110 Jahre Suchthilfe Symposion im Stadthaus Ulm

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Transkript:

ausgabe 4/2015 Ringgenhof Höchsten Geschäftsführung Adaption Förderkreis der Ringbote Tagesrehabilitationen 110 Jahre Suchthilfe Symposion im Stadthaus Ulm Wie hältst Du s mit dem Nüchternsein? Experten diskutieren Werden da nicht Äpfel mit Birnen verglichen? Blick von außen mitteilungen der fachkliniken ringgenhof und höchsten, der tagesrehabilitationen, des förderkreises und der geschäftsführung

geschäftsführung editorial liebe leserin und lieber leser, inhalt Geschäftsführung Editorial... 2 Suchthilfe Symposion zum 110-Jähringen Bestehen Impressum... 3 Förderkreis Neues aus der Vorstandschaft... 4 + 5 Suchthilfe Impressionen des Symposions Blick von Außen... 6 + 7 Suchthilfe Experten diskutieren neue Wege in der Suchttherapie GesundheitsForum in Bad Saulgau... 8 + 9 Fachklinik Ringgenhof Ausstellungseröffnung Bevor ich sterbe... 10 Suchthilfe Eine Erfolgsgeschichte...11 Angedacht: Peter Deuss...12 Tagesreha Ulm Neurobiologische Faktoren des Suchtverhaltens und ihre Bedeutung für die Behandlung Abhängigkeitskranker Teil 2... 13 Neues von Deuß... 14 + 15 Suchthilfe Elf Fragen an Dieter Meschenmoser...16 am Ende eines Jahres sind wir ja eigentlich gewohnt, Bilanz zu ziehen. Dieser Ringbote beschäftigt sich aber einmal nicht mit einem Rückblick, sondern mit der Zukunft der Suchtrehabilitation. Wir konnten in diesem Jahr 110 Jahre Suchthilfe feierlich begehen. Es ist sicherlich kein ganz rundes Jubiläum gewesen, aber in Zeiten rückläufiger Belegung und neuer Richtlinien in der Suchtkrankenbehandlung doch ein spektakuläres. Und weil wir weniger auf Errungenes zurückblicken und Tradition fortschreiben wollten, haben uns wir uns zum 110-jährigen Geburtstag ein Symposion geschenkt zum großen Thema der Bedeutung der Abstinenz in der Therapie. Zu diesem Symposion haben wir Suchtexperten aus den deutschsprachigen Nachbarstaaten eingeladen, aus der Schweiz, aus Österreich, Liechtenstein und Tirol, um den Dialog zu eröffnen, welche Schwerpunkte in der Suchtkrankenbehandlung in Zukunft gesetzt würden. Viele Gäste aus dem In- und Ausland, Fachleute, Laien, Mitglieder von Selbsthilfegruppen und Wissenschaftler sind unserer Einladung gefolgt. Wir hoffen sehr, indem wir über unseren Tellerrand hinweg geschaut haben in andere Länder, die Zumutung der Themen Abstinenz, Trinkmengenreduktion, kontrolliertes Trinken ohne Ideologie besprechbar gemacht zu haben. Für die Zukunft der Suchtreha gibt es neue Rahmenbedingungen (S3 Leitlinien, ICD11), und so steht der Suchthilfe der Die Zieglerschen ein erneuter Prozess des sich Weiterentwickelns bevor, auf den wir alle gespannt sind. So freuen wir uns auf das kommende Jahr mit seinen neuen Aufgaben! Insofern ist Weihnachten für uns in diesem Jahr nur eine kurze Zeit zum Innehalten, gleichwohl wünsche ich Ihnen und allen, die Ihnen anvertraut sind, die Gelassenheit zur inneren Einkehr, ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches Neues Jahr. Ihre dr. ursula fennen, mba Geschäftsleitung Geschäftsbereich Sucht Auch die Redaktion des Ringboten wünscht Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr! 2

symposium der zieglerschen zum 110-jährigen bestehen 110 suchthilfe Jahre suchthilfe Am 20.10.2015 fand im Stadthaus in Ulm ein internationales Symposium der Suchthilfe der Zieglerschen statt. Es stand unter dem Motto: Wie hältst du s mit dem Nüchternsein? Die Gretchenfrage der Suchttherapie. Suchttherapieexperten aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz waren eingeladen und hielten Kurzvorträge. Nach der Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden der Zieglerschen, Prof. Dr. Rau, den Grußworten des Direktors der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, Hubert Seiter, der Sozialbürgermeisterin der Stadt Ulm, Iris Mann, und nach den Kurzvorträgen der Suchttherapieexperten gab es eine interessante Diskussion zu den Fragen der wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen Suchttherapie in den vier Anrainerländern des Bodensees organisiert wird. Es offenbarten sich große Unterschiede zwischen den Ländern. Das zweigliedrige System für Rehabilitationsleistungen und Krankheitsbehandlung (Rentenversicherung, Krankenkassen), wie wir es in Deutschland gewöhnt sind, gibt es in den anderen Ländern nicht. Die Finanzierung der Behandlungsleistungen im Suchtbereich ist in Österreich und der Schweiz deutlich besser (Tagessatz für vollstationäre Behandlung in Deutschland: ca. 120.- gegenüber 180.- bis 400.- in Österreich und in der Schweiz). Die unterschiedliche Vergütung ist auch deshalb bemerkenswert, da es keine wesentlichen Unterschiede in den jeweiligen Behandlungskonzepten gibt. Die extrem angespannte wirtschaftliche Situation in deutschen Rehabilitationseinrichtungen ist deshalb nicht verwunderlich. Selbst Seiter gab unumwunden zu, dass die Rehabilitationsleistungen in Deutschland eklatant unterfinanziert seien. In der Diskussion wurde deutlich, dass in Deutschland eine qualitätsgerechte Behandlung suchtkranker Menschen auf Dauer nur mit einer verbesserten Refinanzierung aufrecht zu erhalten sein wird. Der Nachmittag der Tagung war geprägt von der Podiumsdiskussion der Referenten und der Diskussion im Plenum zum Thema Abstinenzorientierung in der Suchtbehandlung. Keiner der Diskutanten stellte das Ziel der Abstinenz in der Suchtbehandlung grundsätzlich in Frage. Aber Dr. Leherr, der die psychiatrische Klinik in Münsterlingen in der Schweiz leitet, gab zu bedenken, dass es Patienten gebe, die selbst nicht in der Lage oder nicht willens sind, dauerhaft auf den Konsum eines Suchtmittels zu verzichten. Hier seien auch alternative Behandlungsziele, wie es sie mit der Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigkeit oder auch mit dem Erlernen des kontrollierten Trinkens von Alkohol schon gebe, legitim und notwendig. Eine abstinenzorientierte Behandlung gerate nach Leherr auch leicht in Gefahr, moralisierende Bewertungen und Urteile der Behandelnden gegenüber den Betroffenen hervorzurufen. Strittig blieb sowohl diese These also auch die, ob Menschen ein kontrollierter Konsum von Suchtmitteln überhaupt noch möglich ist, die abhängig geworden sind, also einen Kontrollverlust über die Menge und die Frequenz des Konsums verloren haben. Die Diskussion wurde belebt durch persönliche Beurteilungen von Suchtbetroffenen, die allesamt vor einem Aufweichen der Abstinenzorientierung warnten. Zudem wurde betont, dass auch das unmittelbare Umfeld eines suchtkranken Menschen in die Betrachtung mit einbezogen werden müsse, da Angehörige unmittelbar von den Folgen eines vom Betroffenen nicht mehr zu steuernden Konsumverhaltens tangiert sind. Letztlich liegt die Entscheidung über die Frage, wie mit dem Suchtmittel umgegangen wird, immer beim Betroffenen selber. Die Behandler haben aber die notwendige Aufgabe, den Betroffenen über die Risiken seines Handelns aufzuklären und mit ihm alternative Lebensperspektiven jenseits von Selbstbetäubung und Rauscherlebnissen zu entwerfen. Dabei muss eine Kultur des Verzichts eben nicht notwendig zu einem Verlust an Lebenslust und Lebensqualität ganz allgemein führen, was eine Vielzahl von abstinent nüchtern lebenden Menschen doch beeindruckend zeigt. thomas greitzke Therapeutischer Leiter Fachklinik Ringgenhof Impressum: der ringbote: Das Magazin des Geschäftsbereiches Suchthilfe, der Die Zieglerschen Nord - gemeinnützige GmbH und Süd - gemeinnützige GmbH und des Förderkreises Suchthilfe der Zieglerschen e.v. November 2015, Nr. 4 Auflage: 1.800 Stück herausgeber: Geschäftsbereich Suchthilfe, der Die Zieglerschen Nord - gem. GmbH und Süd- gem. GmbH, vertreten durch Dr. med. Ursula Fennen, MBA, Geschäftsführerin, Geschäftsbereichsleitung Suchthilfe und dem Förderkreis Suchthilfe der Zieglerschen e.v., vertreten durch Jürgen Ziegele, 1. Vorsitzender erscheinungsort: Wilhelmsdorf erscheinungsweise: Vierteljährlich Der Ringbote ist die Zeitschrift für ehemalige und derzeitige Patientinnen und Patienten, Freunde, Förderer, Kunden und Mitarbeitende des Geschäftsbereiches Suchthilfe der Die Zieglerschen einhefter: Überweisungsformular für Beitrag/Spende Der Jahresbeitrag für den Förderkreis beträgt 15,- unser spendenkonto: Förderkreis Suchthilfe der Zieglerschen Kreissparkasse Ravensburg IBAN DE34650501100080804446 BIC SOLADES1RVB redaktion: Rebekka Barth (verantwortlich); Maria Keller, Martin Kunze, Peter Deuß, Martin Damm, Ursula Burkhart autoren dieser ausgabe: Dr. Ursula Fennen, Jürgen Ziegele, Thomas Greitzke, Anita Metzler-Mikuteit, Dr. Annett Höse, Sascha Lutz, Peter Deuß, Dieter Meschenmoser anschrift der redaktion: Die Zieglerschen - -Nord- gem. GmbH -Süd- gem. GmbH Geschäftsbereich Suchthilfe Maria Keller Pfrunger Str. 4 88271 Wilhelmsdorf Telefon (07503) 920 112 Telefax (07503) 920 117 E-Mail: keller.maria@zieglersche.de für alle Fragen zum Ringboten isches konzept, satz, produktion und druck: Druck+Design Gebhart-Renz OHG, 88281 Unterankenreute, Gestaltung: Ute Schwarz www.druckdesign-gebhart.de Titelbild: Sander Assenheimer 3

