Kapazitätsmärkte in Europa Offene Fragen, Risiken und Alternativen. Wilhelm Süßenbacher WU,

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Transkript:

Kapazitätsmärkte in Europa Offene Fragen, Risiken und Alternativen Wilhelm Süßenbacher WU, 04.11.2014

Hintergrund für die derzeitige Diskussion über das Strommarktdesign Langfristige Versorgungssicherheit bedingt ausreichende Erzeugungskapazitäten Seit Liberalisierung Aufgabe des Wettbewerbsmarktes Wettbewerbsmarkt soll Erzeugungskapazitäten im notwendigen Ausmaß am richtigen Ort und zur richtigen Zeit bereitstellen Markt ist theoretisch dazu in der Lage Bestehende Marktmängel und -interventionen sowie vermehrte Kraftwerksstillegungen haben zu Bedenken geführt, ob EOM auch unter realen Bedingungen langfristige Versorgungssicherheit gewährleisten kann 2 von 22

Leistungsreserven sind in den meisten Ländern bis 2025 ausreichend 100% 75% 50% Relative Reserveleistung* in ausgewählten europäischen Ländern Österreich besitzt auch zukünftig große Überkapazitäten 1 Januar 2020: 6,7 GW Januar 2025: 9,1 GW Einige Länder wie Deutschland oder Dänemark weisen bei rein nationaler Betrachtung eine unzureichende Leistungsreserve auf die Versorgungssicherheit ist jedoch nicht gefährdet. [ ] generation adequacy is expected to be maintained during the entire forecast period [ ] (ENTSO-E, SOAF 2014-2030) 25% 0% -25% -50% Quelle: ENTSO-E (2014) ME PT LU BA RO GR BG AT NL MK IT NO ES SI SE CZ RS HU PL SK FR CH HR BE FI DE DK Best Estimate - Januar 2020 Best Estimate - Januar 2025 *RC/Load 1 RC

Nationale und regionale Leistungsdefizite können durch Importe gedeckt werden Leistungsdeckung bei regionaler Betrachtung Import erforderlich Notwendiger Import > Importkapazität Import erforderlich Notwendiger Import <= Importkapazität Kein Import erforderlich Importbedarf im Gebiet: 10 GW Importkapazitäten >> 10 GW Schweiz, Deutschland, Tschechien und Dänemark benötigen im Januar 2025 gleichzeitig Importe zur Bedarfsdeckung Die verfügbaren Leitungskapazitäten übersteigen den Importbedarf aber um ein Vielfaches Scenario B Januar 2025 Die Versorgungssicherheit ist dadurch auch 2025 nicht gefährdet Quelle: ENTSO-E (2014)

Vielfach sollen Kapazitätsmärkte lediglich stranded Investments refinanzieren Kritische Situation für Gaskraftwerke ergibt sich durch den Zusammenfall mehrerer Faktoren Hohe Gaspreise Hohe EE-Erzeugung Niedrige CO 2 -Preise Geringer Verbrauch Dies stellt jedoch eine Momentaufnahme dar Quelle: IHS CERA (2013) 5 von 22

Es stellen sich daher folgende Fragen: Welche Probleme bestehen wirklich? Generation Adequacy Probleme? Bei rein nationaler Betrachtung lt. Prognosen in manchen MS der Fall Bei regionaler Betrachtung lt. Prognosen nicht der Fall Offene Fragen: Nationale oder regionale Betrachtung, Methodik? Missing Money Probleme? Kann durchaus der Fall sein, aber ein natürlicher Effekt in kapitalintensiven Industrien mit Überkapazitäten Schweinezyklus: Hohe Preise in den 2000er Jahren Investitionen in Kraftwerke Überkapazitäten Preisverfall Konsolidierung Offene Frage: Behebung erforderlich oder natürlich? Andere Probleme? Transmission Adequacy Probleme, Flexibility Probleme Scheint in manchen Ländern wie DE oder FR eher der Fall zu sein 6 von 22

