Technische Universität Hamburg-Harburg Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft Bioenergie im Kontext der erneuerbaren Energien in Deutschland - Stand und Perspektiven - Martin Kaltschmitt Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft, Technische Universität Hamburg-Harburg, Eissendorfer Str. 40, D-21073 Hamburg, www.tuhh.de/iue
www.gletscherarchiv.de Herausforderungen Klimaschutz Pasterzegletscher
Herausforderungen Klimaschutz
Energiebedingte CO 2 -Emissionen in Mt/a Herausforderungen Klimaschutz
Herausforderungen Versorgungssicherheit Quelle: BGR 5
Herausforderungen Versorgungssicherheit Quelle: BGR Die Versorgung Deutschlands mit fossilen Energieträgern ist gekennzeichnet durch: - steigende Abhängigkeit von wenigen Anbietern aus tendenziell politisch instabilen Staaten, - oligopol- bzw. monopolartige Strukturen am Markt, - tendenziell deutlich steigende Preise, - längerfristig zunehmende Verknappung. 6
Inhalt odeutsches Energiesystem obioenergie im Energiesystem o Wärme o Strom o Kraftstoffe obiomasseverfügbarkeit obiomasse und Hunger oschlussbemerkungen
Deutsches Energiesystem Summe 2011 Primärenergieverbrauch 2011 13 411 PJ Wasser- Andere und Erneuerbare Windkraft 9% 2% Sonstiges 2% Kernenergie 9% Mineralöl 34% Erdgas 20% Braunkohle 12% Steinkohle 12%
Deutsches Energiesystem Endenergie aus regenerativen Energien 2011 bzw. 1 061 PJ
Bioenergie im Energiesystem Stromerzeugung allgemein 2011
Bioenergie im Energiesystem Stromerzeugung Biomasse 2011 bzw. 133 PJ
Bioenergie im Energiesystem - Biogas -
Anlagenanzahl [ ] Leistung [MW] Bioenergie im Energiesystem - Strom aus Biogas - Potenzielle Stromerzeugung ca. 20,3 TWh (2011) Tatsächliche Stromerzeugung ca. 19,0 TWh (2011) 8 000 3000 7 000 6 000 Größer 500 kw 70 kw bis 500 kw bis 70 kw Leistung 2500 5 000 2000 4 000 1500 3 000 2 000 1 000 1000 500 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 20102011* 0
Bioenergie im Energiesystem Stand 2009 - Strom aus Biogas -
Biomasse im Energiesystem - Biogene Festbrennstoffe -
Anlagenanzahl [ ] Leistung [MW] Biomasse im Energiesystem - Strom aus biogenen Festbrennstoffen - Stromerzeugung ca. 8,7 TWh (2011, nur EEG-Anlagen) 300 1500 250 200 150 Größer 5 MW Größer 0,5 bis 5 MW bis 0,5 MW Leistung 1000 100 500 50 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 0
Stand 2010 Biomasse im Energiesystem - Strom aus biogenen Festbrennstoffen -
Bioenergie im Energiesystem Wärmeerzeugung allgemein 2011 bzw. 498 PJ
Bioenergie im Energiesystem Wärmeerzeugung Biomasse 2011 bzw. 455 PJ
Bioenergie im Energiesystem Biogene Festbrennstoffe
Pelletproduktion Kapazität und Absatz [Mio. t/a] Bioenergie im Energiesystem Entwicklung des Pelletmarktes 3 Pelletproduktionskapazität in Dtl. Pelletproduktion 2 Inlandsverbrauch 1 0
01 03 05 07 09 10 01 03 05 07 09 10 03 05 07 09 10 01 03 05 07 09 10 01 03 05 07 09 10 01 03 05 07 10 05 07 09 10 01 03 05 07 10 05 07 09 10 03 05 07 09 10 09 10 09 10 01 03 05 07 09 10 05 07 09 10 03 05 07 09 Holzpellets in 1.000 t/a Bioenergie im Energiesystem Entwicklung des Pelletmarktes 3.200 2.800 2.400 2.000 1.600 1.200 800 400 Kapazität in 1.000 t/a Produktion in 1.000 t/a inländischer Gesamtverbrauch in 1.000 t/a Kleinverbrauchermarkt in 1.000 t/a 0 DBFZ 2011 DE AT IT SE DK FI BE NL UK PL PT FR CA RU US
Bioenergie im Energiesystem Biogene Festbrennstoffe
