Synergie schafft neue Technologie Automobil-Karosseriebauteile aus Kunststoff sind auf dem Vormarsch Die technische Ausstattung und der Komfort im Automobil-Innenraum wurden in den letzten Jahren nicht zuletzt durch den Einsatz innovativer Kunststoff-Verkleidungsteile erkennbar gesteigert. Auch im Bereich der Karosserie-Auûenteile haben Anwendungen aus Kunststoffen zugenommen. Ein innovatives Beispiel dafuè r ist auf der K2001 zu sehen. Trotzdes verstaèrkten Einsatzes von Kunststoffen im Bereich der Pkw-Auûenteile in der juèngeren Vergangenheit kann von einem Durchbruch noch keine Rede sein [1]. Kunststoffe empfehlen sich durch Gewichtseinsparungen und erweiterte Konzept- und Designfreiheit. Nachteile gegenuèber Metallen bestehen in V der hoèheren thermischen LaÈngenausdehnung, V dem Aufwand bei der Vorbehandlung fuèr die Lackierung und V der Farbabstimmung Colour Matching) mit der en Metallkarosserie. In zunehmendem Maûe uèberzeugen speziell entwickelte Materialien und Verarbeitungsmethoden, die nach und nach die bestehenden Nachteile aufheben. Auf der K2001 wird auf dem Stand von Unternehmen BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen Senoplast Klepsch & Co. GmbH & Co. KG, A-Piesendorf Paul Kiefel GmbH, Freilassing Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH, MuÈnchen Georg Kaufmann AG, CH-Busslingen Max Petek Reinraumtechnik, Radolfzell DAT Automatisierungstechnik GmbH, Pappenheim Dr. Escherich Steuerungstechnik GmbH, MuÈnchen-Dresden Jenoptik, Jena Tabelle 1:Teilnehmer des Gemeinschaftsprojekts Kraus-Maffei ein Projekt zur kompletten Herstellung eines Kofferraumdeckels in Class-A-OberflaÈche vorgefuèhrt, an dem mehrere Unternehmen beteiligt sind Tabelle1). Produktionseinheiten, Verfahren, Materialien Der Kofferraumdeckel Auûenschale einer zweischaligen Bauart) ist in seiner Form weitgehend einem Original-Bauteil nachempfunden Bild 1). Er wird im HinterpraÈge-Verfahren aus glasfaserverstaèrktem Thermoplast mit einer vorgeformten und ins Werkzeug eingelegten Coextrusionsfolie hergestellt. Dieser Folie wird bereits bei der Herstellung eine Schutzschicht auflaminiert, die erst Projektbeteiligung Kunststoffmaterial Folie Thermoformmaschine, Umformwerkzeug Spritzgieûcompounder Spritzgieûwerkzeug Reinraum Roboter OberflaÈchenreinigung der Folie Laserschnitt der Formteilkontur Bild1. HinterpraÈgtes Formteil aus ABS mit coextrudierter Mehrschichtfolie vor dem Konturschnitt nach dem Anbau an den Pkw entfernt werden soll. Die Coextrusionsfolie wird noch beim Hersteller auf das erforderliche Zuschnittmaû gebracht, bevor sie als naèchsten Arbeitsschritt das Vakuum- Thermoformen durchlaèuft. Umformung und Verpackung geschehen bereits unter reinen Umgebungsbedingungen, wie sie sich auch im Arbeitsbereich der Spritzgieûmaschine IMC-Spritzgieûcompounder) und bei der Bereitstellung der magazinierten Folien fuèr den Knickarmroboter finden. Dieser laèsst die OberflaÈche der Folie nochmals abreinigen und legt sie in das Spritzgieûwerkzeug ein. Der Spritzgieûcompounder wird uèber spezielle Dosier-, Verwiege- und FoÈrdereinrichtungen mit dem Rohstoff und dem VerstaÈrkungsstoff beschickt. Da die Teile im HinterpraÈgeverfahren hergestellt werden, muss die Kontur des Formteils nach dem PraÈgevorgang umlaufend von der Folie getrennt werden ± im vorliegenden Fall mit einer Laserschneidanlage. 96 Ó Carl Hanser Verlag, MuÈnchen KU Kunststoffe
