Analytische Chemie (für Biol. / Pharm. Wiss.)

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Transkript:

Analytische Chemie (für Biol. / Pharm. Wiss.) Teil: Trenntechniken (Chromatographie, Elektrophorese) Dr. Martin Pabst Laboratory of Organic Chemistry HCI D323 martin.pabst@org.chem.ethz.ch http://www.analytik.ethz.ch/ Übersicht: Skript S1ff Chromatographie o Grundlagen o Flüssigkeitschromatographie o Gaschromatographie Elektrophorese Probenvorbereitung (Übungsstunde(n) im Dezember) Fragen jederzeit während oder nach der Vorlesung, bzw. auch per E-Mail! 2

Chromatographie (eine der wichtigsten Methoden der modernen Analytik) A) Was ist Chromatographie? Auftrennung von Substanzen (Analyten) durch deren Verteilung zwischen: Mobiler und stationärer Phase B) Wozu? Trennung einzelner Substanzen aus komplexen Gemischen: Identifizierung/Quantifizierung Fraktionierung/Aufreinigung von Substanzen Einfachstes Experiment: Papierchromatographie Anschauliches Beispiel einer Chromatographie (= Trennung von Analyten) (1952 Nobelpreis für deren Entwicklung und Beschreibung) 4

Experiment: Papierchromatographie Wie funktioniert die Papierchromatographie? Stat. Phase Probe: Filzschreiber (schwarz, wasserlöslich) Analyten: verschiedene Farbstoffmoleküle A B,C Stationäre Phase: Mobile Phase: Papiertaschentuch, Löschpapier Ethanol (auch Aceton, Isopropanol...) Mobile Phase t=0 t=5min A) Transport der mobilen Phase nach oben aufgrund von Kapillarkräften B) Unterschiedliche Verteilung der Substanzen zwischen fester und mobiler Phase (Adsorption) C) Wiederholtes Verteilen über gesamten Laufbereich und folglich Trennung der Farbstoffe 5 Extrakt von Pflanzenfarbstoffen Der russische Botaniker Michail S. Tswett führte 1903 erste Experimente zur Chromatographie von Pflanzenfarbstoffen durch. Tswetts Experiment: Probe: Extrakt von Pflanzenfarbstoffen in Lösungsmittel gelöst Stationäre Phase: z.b. CaCO 3 -Pulver Mobile Phase: Ergebnis: ein Lösungsmittel (Kohlenwasserstoff-Gemisch) Verschiedene Farbstoffe verlassen zeitlich getrennt unten die Säule. 6

Extrakt von Pflanzenfarbstoffen Trennung von Pflanzenfarbstoffen mittels Säulenchromatographie http://www.chemie.uni-regensburg.de/organische_chemie/didaktik/keusch/d-cc-d.htm 7 Gedankenexperiment Mobile Phase Transport von Geröll in einem Fluss Stationäre Phase Transportgeschwindigkeit: Sand > Kies > Steine Fluss = mobile Phase Untergrund = stationäre Phase 8

Grundprinzip Flüssig-Flüssig-Extraktion: Trennung aufgrund der Verteilung von Analyten zwischen zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten! A B C D Scheidetrichter. Extraktion wird in der Analytischen oder Organischen Chemie häufig bei der Probenvorbereitung eingesetzt. 9 Grundprinzip Beispiel: In einer wässrigen Probe befinden sich ein organischer Analyt (gut löslich in org. Lösungsmitteln) und Salze bzw. Ionen. Durch Extraktion soll der org. Analyt von den Salzen abgetrennt werden, welche die Analyse stören würden. (1) Ursprünglich befinden sich ein organischer Analyt und Ionen in der Probe (2) Durch Extraktion soll der organische Analyt in ein org. Lösungsmittel überführt und so von den Ionen getrennt werden. Es besteht ein Verteilungsgleichgewicht zwischen den beiden Phasen, welches im vorliegenden Fall auf der Seite der org. Phase liegt. 10