förderkreis aktuelles neues aus der vorstandschaft sehr informativ empfunden. Wir hoffen natürlich, dass wir dadurch wieder neue Mitglieder für unseren Förderkreis gewinnen konnten. Jürgen Ziegele Foto: privat Für die überaus freundliche Aufnahme sowie für die gute Verpflegung möchten wir uns alle nochmals recht herzlich bei den Tagesrehas in Ulm und Ravensburg unter der Leitung von Frau Dr. Höse und Herrn Kunze sowie den gesamten Teams bedanken. Wir kommen gerne wieder. Liebe ehemalige und derzeitige Patientinnen und Patienten, liebe Freunde und Förderer, sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie alle wissen, ist uns, der Vorstandschaft, die Nähe zu den Patientinnen und Patienten ein sehr großes Anliegen. Deshalb kamen wir den Einladungen der Tagesreha Ravensburg und der Tagesreha Ulm zu ihren Jahresfesten gerne nach. So besuchten wir am 26. September die Tagesreha in Ulm und am 10. Oktober die Tagesreha in Ravensburg, um gemeinsam mit den jetzigen und den ehemaligen Patientinnen und Patienten ihre Jahresfeste zu feiern. Wir erlebten in beiden Einrichtungen ein rundum gelungenes Jahresfest, welches viel Zeit zur Begegnung und zum Austausch bot. Wir nutzen hierbei die Gelegenheit, um die Wichtigkeit des Förderkreises und dessen Arbeit vorzustellen. Unsere Vorträge wurden von den Gästen als Neue Projekte Zwei weitere Punkte, über die ich Sie gerne informiere, sind die Neugestaltung der Lehrküche und die neue Sauna auf dem Ringgenhof. Beides sind Projekte, die vom Förderkreis finanziell unterstützt werden. Die Bauarbeiten in der Lehrküche sind in vollem Gange. Allerdings gibt es mit der Lehrküche Verzögerungen. Hier fanden bis jetzt die Einbauten der neuen Lüftungsanlage statt, die deutlich länger andauerten als vorgesehen. Es wurde aber auch schon ein großer Teil der technischen Geräte eingekauft. Die Möblierung der Lehrküche wird aktuell geplant und wir hoffen, dass wir den Schreiner bald mit der Anfertigung beauftragen können. Hier aber einen verlässlichen Zeitpunkt zu nennen, wagen wir nicht. Die Inbetriebnahme wird sicher erst im neuen Jahr möglich sein. Aber es geht voran. Auch die neue Sauna wurde in der Zwischenzeit geliefert. Der geplante Einbau wird voraussichtlich Ende Oktober stattfinden. Umbauarbeiten Lehrküche Neue Sauna. Über beide Projekte halten wir Sie selbstverständlich weiterhin auf dem aktuellen Stand. Fotos: Ziegele 4

förderkreis aktuelles Bald geht das dritte Jahr für mich als erster Vorstand zu Ende. Ich möchte mich auf diesem Wege bei allen bedanken, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben. Mein ganz besonderer Dank geht an meine Mitvorstände, die mich immer mit Rat und Tat unterstützt haben. Ein weiterer Dank geht an die Förderkreismitglieder, die mich bei der Umsetzung der Abende der Begegnung, jetzt schon seit 2 Jahren, tatkräftig unterstützen. Ohne Euch würden die Abende der Begegnung nicht stattfinden, und es würde ein wichtiger Bestandteil der Jahresfeste fehlen. Ich hoffe, auch nächstes Jahr wieder auf Eure Mithilfe zählen zu können! Bedanken möchte ich mich auch bei allen Förderkreismitgliedern, Freunden und Förderern. Bitte unterstützt uns weiterhin so, wie Ihr es seit Jahren getan habt, denn nur mit Euch können wir das leisten und umsetzen, was wir bis jetzt erreicht haben. Ich ziehe den Hut vor Euch. Bleibt uns treu und macht weiter so. Zu guter Letzt geht mein Dank an alle Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich wurde immer herzlichst empfangen, und gemeinsam haben wir stets Lösungen gefunden, mit denen beide Parteien zufrieden sein konnten. Ich freue mich auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit Euch! Denn nur gemeinsam sind wir stark. Ihr Nun wünsche ich uns allen eine geruhsame jürgen ziegele Vorweihnachtszeit, besinnliche Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. 1. Vorsitzender des Förderkreises Persönliche Nachrichten Wir trauern um Eberhard Meschkewitz Therapiejahr 1980 Wir begrüßen unsere neuen Mitglieder im Förderkreis: Thomas Kirchhofer, Darko Benjo, Angelika Steinle, Melanie Gsegnet, Martin Gwinn, Hans Georg Goldbeck Herzlich Willkommen! 5