Anlagenzahlen [1000] Pelletinlandsverbrauch [Mio. t/a] Bioenergie im Energiesystem Wärme aus Pellets 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 Jährlicher Zubau an Pelletanlagen Gesamtzahl der Pelletanlagen Inlandsverbrauch 3 2 1 0
Bioenergie im Energiesystem Kraftstoffe allgemein 2011 bzw. 124 PJ
Bioenergie im Energiesystem Biodiesel
Quelle: CropEnergies 2006 Bioenergie im Energiesystem Bioethanol
Bioenergie im Energiesystem Biomethan als Kraftstoff
Bioenergie im Energiesystem Biokraftstoffe Nutzung
Ethanolproduktion global in Mio. t Bioenergie im Energiesystem Biokraftstoffe Nutzung 80 70 60 Andere Kanada China Europa Brasilien USA 52,09 57,62 67,18 69,65 50 40 39,07 30 20 13,51 14,57 16,21 19,23 22,52 24,75 30,78 Zum Vergleich: Biodiesel 10-2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Schätzung Quelle: DBFZ 2011 auf Basis F.O.Licht s World Ethanol and Biofuels Report Vol. 9, No.16
Bioenergie im Energiesystem Zwischenfazit o Biomasse trägt heute merklich zur Deckung der Energienachfrage in Deutschland (und Europa) bei und das im Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarkt o Im Vergleich der regenerativen Energien untereinander leistet Biomasse insgesamt über 70 %; sehr hohe Beiträge liefert sie im Wärmeund insbesondere im Kraftstoffmarkt o Biomasse trägt mit rund der Hälfte zu den knapp 130 Mio. t Klimagasminderung durch regenerative Energien bei (davon ca. 70 Mio. t CO 2 - Äq. durch EEG-vergüteten Strom) o Alle Bioenergiemärkte außer dem Kraftstoffmarkt waren die letzten Jahre durch erhebliche Wachstumsraten gekennzeichnet; insbesondere infolge der (politischen) Energiewende sind die Weichen im Hinblick auf ein weiteres Wachstum gestellt o Damit drängt sich u. a. aufgrund der Teller-oder-Tank-Diskussion zwingend die Frage nach der Verfügbarkeit der benötigten Biomasseressourcen in und für Deutschland immer mehr in den Vordergrund
Biomasseverfügbarkeit Magisches Dreieck der Biomassemärkte Nutzung als Nahrungsmittel Energetische Nutzung Stoffliche Nutzung... und a priori begrenzt verfügbare Anbauflächen!
Veränderung in % Biomasseverfügbarkeit Entwickl. Nahrungsmittelnachfrage (134 St.) Quelle: Zeddies / Uni Hohenheim 2008
Biomasseverfügbarkeit Biomasseeinsatz als Rohstoff (Beispiele) Globale Nachfrage nach Textilfasern Quelle: Cotton Council International
Biomasseverfügbarkeit Biomasseeinsatz als Rohstoff (Beispiele) Beispiel: Marktentwicklung für biomassebasierte Kunststoffe Quelle: PRO-BIP 2009 / Shen et al / Uni Utrecht
Biomasseverfügbarkeit Entwicklung der Energienachfrage Quelle: BP Energy Outlook 2011 Keine Berücksichtigung der nicht-kommerziellen Biomasse
Lösungsansätze - Ausweitung Ressourcenbasis - 1. Nutzung organischer Abfälle / Rückstände / Nebenprodukte 2. Ausweitung der Anbauflächen o Nutzbarmachung bisher ungenutzten Landes o Nutzung von marginalem / degradiertem Land o intensivere Nutzung bereits genutzten Landes 3. Höhere flächenspezifische Agrarproduktion o weiterentwickelte Pflanzen o verbesserte landwirtschaftliche Produktionsmethoden 4. Höhere flächenspezifische Forstproduktion o weiterentwickelte Pflanzen o verbessertes forstwirtschaftliches Management 5. Nutzung der Süß- / Salzwasserressourcen (Algen)
Höhere Erträge bei vorhandenen Kulturpflanzen F&E-Herausforderungen BM - Bessere Kulturpflanzen und -produktion - Weizenertrag in Deutschland 1950 2070 (Bsp.)
