Den Stock in der Mitte halten Kann man heute von der Kunst noch leben? Dr. Reda ist einer der bedeutensten Künstler des modernen Ägyptens und kennt den Spagat zwischen kommerzieller Kunst und Selbstverwirklichung.
Wie sieht die kommerzielle Seite Ihrer Kunst aus? Meine Kunst finden Sie überall in Ägypten, in Cairo, Sharm El Sheik, Hurghada, Marsa Alam und in meiner Heimatstadt Ismailia. Größtenteils habe ich Skulpturen und Statuen gemacht, wenn man zum Beispiel durch Hurghada fährt, findet man mehrere Brunnen und Mauern, die ich im Auftrag des Gouverneurs gebaut habe. Zwischen dem Flughafen und der Innenstadt steht eine große Mauer mit Szenen aus der pharaonischen Zeit, auf der Flaniermeile in Sekalla eine mit Unterwassermotiven. Aber das alles sind Dinge für die Touristen, das alles ist Kunst, die nur die Aufgabe hat, die Stadt zu verschönern. Diese Arbeiten unterscheiden sich sehr von den Bildern, die Sie malen. Ja, unter die Mauer beim Flughafen habe ich nicht mal meinen Namen gesetzt. Warum? Ich weiß es nicht. Es war mir nicht wichtig. Das heißt, dass Ihre Malerei das ist, was Ihnen eigentlich wichtig ist. Wenn ich male, dann male ich für mich selbst. Ich male, was mich beschäftigt, was in meinen Gedanken herumkreist. Manche sagen, dass in meinen Bildern meine ruhige und romantische Seite ihren Ausdruck findet. Ganz so sehe ich das nicht. Ich male einfach das, was aus mir heraus muss. Diese Kunst ist mir sehr wichtig, es ist mein Leben, aber ich kann damit kaum Geld verdienen. In das International Museum of Modern Art in Cairo haben sie eines meiner Bilder gehängt, ich hatte eine große Ausstellung in Cairo s Selema Gallery, einer der bekanntesten in Ägypten. Alle waren begeistert, und trotzdem kann ich im Durchschnitt pro Monat in Kairo ein Bild verkaufen. Das reicht zum Leben nicht. Ich muss meine Familie versorgen, ca. 35 Ingenieure, Künstler und Assistenten arbeiten für mich. Der Preis dafür ist, dass ich für meine Bilder vielleicht zwei Stunden Zeit habe, den Rest des Tages bin ich damit beschäftigt, durch kommerzielle Kunst Geld zu verdienen.
Wenn man sich Ihre Bilder betrachtet, fällt auf, dass auf fast jedem Frauen dargestellt sind. Ich bin nun mal ein Mann, und in unserer Natur liegt es, Frauen zu mögen. Sie sind das Gegenstück, das mich fasziniert und inspiriert. Frauen sind etwas sehr Schönes und ich umgebe mich gerne mit ihnen. Viele Frauen haben mich nachhaltig geprägt. Aber in Ihren Bildern geht es nicht in erster Linie um die Darstellung der Frau. Nein, inhaltlich bewegen sich die meisten meiner Bilder um das Geheimnis der Beziehung zwischen Mann und Frau. Das ist schon etwas sehr Seltsames und manchmal Unergründliches... Sie leben in einem muslimischen Land. Trotzdem sind viele der Frauen in Ihren Bildern nackt dargestellt. Bringt das keine Probleme? In diesem Land herrscht in vielen Dingen eine strenge Zensur. Viele Filme müssen zum Beispiel umgeschnitten werden, bevor sie gesendet werden dürfen. In der Malerei aber haben wir damit normalerweise keine großen Probleme, und davon abgesehen kümmere ich mich um diese Dinge nicht. Mal ehrlich, Nacktheit ist etwas ganz Natürliches, nichts Verwerfliches und die Menschen, die sich daran stören, sollen meine Bilder einfach nicht anschauen. Das ist mir ziemlich egal. In fast allen Ihrer Bilder gibt es wiederkehrende Motive, Apfel und Fisch, einen Hahn oder eine Katze. Was verbirgt sich dahinter? Der Apfel oder der Fisch symbolisieren die Gefühle eines Mannes, der eine Frau so sehr liebt, dass er sie, bildlich gesehen, aufessen möchte, oder bereits gegessen hat. Der Hahn erzählt vom Wesen des Mannes. Er ißt, er schläft, er begattet seine Hühner. Er kümmert sich um sie, aber er denkt nicht. Wenn man dieses Tier beobachtet, wie es sich bewegt, was es tut, dann merkt man am Ende schnell, dass er ohne seine Frauen nichts ist. Ähnlich verhält es sich mit der Katze. Jedes meiner Portraits von einem Mann zeigt auch eine Katze, ein Element, das in der ägyptischen Kunstgeschichte verwurzelt ist.
