erkennen. Die Punkte waren auf den Jungen und den Hund gerichtet, die zweifellos den willkommenen Anblick von Futter bildeten. Der Junge stand regungslos da. Schlagartig verließ ihn jegliche Stärke, und seine Knie begannen zu zittern. Er bekämpfte einen plötzlichen Drang zu urinieren. Der Bär wurde mit jeder Sekunde größer und deutlicher. Er näherte sich ihnen mit einem merkwürdig schleppenden Gang. Seine Bewegungen waren zielgerichtet, aber nicht eindeutig aggressiv. Auch nicht vorsichtig oder behutsam. Nur entschlossen. Der Bär war ungewöhnlich groß, aber seine winterliche Ausgezehrtheit war unter dem cremegelben Fell gut zu erkennen. Was den Jungen schließlich aufrüttelte und zum Handeln bewegte, war ein die Stille zwischen ihnen durchbrechender Laut: das ferne rasselnde, röchelnde Atmen des
ausgehungerten Tieres. Mit seinen in dicken Handschuhen steckenden Fingern suchte der Junge in seiner Tasche nach der Signalpistole. Seine Hände zitterten, als er die Leuchtkugeln in die Pistole schob. Außer sich vor Angst schrie er die Hündin an, mit dem Zerren und Springen aufzuhören. Er konnte sie loslassen, aber er hoffte noch immer, dass ihr Knurren und Schnappen den Bären vertreiben würde. Mit einigem Geschick schoss der Junge eine Leuchtkugel ab. Ein Lichtbündel aussendend, flog sie zischend durch die Luft und landete vor den Füßen des Bären. Dieser hielt einen Moment lang inne, schnüffelte misstrauisch an der Leuchtkugel und hob dann seine schwarze Nase, wobei er den Kopf langsam vor und zurück schwingen ließ. Die Leuchtkugel erschreckte ihn nicht
sonderlich, und nun setzte er sich erneut in Bewegung, diesmal schneller und aggressiver. Der Junge schoss in dichter Folge weitere sechs Leuchtkugeln ab, aber der Bär wich ihnen aus und kam unaufhörlich näher. Jetzt machte der Junge das Gewehr schussbereit. Auf das Tier zu schießen war sein letztes Mittel. Ein verwundeter Bär würde vor Wut außer sich sein, und sein Verhalten wäre noch unberechenbarer. Während er an dem schweren Gewehr hantierte, zitterten dem Jungen die durch die Handschuhe behinderten Hände. Aber er konnte es sich nicht leisten, die Innenhandschuhe auszuziehen, weil er dadurch Gefahr lief, dass ihm die Finger einfroren und bewegungsunfähig wurden. Durch seine Angst und sein Zittern begann er die Kälte bereits zu spüren. Er konnte nicht noch sehr viel länger reglos stehen bleiben.
Der Bär war nun nur noch dreißig Schritte entfernt, und es war das Beste, die Hündin loszulassen. Mit wachsender Panik in der Brust befreite er sie von dem Seil, und sie stürzte auf den Bären zu. Dieser blieb irritiert stehen. Mit geöffnetem Maul beobachtete er, wie die zornige Hündin auf ihn zuraste, ihn dann umkreiste und mit einem Satz ihre kräftigen Kiefer um sein Hinterbein schlug. Der Bär wandte und drehte sich, um an die Hündin heranzukommen, aber sie hing an ihm fest, als habe sich all ihre Kraft in diesen wütenden Kiefern konzentriert. Heftig zitternd sah der Junge dem Kampf zu. Ihm war eingeschärft worden, einem Bären niemals Angst zu zeigen, aber die Realität war anders als die prahlerischen, häufig erzählten und dabei kräftig ausgeschmückten Geschichten der Älteren. Das riesige, erboste Tier war
furchteinflößend, kein Mensch konnte das bestreiten. Voller Respekt registrierte er, dass seine hündische Gefährtin keine derartige Angst hatte. Klein, wie sie im Vergleich mit ihrem Gegner erschien, warf sie sich mit einem von ihren Vorfahren ererbten leidenschaftlichen Zorn in den Kampf. Da ihm nichts anderes einfiel, zielte der Junge mit dem Gewehr auf den Bären. Die Hündin war nicht bereit loszulassen, aber während ihres wahnsinnigen Tanzes befreite sich der Bär von ihr und floh über das Eis. Seine Angreiferin folgte ihm. Der Junge rief seine Hündin, aber da er sie in der Ferne verschwinden sah, drehte er sich um und rannte, das Gewehr in der Hand, zum Ufer. Den Rucksack ließ er auf dem Eis hinter sich liegen. Das Dorf lag weiter weg, als es den Anschein hatte, doch er lief darauf