Licht und Farbe. Markus Poltermann. Die neue Kirche St. Johannes in Anrath

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Transkript:

Markus Poltermann Licht und Farbe Die neue Kirche St. Johannes in Anrath Seit Mitte des Jahres hat unsere Pfarrkirche St. Johannes wieder Farbe. Es war eine Veränderung, die einerseits ganz langsam vor sich ging. Andererseits viel früher beendet war, als die Beteiligten anfangs dachten. Ursprünglich war geplant, die Arbeiten für den Innenanstrich bis Advent 2013 beendet zu haben. Eines aber ist nicht zu übersehen, die Kirche ist heller! Die allmähliche Veränderung unserer Kirche war über knapp ein Jahr zu beobachten. Sie begann im südlichen Seitenschiff. Setze sich fort im nördlichen Seitenschiff. Und fand ihren Abschluss mit der Turmkapelle (alte Orgelbühne), dem Hauptschiff und dem Hochchor. Wir danken es dem Einfallsreichtum und dem Engagement der Firma Poscher, unserem Kirchbauverein und dem Bauausschuss des Kirchenvorstandes, dass die Gottesdienste während der Arbeiten weiter gefeiert wurden. Innenanstrich mittels einer Hebebühne war besonders für das Bistums Aachen Neuland. Diese Innovation bedeutete zwar, dass sich der Innenraum der Kirche fast wöchentlich veränderte, weil die Bänke anders standen. Aber für alle war schnell ersichtlich, welche Vorteile sich daraus ergaben: fast kein Schmutz in der Kirche zumindest keiner, der sofort ins Auge fiel; flexible Gestaltung des Arbeitsfortschrittes; aber vor allem Kostenreduzierung. Denn ein Gerüst hätte die Kosten mindestens verdoppelt, wenn nicht verdreifacht. Sieht man einmal davon ab, dass jetzt noch zwei Fenster auf der Südseite der Kirche restauriert und mit Schutzglas versehen werden müssen, ist die Sicherung und die farbliche Gestaltung unserer Kirche im Innern (fast) abgeschlossen. Wegmarken Bis dahin war es ein langer und nicht immer einfacher Weg. Zunächst unterstützt von den Freunden der Anrather Kirche hatte der Kirchenvorstand vor ungefähr zwei Jahrzehnten begonnen, für den Erhalt und den Schutz der Fenster zu sorgen. Diese Arbeiten waren in einzelnen Abschnitten auch während des letzten Jahrzehnts immer wieder raumprägend. Das Jubiläum 1000 Jahre Anrath beschleunigte die Arbeiten. Dazu trug auch die Gründung des Kirchbauvereins bei, der die einzelnen Maßnahmen in den letzten Jahren in sehr großem Umfang finanziell unterstützt hat. Trotzdem gelang es uns nicht, unsere Kirche schon im Jahr 2010 so erstrahlen zu lassen, wie sie es jetzt tut. Dazu hat sicher auch beigetragen, dass der Hinweis, die Kirche braucht Farbe, der zur Jahreswende 2004/2005 ins Spiel gebracht wurde, ganz unterschiedliche Reaktionen hervorrief. Die Spannbreite der Antworten darauf reichte damals sinngemäß von: wir kriegen eine bunte Kirche, bis: lieber in Menschen als in Steine investieren. Als dann sicher war, dass die alte Taufkapelle komplett saniert, repariert und restauriert werden sollte und konnte, haben sich Kirchbauverein und Bauausschuss des Kirchenvorstandes dazu entschlossen, der Gemeinde in der alten Taufkapelle eine Entwurfsfassung für die Innengestaltung vorzustellen, die mit der Denkmalbehörde abgesprochen war. Sofern diese nicht auf Widerspruch stieße, sollte die ganze Kirche innen so gestaltet werden.