F&E-Herausforderungen BM - Bessere Kulturpflanzen und -produktion - "Neue" Pflanzen zur Energiebereitstellung
F&E-Herausforderungen BM - Bessere Kulturpflanzen und -produktion - o Steigerung der Erträge und der Ertragssicherheit der heute primär genutzten landwirtschaftlichen Kulturpflanzen o Entwicklung und Kommerzialisierung "neuer" und an ungünstigere Bedingungen angepasster Kulturpflanzen, welche die Flexibilität der Produzenten ausweiten und nicht einengen o Verbessertes, nachhaltiges Produktionsmanagement unter Berücksichtigung u. a. des lokalen Klimas, der Bodengegebenheiten und des Ausbildung der Produzenten o Entwicklung von effizienten, nachhaltigen Produktionsmethoden für die parallele Erzeugung von Nahrungs-, Futter- und Lignocellulosepflanzen auf gleicher Fläche unter Generierung von Synergieeffekten Source: KWS Saat AG 2008
Kohlenmonoxidemission F&E-Herausforderungen BM Emission CO - Effizientere Umwandlung - 20000 mg/nm³ 18000 bei 13 % O 2 16000 Quelle: BLT Wieselburg Reduktion der CO-Emissionen 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 1980 1985 1990 1995 2000 Jahr
Wirkungsgrad Entwicklung F&E-Herausforderungen des Wirkungsgrades BM von Biomassefeuerungen - Effizientere Umwandlung (1980-2003) - 100 % 90 Quelle: BLT Wieselburg 80 70 60 50 40 30 Verbesserung der Wirkungsgrade 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Jahr
Wirkungsgrad Kohlenmonoxidemission 100 % 90 80 70 60 50 40 30 Entwicklung F&E-Herausforderungen des Wirkungsgrades BM von Emission CO Biomassefeuerungen - Effizientere Umwandlung (1980-2003) - 20000 mg/nm³ 18000 bei 13 % O 2 16000 14000 12000 CO-Emissionen Reduktion um den Faktor 100 10000 Wirkungsgrade Erhöhung um den Faktor 1,5 bis 1,7 8000 6000 4000 2000 0 Vergleich 1980 2010 Verbesserung der Wirkungsgrade Quelle: BLT Wieselburg Reduktion der CO-Emissionen 1980 1985 1980 1990 1985 1995 1990 2000 2005 1995 2000 Jahr Jahr
Wirkungsgrad Kohlenmonoxidemission Entwicklung F&E-Herausforderungen des Wirkungsgrades BM von Emission CO Biomassefeuerungen - Effizientere Umwandlung (1980-2003) - 100 20000 % 18000 90 mg/nm³ bei 16000 13 % O 2 80 14000 (a) Weiter Verbesserung 12000Vergleich der 1980 Wirkungs-/Nutzungsgrade 2010 von 70 Biomassekonversionsanlagen CO-Emissionen Reduktion (insb. um Nicht-Industriestaaten) den Faktor 100 10000 (b) Reduzierung Wirkungsgrade der Umweltauswirkungen Erhöhung um den Faktor (u. a. 1,5 luftgetragene bis 1,7 60 Emissionen 8000 wie z. B. Feinstaub, NO x, Lärm, Gerüche) (c) Entwicklung 50 6000 optimierter Bereitstellungsketten (d. h. effizientere Nutzung der in der Fläche anfallenden Biomasse zur Deckung 4000 40 der Energienachfrage Verbesserung auch in Ballungszentren) der (d) Weitergehende 2000 Schließung der (Nähr-)Stoffkreisläufe 30 0 Wirkungsgrade Quelle: BLT Wieselburg Reduktion der CO-Emissionen 1980 1985 1980 1990 1985 1995 1990 2000 2005 1995 2000 Jahr Jahr
F&E-Herausforderungen BM - Integrierte Konzepte -