suchthilfe symposion im stadthaus Zitate und Fotos: Anita Metzler-Mikuteit Wer Probleme mit einem Schlag lösen will, sollte Boxer werden. Dr. Herbert Leherr, Leitender Arzt Bereich Abhängigkeitserkrankungen und Forensik der Psychiatrischen Dienste Thurgau Die Lücke, die entsteht, wenn ich nicht trinke, fülle ich mit meiner Familie. Ein Besucher Interessant sind auch die Veränderungen auf epigenetischer Ebene. Dr. Herbert Leherr Ein Rückfall ist nie ein Versagen, sondern oft ein Glücksfall. Dr. Roland Wölfle Minderwertigkeitsgefühl + Alkohol = Überlegenheitsgefühl. Dr. Roland Wölfle, ehemals leitender Arzt Therapiestation Lukasfeld, Krankenhaus Maria Ebene, Meiningen Durch das Abrücken von der Abstinenzorientierung werden wir vielen Patienten deutlich gerechter. Dr. Herbert Leherr das ist doch wie äpfel mit bi BLICK VON AUSSEN BLICK VON AUSSEN Dieser Satz kommt mir regelmäßig in den Sinn, wenn es um die aktuell in der Suchtkrankenhilfe schwelende Diskussion Abstinenz versus kontrolliertes Trinken geht. Die Bedeutung des Apfels (gemeint ist hier die Abstinenz) für die Suchtkrankenhilfe erfordert aus meiner Sicht keine Rechtfertigung mehr. Die Effektivität und Wirkungsweisen abstinenzorientierter Behandlungen sind bekannt, hinlänglich erforscht und werden regelmäßig durch diverse Katamnesestudien bestätigt. Bekannt ist aber auch, dass nicht alle Menschen, die aufgrund erhöhten gestörten Konsumverhaltens Hilfe bei ambulanten Diensten suchen, sich auf den Apfel einlassen wollen. Der zuletzt durch die Kostenträger festgestellte Rückgang der Antragszahlen auf abstinenzorientierte Rehabilitationsbehandlungen könnte ein Indiz dafür sein. Wie verhält es sich nun aber mit der Birne. Der Fachbegriff Kontrolliertes Trinken bzw. die allgemein gültigere Betitelung Konsumreduktionsprogramm wird in den letzten Jahren zunehmend 6

ulm impressionen suchthilfe Es kann doch nicht sein, dass wir nicht auskömmlich bezahlt werden. Prof. Dr. Harald Rau, Vorstandsvorsitzender der Zieglerschen Nicht jeder kann auf Dauer 200%ig leistungsfähig sein. Iris Mann, Sozialbürgermeisterin Ulm Während ich an meinem Bild arbeitete, ging es immer weiter bergauf. Teilnehmer des Kunstprojekts Bevor ich sterbe... im ambulanten und aktuell begrenzt auf substitutionsgestützte Behandlung auch im stationären Setting eingesetzt und erforscht. Erste, sicher noch nicht abschließende Ergebnisse dieser Forschungen zeigen, dass Konsumreduktionsprogramme dem mental health -Gedanken sehr dienlich sind und hinsichtlich etlicher Auswirkungen konsumbezogener Störungen einen geeigneten Behandlungsansatz darstellen können. Dennoch sind diese Behandlungsangebote nicht flächendeckend eingeführt, werden von den Kostenrnen zu vergleichen. trägern (noch?) nicht finanziert und stehen deshalb auch nur einer selektiven Auswahl von Menschen zur Verfügung. Einen Aspekt möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sowohl die Abstinenzorientierung als auch die Konsumreduktion sind aus der praktischen Erfahrung nur dann nachhaltig, wenn im Anschluss an die Behandlung eine dem gewählten Ziel dienliche, gut ausgebaute teilhabeorientierte Nachsorge (und Selbsthilfe) zur Verfügung steht und von den hilfesuchenden Menschen auch angenommen wird. Hier sehe ich die zukünftige Herausforderung für Suchtkrankenhilfe und Kostenträger. Ist doch schön, dass es beide gibt: Äpfel und Birnen, oder? sascha lutz Bereichsleiter Beratungsund Behandlungszentrum für Suchterkrankungen der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart 7

suchthilfe wie hälst du s mit dem nüchteinsein? diskussion über neue wege in der suchttherapie Wie hälst du s mit dem Nüchternsein? Dr. Roland Wölfle, Dr. Annett Höse, Dr. Nadine Kranz und Dr. Herbert Leherr (von links) setzten sich anlässlich des 110-jährigen Jubiläums der Zieglerschen Suchthilfe mit dieser Frage intensiv auseinander. Foto: Anita Metzler-Mikuteit Nicht nur aus Deutschland, auch aus dem benachbarten Ausland sind am 20. Oktober anlässlich des 110-jährigen Jubiläums der Zieglerschen Suchthilfe Experten der Suchtkrankenbehandlung ins Stadthaus nach Ulm gekommen. Wie hälst du s mit dem Nüchternsein?, diese Frage stand im Mittelpunkt des Symposiums, zu dem rund 90 Besucher aus dem gesamten süddeutschen Raum angereist waren. Der Vorstandsvorsitzende der Zieglerschen, Prof. Dr. Harald Rau, blickte kurz zurück in eine Zeit, als es statt Fachkliniken noch Trinkerheilanstalten gab. Er wies gleich zu Anfang auf die finanzielle Problemlage der Suchtrehabilitation hin, die sich etwa dadurch äußert, dass der Bereich seit rund zehn Jahren quersubventioniert werden muss. Hubert Seiter, Erster Direktor der Deutschen Rentenversicherung, machte Mut, auf politischer Ebene, aber auch bei den Kirchen dahingehend Druck zu machen. Das Suchtgeschehen habe sich grundlegend gewandelt. Heute gibt es überall Suchtmittel, und das für wenig Geld, sagte Seiter. Als Vertreterin der Stadt begrüßte Sozialbürgermeisterin Iris Mann die Gäste und thematisierte zunächst die steigende Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Alkohol- und Drogenproblemen. Doch wir müssen uns auch mit den Ursachen beschäftigen, fuhr sie fort und nannte beispielhaft den hohen Leistungsdruck in den Schulen, Elternhäusern und in der Gesellschaft. Nicht jeder könne auf Dauer eine 200%ige Leistungsfähigkeit erbringen und müsse dies auch nicht. Durchaus überdenkenswert sei es auch, dass es trotz des großen Wohlstandes in Deutschland ein immenses Unzufriedenheitspotential gebe. Schweiz geht neue Wege Seit längerer Zeit wird unter Suchtexperten kontrovers darüber diskutiert, ob für eine erfolgreiche Behandlung von abhängigkeitskranken Menschen eine vollständige Abstinenz, also der lebenslange Verzicht auf Alkohol oder Drogen, den einzig erfolgreichen Behandlungsweg darstellt. Oder ob guten Gewissens auch ein kontrollierter Konsum als Therapieziel definiert werden kann. Professor Dr. Harald Rau machte gleich zu Anfang deutlich, dass er gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen weiterhin für eine abstinenzorientierte Therapie kämpfen wird. Anders in der Schweiz: Im Nachbarland werden bereits neue Wege beschritten. In den 70er Jahren war ich absolut davon überzeugt, dass eine einzige Mon Cheri- Praline zu einem Rückfall führen muss, sagte Dr. Herbert Leherr. Inzwischen 8