Die Verbindung mit der ägyptischen Historie kann man auch in Ihren kommerziellen Arbeiten finden. In beiden Arten meiner Kunst findet sich eine Mischung aus alten pharaonischen Elementen und modernen wieder. Die pharaonische, d.h. die ägyptische Geschichte und nicht die islamische, ist unsere Geschichte, die wir nicht vergessen sollten. Die Künstler der pharaonischen Zeit hatten ihren ganz eigenen Stil etwas darzustellen. Warum sollten wir auf dieses Erbe nicht zurückgreifen, und das nicht nur, indem wir Papyrus an die Touristen verkaufen. Nein, ich nutze die Geschichte, ich greife Elemente heraus, drehe und wende sie, betrachte, und transformiere in die Moderne. Es ist nicht so, dass man diese Elemente einfach kopieren sollte, aber man kann sie verwandeln und dadurch erinnern. Wie kam es dazu, dass Sie sich für diesen Spagat zwischen Kommerz und Selbstverwirklichung entschieden haben? Meine Lehrer an der Universität haben oft davon gesprochen, dass sie von ihrer Kunst nicht leben können. Ich fand den Gedanken traurig. Man studiert jahrelang, um seinen Traum zu verwirklichen und kann sich dann nichts zu essen kaufen. Es gibt ein altes ägyptisches Sprichwort: Du musst den Stock in der Mitte halten. Ich habe eine Form von Kunst gefunden, mit der ich mein Geld verdienen kann, und auf der anderen Seite male ich meine Bilder, um mich auszudrücken. Wenn man zwischen diesen beiden Wegen die Waage hält, dann kann man gut leben. Es ist allerdings kein einfacher Spagat, denn schnell gewinnt der eine Weg die Oberhand. Mittlerweile befinden Sie sich selbst in der Position des Lehrers. Sie unterrichten in Cairo an der Academy of Arts, deren Schüler auch sie waren. Ja, ich unterrichte, wenn ich die Zeit dafür finde, was leider nicht oft der Fall ist. Aber ich unterrichte keine Malerei. Die Malerei werden die Studenten auf eigenen Wegen finden, wenn sie sich dafür interessieren. Ich lerne ihnen das Handwerk für die Arbeit mit Mosaik, Fresko oder Tempera, weil ich ihnen etwas zu essen geben will.
Zum Leben und Arbeiten sind Sie größtenteils in Hurghada. Gerade haben Sie eine Ausstellung im Cafè del Mar. Was versprechen Sie sich davon? In Hurghada ist es schwierig, Bilder auszustellen oder zu verkaufen. Vielleicht funktioniert die Kombination in einem Café oder Restaurant auszustellen, aber ehrlich gesagt erhoffe ich mir nicht allzu viel. Ich weiß, dass in dieser Stadt eigentlich nicht das richtige Publikum für eine Auseinandersetzung mit Kunst ist. Die Menschen kommen nach Hurghada um das Meer zu genießen und Spaß zu haben. Kunst interessiert sie nicht. Die Ausstellung ist ein Versuch. Dahinter stehen meine Bemühungen andere Künstler nach Hurghada zu bringen, einen Zusammenschluß zu schaffen, um eine kulturelle Szene zu etablieren. Dr. Reda wurde 1966 in Ismailia, Ägypten, geboren. Er schloß die Academy of Arts in Cairo mit dem Master und Doktortitel ab. Er gilt als einer der erfolgreichsten ägytischen Künstler der Moderne. Seine Bilder befinden sich im Museum of Moden Art in Cairo und er arbeitet mit einigen namhaften Galerien, z.b. Cairo s Selema Gallery zusammen.