F&E-Herausforderungen BM - Integrierte Konzepte - Durch eine flexible Polygeneration (d. h. die gekoppelte Erzeugung mehrerer Endenergieträger mit variierenden Anteilen) kann die Brennstoffausnutzung verbessert und das gesamte Energiebereitstellungssystem effizienter gestaltet werden. Sinngemäß gilt dies auch für die Biomasse-Kaskadennutzung in Bioraffinerien (d. h. gemeinsame Erzeugung mit flexiblen Anteilen von Nahrungsmitteln, Produkten zur stofflichen Nutzung und Energie)
Biomasse und Hunger - Hintergrund - o Staaten / Gebiete, die forciert Bioenergie nutzen, haben i. Allg. keine (signifikanten) Probleme mit Hunger (z. B. Brasilien, USA). o In Staaten / Gebieten mit Nahrungsmittelknappheit hat diese meist andere Gründe; u. a. politische Instabilitäten (Kriege) / mangelnde Sicherheit, widrige meteorologische Bedingungen (Missernten), Überbevölkerung / ungleiche Landverteilung bzw. -nutzung, Unterkapitalisierung der Landwirtschaft / (staatlich festgelegte) zu geringe Erzeugerpreise, mangelnde Ausbildung der Bauern, unzureichende Infrastrukturen. o Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Märkten (Nahrung, stofflich, Energie) besteht nicht um Biomasse, sondern max. um die Fläche. o Ein Energiepflanzenanbau mit nicht als Nahrung nutzbaren Pflanzen verschärft das Problem, da (a) diese Pflanzen oft ertragsschwächer und -unsicherer sind und dadurch mehr Flächen benötigt werden, die dann der Nahrungsmittelproduktion entzogen werden, und (b) bei Missernten diese Biomasse im Nahrungsmittelsektor nicht nutzbar ist.
Biomasse und Hunger - Lösungsansatz heute - Energie Stoffliche Nutzung Nahrung Globale Ressourenbasis
Biomasse und Hunger - Lösungsansatz Konzept - Energie Stoffliche Nutzung Nahrung Konzepte sind denkbar, mit denen die potenzielle Nutzungskonkurrenz zwischen unterschiedlichen Fossile Biomassemärkten Rohstoffe unter Verbesserung der Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln (food security) minimiert werden kann. Globale Ressourenbasis
Schlussbemerkungen o Biomasse trägt heute merklich global und national zur Deckung der Energienachfrage bei; und dieser Anteil wird bei hohen und potenziell weiter steigenden Energiepreisen zunehmen o Biomasse wird aber auch in anderen Märkte eingesetzt, in denen sie nicht direkt substituierbar ist; auch diese Märkte wachsen deutlich o Konkurrenzen um das aufgrund der begrenzten Produktionsfläche nicht beliebig vermehrbare Biomasseaufkommen sind damit möglich o Deshalb müssen entsprechende Maßnahmen implementiert werden, um dieser Entwicklung gegenzusteuern; d. h. Ausweitung der Biomasseressourcenbasis, effizientere Biomassebereitstellung und -nutzung, integrierte und optimierte Produktions- und Nutzungskonzepte, Anpassung der globalen Marktmechanismen mit dem Ziel der Verbesserung der Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln o Werden derartige Maßnahmen implementiert, hat Biomasse das Potenzial, merklich zur klimaneutralen Deckung der Energienachfrage beizutragen und gleichzeitig andere Märkte zu stützen
Bioenergie im Kontext der erneuerbaren Energien in Deutschland - Stand und Perspektiven - Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE), Technische Universität Hamburg-Harburg Eissendorfer Str. 40; D-21073 Hamburg Tel. / Fax: 040 42878 3008 / 2315 Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt