Quelle: Personalakte Strafgefängnis Bremen-Oslebshausen Tilgungsbescheinigung

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Transkript:

9. Schicksale Ort: Gerichtstrakt Quelle: Tilgungsbescheinigung Literatur: Lübeck - eine andere Geschichte. Einblicke in Widerstand und Verfolgung in Lübeck 1933-1945. Sowie: Alternativer Stadtführer zu den Stätten der Lübecker Arbeiterbewegung, des Widerstandes und der nationalsozialistischen Verfolgung. Hrsg. vom Zentrum Jugendamt der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1986 Frauen in der Lübecker Geschichte. Lübecker Frauenportaits im Laufe der Jahrhunderte. Katalog zur Wanderausstellung. Hrsg. vom Frauenbüro der Hansestadt Lübeck, Lübeck 2005 Material: Texte: Schicksale Minna Klann Ernst Puchmüller Die RAJ Leon Cwiek Gustav Feldsien Hans Grube Karl Heinz Ring Quelle: Personalakte Strafgefängnis Bremen-Oslebshausen Tilgungsbescheinigung Aufgabe: 1. Stelle die Personen vor, die überlebt haben (Texte) 2. Was ist aus Ihnen geworden? 2. Stelle die Personen vor, die nicht überlebten (Texte) und nenne die Gründe. 3. Versetze dich in die Lage der Überlebenden und formuliere Gefühle oder Gedanken aus ihrer Sicht. 4. Nimm Stellung zu der Forderung, dass die Überlebenden ein Recht auf Entschädigung haben.

Text: Schicksale Edmund Fülscher wurde Ende Dezember 1936 in Zuchthaus Bremen- Oslebshausen überführt. Dort blieb er noch zwei Jahre in strenger Einzelhaft. Im Frühjahr 1944 wurde er nach Waldheim in Sachsen verlegt. Anfang April 1945 gelang ihm die Flucht aus einer Außenstelle des Zuchthauses in der Nähe von Leipzig. Bei Weimar traf er auf die US- Armee und stellte sich dem nächsten amerikanischen Ortskommandanten. Auf dessen Rat begab er sich freiwillig in das am Tage zuvor befreite KZ Buchenwald, wo er von Hamburger Kommunisten identifiziert und noch als politischer Häftling registriert wurde. Zwei Jahre später wurde seine Strafe aus dem Strafregister getilgt. Edmund Fülscher hat den Terror des NS-Regimes überlebt, er kehrte zurück nach Lübeck, heiratete, bekam Kinder und wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann. Lange Zeit jedoch plagten ihn die Erinnerungen an diese Schreckenszeit. Erst im Alter begann er, bei Stadtrundgängen und Ausstellungsführungen, in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen. Im Familien- und Freundeskreis war ihm das bis zu seinem Tod am 12. Februar 2007 nicht möglich. Quelle: Tilgungsbescheinigung (Tat aus den Akten tilgen)

Minna Klann Am 18. April 1941, kurz vor ihrer Verlegung ins Strafgefängnis starb Minna Klann in der Haftanstalt Lübeck-Lauerhof an den Folgen der Haftbedingungen. Ihr Grab befindet sich seit 1945 auf dem Vorwerker Friedhof. 1 Ihre damals 14-jährige Tochter Erika wurde im Dezember 1936 aus der Haftanstalt entlassen. Ihre jüngeren Geschwister Regine und Hermann wurden in wechselnde, regimetreue Pflegefamilien untergebracht. Nach ihrer Heirat starb Erika Klann am 2.9.1944 bei der Geburt ihres ersten Kindes. Minnas Mann Erich, auch auf Grund seiner politischen Tätigkeit in Haft, wurde nach Kriegsende aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen befreit und starb 1948 an den Folgen seiner jahrelangen Haft. 2 Ernst Puchmüller Puchmüller wurde 1897 in Neuvorwerk (Mecklenburg) geboren. 1916 nahm er als einfacher Soldat am Ersten Weltkrieg teil und wurde schwer verwundet. Er trat 1917 der SPD bei und gründete 1918 in Dassow die USDP mit. Er beteiligte sich aktiv an der Niederschlagung des Kapp- Putsches in Mecklenburg. 1920 zog er nach Lübeck, wo er im Oktober am Vereinigungsparteitag der USDP und der KPD teilnahm. Er war langjähriger Vorsitzender der Roten Hilfe Lübeck und seit 1929 Mitglied der KPD-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft. Sein Leidensweg führte ihn immer wieder an die Seite von Edmund Fülscher. Er wurde auch im Frühjahr 1945 befreit, sein Augenlicht hatte er ganz verloren. Nach Kriegsende ließ er sich in der DDR nieder. 1 Ina Schmidt: Widerstand Protest Verweigerung von Lübeckerinnen in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945, Lübeck 1995, Seite 48/49. 2 Lübeck - eine andere Geschichte. Einblicke in Widerstand und Verfolgung in Lübeck 1933-1945. Sowie: Alternativer Stadtführer zu den Stätten der Lübecker Arbeiterbewegung, des Widerstandes und der nationalsozialistischen Verfolgung. Hrsg. vom Zentrum Jugendamt der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1986, Seite 178.