suchthilfe sieht das der leitende Arzt des Bereichs Abhängigkeitserkrankungen und Forensik der Psychiatrischen Dienste Thurgau anders. Eine totale Abstinenz ist aus seiner Sicht lediglich für rund ein Drittel der Patienten der einzig mögliche therapeutische Weg. Andere können mit kontrolliertem Konsum oder mit einer Abstinenz für einen bestimmten Zeitraum durchaus ein zufriedenes Leben führen, erläuterte der Suchtmediziner die ABC-Regel (A = Abstinenz, B = Begrenzte Zeit abstinent, C = Kontrollierter Konsum). Roland Wölfle, viele Jahre leitender Arzt der Therapiestation Lukasfeld am Krankenhaus Maria Ebene in Meiningen in Österreich, erinnerte in seinem Vortrag an die 50er Jahre, als Suchterkrankungen nicht als Krankheit, sondern als Willensschwäche angesehen wurden. Auch in Österreich findet unter den Suchtmedizinern eine intensive Auseinandersetzung mit der ABC-Regel statt, mit dem Konzept des kontrollierten Trinkens wird teilweise schon gearbeitet. Suchthilfe der Zieglerschen hält an der abstinenzorientierten Arbeit fest In Liechtenstein mit seinen rund 37.000 Einwohnern ist bei der Behandlung von suchtkranken Menschen aufgrund fehlender Behandlungsangebote Improvisation gefragt. Ambulante Betreuung gebe es, so Dr. Nadine Kranz, Leiterin des Therapeutischen Dienstes im Amt für Soziale Dienste, lediglich beim niedergelassenen Psychiater oder beim Hausarzt. Wir Zieglerschen halten noch an der abstinenzorientierten Arbeit fest, unsere Patientinnen und Patienten sollen Gelegenheit haben, Nüchternheit und Un-Abhängigkeit zu erleben, um kompetent über ihr Leben mit einer chronischen Krankheit entscheiden zu können, sagte Dr. Annett Höse, Chefärztin der Tagesrehabilitation der Zieglerschen in Ulm, bei der Podiumsdiskussion unter Leitung von Günther Zeltner, Seniorberater der Evangelischen Gesellschaft in Stuttgart. Den Rückmeldungen zufolge tut das auch die Mehrzahl der Gäste, fast ausschließlich Therapeuten und Mediziner im Bereich Sucht. Auch betroffene Besucher meldeten sich zu Wort. Diese Diskussion beunruhigt mich, macht das alles nicht Lust, wieder mit dem Trinken anzufangen?, sagte ein Gast. Er wolle keinen dazu überreden, und es sei sicher nicht der Königsweg für alle, antwortete Dr. Leherr. In seiner langjährigen Tätigkeit habe er jedoch festgestellt, dass das kontrollierte Trinken für rund ein Drittel seiner Patienten der richtige Weg sei. Begleitende Ausstellung Bevor ich sterbe... In der Mittagspause nutzten Besucher die Möglichkeit, sich nach einer kurzen thematischen Einführung durch Peter Deuß mit Exponaten der Ausstellung mit dem Titel Bevor ich sterbe... auseinander zu setzen. Das Thema war nicht vorgegeben, sondern hat sich vielmehr innerhalb der Patientengruppe entwickelt, erzählte der Kunst- und Gestaltungstherapeut über das Projekt mit Patienten des Ringgenhofs. Alle Bilder wurden von den Künstlern mit teils ausführlichen Texten ergänzt. Befreiung durch Kraft und Mut, um etwas Neues zu machen. Deshalb die Gelb-Orange- Töne, so eine Art Wiedergeburt. Die roten Farbspritzer als Untermalung für ein blutiges Leiden...(..), schreibt etwa ein Patient über den Entstehungsprozess seines Werkes. Bevor ich sterbe, will ich...statt nur Schatten, auch wieder Licht und Farben sehen, beschreibt ein Anderer den Prozess im Rahmen dieses Kunstprojekts. anita metzlermikuteit GesundheitsForum in Bad Saulgau: Fachklinik Höchsten präsentiert sich Am 8. November 2015 fand im Stadtforum Bad Saulgau das 4. GesundheitsForum, eine Gesundheitsmesse, statt. Unter dem Motto Gemeinsam für mehr Lebensqualität präsentierten sich wieder eine Vielzahl von Ausstellern aus den Bereichen Gesundheit, Gesundheitshandwerk, Physiotherapie sowie Selbsthilfegruppen und ortsansässige Kliniken. Auch die Fachklinik Höchsten war, als Teil des Bad Saulgauer Klinikstandortes, mit einem Messestand vertreten. Ziel der Messeteilnahme war es auch in diesem Jahr, mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen und über die Arbeit der Suchthilfe zu informieren. Erstmals teilte sich der Geschäftsbereich Suchthilfe den Messestand mit dem Geschäftsbereich Behindertenhilfe. Umrahmt wurde die Gesundheitsmesse durch Fachvorträge zu vielen verschiedenen und interessanten gesundheitlichen Themen. Stefanie Maier, Leitende Therapeutin der Fachklink Höchsten, referierte zum Thema Dann ist es wieder mehr geworden Über das Einhalten selbst gesetzter Grenzen. Abschließend gilt der Dank all denen, die diesen Tag für die Suchthilfe mitgestaltet haben! rebekka barth Assistentin Geschäftsbereichsleitung Sucht 9