Stückkosten [bezogen auf SMC online ] 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 PPE/PA online PUR/RIM online Lackierung/Thermoformen Folie Die maûgeblichen Vorteile dieser glasfaserverstaèrkten und mit einer coextrudierten Mehrschicht-Folie versehenen Thermoplast-Bauteile sind: V hohe Bauteilsteifigkeit; V gutes Crashverhalten auch bei tiefen Temperaturen; V geringe thermische LaÈngenausdehnung; V niedriges Gesamtgewicht; V Class-A-OberflaÈche in LackqualitaÈt aufgrund coextrudierter, massegefaèrbter Folien; V hohe Gestaltungsfreiheit mit Funktionsintegration); V gutes werkstoffliches Recycling; V Herstellkosteneinsparung durch Direktcompoundierung auf dem Spritzgieûcompounder. Die Kostenvorteile gegenuèber anderen Herstellverfahren ergeben sich zum einen aus den deutlich geringeren Rohstoffkosten, die fuèr das Compound auf dem Spritzgieûcompounder erzielt werden, zum anderen durch die Verwendung der coextrudierten Folie, die eine Lackierung uèberfluèssig macht. Die Kostenbetrachtung in Bild 2 beruècksichtigt die Investitionskosten fuèr den Spritzgieûcompounder, das Werkzeug, den Roboter, den Aufwand fuèr erhoèhte Reinheit an den Produktionseinheiten sowie das Thermoformen der Folien und das BesaÈumen der Formteile. SMC online Sonstige Fertigungskosten Personal Bild2. Kostenvergleich von en Kunststoff-Karosseriebauteilen PP/EPDM offline ABS-LGF folienhinterspritzt Anlagenabschreibung Material Alle vorgesehenen Materialien werden dem IMC-Spritzgieûcompounder direkt zugefuèhrt, compoundiert und in derselben WaÈrme zu einem Spritzgussteil verarbeitet. Statt der Einschnecken-Plastifizierung ist ein gleichsinnig drehender Doppelschnecken-Extruder aufgebaut, wie er uèblicherweise fuèr Compoundieraufgaben zum Einsatz kommt. Er ist an eine gravimetrische Dosierstation fuèr die einzelnen Materialkomponenten angebunden, einschlieûlich der steuerungsintegrierten Verwiegeeinrichtung fuèr die Glasrovings, die sicherstellt, dass dem Extruder stets gleiche Gewichtsanteile Glas zugefuèhrt werden. Die Verbindung der beiden Prozesse Spritzgieûen und Extrudieren wurde vor allem dadurch moèglich, dass sich die diskontinuierliche Arbeitsweise des Spritzgieûens und die kontinuierliche Arbeitsweise des Extrudierens aufeinander abstimmen lieûen. FuÈr den Anlagenbediener ergibt sich keine neue Einstellstrategie, da AbhaÈngigkeiten zwischen Extruder und Spritzgieûmaschine automatisiert und in die Steuerungen integriert wurden. Bindeglied zwischen den beiden ungleichen Arbeitsweisen des Extruders und der Spritzgieûmaschine ist ein unabhaèngig arbeitender Schmelze-Zwischenspeicher, der vom Extruder aufgefuèllt wird und auf Anforderung das gespeicherte Volumen in den Spritzzylinder eindosiert Bild 3). Diese Technologie wurde zur Serienreife entwickelt und steht innerhalb der erweiterten Krauss- Maffei MC-Baureihe fuèr SchlieûkraÈfte zwischen 8000 und 54 000kN zur VerfuÈgung [2]. Bild3. IMC-Spritzgieûcompounder, Extruder mit Anfahrventil, Zwischenspeicher und Einspritzzylinder Compoundieren und Spritzgieûen in einem 98
