Rolle gesundheitsfördernder Krankenhäuser in der Betreuung chronisch kranker Kinder Beispiel: Cystische Fibrose

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Transkript:

Health Promoting Hospitals in children and adolescents HPH-AC Fortbildungskurs Genetik 2004 Rolle gesundheitsfördernder Krankenhäuser in der Betreuung chronisch kranker Kinder Beispiel: Cystische Fibrose Irmgard Eichler Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde cf-zentrum AKH- Wien

Gesundheitsdefinition der WHO (1948) Gesundheit ist ein Zustand vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheiten oder Behinderung.

Gesundheitsförderung im Kindesund Jugendalter Vielfalt von Aktivitäten, die alle auf den Erhalt und die Förderung des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens von Kindern und Jugendlichen durch alters- und entwicklungsgerechte Lebensgestaltung abzielen WHO 1986, Ottawa Charter

Aufgaben und Ziele health promoting hospitals Berücksichtigung entwicklungs-spezifischer Bedürfnisse von Kindern, wenn sie in Kontakt mit einem Spital kommen, sei es als Patient oder als Besucher Entwicklung des Krankenhauses zu einem gesundheitsfördernden Aufenthaltsbereich (Spielzimmer, Schule, Patientenbibliothek,...) Kinder zu befähigen, eigenständig mit gesundheitsbezogenen Aspekten in ihrem Alltag umzugehen: Führen eines gesunden Lebensstils Befähigung z. Umgang mit chron. Erkrankung

Etwa 2% aller Kinder haben chronische Krankheit Krankheiten dauern länger als drei Monate haben wechselnden, meist progredienten Verlauf wirken sich auf das Alltagsleben negativ aus Heilungsmöglichkeiten sind selten Zahl behandlungsbedürftiger chronisch kranker Kinder in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt Verdopplung = Resultat von erfolgreicheren und verbesserten medizinischen und pflegerischen Versorgung mit dem Ergebnis einer erheblich gesteigerten Lebenserwartung Die Verdopplung = Folge der Zunahme der Krankheitsbilder Bläker 1997

gemeinsame Charakteristika chronischer Krankheiten im Kindesalter Großer Betreuungsaufwand mit Einbeziehung verschiedener medizinischer, psychologischer und pädagogischer Fachrichtungen hohe Kosten: Gesamtzahl ca. 2% der Kinder, Betreuungsaufwand: > 40% der Gesamtkosten der Versorgung für die jeweilige Altersgruppe Auswirkungen auf somatische, mentale und psychosoziale Entwicklung und Reifung: Kinder durch chronische Erkrankung in ihrer Entwicklung zu einer selbstverantwortlichen Lebensführung behindert Bläker 1997

Cystische Fibrose Genetische Multiorganerkrankung Häufigkeit: 1 : 2500 3000 Unheilbar, verkürzte Lebenserwartung lebenslange, z.t. sehr aufwendige Therapie Diagnose nach Geburt (Neugeborenen-Screening) Lebenslange Betreuung in einem spezialisierten CF- Zentrum Gesundheitsfördernde Begleitung über alle Lebensabschnitte: unmittelbar nach Geburt (Diagnosestellung) Erwachsenenalter

HPH: Befähigung für den Umgang mit chron. EK Unterstützung der Eltern bei Diagnosestellung Situation der Eltern: Information: unheilbare Erkrankung verkürzte Lebenserwartung Lebenslange, aufwendige Therapiemaßnahmen Reaktion der Eltern: Schock, Verzweiflung, Ablehnung Unterstützung der Eltern durch interdisziplinäres Betreuungsteam

Gesundheitsförderung: Befähigung für Umgang mit chronischen Erkrankungen Für weitere Gesundheitsentwicklung ist selbstverantwortlicher Umgang mit Erkrankung wesentlich Interdisziplin. Betreuungsteam Chronisch kranke Kind Familie Gesundheitsförderung in dieser Phase: Befähigung der Eltern für Umgang mit chron. Erkrankung ihres neugeborenen Kindes

Gesundheitsfördernde Unterstützung nicht nur gute medizinische interdisziplinäre Betreuung (Physiotherapie, Ernährungsberatung, Hygiene,..) sondern auch: Hilfe bei Krankenkassa (Rezeptbeschaffung ev. Rezeptgebührenbefreiung), Apotheken Antrag erhöhte Kinderbeihilfe Pflegegeld Info über Selbsthilfegruppierungen Unterstützung in Betreuung zu Hause durch mobiles Schwesternteam