ringgenhof bevor ich sterbe, ausstellungseröffnung In den vergangenen Monaten konnte unter der Anleitung von Kunst- und Gestaltungstherapeut Peter Deuß ein neues Projekt ins Leben gerufen werden. Unterschiedliche Gruppen hatten über mehrere Tage an einem Thema gearbeitet und dieses in Bild und Skulptur umgesetzt. Am Dienstag, 27. Oktober, wurden die Ergebnisse in den Räumen der DRV Ulm mit einer Vernissage vorgestellt. Im Folgenden erfahren Sie etwas über das eigentliche Projekt und ihre Entstehungsgeschichte. Der Titel Bevor ich sterbe,.. löst beim Besucher erst einmal ein Innehalten wie auch Zurückhaltung aus. Der Titel entstand während der Arbeit und resultierte aus den Gesprächen und Aktionen, die in der Gruppe durchgeführt wurden. Beim zweiten Lesen entdeckt man dann den offenen Teil im Text, der einen zum Leben führt. Keiner, der sich auf den Titel und die Bilder einlässt, wird sich der Thematik entziehen können. Jeder von uns wird irgendwann einmal sterben, und da kommt die Frage auf, was wir mit unserem Leben anfangen wollen? Was möchten wir noch angehen, bewirken, erledigen? Worauf können wir bauen? Was möchten wir anders oder neu machen? Immer wieder gerät der Mensch in Krisen, die dann auch immer wieder zu Wendungen im Leben führen. Die Künstler, die an diesem Projekt mitgewirkt haben, waren mit ihrer Abhängigkeit in eine Sackgasse geraten. Manche nur knapp dem Tod entgangen. In der ersten Phase wurden Farbkar- ten angelegt und die Farbmuster mit Begriffen versehen. Die Begriffe wurden zu Themen gesammelt, die unter Umständen eine erste Richtung geben konnten. Sie wurden in Verbindung gebracht, wieder getrennt und neu zusammengestellt. Dabei war das Anliegen, sich kognitiv wie auch emotional den Lebensthemen anzunähern. Sie werden im Rundgang sicher feststellen, dass die Künstler in ihren Anliegen sich nicht von anderen unterschieden. Bei der Frage, was im Leben wichtig ist, kommen immer wieder sehr ähnliche Aussagen. Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Unsere Welt ist zwar in einem stetigen technischen Wandel, doch haben sich unsere Herzensanliegen im Grunde nicht verändert. Phil Bosmans, ein katholischer Geistlicher aus der Provinz Limburg in Belgien, hat einmal gesagt: Mensch, du bist nicht gemacht, für Industrie und Produktion, für Konto und Konsum. Du bist gemacht, um Mensch zu sein. Du bist geschaffen für das Licht, für die Freude, um zu lachen und zu singen, um in Liebe zu leben und um da zu sein für das Glück der Menschen um dich herum. Nun leben wir nicht in einer Welt, in der Industrie, Produktion und Konsum eine Nebensache sind. Viele verdienen ihren Lebensunterhalt damit, doch bildet Leistung, Besitz und Konsum nicht die alleinige Grundlage für Glück und Zufriedenheit. Der Sozialpsychologe Erich Fromm schrieb 1976 ein Buch über den bedenkenswerten Unterschied zwischen Haben und Sein. Das Sein manifestiere sich aus dem, was wir an Klugheit, Fähigkeit und Herzensbildung im Laufe unseres Lebens sammeln. Das Haben stehe für das Anhäufen von Besitz, oft nur zum Selbstzweck. In einer Gesellschaft, in der wirtschaftlicher Abstieg als Schmach erlebt wird, bleibt oft zur Selbstoptimierung nur das Haben. Ich bin umso mehr, je mehr ich habe. Wer sich da reinsteigert, gerät irgendwann in eine Sackgasse. Jeder, der sich schon mal vom Konsumterror distanziert hat und wir gehen gerade in eine Blütezeit des Konsums wird der Aussage Fromms sicher beipflichten. Im Projekt Bevor ich sterbe,... sind die Künstler dem nachgegangen, was im Leben für sie zählt. Da kommt Vergangenes wieder hoch, Wunden, Narben, aber auch Heilung und Zuversicht wird in den Bildern und Skulpturen zum Ausdruck gebracht. Insgesamt geht es ums Glück, welches niemals ein eigenes Ziel ist, sondern nur durch Erleben und Bewältigen empfunden werden kann. Um noch einmal Phil Bosmans zu bemühen, der zum Glück folgendes sagte, möchte ich meine kurze Einführung schließen. Das Glück des Menschen ich habe seine tiefsten Gründe gesucht, und das habe ich herausgefunden. Der Grund liegt nicht im Geld oder Besitz oder Luxus, nicht im Nichtstun oder Geschäfte machen, nicht im Leisten oder Genießen. Bei glücklichen Menschen fand ich immer als Grund tiefe Geborgenheit, spontane Freude an den kleinen Dingen und eine große Einfachheit. Nun wünsche ich Ihnen viel Freude beim Betrachten und Lesen, denn die Künstler haben Texte zu ihren Gestaltungen geschrieben, die Sie neben den Kunstobjekten befinden. Die Ausstellung ist zu den üblichen Öffnungszeiten in den Räumen der DRV bis 8. Januar 2016 zu erleben. peter deuss Kunsttherapeut der Fachklinik Ringgenhof 10

suchthilfe der interessante mensch, den ich kennen gelernt habe, bin ich selbst! Eine Erfolgsgeschichte einer ehemaligen Patientin Teil 1 Letztens wurde ich gefragt: Du hast während deiner Therapie doch sicher viele interessante Menschen kennen gelernt? Ohne dass ich groß nachdenken musste, sprang mir der Satz aus dem Mund: Ja schon. Aber der interessanteste Mensch, den ich kennen gelernt habe, bin ich selbst! Nicht nur mein Gegenüber, vor allem ich selber war maßlos erstaunt über diese Behauptung, die scheinbar ohne mein Zutun über meine Lippen gekommen war. heraus: Füße, die mich nach Hause tragen sollten. Sobald das Postauto vor der Klinik vorfuhr, verfiel ich in wilde Phantasien darüber, wie ich mich hineinstehlen und heimlich mit ihm davon fahren würde. Dieser Gedanke beherrschte in der ersten Zeit einen großen Teil meiner Gedanken: Falls ich es gar nicht mehr aushielte, würde ich mich still und ich die ersten Wochen wie erstarrt. Ich vermochte keine Emotion zuzulassen, aus Angst, sie könnten mich hinweg spülen ins Nichts. Je mehr Gefühle in mein Bewusstsein rückten, desto mehr versuchte ich, sie im Zaum zu halten, ihnen auf keinen Fall zu gestatten, aus mir heraus zu brechen. Aber sie ist wahr: Als meine Therapie begann, war ich wie abgestorben. Kaum noch in der Lage zu agieren, vermochte ich nur noch zu reagieren. Die einzigen Empfindungen, die ich spüren konnte, waren Trauer, Verzweiflung und Müdigkeit. Alles andere war im grauen Alltag meines Lebens verschüttet worden. Die ersten Tage im Fachkrankenhaus Höchsten verbrachte ich weinend oder mit den Tränen kämpfend. Alles war nur schrecklich: das Haus, das Doppelzimmer, die vielen Leute. Nie und nimmer würde ich die von der Rentenversicherung genehmigten sechzehn Wochen Therapie durchstehen! Mit letzter Kraft war ich fest entschlossen, alles im Sprinttempo zu absolvieren, um baldmöglichst wieder nach Hause zu kommen. Ich litt unter unsäglichem Heimweh. Meine Sehnsucht nach Zuhause war unerträglich. Ich wollte nicht auf dem Höchsten sein! Ich wollte nach Hause, nur nach Hause. Bei allen Arbeiten in der Ergotherapie gestaltete ich Füße, immer nur Füße. Ob beim Tonen, Speckstein schnitzen oder beim Malen, immer kamen Füße dabei Foto: freepik heimlich davon machen und nach Hause laufen. Diese Option war anfangs mein ganzer Halt. Eines Tage gab meine Zimmerkameradin mir jedoch folgenden Denkanstoß: Was treibt dich denn so sehr nach Hause? So schön kann es doch auch nicht gewesen sein; immerhin hast du dort zu trinken begonnen! Diese Worte bewegten mich sehr, und ich musste ihr Recht geben. Ich beschloss, meine Gedanken von zu Hause abzuziehen und bei mir zu bleiben. Ab diesem Zeitpunkt war mein Heimweh verschwunden, und ich konnte mich auf mich und meine Therapie konzentrieren. Abgesehen vom Heimweh verbrachte Ganz langsam und allmählich erwachte meine Seele zu neuem Leben. Die Fassade des Turms, in welchen ich meine Gefühle jahrelang eingesperrt hatte, begann langsam zu bröckeln. Krampfhaft versuchte ich die Mauern meines Turms zusammenzuhalten, zu groß war meine Angst vor neuem Schmerz. Je mehr ich den Mut fand, mich in der Gruppentherapie zu öffnen, desto mehr quollen meine Gefühle hervor. Ein schmerzhafter, aber lohnenswerter Vorgang. Und zusammen mit meinen Gefühlen erwachte ein strahlender Löwenzahn in meinem Herzen Lesen Sie mehr in der ersten Ausgabe 2016! 11