Bild4. ZufuÈhreinrichtung fuèr Endlosfasern in den Doppelschnecken-Extruder Direktcompoundieren senkt Kosten Ein wichtiger verfahrenstechnischer Vorteil ergibt sich daraus, dass die Langfasern dem Compounder stromabwaèrts zugegeben werden, also zu einem Zeitpunkt, an dem bereits Kunststoffschmelze vorliegt. Die Faser kann von der Polymermatrix sofort umhuèllt werden und ohne BeschaÈdigung darin ¹schwimmenª ± lange Fasern bleiben erhalten, was der mechanischen Festigkeit des Bauteils und damit der Steigerung der GebrauchsqualitaÈt sehr zugute kommt Bild 4). Wirtschaftlich betrachtet koènnen die Einsatzstoffe einzeln, nach eigenen Anforderungen spezifiziert, ausgewaèhlt und am Markt getrennt eingekauft werden. So lassen sich auch Materialkombinationen realisieren, die am Markt nicht verfuègbar sind und dem Formteil ein eigenes Erscheinungsprofil verleihen. Der alles entscheidende Vorteil liegt im Kosteneinsparungspotenzial, das bereits ausfuèhrlich in [2] diskutiert wurde. Karosserieteile mit veredelter Oberflåche Mehrschichtfolie als Deckfolie, hinterspritzt mit faserverstaèrktem Material, darf keine Markierungen an der OberflaÈche aufweisen. Abgesehen von der Reinerhaltung der Folie ist diese QualitaÈt nur im HinterpraÈge-Verfahren ohne sichtbare OberflaÈchenabbildungen herstellbar. Durch das Einbringen der Schmelze in das geoèffnete Werkzeug bei niedrigem Einspritzdruck und anschlieûendem VerpraÈgen wird eine gleichmaèûige FuÈll- und Druckverteilung bei geringer Temperaturbelastung der Folie erzielt [3]. Werkstoffkonzept Hauptnachteil von unverstaèrkten Thermoplasten, die im Spritzgieûverfahren verarbeitet werden, ist noch immer die im Vergleich zu Metallen deutlich hoèhere thermische LaÈngenausdehnung. FaserverstaÈrkte Thermoplaste sind demgegenuèber nicht in der erforderlichen QualitaÈt lackierbar. Um die Kosten der Lackierung einzusparen und faserverstaèrkte Thermoplaste als Werkstoffe in dieser Anwendung nutzen zu koènnen, wurde in den letzten Jahren ein entsprechendes Materialkonzept PFM-System, Hersteller: BASF) entwickelt [4]. Dieses besteht aus einer coextrudierten Folie z.b. der Senotop In-Mould-Folie) aus acrylbeschichtetem Acrylnitril-Styrol-Acrylester-Copolymer ASA; Luran S, Hersteller: BASF) und ei-
Bild5. Thermoform- Simulations-Software T-SIM zur Ermittlung der WerkzeugauslaÈufe und Formteil-Wanddicke nem darauf abgestimmten Hinterspritzwerkstoff auf Basis von Styrol-Copolymeren oder deren Blends [1, 2]. Bei einem Einsatztemperaturbereich zwischen ±40 C und 90 C besteht die wirtschaftlichste LoÈsung in der Verwendung von ABS Terluran, Hersteller: BASF) als Hinterspritzmaterial. Wird dieses Material mit Glasfasern verstaèrkt, bleibt die thermische LaÈngenausdehnung gering je nach Glasgehalt zwischen 35 und 50 10 ±6 1 / K ) bei einer gleichzeitig mit der GlasfaserlaÈnge zunehmenden ZaÈhigkeit und guènstigem Bruchverhalten. Auch bei tiefen Temperaturen werden im Schadensfall auftretende Risse durch lange Glasfasern gestoppt und dadurch ein in weiten Bereichen splitterfreies Bruchverhalten erreicht. Das amorphe ABS bietet den Vorteil, dass sich die Glasfasern auf der HochglanzoberflaÈche nicht abzeichnen, wie das bei teilkristallinen Werkstoffen z.b. bei Polypropylen) der Fall ist. Bei hoèheren Anforderungen an die WaÈrmeformbestaÈndigkeit kann auch ABS/PA- Blend oder PBT/ASA-Blend Terblend N, Ultradur S, Hersteller: BASF) als Matrixmaterial zum Einsatz kommen. Die entscheidende Frage besteht nun darin: Wie koènnen kostenguènstig moèglichst lange Fasern in den Matrixwerkstoff eingearbeitet werden? Aus KostengruÈnden scheidet der Weg uèber so genannte StaÈbchengranulate aus. In Zusammenarbeit der BASF, Ludwigshafen mit der Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH, MuÈnchen, wurde der dort entwickelte IMC-Spritzgieûcompounder