Inhalt Die grüne Stadt Vom Barockgarten zum Volkspark 7 Mittendrin Innerhalb des S-Bahnrings»Wo ist aber der Garten?«Lustgarten 17 Ein herrschaftlicher Freizeitpark Monbijoupark 22 Das grüne Herz der Stadt Großer Tiergarten 24 Barock für immer Schlosspark Charlottenburg 32 Verborgenes Grün Schusteruhspark 36 Der erste Berliner Volkspark Volkspark Friedrichshain 39 Romantik mit Bärenzwinger Köllnischer Park 45 Es darf geturnt werden Volkspark Hasenheide 49 Wolfsschlucht am Kreuzberg Viktoriapark 54 Hochbunker mit Rosengarten Volkspark Humboldthain 58»Der Stadt zum Schmuck«Lietzenseepark 64 Barockes Neukölln Körnerpark 69 Mit der U-Bahn in die Wildnis Rudolph-Wilde-Park/Volkspark Wilmersdorf 73 Grüne Grenze Mauerpark 76 Keine Oase Anhalter Garten 79
Im Norden Pfauen, Ziegen und Gazelle Bürgerpark Pankow 81 Die große Landschaft Volkspark Jungfernheide 85 Auf Dünen und Bergen Volkspark Rehberge 91 Der wahre Großstadtdschungel Volkspark Prenzlauer Berg 95 Im Westen Gläserne Kathedralen Botanischer Garten 98 Im Märchenland Pfaueninsel 105 Kleinod in Westend Brixplatz 110 Im Süden Ein Park für einen ganzen Tag Britzer Garten 113 Bahnbrechende Natur Natur-Park Schöneberger Südgelände 117 Im Osten Hier konnten Familien Kaffee kochen Treptower Park 122 Waldesdom und Märchenbrunnen Von-der-Schulenburg-Park 127 Park der Tiere Schlosspark Friedrichsfelde 129 Eine Reise um die Welt Erholungspark Marzahn 133 Parks und Gärten der Zukunft 139 Ausgewählte Literatur 143 Bildnachweis 144 Die Autorin 144
Der Kreuzberg Nun geht es in die Frühlingswochen; Der Piepmatz bläht sich mit Gesang. Der Olle fasst mit unter n Knochen, Großbeerenstraße immer lang. April! Wenn wir das Klima schlürfen, Besinnt der Geist sich schwer und tief. Hach als Erfüllung von Entwürfen Ging allemal das Meiste schief. Das Leben bietet manches Gute, Bis man dem Tod entgegenrutscht; Doch oft ist einem doof zu Mute, wie wenn der Affe Kleister lutscht. O Hechz, mein Hechz, was will das werden! Die Höhe liegt erhaben-still; Es gibt nichts Edleres auf Erden Als unser Kreuzberch im April. Alfred Kerr
7 Die grüne Stadt Vom Barockgarten zum Volkspark Berlin, die steinerne Stadt, ist auch die grüne Stadt. Ihre gärtnerische Tradition reicht weit zurück. Schon im 15. Jahrhundert gab es den Lustgarten am Berliner Schloss; der einstige königliche Küchengarten ist die älteste Gartenanlage Berlins. Im 17. Jahrhundert wurde aus ihm ein schmuckvoller Barockgarten mit geometrischen Beeten und kleinen Wasserläufen. Mit der Pflanzung einer Linden- und Walnussbaumallee war der Große Kurfürst schon 1647 im Zentrum der Stadt landschaftsplanerisch tätig, als er die erste grüne Achse Berlins schuf, Vorgänger der Straße Unter den Linden. Sie führte vom Stadtschloss in den Großen Tiergarten, der im Wesentlichen noch umzäuntes Jagdrevier, aber schon von sternförmigen Alleen durchzogen war. Auch in den Schloss- und Gutsparks adliger Familien wurde im 17. Jahrhundert der barocken Gartenlust gefrönt, wie überhaupt die Gartenkunst den höheren Ständen vorbehalten war. Alle diese Parks und Gärten standen jedoch erst sehr viel später und oft nur begrenzt der Öffentlichkeit zur Verfügung. Zu den frühbarocken Gärten zählte zum Beispiel der Schlosspark von