234. Bergbahnen und andere ZVV-Exoten in und um Zürich Tipps für Nicht-Zürcher oder Aglo-Zürcher und andere die Zürich kennen lernen wollen bzw. kleine Ausflugsideen für den gewöhnlichen Alltag in und um Zürich 1. Was der ZVV alles kann! Nehmen wir es vorweg: man findet weltweit keinen Verkehrsverbund der Komplexität, Grösse und Leistung wie den vom Kanton Zürich. Dass dieser schon längst wie eine freundliche Wucherung auf die Nachbarkantone übergreift, ist nur noch eine längst fällige Bestätigung dieses Konzepts. Der ZVV ist eine Sammlung von Superlativen, sei es in der Anzahl beförderter Personen, zurückgelegter Personenkilometer oder auch Verkehrsdichte. Und fast im Jahrestakt werden die Leistungen ausgebaut bzw. ergänzt, zum Beispiel mit intelligenten Informationssystemen oder neuem Rollmaterial. Andere Regionen im In- und Ausland bestaunen die Limmatstadt und den Kanton wegen diesem einzigartigen ÖV-System. Aber was macht den ZVV so einzigartig? Es sind einige Fixpunkte, an deren Umsetzung sich andere noch immer die Zähne ausbeissen: Jedes Verkehrsmittel im Gebiet gehört dazu Einheitlicher Tarif für den ganzen Verbund Stunden oder Halbstundentakt bzw. grundsätzlich der fahrplan Dazu kommen noch schlanke Verbindungen bzw. Umsteigezeiten, beste Info- Systeme für die Benützer, einfacher Ticketbezug sowie modernes Rollmaterial. Es sind aber die zwei ersten Punkte, welche matchentscheidend sind und genau daran kranken andere Transportregionen: dass nicht alle Transportmittel eingeschlossen sind und/oder unterschiedliche Preise gelten. 2. Bergbahnen in Zürich Aber wie der Titel schon sagt, haben wir es hier auf die Bergbahnen abgesehen. Dabei immer im Auge, was alles zum ZVV gehört. Ja es gehören alle Züge dazu, alle Schiffslinien samt denen der Limmat, Postautos und eben auch die Exoten und genau die wollen wir uns mal näher anschauen. Da haben wir auf Stadtgebiet: Polybahn Dolderbahn Rigiblick-Bahn Uetliberg-Bahn und ausserhalb: Luftseilbahn auf den Albis 3. (UBS) Polybahn: Standseilbahn Vor rund 120 Jahren nahm die Polybahn ihren Betrieb auf. Zunächst als Wasserbalastbahn, aber schon nach acht Jahren elektrifiziert. Das mit vielen Kosenamen wie Studenten-Express/Shuttle bezeichnete Bähnli verbindet den Central mit der Polyterrasse (für Nichtzürcher: ETH, weil früher Polytechnikum genannt). Ab den 50er Jahren ging es finanziell bergab mit der Polybahn. Das beliebte Gefährt, welches auch schon öfters bei grossen Spielfilmen als Location herhalten durfte, wurde 1976 durch die SBG (UBS) gerettet, den VBZ (Zürcher Verkehrsbetriebe) übergeben und bis 1996 total saniert. Sie ist das kleinste Mitglied im ZVV. Ausfahrt aus der Station Central Bergstation ETH-Terrasse 1
Technische Details Tal- und Bergstation sowie Kreuzungsstelle 2,5 min Betriebsarten Automat/Liftbetrieb Antrieb Drehstrom-Asynchronmotor mit Frequenzumrichter 1000 mm 176 m Höhendifferenz 41 m Mittlere Steigung 23% 50 Personen pro Wagen Fahrgeschwindigkeit Vmax. 2,5 m/s (=9 km/h) 100 s Förderleistung 1200 Personen/h pro Richtung 4. Dolderbahn: Zahnradbahn Sechs Jahre nach der Polybahn nahm 1895 eine Standseilbahn vom Römerhof zum Hotel Waldhaus Dolder den Betrieb auf. Von dort zum Grand Hotel Dolder ergänzte vier Jahre später ein Trambetrieb die Strecke, die aber 1930 durch einen Bus ersetzt wurde. Erst 1973 wurde durchgehend eine Zahnradbahn erstellt. An der Dolderbahn- Betriebs-AG ist die Stadt mit 50 % beteiligt. Ab 2004 wurde das ganze Trassee, aber auch die Fahrzeuge komplett überholt und im Zuge des Neubaus des Grand Hotel Dolder auch die Bergstation neu erstellt, welche nun in den Hotelkomplex integriert ist und auch die Bahn-Werkstätte enthält. Ausfahrt aus der Station Römerhof Das Dolder Grande, Zürich Technische Details Tal- und Bergstation und Ausweichstelle sowie Titlisstrasse, Waldhaus 10-15 Min Betriebsarten Bedient mit 1-2 Triebwagen Stromsystem 600 V = 1000 mm - Zannstangensystem von Roll 1328 m Höhendifferenz 162 m Maximale Neigung 19,6 % ca. 100 Personen pro Wagen Fahrgeschwindigkeit Vmax. 25 km/h 6 Min (ganze Strecke) 5. Rigiblick: Seilbahn Die Standseilbahn Rigiblick wurde 1901 zusammen mit dem Restaurant Rigiblick eröffnet. Die VBZ übernahm die Seilbahn 1973 und vollzog 1978/79 eine komplette Modernisierung, mit gleichzeitiger Einführung des automatischen Betriebs, dem ers- 2