an diese Verfahrensaufgabe angepasst. Neben der schonenden Fasereinarbeitung und der guènstigen Kostenstruktur besticht diese LoÈsung durch die MoÈglichkeit, ProduktionsabfaÈlle wieder Bild6. Kiefel Thermoformanlage, Typ KL, mit Reinraumkabine als Mahlgut in das Hinterspritzmaterial einzuarbeiten. Vor dem Hintergrund der EU-Richtlinie zur ¹Altautoverordnungª, die sehr hohe werkstoffliche Recyclingquoten fordert, ist dieser Aspekt von zunehmender Bedeutung. Andere Werkstoffgruppen lassen eine Vermischung nur bedingt zu. Folienwerkstoffe und das Hinterspritzmaterial muèssen aus der Werkstoffgruppe der Styrolcopolymere stammen, die untereinander hervorragend mischbar sind [5]. Selbst geringe Anteile des Foliendeckschichtmaterials Polymethylmethacrylat PMMA) beeintraèchtigen die Rezyklateigenschaften nicht, der hochwertige und steife FolientraÈgerwerkstoff ASA fuèhrt sogar zu einer leichten ErhoÈhung der gemessenen Kennwerte Tabelle2). Bei der Herstellung eines groûflaèchigen Karosseriebauteils mit bis zu 50 % Rezyklat wurde keine VeraÈnderung der Dimensionen und des Verzugs beobachtet. Der Einspritzdruck stieg, durch die hochviskose Extrusionsware, nur geringfuègig um ca. 13 % an. Thermoform-Technologie der Lackfolie Neuware ABS-LGF15 als Hinterspritzmaterial 50 % Folienmaterial mit ABS vermischt, Glasgehalt 15 % Um eine Class-A-OberflaÈche zu erzielen, darf die spaètere Sichtseite der Folie keinen Werkzeugkontakt haben. Es muss deshalb positiv geformt werden. Die oberste Schicht der Lackfolie PMMA klar) dient u. a. als Kratzschutz und ist dementsprechend hart, aber auch sproède. Daraus resultiert, dass die Folie nur sehr geringe mechanische KraÈfte aufnehmen kann. Damit die Folie durch die beim Hinterspritzen auftretenden KraÈfte nicht zerstoèrt wird, ist auf eine sehr ge- SchlagzaÈhigkeit ISO 179/1fU [kj/m 2 ] SchlagzaÈhigkeit ISO 179/1fU bei ±20 C [kj/m 2 ] E-Modul ISO 527 Zugversuch [N/mm 2 ] Bruchspannung ISO 527 [N/mm 2 ] 20,0 22,6 3240 51 3,1 28,4 24,1 3400 56 3,5 Tabelle 2. Eigenschaften des Verbundes mit und ohne Rezyklat im Vergleich Bruchdehnung ISO 527 [%] 100
Bild7. Schlieûeinheit der Spritzgieûmaschine mit verfahrbarer GeblaÈse-Filter-Einheit, angebunden an einen Reinraum naue Passung zwischen der vorgeformten Folie und dem Spritzgieûwerkzeug zu achten. Anhand der Berechnungsergebnisse mit der Thermoform-Simulations-Software T-SIM wurden die AuslaÈufe des Werkzeugs festgelegt und dabei bereits eine partielle Faltenbildung erkannt Bild5). Die Passgenauigkeit der Folie erfordert hohe Beachtung bei der Werkzeugauslegung und der Temperatur waèhrend der Folienumformung, um eine definierte Schwindung sicherzustellen. FederfuÈhrend sind in jedem Fall die Abmessungen Konturen) des Spritzgieûwerkzeugs bei Verarbeitungstemperatur. Das Nennmaû fuèr die thermische Schwindung bei Folien ist nur in der Ebene guèltig. FuÈr die vorliegende, stark dreidimensionale Kontur des Bauteils gilt dieses Schwundmaû nicht, so dass der Schwund in der dritten Dimension durch Formversuche mit angenaèherter Originalkontur durchgefuèhrt wurde. Anhand der Ergebnisse lieû sich das 3D- Schwundmaû genau ermitteln und damit das Werkzeug fertigen. Es folgten manuelle Anpassungsschritte und ein Polieren der OberflaÈche. Der Grobbeschnitt des Folien-Vorformlings wird mit einem Zackenbandstahlmesser durchgefuèhrt. Die Umformung der Folie aus Plattenware zu einem Vorformling