Für die Taufkapelle wurde folgendes Farbprogramm entwickelt: Wand und Gewölbeflächen weiß, Fenstergesimms, Gewölberippen und Maßwerk grau (für die Gewölberippen und das Maßwerk in den Fenstern bedeutete das Reinigung bzw. Übermalung alter Farbfassungen etwa im Anschluss an die Schlusssteine des Gewölbes), Stirnflächen der Gewölberippen und Blattschmuck der Kapitelle sowie der Schlusssteine gold, Hintergrund der Schlusssteine und der Kapitelle rot (wobei dieser Farbton aus den ältesten Farbschichten in den Kapitellen abgelesen wurde), roter beidseitiger Begleitstich an den Gewölberippen und über dem rahmenden Maßwerk der Fenster. für die Halbsäulen der Gewölbedienste den Rot Braun Ton, der dem natürlichen Farbton der Steine entspricht, mit denen die Pfeiler im Hauptschiff gebaut wurden, umlaufendes Band in den Fensterdiensten und Gewölbediensten (Kapitelle) blau, abschließendes Band in den Kapitellen und Schlusssteinen (jeweils oben) rot. Darüber hinaus wurde der Altar in der Taufkapelle wieder entfernt, neue Lampen und Strahler installiert, die Inneneinrichtung auf wenige Kniebänke und eine Sitzbank reduziert und zwei neue Würfel in den Raum gestellt, die für Opferlichter zur Verfügung stehen und dem Raumprogramm angepasst wurden. Wissend, dass die Taufkapelle über viele Jahre als Kreuzwegkapelle genutzt wurde, wurde dieser am Ort belassen. Trotzdem wurde der Kapelle ein neuer Inhalt gegeben. Denn die Marienikone die bis dahin unter dem ersten Gewölbedienst des Nordschiffs hing, wurde nun in die Apsis der Taufkapelle gebracht. Als diese neue Kapelle am 1. Advent 2009 zum ersten Mal wieder vollständig zur Verfügung stand, war das ein voller Erfolg. In der Turmhalle noch Gespräche in Zimmerlautstärke. Aber die nur von Kerzen erleuchtete Taufkapelle sorgte für Stille, Andacht und wurde dadurch zu einem Ort des Gebets. Und das ohne dafür irgendeinen Hinweis geben zu müssen! Wenn dann Kirche oder Marienkapelle wieder verlassen wurde, waren Sätze zu hören wie: Mensch, ist das schön! Auch wenn es in den letzten Jahren einmal zu leichten Beschädigungen in der Kapelle kam was dieser Raum den Menschen in Anrath bedeutet, ist daran abzulesen, dass er immer noch in dem Zustand ist, den er seit 2009 hat! Es konnte gar nicht überraschen, dass gerade der Kontrast neue Marienkapelle / graue bzw. dunkle Kirche die Frage aufbrachte, wann denn die ganze Kirche so aussieht. Deshalb wurde beschlossen, den Innenanstrich der Kirche vorzuziehen also nicht auf die Maßnahme um die letzten beiden Fenster zu warten. Dazu hat sicher auch beigetragen, dass die Mitglieder des Kirchbauvereins sich auf ihren Jahreshauptversammlungen 2011 und 2012 eindeutig für diese Reihenfolge ausgesprochen hatten. Nach der Genehmigung durch das Bistum und der Rückversicherung bei der Denkmalbehörde, den Anstrich der Kirche gemäß der Zusage im Jahr 2009 zu gestalten, konnten die Arbeiten in der zweiten Jahreshälfte 2012 beginnen. Das Farbprogramm der Marienkapelle wurde beibehalten, bzw. ergänzt: das Umlaufende Band in den Fenstergesimsen ist nun auch im Hochchor blau, nur die tatsächlichen Gewölberippen erhalten einen beidseitigen roten Begleitstrich, die Gurtbögen zwischen den Säulen werden farblich abgesetzt (dunkleres Weiß), das Maßwerk an der Orgelbühne wird den Säulen angepasst, Wandflächen der Orgelbühne und Innenflächen des Maßwerks dort werden in einem leicht

