lokale Aktivitäten (Agenda 21) - Selbstverpflichtungen der Wirtschaft - Emissionshandel (2. Phase ab 2008) Anpassung - Bauvorschriften (prosp. Auslegung) - Raumplanung (prosp. Risikozonierung) - Katastrophenvorsorge (ISDR, Warnsysteme, Schutzbauten) - Agrartechnik (Bewässerung, Biotechnologie) - Naturschutz (Schutzgebiete) - Versicherung, Solidargemeinschaften
Weltweite ökonomische Klimawandel-Kosten (in % BSP) 40 35 Naturwissenschaftler 30 25 20 15 10 5 0 Stern-Report 2006 Umweltwissenschaftler Nordhaus Kemfert Sozialwissenschaftler Tol -5 1 2 3 4 5 6 Globaler Temperaturanstieg (in C) Source: OECD (2003),Stern (2006) and Kemfert (2004)
Resümee Naturkatastrophen nehmen (weiter) dramatisch an Zahl und Ausmaß zu. Die Schadenpotenziale erreichen neue Größenordnungen. Veränderungen von Klima und Umwelt erhöhen das Katastrophenrisiko zusätzlich, gerade auch in dicht besiedelten Gebieten wie Deutschland. Wir müssen die globale Erwärmung, soweit noch möglich, abbremsen und uns an die veränderten Klimabedingungen und Risiken anpassen - durch adäquate Vorsorge!