ten in der Schweiz. Vom Restaurant (Hotel) Rigiblick ist der Blick einzigartig, nicht nur auf die Stadt, nebst einer sehr gehobenen Gastronomie. Das einzige allerdings, womit der Aussichtspunkt nicht glänzen kann, ist mit einem Blick zur Rigi! Restaurant Rigiblick 1901 mit alter Bahn Talstation Seilbahn Rigiblick Unterwegs mit der alten Bahn 1901 Unterwegs mit der Kabine 1 Technische Details Tal- und Bergstation und Kreuzungsstelle sowie Goldauer-, Hadlaub- und Germaniastrasse max. 6 Min Betriebsarten vollautomatisch (manuell möglich) Stromsystem Gleichstrom, 70 KW Aufnahme 1000 mm Zugseildurchmesser 32 mm 385 m schräg (372 m horizontal) Höhendifferenz 94 m Maximale Neigung 36% 30 Personen pro Kabine Förderleistung bis 630 Personen/h Fahrgeschwindigkeit Vmax. 18 km/h 122 s (ohne Zwischenhalte) 5. Uetlibergbahn (UeB): steilste normalspurige Adhäsionsbahn Europas Seit 1875 fährt die UeB auf den Zürcher Hausberg Uetliberg, lokal auch lieblich Uetzgi genannt. Zuerst ab der Station Selnau und seit 1990 aus dem Untergrund des HB Zürich, Gleis 1 und 2. Deshalb beginnt die Nummerierung in der Haupthalle (Querhalle) auch erst bei Gleis 3. Die Einführung in den HB war etwas einfacher, da man unter dem Shopville seinerzeit Platz für eine U-Bahn-Station ausgespart hatte. Die U-Bahn wurde abgelehnt und die UeB bzw. Sihltalbahn (SZU) machte sich das zu Nutze. Im Tunnel zum HB gibt es eine Besonderheit: wegen den verschiedenen Stromspannungen. Die SZU fährt wie die SBB mit 15 kv Wechselstrom, die UeB begnügt sich mit 1200 Volt Gleichstrom und der Stromabnehmer muss seinen Saft um 1,3 Meter versetzt an der Decke abnehmen. Ab der Bergstation sind dann noch einige Höhenmeter zu überwinden, bis einem die Stadt samt Bergpanorama zu Füssen 3
liegt. Kulinarisch verschiedenartig kann man sich im Uto-Kulm verwöhnen lassen oder sogar dort nächtigen. Der clevere Bergbesitzer hat einerseits den Uetliberg zu einem herausragenden Aussichtpunkt gestaltet, sich damit aber auch mit äusserst umtriebigen Supergrünen angelegt. Ob zum Sonntags-Brunch mit der Familie, im Winter zum Schlitteln mit Schulklasse oder einfach zur Erholung mit dem riesigen Wandernetz ist die UeB der Zubringer für die ganze Stadt und Umgebung. Auf dem Grat ostwärts kann man vom Uetliberg auch bis zum Albis bzw. zur Felsenegg wandern und sich dort mit der Luftseilbahn ins Tal bringen lassen. Via Adliswil und die S4 gelangt man dann wieder in die Stadt. S 10 Uetlibergbahn im Sommer und Winter Technische Details Endstationen HB Zürich bis Uetliberg sowie Selnau, Zürich Binz, Friesenberg, Schweighof, Triemli, Uitikon Waldegg und Ringlikon S-Bahn-Netz S 10 30 Min Stromsystem 1200 Volt Gleichstrom (Lieferant EWZ) 1435 mm 10,36 km Höhendifferenz 405 m Maximale Neigung 7,9 % Fahrgeschwindigkeit Vmax. 50 km/h 21 Min Eigentümer Stadt 32,6%, Bund 27,8%, Kanton 23,8% u.a. Fahrzeuge 8 Triebwagen, 4 Zwischenwagen, 2 Doppeltriebwagen, 1 Nostalgie-Komposition 6. Luftseilbahn Adliswil Felsenegg (LAF) Ende 1954 nahm die LAF erstmals ihren Betrieb auf mit den alten Kabinen der Landi- Schwebebahn von 1939. Die einzige konzessionierte Luftseilbahn im Kanton Zürich wurde 1977 von der Denner AG übernommen und dann für den vollautomatischen Betrieb umgebaut sowie 2008 runderneuert. Sie gehört seit 1990 zum ZVV und wird wie auch die UeB und weitere Buslinien durch die SZU betrieben. Nach dem Umbau mit den neuen Kabinen Rundsicht von der Felsenegg 4