abgedunkelten Weiß gestaltet, Die vier Engelfiguren werden farblich gefasst d.h.: Orgelbühne weiß, Gewölbedienste Querschiff bunt. Dadurch ist eine in der ganzen Kirche durchgehaltene so genannte architektur unterstützende Farbfassung entstanden. Von den Engeln abgesehen gibt es keine Abweichung. Daraus ergibt sich eine gewisse Strenge. Gleichzeitig wird der Raumeindruck insgesamt aufgelockert, weil die Ausmalung das unterstützt, was heute im Raum architektonisch zu sehen ist. Außerdem ist die Kirche durch die weißen Wand und Gewölbeflächen optisch höher und breiter geworden. Und das Himmelstrebende neugotischer Architektur kommt wieder zum Vorschein. Aber damit ist die neue Kirche nicht einmal ansatzweise beschrieben! Kleine Feinheiten gebauter Glaube Als erstes fallen die vielen Details auf, die nun wieder sichtbar sind. Nicht nur Kapitelle in den Säulen und Gewölbediensten, nicht nur Schlusssteine im Gewölbe, sondern Blattwerk auf allen Kapitellen und auf fast allen Schlusssteinen. Und kein Blattmotiv wiederholt sich! Auf einzelnen Kapitellen finden sich so zum Beispiel Eichenblätter. Aber auf dem einen mit Stil, auf anderen ohne. Mit anderen Blattformen kombiniert. Wiederum mit Blattstilen oder ohne, usw. Säulen, die den Blick gen Himmel leiten. Und auch wenn dieser Himmel nicht gemalt ist symbolisch ist er vorhanden. Das Blattwerk in den Kapitellen und in den Schlusssteinen ist der symbolische Hinweis darauf, dass über uns das Paradies ist selbst eines der alten Symbole für den Himmel. Die Säulen selbst mit ihren Kapitellen und den sich je anschließenden Gewölberippen erwecken den Eindruck in diesem Paradies unter Bäumen zu sitzen. Das Paradies, der Himmel nicht nur über uns, sondern wir schon hier auf Erden mittendrin unter den Bäumen, immer dann, wenn wir in unserem Gott geweihten Raum sind. Gleichzeitig erhalten wir dadurch ein wenig Ahnung davon, was es heißt in einer Kathedrale zu sein: wir sind, besser, wir werden erhoben! Und das ist nur ein Teil des gebauten Glaubens! Wer sich an die vordere Ecke des Eine Welt Schrankes stellt, oder an die hintere Tür dieses Schrankes, oder etwa einen Meter links neben die vorderste Tür des Schrankes, der kann etwas Verblüffendes sehen. Dazu muss der Blick nur in Richtung des Johannesaltares ins Gewölbe hinein gehen. Dann entsteht der Eindruck, dass das Gewölbe der Kirche nicht mehr endet! Das ist sozusagen gebaute Ewigkeit. Subtil wird diese gebaute Ewigkeit auch an den Gewölberippen deutlich: die mit Gold belegten Stirnflächen der Gewölberippen ergeben zusammen etwa eine Strecke von einem halben Kilometer. Die Begleitstriche rechts und links der Gewölberippen gemeinsam mit allen weiteren Begleitstrichen in der Taufkapelle etwas mehr als einen Kilometer. Insgesamt also mehr als 1 ½ Kilometer Linien im Gewölbe und an den Wänden. Wird das umlaufende blaue Band mit hinzugerechnet sind es fast zwei Kilometer. Zwar keine ewig lange Strecke, aber mindestens eine ganz kleine Ewigkeit. Lassen sie doch einfach mal ihre Augen an allen Linien entlangfahren und stoppen sie die Zeit, die sie dafür brauchen. Sie werden überrascht sein, selbst wenn sie sich beeilen! Aus dem Symbolprogramm Blattwerk fallen vier Schlusssteine heraus. Sie verweisen symbolisch auf Inhalte des Glaubens bzw. auf Wirkungen des Glaubens: Der Schlussstein in der Apsis des Hochchores zeigt als Motiv Weizenähren und Weizenhalme, sowie Weinblätter und Weintrauben. Unter diesem Schlussstein stand früher der Hochaltar, an dem die