Bis zum seinem Tode engagierte er sich aktiv und kämpferisch für seine kommunistischen Ideale. Die Revolutionäre Arbeiterjugend Edmund Fülschers 12 RAJ Kameraden, die ebenfalls im Herbst 1935 verhaftet worden waren, wurden 1936 vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, dem obersten politischen Gericht der nationalsozialistischen Terrorherrschaft auf regionaler Ebene zu Gefängnisstrafen zwischen einem und vier Jahren verurteilt. Die jüngsten waren erst 17 Jahre. Die meisten von ihnen kamen nach Verbüßung der Strafe ins KZ, vier der jungen Leute sind dort umgekommen, die anderen erlitten zum Teil große gesundheitliche Schäden. Leon Cwiek Seine Eltern waren Anfang des Jahrhunderts aus Polen nach Lübeck gekommen. Er wurde am 22. Januar 1919 in Lübeck geboren, war zunächst in der katholischen Jugend aktiv, nach der Zerschlagung der Jugendverbände schloss er sich der RAJ um Edmund Fülscher an. Er war als ungelernter Arbeiter beschäftigt. Als er im Oktober 1935 verhaftet wurde, war er 17 Jahre alt. Nach einem Jahr Untersuchungshaft wurde er 1936 zu 2 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Verbüßen seiner Strafe wurde er von der Gestapo in Anschlusshaft ins KZ überweisen. Dort ist er verschollen. Gustav Feldsien Gustav Feldsien wurde am 4. Mai 1914 in Cashagen geboren. Er erlernte das Schlosserhandwerk und wohnte seit dem 22. Januar 1935 in der Füchtingsstrape 30b zur Untermiete. Er war in der Jugendorganisation des Reichsbanners und später dann in der Leitung der RAJ tätig. Am 15. Juni 1934 wurde er zum Militär

einberufen. Am 28. Oktober 1935 wurde er verhaftet und kam ins Untersuchungsgefängnis in Fuhlsbüttel; am 8. April 1936 wurde er vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt. Bereits 1940 ist er im Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg im Alter von 26 Jahren umgekommen. Hans Grube "Bob" (Hans) Grube wurde am 23. September 1913 in Lübeck geboren. Er war evangelisch, ledig und wohnte im Engelswisch 12. Bereits vor 1933 war er Mitglied des Jungbanners und der KPD, später dann der RAJ. Ebenfalls am 28.10.1935 verhaftet und nach Fuhlsbüttel überstellt, wurde er am 16. Januar 1936 zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Auch Bob Grube kam danach ins KZ und gilt seit dem als verschollen, vermutlich kam er bereits am 26. Dezember 1941 zu Tode. Karl Heinz Ring Karl Heinz "Jonni" Ring, am 8. Oktober 1918 in Lübeck geboren, fuhr wie Edmund Fülscher zur See. Er war ursprünglich Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend bevor er sich auch der Revolutionären Arbeiterjugend anschloß. Auch er wurde im Rahmen der Verfolgungsaktion im Herbst 35 verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nach Verbüßung seiner 2-jährigen Haftstrafe wurde er am 2. Mai 1938 aus der Haftanstalt entlassen und kam zunächst in das KZ Sachsenhausen. Am 7. Juni 1939 wird er in den Zugangsbüchern des KZ Neuengamme bei Hamburg geführt. Am 7. November 1944 wurde er zu einer so genannten Bewährungseinheit, der SS- Sonderformation Dirlewanger" eingezogen und kam vermutlich noch Ende 1944 in der Slowakei ums Leben. Am 31.12.1945 wurde er für tot erklärt.