suchthilfe liebe leserin, lieber leser, Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Jes.9,5a Liebe Leserin, lieber Leser, schon viele hundert Jahre vor dem Beginn des neuen Zeitalters hatte der Prophet Jesaja auf den kommenden Jesus hingewiesen. Wir gehen momentan in die Adventszeit, eine Zeit, die Weihnachten vorbereitet. Es geht im Advent, was übersetzt Ankunft bedeutet, ums Warten. Doch fürs Warten bleibt keine Zeit. Ich habe den Eindruck, dass ganz andere Themen unseren Alltag bestimmen. Seit Monaten beschäftigen uns die vielen Flüchtlinge, die jeden Tag nach Deutschland kommen und hier neu Heimat suchen. Manchen macht das Angst. Man spricht sogar schon von einer befürchteten Islamisierung Europas, die als eine Bedrohung für unsere abendländische Kultur und Religion angesehen wird. Da denke ich ganz Anderes. Ich persönlich fürchte nicht die Stärke des Islam, sondern die Schwäche des Abendlandes. Peter Scholl Latour schrieb: Das Christentum hat teilweise schon abgedankt. Es hat keine verpflichtende Sittenlehre, keine Dogmen mehr. Und Thomas Hürlimann setzt noch obendrauf: Eine Religion, die nicht mehr den Mut aufbringt, für sich die Wahrheit in Anspruch zu nehmen, gibt sich selber auf. Dies klingt sehr radikal, doch ich glaube, dass wir gerade heute gefragt sind, was uns unser Glaube bedeutet, ob unser Christ sein sich nur noch auf Glockengeläut, Gipfelkreuze, ein Krippenspiel oder eine Präambel mit Gottesbezug in einem Leitbild niederschlägt. Ich frage mich, ob wir diesen Jesus nicht schon längst über Bord geworfen haben, ob unsere Religion mittlerweile nur noch Konsum, Leistung, Macht und Beziehung (im Sinne von Vitamin B) ist. Nein, sage ich. Die Frage ist, ob wir von unserem ständig um uns selbst drehen ablassen können. Ob wir von uns wegschauen können, um der Botschaft zu lauschen, die Gott gerade auch in der Adventszeit zu uns trägt. Für uns wurde dieser Jesus geboren, und für uns ist er diesen Weg bis in den Tod gegangen, damit wir frei werden. Ich wünsche mir, dass Weihnachten wieder ein Geburtstagsfest wird. Wir feiern den Geburtstag Jesu und den Beginn einer neuen Zeit. Für dich, für mich, für alle Menschen. peter deuss Kunsttherapeut der Fachklinik Ringgenhof Freepik 12

neurobiologische faktoren des suchtverhaltens und ihre bedeutung für die behandlung abhängigkeitskranker tagesre ha u lm Fortsetzung zum Artikel: Neuroanatomie und Funktionsweise von Belohnungssystem und Suchtgedächtnis aus der Ausgabe 2/2015, Seite 10 Molekularbiologie und Biochemie von Belohnungssystem und Suchtgedächtnis Mehr als 50 verschiedene Botenstoffe des Gehirns und ein Vielfaches an zugehörigen Andockstellen (Rezeptoren) haben Neurowissenschaftler bis heute entdeckt. Einigen von ihnen kommt große Bedeutung für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Abhängigkeitserkrankungen zu, so etwa Glutamat, GABA, Serotonin, Noradrenalin, endogene Opiate etc. Der mit Abstand wichtigste Botenstoff ist jedoch Dopamin (DA). Nur etwa 100 Milliarden Nervenzellen sind in der Lage, DA zu produzieren, doch gerade diese Zellen sind es, die die Bestandteile des Belohnungssystems miteinander verbinden (Suchtforschung BMBF). Dopamin Fotos:: Dopamin (DA) dient aso der Kommunikation innerhalb des Belohnungssystems und wird als Reaktion auf primäre (Lieblingsspeise o.ä.) oder sekundäre (erlernte) Verstärker (Geld) ausgeschüttet. Die Konzentration erhöht sich dann um 50-100 %. Suchtmittel erhöhen diese DA-Freisetzung hingegen z.t. massiv (Alkohol um 200 %, Kokain sogar um bis zu 1000 % [Heinz et al., 2012]). DA Alkohol wirkt wie ein Faustschlag im Gehirn. wird neueren Erkenntnissen zufolge immer dann ausgeschüttet, wenn eine Belohnung überraschend kommt oder wenn belohnungsanzeigende, konditionierte Reize auftreten. Seine Freisetzung bewirkt also eine Art Vorfreude bzw. motiviert dazu, sich um die angekündigte Belohnung zu bemühen. Der eigentliche Genuss beim Konsum der Belohnung wird über Botenstoffe wie Serotonin und Endorphine vermittelt. Die hohe DA-Menge dockt an die Rezeptoren der Empfängerzellen an und leitet Signale so stärker als üblich weiter. Durch diese Signalverstärkung lernt das Gehirn relativ schnell, ein Bierglas oder eine Weinflasche als sehr wichtigen Reiz wahrzunehmen oder steigert das Alkoholverlangen am Abend, wenn zuvor regelmäßig abends Alkohol getrunken wurde, das Suchtgedächtnis entsteht. Nach einer Weile wehren sich die Nervenzellen gegen die Dopaminflut, indem sie die Zahl der Rezeptoren reduzieren. Das führt zu einer Abschwächung des weitergeleiteten Signals, spürbar als Belohnungsdefizit, so dass der Süchtige die Dosis erhöhen muss, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Dieses Ausgleichsphänomen des Körpers bedingt die Toleranzentwicklung, ein weiteres Zeichen der sich anbahnenden Abhängigkeit. Die beruhigende Wirkung des Alkohols, ebenfalls einer der gewünschten Effekte, rührt daher, dass er die GABA-Rezeptoren aktiviert und zugleich die NM- DA-Rezep-toren, über die der Botenstoff Glutamat erregend wirkt, Copyright Die Welt verstopft. Auf die in der Summe zweifach dämpfende Alkoholwirkung reagiert der Körper, indem er die Zahl der GABA-Rezeptoren verringert und die der NMDA-Rezeptoren erhöht. Ein bewährtes Prinzip, um die ursprüngliche Balance zwischen erregenden und dämpfenden Signalen wieder herzustellen. Bleibt die Alkoholzufuhr jetzt jedoch aus, besteht ein relatives Übergewicht an Glutamatrezeptoren und -wirkung. Es folgen Unruhe, Anspannung und Gereiztheit, vielleicht sogar Krampfanfälle, so dass der Griff zum kurzfristig entspannenden Alkohol naheliegt. In der nächstentrinkpause schießt der Glutamatspiegel wieder ungezügelt in die Höhe, da die natürliche Glutamatbremse nicht mehr funktioniert Wieder wird Alkohol getrunken, und der Teufelskreis nimmt seinen Lauf. Während diese Veränderungen und Anpassungsphänomene des Gehirns durch eine konsequente Abstinenz wieder rückgängig gemacht werden können, bleibt das Suchtgedächtnis jedoch u.u. ein Leben lang erhalten (Suchtforschung BMBF). dr. annett höse Chefärztin Tagesrehabilitation Ulm 13