geschah auf einer Laboranlage Typ: Kiefel KL100/200, Bild6). Reinraumtechnik fçr hochwertige Oberflåchen Class-A-OberflaÈchen sind fuèr Karosserie- Auûenteile die Grundvoraussetzung fuèr die Akzeptanz neuer Materialien. Um bei der Umformung der Folien kontrollierte Bedingungen zu schaffen, wurde vor der Tiefziehanlage ein reiner Raum installiert, der den Umformbereich mit hoher Reinluftmenge horizontal durchstroèmt. Auch die Formteilproduktion findet unter reinen Bedingungen statt. Seitlich und uèber dem IMC-Spritzgieûcompounder sind geschlossene RaÈume installiert, die als technischer Reinraum eingestuft werden. Dieser Raum ist unterteilt in den Bereich fuèr das Einschleusen der Folien und das Ausschleusen der Formteile, den Bereich fuèr den Knickarm-Roboter und den Werkzeugbereich des IMC-Spritzgieûcompounders. Aus SicherheitsgruÈnden muss der Raum, in dem der Roboter hantiert, vom Schleusenraum, in dem sich zeitweise ein Mitarbeiter aufhaèlt, abgetrennt sein. In diesem Schleusenraum werden die vorgeformten Folien manuell ausgepackt und in ein auf Schienen gefuèhrtes Magazin eingelegt. Von dort gelangen sie in den Reinraum und werden in definierter Lage dem Knickarm-Roboter angeboten. FuÈr das Ein- und Ausschleusen des Ma-
gazins und der ebenfalls schienengefuèhrten Palette sind automatische SchiebetuÈren mit Sicherheitsverriegelungen vorgesehen. Auf der Decke des Reinraums sind GeblaÈse-Filter-Einheiten kurzffu genannt) aufgesetzt. Die hohe Luftwechselrate stellt sicher, dass der Raum laminar Bild8. Einlegen des Folien-Vorformlings und Entnehmen des Fertigteils aus dem Tauchkanten-Spritzgieûwerkzeug von oben nach unten mit Reinluft durchstroèmt wird. IonisationsstaÈbe unterhalb der Reinraumdecke erzeugen ionisierte LuftmolekuÈle, die die statisch aufgeladenen OberflaÈchen neutralisieren. Auch die Folie wird beidseitig oberflaèchennah mit ionisierter Luft beaufschlagt: Aufladungen werden neutralisiert, anhaftende Partikel abgeloèst und im Luftstrom abgesaugt. Der Bereich oberhalb der Schlieûeinheit des IMC-Spritzgieûcompounders ist abgedeckt und bildet zusammen mit der Rundum-Verkleidung eine weitere abgeschlossene Raumeinheit Bild 7). In die Deckenkonstruktion sind weitere FFUs eingesetzt, die den gesamten Werkzeugeinbauraum mit gereinigter Luft durchstroèmen lassen. Zum Ein- oder Ausbau des Werkzeugs kann der Deckenrahmen in Richtung des Auswerferraums zuruèckgefahren werden. Werkzeug fçr das Hinterspritzen Die seit Jahren auf die Entwicklung und Fertigung von Werkzeugen fuèr die Hinterspritztechnik spezialisierte Georg Kaufmann AG Formen- und Modellbau, Busslingen/Schweiz, hat fuèr die Heckklappen-Auûenschale ein Tauchkantenwerkzeug konzipiert. Es ist mit fuènf Anschnitten ausgestattet, die uèber ein Heiûkanalsystem versorgt werden. Das Werkzeug weist aus technischen und funktionellen GruÈnden einige Besonderheiten auf. Die vorgeformte Folie wird in der KavitaÈt mit Vakuum und am Rand mit Kniehebel-Spannelementen einwandfrei gehalten, damit beim Einspritzen keine Schiebebewegungen zwischen der Folie und der hochglanzpolierten Werkzeugwand auftreten Bild 8). Es besitzt eine anspruchsvolle KuÈhlung, die verzugsfreie Teile ergibt und der isolierenden Wirkung der Folie Rechnung traègt. Wegen der hohen optischen Anforderungen an die Sichtseite sind die hydraulisch betaètigten Auswerfer in der festen WerkzeughaÈlfte, d. h. einspritzseitig, untergebracht. Das