Sind Kapazitätsmärkte die sinnvollste Lösung? Kapazitätsmärkte können Generation Adequacy Probleme beheben Vorschreibung einer bestimmten Leistung im System Vorhalteverpflichtung für Endkundenversorger Kapazitätsmärkte können Missing Money Probleme beheben Bereitstellung zusätzlicher Erlöse für Anlagen mit gesicherter Leistung Frage: Sind Kapazitätsmärkte das effizienteste Mittel? Kapazitätsmärkte sind nur bedingt geeignet Transmission Adequacy oder Flexibility Probleme zu beheben Transmission Adequacy: Beschleunigter Netzausbau & eventuell begleitende Absicherungsmaßnahmen (Netzreserve) Flexibility: Regelreservemarkt & Kurzfristmärkte (DA, ID) 7 von 22

Zwischenfazit Es gibt noch viele offene Fragen in der Problemanalyse Diese offenen Fragen sollten beantwortet werden, bevor man sich der Diskussion um Kapazitätsmärkte widmet Kapazitätsmärkte stellen umfassende Markteingriffe dar Es gibt weniger fundamentale Maßnahmen, um tatsächlich bestehende Probleme zu beheben bzw. zu verringern 8 von 22

Studienpaket des BMWi empfiehlt Weiterentwicklung des EOM zum EOM 2.0 Bis 2022 keine Gefahr erzeugungsseitiger Engpässe Optimierter EOM kann auch bei steigendem Anteil RES Versorgungssicherheit gewährleisten Ziel eines optimierten Marktdesigns: Flexibilisierung des Stromangebots und der Stromnachfrage Zentrale Elemente sind das Bilanzgruppen- und Ausgleichsenergiesystem und Peak Load Pricing Quellen: Connect Energy Economics (2014), Frontier Economics, FORMAET (2014), r2b (2014) 9 von 22

Konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des EOM Bessere Integration Nachfrageflexibilität & bisher marktferner Erzeugung Anpassung Netzentgeltstruktur Anpassung techn. Anforderungen und Bedingungen für Bau und Betrieb der Anlagen Definition kommerzieller Regeln für Lastunterbrechungen Bestimmung Abrechnungspreis für nicht gelieferte / nicht konsumierte Energie (VoLL) Bestimmung transparenter Abrechnungsregeln (Mengen, Zahlungsströme) Weiterentwicklung des Ausgleichsenergiepreissystems Generelle Grenzkostenbepreisung mit VoLL-Preisen im Knappheitsfall Bessere Bilanzgruppenbewirtschaftung von RES-Erzeugung und SLP-Kunden Stabile politische Rahmenbedingungen Klarheit über zukünftige Dekarbonisierungsmaßnahmen (RES-Förderung, CO 2 -Handel) Verlässliche RES-Ausbauziele Vermeidung von Preisobergrenzen am Großhandelsmarkt Politische Akzeptanz von knappheitsbedingten Preisspitzen Anhebung der techn. Preisobergrenze auf den VoLL (~15.000 /MWh) Verstärkung internationaler Koordination Berücksichtigung von Importmöglichkeiten in Knappheitsfällen Abstimmung und Harmonisierung von Marktregeln um Marktverzerrungen zu vermeiden Quellen: Connect Energy Economics (2014), Frontier Economics, FORMAET (2014), r2b (2014) 10 von 22

Konkrete Vorschläge zur Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage Vorgeschlagene Maßnahmen im Bereich Marktdesign Einführung von 1/4h-Produkten am DA Markt Aufhebung des impliziten Mark-Up-Verbots in DE Handelsschluss näher an Lieferzeitpunkt heranführen Anreize für eine aktivere Bewirtschaftung der Bilanzgruppen Häufigere Ausschreibung und kürzere Zeitscheiben für Regelreserveprodukte sowie Anpassung der Präqualifikationsregeln Vorgeschlagene Maßnahmen im Bereich Regulierungsdesign Verringerung der Mindest-Einspeisung von Kraftwerken durch zunehmend kraftwerksunabhängige Bereitstellung von Blindleistung Weiterentwicklung des Regelreservemarktes vermehrt stromgeführte Fahrweise von KWK-Anlagen (z.b. Einsatz Wärmespeicher) Koordinierung netz- und marktseitiger Anreize für Flexibilisierung der Nachfrage Beseitigung von Marktverzerrungen durch admin. Umlagen, Abgaben & Entgelte Flexibilisierung des RES Angebots durch Ausweitung der Direktvermarktung Vorgeschlagene Änderungen stellen No-regret-Maßnahmen dar & können wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten Quellen: Connect Energy Economics (2014), Frontier Economics, FORMAET (2014), r2b (2014) 11 von 22