Wie bei vielen Büchern von Siri Hustvedt muss man sich erst mal einlesen. Der sehr komplexe Roman handelt von der Protagonistin Harriet Burden, genannt Harry, einer New Yorker Künstlerin, die wenig Beachtung findet. Daher beschließt sie, ein Experiment zu starten. Unter dem Decknamen von drei männlichen Künstlern veröffentlicht sie ihre Werke, und hoppla: Plötzlich ist Harry erfolgreich. Doch mit der dritten Maske, wie sie ihre Künstler nennt, läuft es nicht wie geplant. Der leugnet ihre Urheberneues von deuss Analog ist das neue Bio Liebe Leserin, lieber Leser, die digitalisierte Welt, die unser Leben sowohl vereinfacht als auch erschwert, ist noch lange nicht an ihre Grenzen gestoßen. Trotzdem gibt es Bewegungen, die sich gegen die Symbiose zwischen Mensch und Smartphone stellen. Damit menschliche Gebrechen wie Vergesslichkeit durch Fotosammlungen, Denkfaulheit durch Google und Schüchternheit durch Facebook, Whats App und andere digitale Angebote nicht völlig ersetzt werden, gibt es Angebote, die sich unseren Fähigkeiten wie auch Unzulänglichkeiten widmen. Jeder von uns kann sich überprüfen, wie oft er / sie am Tag aufs Smartphone starrt. Wir sind ständig informiert, ständig erreichbar, ständig unter Strom, und damit wächst sicher auch mitunter der Grad der Abhängigkeit. Auch dieses Jahr wird uns die digitale Industrie in der Weihnachtszeit mit Angeboten überschütten. Meine Tipps für Weihnachten richten sich gegen die allgegenwärtige Verfügbarkeit. Also weg vom digitalen ins analoge, ins Gespräch mit sich selbst und anderen Menschen, ins direkte Ich und Du. Bert te Wildt, der am Universitätsklinikum Bochum seit 12 Jahren Internetsüchtige behandelt und Workshops anbietet, geht davon aus, dass sich die Wiederentdeckung des sinnlichen Erlebens fortsetzen wird. Er hofft auf einen Veredelungseffekt der analogen Welt. Den perfekten Slogan für diesen Luxus hat der Politikwissenschaftler Andre Wilkens gefunden und ihn zum Titel seines aktuellen Buches gemacht: Analog ist das neue Bio. In einem Artikel im ZEIT-Magazin (Juli 2015) war zu lesen: Verzettelung macht den Menschen unglücklich, aggressiv, zerfahren und dumm, wohingegen der Zustand des Flow, also die tiefe und kreative Konzentration auf eine Sache (sei es Briefe schreiben oder Autos reparieren), ihn glücklich aus den Tiefen des Ichs auftauchen lässt so etwa könnte man eine Haupterkenntnis der Glücksforschung zusammenfassen (Zitat). Na dann los. Buchvorstellungen Im Cafè der verlorenen Jugend Von Patrick Modiano Dtv Verlag, Taschenbuch 8,99 Euro. Ein ganz wunderbares Buch für den gemütlichen Winterabend zu Hause. Oft sind Romane, die aus dem hohen Norden kommen, sehr skurril. In einem Land, in dem ca. 6 Monate Nacht herrschen, ist es nachvollziehbar, dass einem düstere Krimis einfallen. Doch die Schwe- Bei Patrick Modiano scheiden sich die Geister. Kritiker loben den Nobelpreisträger für Literatur 2014 in den Himmel, Leser schweben zwischen hingerissen und total enttäuschend. Im Grunde ist es ein sehr trauriges Buch. Es geht um Louki, ein verwahrlostes Mädchen, welches nachts durch Paris streift, regelmäßig von der Polizei aufgegriffen wird, irgendwann heiratet, den Mann aber bald verlässt und immer wieder in ein Café geht, um sich mit den Bohemes von Paris zu treffen. Und was soll ich sagen, es geht nicht gut aus. Trotzdem lesen sich die 158 Seiten wie ein Macaron. Süß und melancholisch, und am Ende bleibt fast nichts auf der Zunge. Ein Mann names Ove Von Fredrik Backmann Krüger Verlag, geb. Ausgabe 18,99 Euro, als Taschenbuch 9,99 Euro den können auch anders. Ein Mann namens Ove ist eine tragikomische Komödie um ein Ekelpaket, welches man am liebsten adoptieren würde. Seit seine Frau gestorben ist und die Firma ihn in den Vorruhestand geschickt hat, möchte Ove eigentlich nur noch sterben und bereitet sich auch darauf vor. In der Zwischenzeit sorgt er für Ordnung im Wohnviertel, schreibt Falschparker auf, geht Müllsündern nach und nervt alle umliegenden Anwohner. Dann zieht plötzlich eine Familie in der Nachbarschaft ein, die zuerst Oves Briefkasten mit dem Auto umnietet. Und dann wird alles anders. Die Hamburger Morgenpost schrieb: Wer dieses Buch nicht liebt, braucht eigentlich gar nicht mehr zu lesen. So weit würde ich nicht gehen. Ich kann nur sagen, ein großer Spaß, mal melancholisch, mal ernst und dann wieder zum Biegen komisch. Die gleißende Welt Von Siri Hustvedt Rowohlt Verlag, gebundene Ausgabe 22,95 Euro, Kindle Edition 19,99 Euro 14

