Habelschwerdt / Bystrzyca Kłodzka, an der alten Handelsstraße Breslau - Glatz - Habelschwerdt - Brünn - Wien gelegen, die auch heute eine intensiv genutzte Verbindung zwischen Schlesien und Wien darstellt, lag und liegt dennoch abseits der wirtschaftlichen und politischen Zentren Schlesiens. Lediglich ein beschränkter lokaler Markt konnte sich entwickeln, der im 16. Jahrhundert zu einer kurzfristigen Blütezeit dank der Tuchmacher und später der Leineweber führte. Nach dem Niedergang dieser Gewerke konnte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Holz- und Zündholzindustrie angesiedelt werden, die aber bereits in der Zwischenkriegszeit des vergangenen Jahrhunderts ihr Ende fand. Diese sehr zähe und nicht sehr erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung der Stadt wurde immer wieder durch verheerende Stadtbrände unterbrochen und zurückgeworfen. Diese Brände betrafen auch das Rathaus, das 1451 erstmalig nachgewiesen wurde, aber bereits 1540 bis 1541 wegen Baufälligkeit abgebrochen und neu errichtet werden musste. Bei dem großen Stadtbrand des Jahres 1703, bei dem 75 Prozent der Stadt untergingen, verbrannte auch das Rathaus, das wiederum neu errichtet werden musste. Bei dem Brand 1823 wurde es so beschädigt, dass es 1852 abgebrochen und bis 1854 im Stile des italienischen Quattrocento wieder errichtet wurde. Einzig der Rathausturm aus dem Jahre 1567 überstand die nachfolgenden Brandkatastrophen und wurde 1854 in den fast völlig neuen Baukörper des Rathauses integriert. 1888 schließlich wurde der Rathausturm mit einer Uhr aus der Werkstatt der Gebrüder Eppner in Silberberg ausgestattet. Eppner war neben dem Uhrenhersteller Becker eine der bedeutendsten Uhrenfabrikationsstätten Schlesiens, die ihre Produkte - Taschenuhren und Turmuhren - nicht nur in Schlesien, sondern auch im Reich dank ihrer vorzüglichen Qualität hervorragend verkauften. Die Habelschwerdter Eppner- Uhr, die 120 Jahre ihren Dienst getan und den Zweiten Weltkrieg mit seiner nachfolgenden Devastierungsphase fast unbeschädigt überstanden hat, bedarf inzwischen einer Überholung und Restaurierung. Außer dieser Uhr gibt es im heutigen Schlesien nur noch eine weitere funktionstüchtige Uhr aus dem Hause Eppner, und zwar in Zirkwitz /Cerkwica (Kreis Trebnitz / Trzebnica). Allerdings bedarf auch sie der Überholung. Die Habelschwerdter Eppner-Uhr ist nach der Einnahme durch die Rote Armee ihrer vergoldeten Zeiger beraubt worden. Hilfsweise wurden später - wie Abb. 2 zeigt - wenig kunstvolle Zeiger aus "Altmetall" angebracht. Kontakt: Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Lenz Philipps-Universität Marburg / Universität Breslau Bunsenstrasse 3 D-35032 Marburg Telefon: +49 - (0)6421-28-24040 +49 - (0)6421-28-23800 E-Mail: lenz@staff.uni-marburg.de 1
[1] Rathaus und Turm mit der historischen Uhr in Habelschwerdt vor der Restaurierung [2] Die historische Uhr am Rathausturm 2
[3 & 4] Ansichten des Uhrwerks 3
[5] Demontage eines Ziffernblattes [6] Die Ziffernblätter nach der Restaurierung 4
[7] Montage eines der restaurierten Ziffernblätter [8] Hinweistafel zur Restaurierung 5
[9 & 10] Das Uhrwerk vor und nach der Restaurierung 6
[11 & 12] Die Ziffernblätter vor und nach der Restaurierung 7