Naturfasern als Verstärkungsmaterial in Spritzgussteilen
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- Stefan Ackermann
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1 1 Referenten: Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Andreas Marek Fachbereich Produktions- und Verfahrenstechnik Fachhochschule BS/WF Standort Wolfsburg Prof. Dr. Hartmut Widdecke Fachbereich Produktions- und Verfahrenstechnik Fachhochschule BS/WF Standort Wolfsburg 1 Einleitung Spritzgießen von faserverstärkten Materialien ist ein bewährtes Verfahren. Glas- und Kohlefasern sind gebräuchliche Komponenten in diesem Bereich. Naturfasern bilden eine gute Ergänzung zu diesen hochfesten Fasern. Sie bieten nicht nur aus ökologischer Sicht eine interessante Alternative. Aufgrund der geringeren Dichte und Abrasivität bei der Verarbeitung sowie ihren Brucheigenschaften haben sie auch technologische Vorteile. In einem eigenen Projekt wurden Naturfaserverbundwerkstoffe für Spritzgießanwendungen untersucht, um so das Potential dieser Werkstoffe einschätzen zu können. Dabei standen neben den Verarbeitungseigenschaften auch deren Werkstoffprofile im Vordergrund 2 Herstellung der Fasercompounds Am Markt sind erst wenige naturfaserverstärkte Werkstoffe für den Spritzgießprozeß zu finden. Die wenigen Anbieter verwenden neben den unterschiedlichen Fasern meist einen herkömmlichen Kunststoff wie z. B. Polypropylen. Faserverstärkte Granulate können auf unterschiedliche Weise hergestellt werden. Es muß dabei zwischen Kurz- (0,1-1mm) und Langfaserverstärkung (bis ca. 6mm, maximal 10mm) unterschieden werden. Die Fasern können dabei geschnitten oder als Stränge einem Extruder zugeführt werden. Das Verfahren wurde u.a. von Höck untersucht [1]. Die Fasern werden dabei in einen Gleichdrall-Doppelschneckenextruder als Rovings (Faserstränge) eingebracht. Dabei traten Probleme mit Faseragglomeraten auf. Daneben gibt es andere Verfahren wie das Verpressen von Kurzfasern mit Thermoplastpulver, der Einsatz von Matrizenpressen oder die Nutzung eines Heiz-Kühl- Mischers, wobei das Kunststoffpulver durch die Friktion beim Mischvorgang an der O- berfläche anschmilzt, sich mit den Fasern verbindet und teilweise agglomeriert [2]. Langfaser-Granulat wird u.a. im Schmelzpultrusionsverfahren hergestellt. Problematisch ist bei Anwendung dieses Verfahrens auf Naturfasern die Notwendigkeit einer hohen Zugfestigkeit des Halbzeugstranges, die ohne eine weitere Aufbereitung der Fasern zu Bändern und Garnen nicht gegeben ist. Diese textile Bearbeitung ist aufwendig und verhindert eine wirtschaftliche Herstellung des Granulates [3].
2 2 Das Thüringische Institut für Textil- & Kunststoff-Forschung entwickelte ein weiteres Verfahren. Polypropylen-Fäden werden hierbei mit Naturfasersträngen zu Rovings verarbeitet, erhitzt und granuliert [3]. 3 Eingesetzte Fasercompounds Im Rahmen dieses Projektes sind sechs verschiedene Materialien untersucht wurden. Die Einzelheiten zu den Werkstoffen sind der Tabelle 1 zu entnehmen. Tabelle 1: Untersuchte Verbundwerkstoffe Materialbezeichnung Matrix Naturfaser Fasergehalt Hersteller Extern 1 PP Flachs 30 Extern Extern 2 PP Hanf 30 Extern SiPP 20 PP Sisal 20 IfR MiPP 20 PP Miscanthus 20 IfR MiPLA 20 PLA Miscanthus 20 IfR SiCA 20 CA Sisal 20 IfR Die selbstentwickelten Compounds sind auf einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder der Fa Leistritz vom Typ ZSE 40 GL-32D generiert worden. Der Eintrag der geschnittenen Fasern und des Granulates erfolgte über gravimetrische Dosiereinheiten der Fa. K-tron vom Typ K2MLT20 und K2G-L. 3.1 Werkstoffeigenschaften Die untersuchten Verbundwerkstoffe wurden auf einer Spritzgußmaschine der Fa. Arburg vom Typ Allrounder 420 C zu Probekörpern nach CAMPUS-Norm verarbeitet. Anschließend wurden ausgewählte Eigenschaften ermittelt. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt zur besseren Übersicht in Form von Tabellen. Alle Probekörper sind unmittelbar vor der Prüfung min 16 Stunden bei 23 C und 50 % rel. Feuchte gelagert worden Extern 1 Das Material zeigte die in der Tabelle 2 angegebenen Eigenschaften. Der Fasergehalt diese PP-Flachs-Compounds liegt bei 30 %. Tabelle 2: Eigenschaften des Materials Extern 1 Zugfestigkeit MPa 35,1 Zug-E-Modul MPa 4181,7 Biegefestigkeit N/mm² 51,3 Biege-E-Modul N/mm² 3805,9 Schlagzähigkleit nach Charpy KJ/m² 15,0 _