Messe zelebriert wurde. Einerseits zeigt der Schlussstein, was unter ihm geschieht aus Brot und Wein werden Leib und Blut Jesu Christi. Da er aber im Gewölbe, also im Himmel ist, weist er andererseits darauf hin, dass die irdische und himmlische Liturgie zusammen gefeiert werden. In der Vierung unserer Kirche da wo Querschiff und Hauptschiff sich treffen, in der jetzigen Kirche über dem heutigen Zelebrationsaltar zeigt der Schlussstein einen Hund. Dieses Motiv wiederholt sich in dem halben Schlussstein, der die Apsis über dem Johannesaltar sichert. Das mag auf den ersten Blick verwundern. Macht man sich aber deutlich, dass eine der wichtigsten Eigenschaften von Hunden die Treue ist, insbesondere die Treue bis in den Tod, dann ist augenfällig, warum das Symbol des Hundes in diese beiden Schlusssteine gesetzt wurde. Unsere Kirche ist dem heiligen Johannes dem Täufer geweiht. Er war Jesus ebenfalls treu. Und dies bis in den Tod. Je nach Sichtweise kann man die beiden Schlusssteine als Namensschilder, als Unterschriften oder als Überschriften sehen. Auf jeden Fall sind sie ein Hinweis auf unseren Pfarrpatron. Der Schlussstein, der im Joch über dem vorderen Teil der Orgelbühne eingebaut ist, ist auf den ersten Blick uneindeutig, was seine symbolische Aussage angeht. Auf keinen Fall sind Blätter einer heimischen Baumart dargestellt. Eher erinnert das, was zu sehen ist, an Braunalgen. Auffallend ist, dass das Dargestellte zudem in einem geschlossenen Kreis angeordnet ist. Tiere sind aber auch nicht eindeutig zu erkennen. Hier kann nur über die Art, wie in Kirchen welche Motive gerade in Schlusssteinen eingebaut werden, rückgeschlossen werden, was andeutungsweise vielleicht dargestellt ist. Sofern Kirchen eine Turmkapelle im Westen haben meistens im ersten Obergeschoss, findet sich im Schlussstein solcher Kapellen oft ein Drache. Er hat ausgebreitete Flügel, große von Panik erfüllte Augen und fliegt nach Westen. Er flüchtet aus der Kirche. Denn im Osten bricht sich das neue Licht, Jesus Christus, Bahn, erleuchtet alle, die an ihn glauben und vertreibt das Böse dargestellt als vor dem Licht nach Westen fliehender Drache. Unser Schlussstein über der Orgelbühne ist im eigentlichen Kirchenraum. Ein fliegender Drache kann als Symbol also nicht verwendet werden, selbst wenn er nach Westen flöge. Denn dann hätte das neue Licht seine Wirkkraft verloren! Es geht also nur in der Weise, dass das Böse selbst ad absurdum geführt bzw. lächerlich gemacht wird: möglicherweise ist das, was an Braunalgen erinnert, die Darstellung mehrerer (heimischer) Drachen (Salamander?). Sie sind vom neuen Licht so verwirrt, dass sie im Kreis laufen, bzw. sich gegenseitig auffressen. Das neue Licht sorgt also dafür, dass das Böse stirbt oder sich selbst vernichtet, mindestens aber so verwirrt ist, dass es nur noch im Kreis laufen kann. Außerdem ist es nicht deutlich erkennbar gestaltet. Aber gerade dadurch wird es nochmals der Lächerlichkeit preisgegeben: das Böse verliert jedwede Gestalt eine der vielen Wirkungen der Auferstehung Christi! Licht und Farbe Die wichtigste Veränderung ist bestimmt vielen aufgefallen, aber bis jetzt vielleicht gar nicht bewusst geworden. Die Fenster blenden nicht mehr! Vom Tageslicht oder von Sonne erleuchtet Fenster und dunkle Wandflächen sind für das Auge ein hoher Kontrast ohne es zu merken werden wir geblendet. Die hellen Wandflächen der Kirche lassen den Kontrast verschwinden. Dadurch ist zu sehen, dass neugotische Kirchen nicht blenden wollen, sondern die Erleuchtung durch den Glauben sinnbildlich und räumlich wahrnehmbar zeigen sollen und wollen. Vielleicht haben die meisten bisher nur gemerkt, dass es irgendwie angenehmer ist, in der Kirche zu sein und umher zu blicken. Der fehlende Kontrast macht es wieder möglich, sich erleuchten lassen das Licht des Glaubens wahrhaft zu erleben und zu sehen!