Berlin-Buch, eine streng von Hecken und Alleen gegliederte Anlage, die schon 1669 entstand. Ebenso erwähnenswert ist der frühbarocke Garten von Schloss Rosenfelde, später Friedrichsfelde, der ab 1682 nach holländischem Vorbild umgeben von Kanälen geschaffen wurde. Vorbildlich für die damalige Gartengestaltung war auch der barocke Lustgarten von Schloss Köpenick. Von 1684 bis zu seinem Regierungsantritt im Jahre 1688 wohnte Kurfürst Friedrich III., später König Friedrich I., hier gemeinsam mit seiner zweiten Frau Sophie Charlotte. Ab 1691 entstand, ebenfalls durch Friedrich III., der Park von Schloss Niederschönhausen: ein Barockpark im französischen Stil, ausgestattet mit Bosketten
8 und Labyrinthen. 1694 schenkte Kurfürst Friedrich III. seiner Gemahlin das Schlösschen Lietzenburg, später in Charlottenburg umbenannt. Prinzessin Sophie Charlotte stammte aus Hannover, wo seit 1670 an den Herrenhäuser Gärten gearbeitet wurde, sie setzte diese Tradition in Berlin fort und ließ ab 1697 einen großen und prächtigen Barockgarten um das Schloss Charlottenburg einrichten. Die meisten der frühzeitig entstandenen Parks sind im Laufe der Jahre umgestaltet oder zerstört worden. Nicht allein die kunstvoll angelegten Gärten waren im 17. Jahrhundert etwas Neues, auch der Anbau von Nutzpflanzen hatte hohen Stellenwert: Obst-, Hopfen- und Weinanbau wurde an vielen Orten im damals noch sehr ländlichen Berlin oder in der nahen Umgebung betrieben. Schon ab dem 16. Jahrhundert wird von Weinbergen berichtet, zum Beispiel dort, wo sich heute der Park am Weinbergsweg oder der Viktoriapark befinden. 1740 zerstörte ein kalter Winter fast alle Rebstöcke und beendete damit die Weinbaugeschichte Berlins. Interessanterweise ließ sich nur fünf Jahre später Friedrich der Große sein Schloss Sanssouci auf einem Weinberg thronend erbauen dieser Weinberg allerdings war mit gläsernen Gewächshäusern ausgestattet. Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag die preußische Landwirtschaft am Boden. Der Große Kurfürst richtete 1679 in Schöneberg einen Mustergarten ein, einen frühen Botanischen Garten mit Vorbildfunktion für die Landbevölkerung. Die Idee, Gärten zu wissenschaftlichen Zwecken anzulegen, kam damit auch nach Berlin. Und noch etwas tat der Große Kurfürst für die Berliner Parks und Gärten: Mit dem Edikt von Potsdam lud er im Jahr 1685 die protestantischen Hugenotten nach Brandenburg ein. Unter den rund 5000 französischen Glaubensflüchtlingen waren 28 Gärtnerfamilien, die sich vor allem in Berlin niederließen. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts blieb die barocke Gartenkunst in Berlin vorherrschend. Im Gutsgarten Britz zum Beispiel ließ Staatsminister Rüdiger von Illgen 1719 ein Barockparterre nach niederländischem Vorbild anlegen. Um Gärten und kleine Privatparks mit Bäumen und Pflanzen bestücken zu können, waren