Trotzdem starten einige EU-MS bereits mit der Umsetzung von Kapazitätsmärkten Derzeitiger Stand der Umsetzung in Europa Kapazitätsmechanismus implementiert Kapazitätsmechanismus geplant Kein Kapazitätsmechanismus Kapazitätszahlungen (seit 2007) Kapazitätsmarkt (geplant ab 2014) Kapazitätsmarkt (geplant ab 2014) Kapazitätszahlungen (seit 2011) Kapazitätszahlungen (seit 1998) Quellen: ACER (2013), eigene Recherchen Strategische Reserve (geplant ab 2014) Kapazitätszahlungen (seit 2004) Kapazitätsoptionen geplant (ab 2014) Strategische Reserve (seit 2006) Strategische Reserve (seit 2003) Strategische Reserve (seit 2011) Fortführung nach 2017 offen Kapazitätsoptionen (Einführung seit 2006) In zahlreichen EU-MS ist die Entscheidung für eine Implementierung bereits gefallen Die umgesetzten bzw. angedachten Konzepte unterscheiden sich zum Teil wesentlich Derzeitige Diskussionen fokussieren sich auf die strategische Reserve und Kapazitätsmärkte bzw. -optionen 12 von 22

Die Kompatibilität der unterschiedlichen Mechanismen ist fraglich Strategische Reserve Teilnahmeberechtigte Anlagen: Bestehende Anlagen (auch DSM) Grenzüberschreitende Teilnahme: Abhängig von Übertragungskapazität Teilnahme am Energiehandel: Für strategischen Reserve nicht möglich Preisbestimmung: Keine Festlegung Beschaffungsdauer: Für das Folgejahr für die Dauer von 1 Jahr Verpflichtungen für Endkundenversorger: Keine Teilnahmeberechtigte Anlagen: Neue Anlagen (Spanien) bzw. neue und bestehende Anlagen (Irland) Grenzüberschreitende Teilnahme: Derzeit nicht möglich Teilnahme am Energiehandel: Freiwillig (Spanien) bzw. verpflichtend (Irland) Preisbestimmung: Administrative Festlegung Beschaffungsdauer: Für das Folgejahr für die Dauer von 1 Jahr Verpflichtung für Endkundenversorger: Keine Kapazitätszahlungen Kapazitätsmarkt Teilnahmeberechtigte Anlagen: Bestehende, neue und geplante Anlagen (auch DSM) Grenzüberschreitende Teilnahme: Berücksichtigung der Importkapazitäten Teilnahme am Energiehandel: Verpflichtend bzw. stark beanreizt Preisbestimmung: Marktbasiert über Auktionen oder bilateral Beschaffungsdauer: 4 Jahre im Voraus für die von Dauer bis zu 25 Jahren Verpflichtung für Endkundenversorger: Eindeckung mit Leistungsverträgen 13 Quellen: Süßenbacher et al (2011), FTI Compass Lexecon (2013) 13 von 22

Selbst gleichartige Ansätze unterscheiden sich im Detail wesentlich Großbritannien Frankreich Italien Fallende Leistungsbedarf Fixer Bedarf Variabler Bedarf Bedarfskurve Vorlaufzeit 4 Jahre 4 Jahre 4 Jahre Vertragsdauern Handelsplattform Preisbestimmung Preissetzer Berücksichtigung Interkonnektoren 1-3 Jahre für Bestandsanlagen 10-25 Jahre für Neuanlagen Zentrale Auktion Fallende Bedarfskurve Obergrenze bei 1,5 x CONE Neuanlagen Bestandsanlagen unter Schwellwert Stat. Beitrag zur Lastdeckung 1-Jahres-Produkt Spezifische Produkte im OTC-Handel Organisierter Markt oder OTC Keine Alles bilateral Stat. Beitrag zur Lastdeckung 3 Jahre für alle Anlagen Zentrale Auktion Caps/Floors für Bestandsanlagen Keine Caps/Floors für Neuanlagen Alle Anlagen Noch nicht definiert Quelle: FTI Compass Lexecon (2013) 14 von 22