Grundprinzip Nernstsches Verteilungsgesetz: C1 = c 1 gilt für das Gleichgewicht A c 1 A 2 2... Verteilungskonstante c 1, c 2... Konzentrationen in den Phasen 1 und 2 A 1, A 2... Analyt in Phasen 1 und 2 C2 Im Gleichgewichtsfall ist also das Verhältnis der Analytenkonzentrationen in den beiden Phasen bei konstanter Temperatur eine Konstante. Konzentration: c = m V = Masse des Analyten Volumen, in dem er sich befindet Einheiten: z.b. mg/l, µg/l, alternativ auch Stoffmengenkonz.: z.b. mol/l 11 Grundprinzip Extraktionseffizienz: E org := + m W = Analytmasse in organischer Phase gesamte Analytmasse K = C + V W Würde der Analyt vollständig in einem Schritt in die organische Phase überführt, ergäbe sich E org = 1 bzw. 100%. Da aber ein Verteilungsgleichgewicht besteht, wird eine vollständige Extraktion in einem Schritt kaum erreicht. 12

Grundprinzip Beispiel 1: 100 ml wässrige Probe werden einmal mit 90 ml organischer Phase extrahiert. Der Verteilungskoeffizient des org. Analyten beträgt 50. = 50, d.h. c org : c W = 50:1 Volumen wässrige Phase V W = 100 ml Volumen org. Phase = 90 ml E org := + m W = +V W = 4500 4600 = 97.83% Nach einmaliger Extraktion mit 90 ml Lösungsmittel befinden sich also 97.83% der Analytmasse in der organischen Phase. 13 Was ist effizienter? Extraktion mit: 1x 90 ml? oder 3x 30ml? Frage kann man mit Extraktionsgleichgewicht beantworten. 14

Grundprinzip Beispiel 2: Was geschieht, wenn anstelle von einmaliger Extraktion mit 90 ml org. Lösungsmittel die Probe dreimal mit 30 ml extrahiert wird? Alle anderen Angaben bleiben gleich. 1. Extraktionsschritt: E org := + m W = +V W = 1500 1600 = 93.75% 93.75% der Analytmasse landen in der organischen Phase, 6.25% verbleiben in der wässrigen Phase. Im nächsten Schritt werden wieder 93.75% der verbleibenden 6.25%, also 6.25% 0.9375 = 5.86%, in die organische Phase überführt. E org 1. Schritt 93.75% 2. Schritt 99.61% 3. Schritt 99.98% Vergleich: 1 90 ml: 97.83% 15 Je mehr Extraktionsschritte, desto höher die Effizienz. Oder allgemein: Je mehr Gleichgewichtseinstellungen, desto besser die Trennung. (= wichtig für die Chromatographie) 1. Schritt 93.75% 2. Schritt 99.61% 3. Schritt 99.98% Vergleich: 1 90 ml: 97.83% 16

Von der Extraktion zur Chromatographie Extraktionsapparatur nach Craig (1943) K c org = c org /c w K corga >K corgb aus: http://www.chem.uoa.gr/applets/appletcraig/appl_craig2.html 17 Von der Extraktion zur Chromatographie Die Chromatographie basiert auf einer kontinuierlichen Abfolge von Einstellungen des Verteilungsgleichgewichts von Analyten zwischen zwei nicht mischbaren Phasen. 18

Chromatographie Definition: Chromatographie ist ein physikalisch-chemisches Trennverfahren, bei dem die zu trennenden Substanzen zwischen einer mobilen und einer stationären Phase verteilt werden. Die beiden Phasen sind nicht mischbar und die Trennung beruht auf unterschiedlichen Verteilungskonstanten der verschiedenen Substanzen. Die Technik ist so konzipiert, dass sich das Verteilungsgleichgewicht in einer kontinuierlichen Abfolge mehrmals während des Trennprozesses einstellen kann. 19 Chromatographie-Check Damit eine Technik eine Chromatographie ist, müssen folgende Punkte vorhanden bzw. erfüllt sein: Trenntechnik Zwei nicht mischbare Phasen Eine mobile und eine stationäre Phase Trennung beruht auf der Verteilung von Substanzen zwischen den Phasen Kontinuierliche Abfolge von Gleichgewichtseinstellungen 20

Chromatographie - Säulenmodel Wichtige Begriffe: (Werden im weiteren Verlauf der Vorlesung erklärt) Analyten Eluent Inertsubstanz Lineargeschwindigkeit Chromatogramm Peak Retentionszeit Peakfläche und Peakhöhe Kalibrierung 21