Layout Berliner Parks 2006 31.01.2006 20:35 Uhr Seite 9 [ Der Lustgarten um 1840 mit dem 1830 fertig gestellten Alten Museum und dem Dom ] zusätzlich zu den königlichen Gärtnereien auch Baumschulen nötig. 1720 gründete Christoph Späth vor dem Halleschen Tor eine kleine Blumen- und Gemüsegärtnerei. Aus ihr wurde eine große Baumschule, Grundlage für das 1879 angelegte, noch heute existierende Späth-Arboretum in Treptow. Im Park von Schloss Niederschönhausen führte ab 1740 Elisabeth Christine, Ehefrau von König Friedrich II., die gärtnerischen Traditionen fort und ließ 1751 gleichzeitig die nahe gelegene Schönholzer Heide zur Königin Plantage mit Obst- und Maulbeerbaumplantagen werden. Ab 1740 stand der Tiergarten den Berlinern als öffentlicher Park zur Verfügung. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, bekannt als Architekt von Lindenoper und Schloss Sanssouci, wurde ab 1742»Surintendand aller königlichen Schlösser, Häuser und Gärten (und) Directeur en chef aller Bauten in den sämtlichen königlichen Provinzen«und erhielt die Aufgabe, den Tiergarten umzugestalten. Bald darauf konnte man die Linden entlang promenieren und dann im weiten Areal des Tiergartens in dichtes Grün eintauchen. Am Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Barockgarten vom Landschaftsgarten im englischen Stil verdrängt. Die große Zeit des Gartenkünstlers, Gärtners und Generaldirektors der königlich
10 preußischen Gärten, Peter Joseph Lenné (1789 1866), begann. Kaum ein Park oder Garten in Berlin in jener Zeit, den er nicht geplant, an dem er nicht mitgewirkt oder bei dessen Anlage er nicht zumindest um Rat gefragt worden wäre. Nach dem Wörlitzer Hofgärtner Johann Friedrich Eyserbeck (1734 1818) und dem Leiter der Münchner Hofgärten-Intendanz Friedrich Ludwig von Sckell (1750 1823) sowie neben der schillernden Gestalt des»gartenfürsten«hermann von Pückler Muskau (1785 1871) war Peter Joseph Lenné einer der Wenigen im damaligen Deutschland, die englische Gartenkunst virtuos umsetzen konnten. 1816 kam Lenné nach Potsdam, zunächst auf Probe, später als Beamter des preußischen Hofs. Bereits 1824, direkt nach einer Englandreise, begann Lenné mit der Begrünung von Berliner Stadtplätzen. Bis 1830 arbeitete er am Berliner Lustgarten, bis 1834 an der Pfaueninsel, die Friedrich Wilhelm III. als»ornamental farm«und Menagerie diente und die Lenné noch vollkommener machen sollte. Durch Lenné wurde aus dem französischen Barockparterre von Schloss Charlottenburg ein Pleasureground nach englischem Vorbild, ja der gesamte barocke Charlottenburger Garten zum Landschaftspark. Die bis heute den Park von Schloss Friedrichsfelde prägenden landschaftlichen Partien tragen seine Handschrift, im Park von Schloss Niederschönhausen war er tätig, für den Lietzenseepark machte er erste Skizzen, vom Halleschen Tor zu den Militärübungsplätzen auf dem Tempelhofer Feld legte er eine leichte Chausseeanlage an: den Vorläufer des Volksparks Hasenheide. Natürlich zeichnete er für den Park von Schloss Glienicke und selbstverständlich für den Großen Tiergarten. Ihn verwandelte Lenné von 1833 1840 in einen englischen Landschaftspark. Kurz nach seiner Thronbesteigung im Jahre 1840 schrieb Friedrich Wilhelm IV. an Lenné:»Der Herzog von Dessau hat aus seinem Land einen ( ) Garten gemacht. ( ) Dazu ist mein Land zu groß. Aber aus der Umgebung von Berlin und Potsdam könnte ich nach und nach einen Garten machen ( ) Entwerfen Sie mir einen Plan!«Die Umgebung von Berlin und Potsdam wurde so zum Gartenreich. Und nicht nur sie, denn der königliche Gartendirektor Lenné legte [ Im Schlosspark von Charlottenburg ]