Wieviel Kohle können wir uns noch leisten? Herausforderungen aus Sicht eines Betreibers Dr. Georg N. Stamatelopoulos, T-B, Leiter Erzeugung Betrieb EnBW Energie Baden-Württemberg AG Stiftung Energie & Klimaschutz Baden-Württemberg am 7. Juni 216
Wieviel Kohle können wir uns noch leisten? Thesen > Die Dekarbonisierung von Strom, Wärme und Verkehr wird bis zur Mitte des Jahrhunderts aktiv vorangetrieben > Der deutsche Beitrag zur CO 2 -Minderung soll in Relation zu weltweiten Emissionen gesehen werden > Kohlekraftwerke können in Deutschland aktuell nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden > Konventionelle Erzeugung wird weiterhin für viele Jahre gebraucht, aber sie wird zunehmend auch Backup-Funktionen übernehmen müssen > Eine punktuelle Regulierung von Einzelaspekten der Energiewende kann das Gesamtprojekt Energiewende gefährden
Dekarbonisierung wird aktiv vorangetrieben Erneuerbaren-Boom in Deutschland und der Welt ENTWICKLUNG KUMULIERTES MARKTVOLUMEN DEUTSCHLAND INGW BIS225 1 LÄNDERVERGLEICH MARKTVOLUMEN WIND UNDPV 225 INGW 12 6 8 4 88 74 7 1 56 4 6 4 38 31 33 38 46 212 214 22 144 5 4 12 68 55 225 Biomasse Wasser Offshore Onshore PV 7 6 5 4 3 2 1 135 55 8 DE x 1,78 x 4,57 24 16 8 USA 617 27 347 China PV Wind Vergleich: Bestand Konventionelle Erzeu- gungs- Leistung in DE 225 2 Bis 225 wird Erneuerbaren-Kapazität Deutschlands etwa 1,5-Faches der installierten Leistung der konventionellen Erzeugung. Antriebskräfte (neben den politischen Zielen):gesunkene Kosten, insb. PV Energiewende ist mittlerweile ein globales Phänomen: Marktvolumen Wind und PV 225 in den USA fast doppelt, in China fast fünfmal so hoch wie in Deutschland Die Energiewende geht weiter und nicht nur bei uns. Jährlich wird weltweit etwa ein Deutschland zugebaut; der Ausbau der Erneuerbaren ist politisch langfristig vorgegeben und wird zunehmend kostengünstiger 1 Eigene Berechnungen EnBW 2 NEP, Sz. B 225 3
Deutscher Beitrag zur CO 2 Reduzierung in Relation zu weltweiten Emissionen Beispiel China Installierte Leistung nach Energieträgern Chinas und Deutschland 214: Installierte Leistung China [GW] und [%] 1)2) 1.55 97 135 21 418 24 88 Kohle Erdgas Erneuerbare Kernenergie Andere* 214: Installierte Leistung DE [GW] und [%] 2) 23 11 58 34 13 2% 1% 28% 9% 43% 6% * Heizöl, Müll, Pumpspeicher ohne nat. Zufluss 5% 6% 28% 17% Kohle Erdgas Erneuerbare Kernenergie Andere* * Heizöl, Müll, Pumpspeicher ohne nat. Zufluss Stromerzeugungskapazitäten Chinas basieren im Wesentlichen auf Brennstoff Kohle: Ca. 75% der insgesamt erzeugten Strommengen aus Kohlekraftwerken. China daher mit 1.541 Mio. t weltweit größter CO 2 -Emittent: Etwa 3% Anteil aller weltweiten CO 2 -Emissionen. Installierte Leistung Deutschlands nur zu 28% kohlebasiert: Anteil an Stromerzeugung bei 44%. Deutschland emittierte 215 ca. 776 Mio. t; ein Drittel davon aus Kohlekraftwerken. Anteil weltweit: ca. 2,2%. 214: China hat in weniger als 9 Tagen die gleiche Menge CO 2 emittiert, wie deutsche Kohlekraftwerke im gesamten Jahr 214. Bei durchschnittlichem BIP-Wachstum der Jahre 26-214 3) Chinas würde ein Wegfall aller CO 2 -Emissionen aus deutschen Kohlekraftwerken in 214 nach 59 Tage kompensiert sein. 1) The Energy Collectice, The Economic Times, Fortune, Next Big Future, 216 2) Europäische Komission, EDGAR, Emission Data Base for Atmospheric Research, 215 3) BMWi, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 216 4) IMF, International Monetary Fund, 216 4
Kohlekraftwerke aktuell nicht wirtschaftlich Marktentwicklung in der Erzeugung Strompreise (Base) am Terminmarkt zum Jahresanfang 216 noch einmal deutlich gefallen Entwicklung Strompreis -8% aktuell Ø = 24,5 EUR/MWh Ø = 26,7 EUR/MWh -21% Ø = 21,2 EUR/MWh Erlöse für Kraftwerke haben sich seit Anfang 216 zwischenzeitlich um mehr als ein Fünftel verringert. Aktuell liegt der Rückgang bei ca. 8%. In Deutschland insgesamt milliardenschwere Abschreibungen auf Kohlekraftwerke 5