Tauchkantenwerkzeug eignet sich fuèr das Hinterspritzen ± also fuèr das Einspritzen in das geschlossene Werkzeug ± ebenso wie fuèr das HinterpraÈgen im Quellfluss. Zusammen mit der etwa 1 mm dicken Folie betraègt die Gesamtdicke der Heckklappe rund 3 mm. Gelenkarmroboter in der Reinraumtechnik Gelenkarmroboter haben sich in der vollautomatisierten Fertigungstechnik ihren festen Platzgesichert. Das beweist ihr unverzichtbarer Einsatz fuèr Groûbauteile in der Automobilbranche ebenso wie fuèr Kleinstteile in der Elektronikbranche. In diesem Fall gewaèhrleistet der Roboter die gleichfoèrmige Aushebebewegung der gestapelten Mehrschichtfolie aus dem Magazin und ebenso das gleichmaèûige Durchfahren des Ionisierbereichs in der OberflaÈchen-Reinigungsstation. Die umgeformte Mehrschichtfolie wird positioniergenau im Spritzgieûwerkzeug platziert und das fertige Teil konturgerecht entformt. Anschlieûend werden die Formteile auf Paletten gestapelt. Ausblick Das dargestellte Projekt belegt, dass auch aus sehr unterschiedlichen Verarbeitungsverfahren sinnvolle Synergien entstehen koènnen, die zu technisch wie wirtschaftlich attraktiven LoÈsungen und damit zu neuartigen Produktionstechnologien fuèhren koènnen. Es liegt eine Technologie vor, die durch die ZusammenfuÈhrung der Verfahren Folienextrusion, Thermoformen, Compoundieren und Spritzgieûen entstand und sich als besonders geeignet fuèr die Herstellung von hochbelastbaren Formteilen mit einer Class-A-OberflaÈche praèsentiert. Literatur 1 BuÈrkle, E.: Karosserieteile sind das zukuènftige Anwendungsgebiet neuer Fasertechnologien. Was leistet dazu der Maschinenbau? Plastic Car Bodies, Today and Tomorrow, 4th European Automobile Conference, Bad Nauheim 11./12.06.2001 2 Jensen, R.: Synergien intelligent genutzt. Kunststoffe 91 2001) 9, S. 40 3 Mitzler, J.: Hinterspritzen, HinterpraÈgen und Hinterpressen im Automobilbau. Kunststoffe-Seminar Wiesbaden 15./16.11.2000 4 Grefenstein, A.: Folienhinterspritzen statt Lackieren ± Eine neue Technik fuèr Karosseriebauteile aus Kunststoff. MO 53 1999), S. 34 5 Grefenstein, A.; GoÈrrissen, H.: Styrol-Copolymere fuèr Karosserie- und Anbauteile. Vortrag auf der Fachtagung ¹Die Kunststoffkarosserieª des SuÈddeutschen Kunststoff-Zentrums SKZ), WuÈrzburg 8./9.11.2000 Die Autoren dieses Beitrags Dipl.-Ing. FH) Reiner Jensen, geb. 1940, ist Leiter Produktmarketing im Produktmanagement Spritzgieûmaschinen bei der Krauss-Maffei Kunststofftechnik GmbH, MuÈnchen. Dipl.-Ing. FH) Jochen Mitzler, geb. 1973, ist im Bereich Anwendungstechnische Entwicklung von Spritzgieûmaschinen bei der Krauss- Maffei Kunststofftechnik GmbH, MuÈnchen, taètig. Privatdozent Dr.-Ing. Achim Grefenstein, geb. 1965, ist im Bereich Marketing ¹Specialty Polymersª fuèr das Projektmanagement Folienhinterspritz-Technologie PFM-System bei der BASF AG, Ludwigshafen, verantwortlich. Dipl.-Ing. FH) Rupert Gschwendtner, geb. 1973, ist Leiter der Forschung & Entwicklung Anwendungstechnik bei der Paul Kiefel GmbH, Freilassing. Dipl.-Ing. FH) Martin Jungbluth, geb. 1968, ist als Leiter Projektierung/Engineering bei der Max Petek Reinraumtechnik, Radolfzell, taètig. Georg Kaufmann, geb. 1944, ist GruÈnder und GeschaÈftsfuÈhrer der Georg Kaufmann AG Formen und Werkzeugbau, Busslingen/Schweiz. Betriebswirt und Maschinenbautechniker RuÈdiger Sonntag, geb. 1968, ist Leiter Vertrieb und Technik bei der DAT Automatisierungstechnik GmbH, Pappenheim. 102