Technische Details Tal- und Berg-Station sowie Mittelstütze mit 44 m Höhe min. 15 Min Tragseil 39 mm 1048 m Höhendifferenz 307 m (Bergstation 804 m.ü.m.) Maximale Neigung 34,1 % Fahrgeschwindigkeit max. 6 m/s = 21,6 km/h 30 Personen pro Kabine, 345 Personen/h und Richtung ca. 5 Min Eigentümer Denner AG, Betreiber SZU 7. Glattalbahn: VBZ-Linie 10 (Angaben sind der VBG entnommen) Als Zugabe sei hier noch die Glattalbahn erwähnt: sie ist keine Bergbahn, aber die neuste Linie im ZVV- bzw. VBZ-Angebot. Die Verkehrsbetriebe Glattal (VBG) haben den Auftrag für den Busverkehr im Glattal, Furttal und Raum Effretikon/Volketswil und wurden 1993 gegründet. Der Betrieb der Buslinien wurde an Dritte übertragen. Die VBG sind aber auch Ersteller des Konzepts Nahverkehr für diesen Raum. 12,7 Kilometer und 21 Haltestellen Bei der Glattalbahn handelt es sich um ein neues meterspuriges und eigentrassiertes Stadtbahnnetz im Norden der Stadt Zürich. Auf zwei Streckenästen mit drei Linien wird die doppelspurige Bahn bis Ende 2010 den Flughafen sowie Teile der Agglomerationsgemeinden Kloten, Opfikon, Rümlang, Wallisellen und Dübendorf mit dem nördlichen Stadtgebiet und der City von Zürich verbinden. Das Netz der Glattalbahn wird in drei Etappen gebaut. Es ist 12,7 Kilometer lang und hat 21 Haltestellen. Bauarbeiten von 2004 bis 2010 Im Rahmen einer Referendumsabstimmung haben die Stimmbürger des Kantons Zürich am 9. Februar 2003 die Finanzierung der Glattalbahn gutgeheissen. Der Anteil der Ja-Stimmen betrug 66 Prozent. Die Glattalbahn ist Teil eines Gesamtkonzepts, welches Anpassungen und Ergänzungen im Strassennetz wie auch 5
städtebauliche Massnahmen enthält. 2003 erteilte der Regierungsrat des Kantons Zürich der VBG den Auftrag zur Realisierung der ersten Etappe der Glattalbahn. Im Dezember 2006 wurde das erste Teilstück von Messe/Hallenstadion nach Auzelg eingeweiht. Die Bauarbeiten an der dritten Etappe von Auzelg bis Bahnhof Stettbach sind seit Sommer 2008 in vollem Gange. Ganz neue ÖV-Verbindungen ab 14. Dezember 2008 Seit dem 14. Dezember 2008 fährt die neue Linie 10 der Glattalbahn (VBZ). Sie bietet neue Verbindungen für die Flughafenregion und Zürichs Norden. So lässt sich beispielsweise mit der Glattalbahn vom Irchel, Milchbuck, Zürich-Oerlikon oder Glattpark auf direktem Weg an den Flughafen fahren. Die Linie fährt je nach Bedarf im 7,5 bis 15-Minuten-. Eine Fahrt zum Flughafen lohnt sich auf jeden Fall. Die Linie wurde ab der Haltstelle Bahnhof Oerlikon Ost völlig neu gebaut und erreicht auf eigenem Trassee ihr Ziel mit hohem Tempo. Nicht eingefleischte Zürcher werden unterwegs völlig unbekannte Teile der Stadt und Agglomeration kennen lernen. Die neuen Linen zum Flughafen (Fracht) und Augzelg Ein neues Fahrzeug der Linie 10 Ankunft Flughafen Zürich 8. Und die Fahrtkosten? über alle erwähnten Bahnen? Zürcher werden sich hier ein Grinsen nicht verkneifen können. Also angenommen man entscheidet sich morgens für eine Fahrt mit dem neuen 10er, Besuch Flughafen mit Fahrt zum Dock E (Fr 2.-), klappert anschliessend die städtischen Bergbahnen ab und kehrt via Felsenegg Adliswil zur Stadt zurück, dann kostet das mit dem Halbtax-Abo und 9-Uhr-Pass (spasshalber auch Znüni-Pass genannt) genau Fr 11.50, wobei man die übrige Zeit noch freie Fahrt auf dem ganzen Netz hat! Und sollte man vor 9 Uhr auf die Piste gehen und sich auf die benutzten 5 Zonen beschränken, geht das ganze auch mit Fr 11.60. Kurzum: in den Sommerferien mal Zürich und Umgebung bereisen ist nicht nur wunderschön was die Aussicht anbetrifft und unterhaltsam weil das Grossstadtflair vorhanden ist, sondern auch durchaus preiswert. Man muss bei grossem Durst diesen ja nicht unbedingt im Dolder Grande löschen! Robert-Roger Martin 29.06.2009/20:00 +++ 6