schaft, und damit beginnt ein Spiel um Leben und Tod. Die gleissende Welt ist ein großartiges Psychogramm einer Künstlerin und gleichzeitig eine Parabel über die korrupte Kunstindustrie. Geschickt werden namhafte Künstler eingeflochten, und man fragt sich irgendwann: Ist das Fiktion oder Realität? Der letzte Ort Von Sherko Fatah Gebundene Ausgabe 19,99 Euro. Zwei Männer im Irak. Da ist Albert, ein ostdeutscher Träumer, der im Nationalmuseum arbeitet und gerne e helfen möchte, und Osama, sein Übersetzer. Beide werden von Jugendlichen entführt und von Ort zu Ort geschleppt. pt. Zwei Kulturen prallen in diesem Buch aufeinander, und es entsteht die Frage, wer mit dieser Extremsituation besser umzugehen weiß. Bis zum Ende spitzt sich die Lage zu, und man rechnet als Leser mit dem schlimmsten. Sherko Fatah hat ein Gespür für aktuelle politische Themen und schafft es mit geschliffenen Worten, die verschiedenen Weltansichten dem Leser näher zu bringen. Psychotherapie der Sucht Psychoanalytische Beiträge zur Sucht Klaus W. Bilitza (Hg) Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, 39,99 Euro Dieses Fachbuch vermittelt Einblicke in die psychotherapeutisch interaktionelle Methode, behandelt diagnostische Ansätze aus der neueren psychoanalytischen Krankheitslehre und informiert unter anderem über die psychodynamische Traumabehandlung bei suchtkranken Menschen. Sehr interessant fand ich auch einen Beitrag zum Thema der religiösen Dimension in der Suchtkrankentherapie. Hörbuch Tipp: Ach, wäre ich nur zu Hause geblieben (4 CDs) Von Kerstin Gier, gelesen von Mirja Boes, Bastei Lübbe Verlag 7,60 Euro, auch als Taschenbuch erhältlich In den lustigen Urlaubsgeschichten wird sich sicher jeder wiederfinden. Zum Ausspannen komisch und auch für den Winterurlaub geeignet. Internet: Uli Borowka, ehemaliger Profifußballer, hat einen Verein für Suchtprävention gegründet. Borowka unterstützt Familien abhängiger Menschen, besucht Schulen und Firmen und scheut sich auch nicht, in die Diskussion mit Hooligans zu gehen. Auch in Sportvereinen ist Uli Borowka tätig. Im Profifußball sei Alkohol ein großes Thema, werde aber vom DFB und DFL nicht ernstgenommen. In seinem veröffentlichten Buch mit dem Titel Volle Pulle spricht Borowka über seine Sucht während der Zeit, in der er noch Profifußballer war. Wer mehr wissen will, schaut unter: www.verein.uli-borowka.de Vom 28.- 29. November öffnet der Weihnachtsmarkt in Ochsenhausen seine Tore. Besonderheiten sind das Abendkonzert in der Klosterkirche und die Winterdampffahrten mit der Öchslebahn. Wer es im Sommer verpasst hat, kann jetzt noch eine Bahnfahrt unternehmen. Im schönen Marbach (Schwäbische Alb) findet ein ganz besonderes Krippenspiel statt. In der Reithalle des Marbacher Gestüts werden die Lebendigen Bilder zur Weihnacht mit über 300 Darstellern, einer Schafherde, vielen Pferde und einem großen Chor auf die Bühne gebracht. Pater Anselm Grün wird mit dem Flötisten Hans Jürgen Hufeisen und einem Orchester mit Chor dieses außergewöhnliche Krippenspiel gestalten. Die Aufführungen in der Reithalle Marbach finden am 20. Dezember um 14.00 Uhr und 17.30 Uhr statt. Karten gibt es im Vorverkauf für 18.- Euro/Erwachsene und 14.- Euro/Kinder bei Martina Beck, Telefon 07385/ 965157 In vielen Städten sieht man neben den Weihnachtsmärkten große und kleine Eisläufer ihre Runden drehen. Wer es professioneller mag, kann sich auch verschiedene Eis-Shows ansehen. Am 20.12. gastieren in Ingolstadt in der Show Rock the Ice die weltbesten Eiskunstläufer in der Saturn Arena. Holiday on Ice ist wieder mit zwei Shows in verschiedenen Städten unterwegs, hat aber vom früheren Charme nicht mehr viel im Programm (ist nicht mehr so für Familien geeignet). Dann lieber eine Eisrevue in den bekannten Freizeitparks. Wer es eher kuschelig mag und trotzdem unterhalten werden möchte, der geht in den Zirkus. Fast jede größere Stadt hat mittlerweile einen Weihnachtszirkus. Aus der Reihe tanzen der Weltweihnachtszirkus in Stuttgart, Zirkus Roncalli (in Bremen und Bayreuth) und der Schweizer Zirkus Conelli, der in Zürich gastiert. Diese drei haben ein ganz besonderes Programm. www.roncalli.de, www.cirkus-conelli.ch, www.weltweihnachtszirkus.de. Wer Eis und Zirkus möchte, der geht zum Moscow Circus on Ice. Karten über www.eventim.de/circus Wenn Sie Anregungen zu Büchern oder Veranstaltungen haben, dann schreiben Sie uns: deuss.peter@zieglersche.de, Telefon 07503/92 01 58 15

suchthilfe elf fragen an dieter meschenmoser, regionaldirektor der deutschen rentenversicherung badenwürttemberg, regionalzentrum ravensburg Dieter Meschenmoser wurde im Mai 1951 in Ravensburg geboren. Nach der Ausbildung zum Rechtspfleger, beruflichen Tätigkeiten, Wehrdienst, Jurastudium und Referendariat in Tübingen 1982 Eintritt in die damalige LVA Württemberg mit verschiedenen Führungspositionen in Stuttgart. Nach seiner Rückkehr nach Ravensburg 2003 übernahm er die Leitung des dortigen Regionalzentrums. Er ist verheiratet und ehrenamtlicher Justitiar des DRK Kreisverbandes Ravensburg. 1. Womit oder wodurch können Sie besonders gut entspannen? Mit dem Rennrad die Hausstrecke über den Höchsten und das Pfrunger Ried abfahren und den Gedanken freien Lauf lassen. 2. Was bringt Sie richtig auf die Palme? Besserwisserei und Unaufrichtigkeit. 3. Wodurch fühlen Sie sich gestärkt, wenn es beru f lich oder privat gerade sehr anstrengend für sie ist? Der familiäre Rückhalt ist ganz wichtig, wenn es beruflich heiß hergeht. Sportliche Aktivitäten sind zwar kein Allheilmittel, aber helfen in vielen Situationen, den Kopf frei zu bekommen. 4. An welchen Ort haben Sie richtig gute Erinnerungen und wollen ihn vielleicht einmal wieder aufsuchen? An die Fahrt über den Peleponnes in Griechenland mit vielen antiken Stätten mit dem ersten eigenen Auto damals noch ohne viel Tourismus. 5. Vielleicht möchten Sie uns ein Buch, eine CD oder einen Film nennen, etwas, das Sie in den letzten Wochen gelesen, gehört oder gesehen haben und Sie besonders beeindruckt hat? Das Buch von Bill Bryson Picknick mit Bären ein Reisebericht über den Appalachian Trail an der amerikanischen Ostküste ist für mich eine Quelle für so manche Inspiration. 6. Was hat die Tätigkeit, die Sie derzeit ausüben, für Sie interessant gemacht und welche Stationen führten bis hierher? Die Vielseitigkeit der Aufgaben eines Regionaldirektors für die Landkreise Ravensburg, Sigmaringen sowie den Bodenseekreis und die unmittelbaren Kontaktmöglichkeiten mit Menschen, für die man Verantwortung trägt, machen den Reiz aus. 20 Jahre Führungserfahrung in ganz unterschiedlichen Funktionen bei der Deutschen Rentenversicherung Stuttgart waren eine gute Grundlage für meine Arbeit hier vor Ort. 7. Welche Ihrer Stärken können Sie in Ihrem Beruf besonders gut brauchen? Strukturiertes Handeln und ein Gespür für Menschen. 8. Und mit welcher Schwäche stehen Sie sich vielleicht manchmal im Weg? Vielleicht mit meinem Motto ganz oder gar nicht. Manchmal wäre ein bisschen weniger auch nicht schlecht. 9. Was wird sich nach Ihrer Einschätzung an der Therapie von suchtkranken Menschen in Zukunft am meisten verändern? Die absolute Abstinenzorientierung sei es Alkohol oder auch Drogen wird sich nach meiner Einschätzung in Richtung einer sowohl-als auch -Hilfe entwickeln, also z.b. die Reduktion der Trinkmengen als zumindest intermediäres Therapieziel für Alkoholabhängige anzuerkennen sein, genauso wie die Einbindung der Substitutionsangebote auf dem langen Weg zur Drogenfreiheit. Aus meiner Sicht als Vertreter eines Kostenträgers wird in Zukunft die konkrete berufliche Eingliederung schon während der Entwöhnungsbehandlung noch mehr an Gewicht gewinnen. 10. Wo sehen Sie Ihren Arbeitsbereich im Netzwerk der Suchthilfe? Als Mitglied der Suchthilfenetzwerke Bodensee-Oberschwaben und Sigmaringen aber auch als Kostenträger wollen wir uns auf der regionalen Ebene mit unseren Kompetenzen einbringen, um für die Regionen ein leistungsfähiges, umfassendes Angebot an Therapiemöglichkeiten aufrecht zu erhalten und entsprechend der neu auf uns zukommenden Notwendigkeiten weiter zu entwickeln. 11. Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit in Zukunft ganz besonders? Bei einem Dienstleister wie wir sind die handelnden Menschen das Wichtigste. Ich wünsche mir, dass unsere Mitarbeiter auch unter den sich verändernden Rahmenbedingungen weiterhin so engagiert und motiviert bleiben.