Farben und Licht spielen jetzt aber auch noch in anderer Weise zusammen. An sonnigen Tagen ist das vor allem im südlichen Seitenschiff zu sehen. Durch die unterschiedliche Gestaltung der Kirchenfenster, die alle eine bestimmte Hauptfarbe haben, werden die einzelnen Joche des Seitenschiffes in unterschiedliche Farben gehüllt. Es ist überall dasselbe Weiß an den Wänden. Aber die Hauptfarben des jeweiligen Fensters tauchen die Joche jeweils in eine andere Farbe. Das Weiß wird in grün, braun, gelb, rot oder blau gebrochen, so dass der Eindruck entsteht, dass auf den Wandflächen unterschiedliche Farben verwendet wurden. Ist das Hauptportal gegen Abend geöffnet, beleuchtet die untergehende Sonne den Fußboden auf Höhe der Glastüren. Spätestens dann wird der Fußboden zum Spiegel, der das Sonnenlicht überwiegend ins Gewölbe der Apsis und das davorliegende Joch des Hochchores wirf. Dadurch entsteht der Eindruck, dass im Hochchor gewölbeausleuchtende Strahler angebracht sind. Es ist aber nur die Sonne! Spätestens ab 14.00 Uhr ist an Sonnentagen zu sehen, wie die beiden überwiegend blauen Fenster im Westende der beiden Seitenschiffe mit dem Licht und dem Raum spielen. Die weißen Wände bzw. die südlichen Säulen werden immer umfangreicher von den Blautönen beleuchtet. Je tiefer die Sonne sinkt, umso weiter wandern überwiegend blaue Flächen an der Nordwand und den Säulen entlang in den Kirchenraum hinein. Und so gibt es an solchen Tagen den Moment, zu dem sowohl der Josefaltar etwas schwächer und der Marienaltar etwas intensiver in blaues Licht getaucht sind. Blau ist die Farbe der Gottesmutter. Die beiden Westfenster sind also nicht nur in ihrer Gestaltung etwas Besonderes in unserer Kirche. Gerade im nördlichen Seitenschiff, das mit dem Marienaltar endet, wird jetzt wieder deutlich, dass es eigentlich Marienfenster sind, auch wenn die Gottesmutter auf den beiden Fenstern gar nicht zu sehen ist. Spätestens aber wenn die beiden Seitenaltäre unserer Kirche in zartes blaues Licht Gehüllt sind, wird mehr als sichtbar, dass die Fenster die Thematik Gottesmutter Maria / Heilige Familie (Josefaltar) spiegeln und unterstützen. Raum des Glaubens Über mehrere Jahrzehnte war all das im immer dunkler gewordenen Raum verborgen, besser, fast unsichtbar. Eine dunkle Höhle mag ein magischer Ort sein, ein Ort für Mysterien, ein Ort, an dem Menschen ihrem Ursprung nahe kommen. Aber als die Gotik als Baustil für den Sakralbau entwickelt wurde, ging es darum, das Licht ins Spiel zu bringen. Die Erleuchtung durch den Glauben, die Erleuchtung des Menschen sollte sichtbar werden. Große Fenster, viel Licht, Farbe tragen dazu bei. Die Neugotik nahm dieses architektonische Konzept bewusst wieder auf. Demzufolge wollen neugotische Kirchen zeigen, dass für Glaubende an dem Ort, an dem sie sich für den Gottesdienst versammeln, Erde und Himmel, unten und oben, eine Einheit bilden, dass Kirche und Welt, innen und außen, keinen Widerspruch darstellen sondern nur gemeinsam von der Gegenwart Gottes künden, dass Gott und Mensch, ich und du, durch Jesus Christus untrennbar durch die Liebe verbunden sind und bleiben. Daher sind neugotische Kirchen als Räume gebaut, in dem Licht und Farbe so zusammenspielen, dass all das aufleuchtet, sich aber nicht aufdrängt. Das Zusammenspiel aber derart ist, dass es erfahrbar ist, selbst wenn es nicht bewusst wahrgenommen, sondern lediglich empfunden wird.

Wir haben versucht, unsere Kirche so zu gestalten, dass diese Form von Harmonie erfahrbar, erlebbar und sichtbar ist. Unser Ziel ist schon erreicht, wenn Menschen sich in diesem Raum wohlfühlen, oder ihn als schön erleben! Vielen mag das als viel zu wenig erscheinen. Dann vergessen wir aber, dass ein ästhetisch harmonischer Raum viel größere Wirkung auf uns Menschen hat, und viel tiefer in uns wirkt, als wir zugeben wollen oder können. Denn in solchen Räumen kann die Seele zur Ruhe kommen, um sich erleuchten und erheben zu lassen. Die neue Marienkapelle hat fast allen, die sie besuchten, genau das vermittelt: Andacht, Gebet, Stille und Nähe zu Gott. Jetzt bietet sich der gesamte Kirchenraum in dieser Weise an. Im Zusammenspiel mit Licht und Farbe unterstützt er jeden Menschen darin, das Geheimnis des Menschen, das Geheimnis des Glaubens, und das Geheimnis Gottes zu erfahren. Genau das gebaut zu sehen und farbig erleuchtet zu erleben. Davon berührt und erfüllt, werden hoffentlich alle unsere Kirche verwandelt verlassen, und auf Gottes Wegen in die Welt zurückkehren, selbst wenn sie es persönlich so gar nicht sagen oder glauben. Für alle die glauben, wird unsere Kirche zukünftig hoffentlich in noch größerem Maße als vorher Kraftquelle werden, sein und bleiben. Der Ort, an dem sich Gott / Licht und Mensch / Farbe begegnen, damit das Leben und der gemeinsame Glaube in der Welt leuchten.