3 Extern 2 Hierbei handelt es sich um einen PP-Hanf-Compound. Untersuchungen an dem bereitgestellten Material zeigten die in der Tabelle 3 dargestellten Ergebnisse. Tabelle 3: Eigenschaften des Materials Extern 2 Zugfestigkeit MPa 40,1 Zug-E-Modul MPa 1601,8 Biegefestigkeit N/mm² 56,9 Biege-E-Modul N/mm² 2393,7 Schlagzähigkleit nach Charpy KJ/m² 25, SiPP 20 Als Ausgangsmaterial ist ein Polypropylen für Spritzgießanwendungen ausgewählt worden. Die Sisalfasern lagen in geschnittener Form vor. Die Messergebnisse sind der Tabelle 4 zu entnehmen. Tabelle 4: Eigenschaften des SIPP 20 Zugfestigkeit MPa 32,81 Zug-E-Modul MPa 2823,34 Biegefestigkeit N/mm² 43,6 Biege-E-Modul N/mm² 1909,33 Schlagzähigkeit nach Charpy KJ/m² 20, MiPP 20 Als Alternative zu den Sisalfasern ist Miscanthus untersucht worden. Es war ebenfalls geschnitten, weist aber eine bessere Dosierbarkeit auf als die Sisalfasern. Tabelle 5 zeigt die einen Auszug der Eigenschaften des Materials. Tabelle 5: Eigenschaften des MiPP 20 Zugfestigkeit MPa 28,90 Zug-E-Modul MPa 2468,32 Biegefestigkeit N/mm² 48 Biege-E-Modul N/mm² 2088,25 Schlagzähigkeit nach Charpy KJ/m² 11,3
4 MiPLA 20 Um parallel zu den klassischen Matrixwerkstoffen auch einen komplett biologisch abbaubaren Verbundwerkstoff generieren zu können, wird ein geeigneter abbaubarer Kunststoff benötigt. Untersuchungen am IfR [4] zeigen u.a. Polymilchsäure (PLA) als mögliche Alternative zu den Massenkunstoffen. In der Tabelle 6 werden die Eigenschaften dieses Naturfaserverbundes angegeben. Tabelle 6: Eigenschaften des MiPLA 20 Zugfestigkeit MPa 51,04 Zug-E-Modul MPa 4222,5 Biegefestigkeit N/mm² 83,1 Biege-E-Modul N/mm² 3830,75 Schlagzähigkeit nach Charpy KJ/m² 7, SiCA 20 Neben PLA ist auch Celluloseacetat (CA) ein möglicher Alternativwerkstoff für ein Biocompound. Die Tabelle 7 zeigt einen Auszug der mechanischen Eigenschaften dieses Werkstoffes. Tabelle 7: Eigenschaften des SiCA 20 Zugfestigkeit MPa 54,5 Zug-E-Modul MPa 4079,82 Biegefestigkeit N/mm² 59,3 Biege-E-Modul N/mm² 2881,91 Schlagzähigkeit nach Charpy KJ/m² 23,2 4 Zusammenfassung Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Naturfasern eine durchaus sinnvolle Alternative zu den bestehenden Fasersystemen sein können. Obwohl die Herstellung der Faserverbundwerkstoffe stark von der Konfiguration der Fasern abhängig ist, ist die Verarbeitung beim Spritzgießen problemlos. Auch die Eigenschaften der geprüften Compounds sind beachtlich (vgl. Abbildung 1). Sie können durchaus mit anderen am Markt befindlichen klassischen Werkstoffen konkurrieren. So wird die Zugfestigkeit von 20 % glasfaserverstärktem PP mit 30 MPa und das Zug-E-Modul mit ca MPa angegeben [5]. Diese Werte werden durchaus von den naturfaserverstärkten Werkstoffen erreicht bzw. übertroffen. _
5 SiCA 20 MiPLA 20 MiPP 20 SiPP 20 Extern 2 Extern 1 Zugfestigkeit MPa Zug-E-Modul MPa Biegefestigkeit N/mm² Biege-E-Modul N/mm² Schlagzähigkeit kj/m² Abb. 1: Vergleich der mechanischen Eigenschaften 5 Literaturverzeichnis [1] Höck, P.: Verstärkung von Polypropylen durch Flachsfasern auf Gleichdralldoppelschneckenextrudern, Dissertation an der RWTH Aachen, 1994 [2] Schäfer, D.: Kurznaturfaserverstärkte Kunststoffe im Kfz-Innenbereich -Aufbereitung und Verarbeitung-, 2. int. Symposium Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, 1./ [3] Reußmann, T.; Mieck, K.-P.: Verfahrensentwicklung zur Herstellung von Langfasergranulat aus Stapelfasermischungen, 2. int. Symposium Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, 1./ [4] Raschke, M.; Marek, A.; Otten, A.; Widdecke H.: Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen Ein Vergleich; Tagungsband Narossa Int. Fachkongress für nachwachsende Rohstoffe; Juni 2000 [5] Carlowitz, B.: Kunststoff-Tabellen; 4. Auflage; Hanser Verlag 1995, München Die Autoren bedanken sich beim Ministerium für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen (MWK) / Arbeitsgruppe Innovative Projekte (AGIP) für die finanzielle Unterstützung.
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