Gesundheitsfördernde Unterstützung Psychologische Betreuung: Krankheit haben = immer krank sein keine Sonderstellung in Familie andere Familienmitglieder haben auch Anspruch auf Zuwendung, Verständnis Eltern müssen sich Freiraum füreinander schaffen Leben außerhalb der geschützten Spitalsumgebung ermutigen Gesundheitsfördernde Betreuung erfordert gute Kommunikationsbasis zwischen verschiedenen Disziplinen Eltern wollen meist nur einen Ansprechpartner kontinuierliche Schulung der Eltern, später des Patienten selbst

Kindergarten, Schuleintritt Pankreasenzym Einnahme in Kindergarten, Schule Eigenverantwortlichkeit für Kreon Einnahme Häufiges (Ab-)Husten in Kindergarten, Schule Zeitintensive Behandlungsmaßnahmen mit Schulanforderungen vereinbaren: früheres Aufstehen (Inhalationen) regelmäßige Inhalationen, Physiotherapie Fehltage

Auswirkungen für Schule hochkalorische Ernährung in Schule - Hort möglich? Nachmittagsinhalationen möglich? Physiotherapie möglich? Gesundheitsfördernde Betreuung: Befähigung zum Krankheitsmanagement, Lebensraumentwicklung Beratung welcher Schultyp (Integrationsklasse?) Schulung Patient: Kreon -Spiel Informationsmaterial für Kindergarten, Schule Schulung KindergärtnerIn, LehrerIn Schulbetreuung während stationärer Aufnahmen

Pubertät Erstmalig intensivere Auseinandersetzung mit eigenem Körper und Krankheit: Aussehen: ev. Dystrophie, Uhrglasnägel, Trommelschlegelfinger gehäuftes Husten und Auswurf Freundschaften, Partnerbeziehungen Peer pressure : Alkohol, Rauchen Loslösen von Eltern trotz größerer Abhängigkeit

Pubertät, Adoleszens Verschlechterung des Allgemeinzustandes Zunahme der Hospitalisierungsfrequenz Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit immer zeitintensiveres Behandlungsregime Auftreten zusätzlicher Komplikationen weitere Lebensplanung: Ausbildung, Partnerbeziehung verkürzte Lebenserwartung

Gesundheitsfördernde Betreuung: Therapieintensität - Lebensqualität Kompromissbereitschaft, Verständnis wiederholt, ausführliche Information Schulung, Lebensstiltraining, z.b. Kochkurs Eigenverantwortlichkeit übertragen : Patient ist Partner im Krankheitsmanagement Unterstützung der Eltern bei diesem schwierigen Loslass-Prozess Vermittlung und Unterstützung regionaler Selbsthilfegruppierungen Gesundheit keine fixe Größe, muss gepflegt und erhalten werden Leben MIT Erkrankung - nicht FÜR Erkrankung

Kinder werden Erwachsene Transferierung an Erwachsenenzentrum: Verständnis für Ängste der Patienten neues, unbekanntes Betreuungsteam Trennung oft schwierig für alle Beteiligten: Patient - seine Familie - Betreuungsteam Begleitung ins neue Zentrum

Zusammenfassung Gesundheitsförderung chron. kranker Kinder und Jugendlicher Chronische Erkrankungen im Kindesalter erfordern komplexe psychische und soziale Anpassungsprozesse beim erkrankten Kind und seiner Familie Gelingt es chron. kranken Kindern und ihren Familien die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen, beeinflusst dies erheblich den Krankheitsverlauf: Patienten sind besser in der Lage, aktiv an der Behandlung mitzuwirken = zentrales Anliegen der Gesundheitsförderung

Wesentliche Zielsetzung der task force health promoting hospitals in children and adolescents Voraussetzung für gezielte Unterstützung betroffener Kinder und ihrer Familien: Wissen um ihre speziellen Bedürfnisse Bedürfnisse derzeit nicht systematisch erfasst Alters- und entwicklungsspezifische Instrumentarien zur Erfassung dieser Bedürfnisse fehlen Evaluierung inwieweit gesundheitsfördernde Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen derzeit im Krankenhaus berücksichtigt werden Erstellen von Empfehlungen, wie Bedürfnisse in der Praxis besser erfüllt werden können