Marktentwicklung in der Erzeugung Gegenüber Okt. 214 nur 7MW Kapazität mehr zur Stilllegung angezeigt: Betreiber halten sich mit Stilllegungen derzeit zurück Bekannte Kraftwerksstilllegungsanzeigen der Bundesnetzagentur (BNetzA): ca. 14.5 MW (Stand 18.4.216) -> davon südlich der Main-Linie 6.5 MW A Grafenrheinfeld 1275 MW (N) B Staudinger 4-622 MW (SK) C N Freimann GT 1&2 je 8 MW (G) Mainz-Wiesbaden - 255 MW (G) O HKW West&Niederrad 76 MW (G) D Mannheim Block 3-22,5 MW (SK) Mannheim Block 4-22,5 MW (SK) P Irsching 4&5 545 & 846 MW (G) E HKW Römerbrücke 5 MW (SK) F Darmstadt GTKW 94,6 MW (G) G WAL 1-96 MW (SK) WAL 2-148 MW (SK) H Heilbronn Block 5 11 MW (SK) Heilbronn Block 6 11 MW (SK) I Marbach Block 3 DT III - 262 MW (Öl) Marbach Block 3 GT II - 77,4 MW (Öl) Marbach Block 3 GT III - 85 MW (Öl) J Irsching 3 415 MW (G) K Ingolstadt 3 386 MW (Öl) Ingolstadt 4 386 MW (Öl) L Schongau - 45 MW (G) M Augsburg 47 MW (G) 17 E C O F D B A Main-Linie Deutschland Nuklear H G I K J P M N L Geplant vorläufig, geplant endgültig, endgültig stillgelegt = Systemrelevanz festgestellt Braunkohle installierte Leistung [MW] 1.275 211 Steinkohle 4.939 Öl 1.722 Gas 6.191 Pumpspeicher 138 6
Konventionelle Erzeugung wird noch für viele Jahre gebraucht Rolle ändert sich: Konventionelle als Backup EINSATZ VON KONVENTIONELLEN KRAFTWERKEN GEHT ZURÜCK ENTWICKLUNG THERMISCHE RESTLAST(TWH) BIS 225 FOLGE: WACHSENDE BEDEUTUNG RESERVEKRAFTWERKE RESERVEN(GW) BIS 225 8 6 4 2 323 215-23% 249 225 ABER GLEICHZEITIG GIBT ES SITUATIONEN, IN DENEN WENIG STROM AUS WIND UND SONNE PRODUZIERT WIRD (WOCHE IMNOVEMBER214) 1 Strombedarf Wind PV Klimareserve (Braunkohle) Netzreserve Neubau-Netzreserve Kapazitätsreserve Bestand Netzreserve 211 7 Bestand Netzreserve heute 11 2 Gesamtreservebedarf ab 221 (Schätzung) Konventionelle Erzeugung brauchen wir für viele Jahre weiterhin, aber sie wird zunehmend auch Backup-Funktionen übernehmen müssen ¹ Daten: Strombedarf: ENTSOE Lastfluss; Stromerzeugung PV und Stromerzeugung Wind: Meldungen Ist-Einspeisung durch Übertragungsnetzbetreiber 2 Annahme: Keine Überschneidung Kapazitäts- und Netzreserve ¹ Daten: Strombedarf: ENTSOE Lastfluss; Stromerzeugung PV und Stromerzeugung Wind: Meldungen Ist-Einspeisung durch Übertragungsnetzbetreiber 2 Annahme: Keine Überschneidung Kapazitäts- und Netzreserve 7 7
Punktuelle Regulierung von Einzelaspekten kann das Gesamtprojekt Energiewende gefährden Installierte Leistung EnBW-Kohlekraftwerke gemäß Agora-Studie zum Kohleausstieg 1) 6. Historie Prognose 4. 2. install. Leistung Reserve 21 212 214 216 218 22 222 224 226 228 23 232 234 236 238 24 242 Die Kriterien der Agora-Studie zum Kohleausstieg wurden auf die EnBW-Kraftwerke übertragen und die entsprechende Kurve für den Ausstieg aufgezeichnet. 1) Agora Energiewende, Elf Eckpunkte für einen Kohlekonsens, 216 8
Punktuelle Regulierung von Einzelaspekten kann das Gesamtprojekt Energiewende gefährden Installierte Leistung EnBW-Kohlekraftwerke gemäß technischem Lebensdauerende 1)2) 6. 4. 2. Historie Prognose Differenz Agora/Lebensdauerende Szenario Agora Studie 21 212 214 216 218 22 222 224 226 228 23 232 234 236 238 24 242 Installierte Leistung EnBW-Kohlekraftwerke gemäß Agora-Studie zum Kohleausstieg 1)2) 6. Historie Prognose 4. 2. install. Leistung Reserve 21 212 214 216 218 22 222 224 226 228 23 232 234 236 238 24 242 Im gesamten Zeitraum des Kohleausstiegs von 218 bis 24 ergibt sich im Durchschnitt eine Differenz von 617MW zwischen dem Szenario technisches Lebensdauerende und der Agora-Studie. 1) EnBW AG, Energie Baden-Württemberg AG, eigene Angaben, 216 2) Agora Energiewende, Elf Eckpunkte für einen Kohlekonsens, 216 9
Fuel Switch in Gaisburg Von Kohle auf Gas Verbesserung von Klimaschutz und Emissionen durch den Wegfall der Kohle Fotomontage Erhöhung der Flexibilität bei weiterhin hoher Verfügbarkeit Optimierung des Fernwärmeverbundes Mittlerer Neckar Voraussetzungen schaffen für die Integration Erneuerbarer Energien und für die Verknüpfung von Nah- und Fernwärme Verbesserung der Wirtschaftlichkeit durch Reduzierung von Instandhaltungs- und Personalkosten sowie Effizienzsteigerung bei Strom und Wärmeerzeugung Standortentwicklungspotential durch freiwerdende Flächen (vor allem Kohlelager) 1
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Energiewende. Sicher. Machen. 11