Zudem gibt es viele offene Fragen in der praktischen Umsetzung Kompatibilität von Mechanismen mit dem europäischen Target Model? Bereitstellung von sicher verfügbarer Leistung oder auch Flexibilität? Konformität mit europäischen Leitlinien (State Aid Guidlines, etc.)? Gewährleistung langfristiger regulatorischer Sicherheit? Technische Detailfragen Angewendetes Versorgungssicherheitskriterium Ermittlung des Leistungsbedarfs Überprüfung der Verfügbarkeit von Anlagen Technologieneutrale Investitionsanreize Grenzüberschreitende Teilnahme am Kapazitätsmarkt Reservierung von Übertragungsleitungen, etc. 15 von 22

Die Folgen einer fehlerhaften Umsetzung sind langfristig und kostspielig (1) Bisher umgesetzte Kapazitätsmechanismen leiden größtenteils unter mangelnder Effizienz Vgl. annuitätische Investitionskosten Gasturbine: 16.000 /MW/a GuD: 24.000 /MW/a Steinkohle: 28.000 /MW/a Land/Markt Mechanismus Gesamtkosten Kosten pro MWh Kosten pro MW PJM Kapazitätsmarkt 4.275 Mio. /a 5,5 /MWh 31.400 /MW/a Irland Kapazitätszahlungen 529 Mio. /a 14,9 /MWh 78.000 /MW/a Griechenland Kapazitätszahlungen 451 Mio. /a 9,18 /MWh 41.000 /MW/a Finnland Strategische Reserve 19 Mio. /a 0,3 /MWh 31.200 /MW/a Schweden Strategische Reserve 12 Mio. /a 0,1 /MWh 7.000 /MW/a Komplexe Konzepte bedurften häufiger Regelanpassungen die Folge sind hohe regulatorische Risiken Umfassende Kapazitätsmechanismen waren in der Vergangenheit anfällig für Marktmanipulation und Marktmachtausübung Quellen: DG ENER (2013), IAEW (2014) 16 von 22

Die Folgen einer fehlerhaften Umsetzung sind langfristig und kostspielig (2) Sind Kapazitätsmärkte einmal umgesetzt, so bleiben sie länger erhalten CRMs are here to stay (Carlos Batlle, Eurelectric Conference on future market design, Brussels, 2013) so better think twice! 17 von 22

Primäres Ziel sollte nach wie vor die Umsetzung des Target Models sein Umsetzung des Target Models mit grenzüberschreitenden Terminmärkten, Day-Ahead Märkten, Intraday Märkten und Regelreservemärkten hat nach wie vor höchste Priorität Sicherstellung eines effizienten Strommarktes durch: Sicherstellung eines zügigen Netzausbaus Heranführen Erneuerbarer Energien an den Markt Anreize für flexible Erzeugung Anreize für verbraucherseitige Beteiligung am Markt Maßnahmen können wesentlich Beitrag zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Effizienz leisten 18 von 22

Kapazitätsmärkte sind die Ultima Ratio Sollten nach erfolgreicher Umsetzung dieser Maßnahmen weiter Probleme bestehen: Weitere Überlegungen sinnvoll Maßnahmen müssen mit Target Model kompatibel sein und regional bzw. europäisch koordiniert werden 19 von 22

Kontakt Dr. Wilhelm Süßenbacher + 43 1 24 7 24 503 Wilhelm.Suessenbacher@e-control.at www.e-control.at 20 von 22

Quellen ACER (2013), Capacity Remuneration Mechanisms and the Internal Market for Electricity Connect Energy Economics (2014), Leitstudie Strommarkt - Arbeitspaket Optimierung des Strommarktdesigns DG ENER (2013), Capacity Mechanisms in Individual Markets within the IEM ENTSO-E (2014), Scenario Outlook & Adequacy Forecast 2014-2030 Frontier Economics, FORMAET (2014), Strommarkt in Deutschland - Gewährleistet das derzeitige Marktdesign Versorgungssicherheit? FTI Compass Lexecon (2013), New capacity mechanisms in the European context: what lessons have we learnt? IHS CERA (2013), Keeping Europe s Lights On: Design and Impact of Capacity Mechanisms IAEW (2014), RWTH Aachen, Unterstützung der Energiewende in Deutschland durch einen Pumpspeicherausbau r2b (2014), Funktionsfähigkeit EOM & Impact-Analyse Kapazitätsmechanismen 21 von 22