Wie die Klimaänderungen global das Wasser umverteilen

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Transkript:

Wie die Klimaänderungen global das Wasser umverteilen Hartmut Graßl Max Planck Institut für Meteorologie, Hamburg Vortrag bei dem Niedersächsischen Gewässerforum 2015 Hildesheim, 8. Juli 2015 KLIMA Einflussfaktoren Klimarelevante Zeitskalen Sonne bis Jahrmillionen und Milliarden Zusammensetzung der Atmosphäre Tage bis viele Jahrmillionen Bahn der Erde um die Sonne Jahrtausende bis Jahrmillionen Verteilung der Kontinente viele Millionen Jahre Vulkane Wochen bis Jahrzehnte Einschlag von Himmelskörpern Wochen bis Jahrzehnte Interne Wechselwirkungen Jahreszeiten bis Jahrtausende Folge: Klima ändert sich immer Die zentrale Frage für die Lebewesen ist : Wie rasch?

Der Wasserkreislauf als zentrales Element des Klimasystems Nicht nur knapp 71% der Erdoberfläche sind mit Meerwasser oder Meereis bedeckt sondern auch wesentliche bis große Teile der Kontinente mit Eis und/oder Schnee. Viele Flüsse und Seen sind keineswegs vernachlässigbare, aus Süß- oder Salzwasser bestehende Oberflächen. Deshalb ist es keine Übertreibung, wenn man die Erde als Wasserplanet bezeichnet, da speziell im Winter der nördlichen Erdhälfte bis über 80% der Oberfläche der Erde mir der Substanz Wasser bedeckt sind. Warum reden wir dann von einer globalen Wasserkrise? Wo doch bei Erwärmung der Wasserkreislauf intensiver sein sollte? Denn wegen der Clausius-Clapeyronschen Gleichung wird bei Erwärmung pro Volumeneinheit mehr Wasser (6 20 % mehr pro Grad Celsius bei 20 bzw. -80 C) in der Atmosphäre enthalten sein, weil eine starke Abnahme der mittleren relativen Feuchte höchst unwahrscheinlich ist. Die Antwort ist einfach: Immer mehr Menschen nutzen und verschmutzen immer mehr Süßwasser. Hinzu kommt eine weitere Austrocknung semiarider Gebiete, sowohl durch lokal verursachte Desertifikation als auch durch verminderten Niederschlag und erhöhte Verdunstung.

Basiswissen zu Niederschlägen Aus einem mittleren globalen latenten Wärmefluss von 80 W/m2 folgt eine Niederschlagsrate von etwa einem Meter pro Jahr Regional ist sie sehr unterschiedlich von einigen Millimetern pro Jahr bis zu über 10 Metern pro Jahr In Deutschland reicht die Spanne von etwas über 450 mm bis zu etwa 2200 mm pro Jahr Dürrejahre sind in Deutschland selten; herausragen 1947, 1976 und 2003. Die maximale Tagesmenge übersteigt sehr selten 250 mm (Zinnwald Georgenfeld mit 312 mm am 12. August 2002 ist Spitzenreiter) Die maximale Schneehöhe in Lagen unter 1000 m über NN steigt nicht über 3 Meter Der Hauptgrund für die Klimadebatte (Der Kohlendioxidgehalt kann inzwischen auch aus dem Weltraum beobachtet) werden Buchwitz et al. 2012

Die mittlere globale Erwärmung hat an der Erdoberfläche in der Zeit von 1900 bis 2012 0,85 C erreicht und das Jahr 2014 war das eindeutig wärmste seit Existenz eines fast globalen Messnetzes. Die globale Erwärmung hat keine Pause gemacht Fahrenheit = alte deutsche Temperatureinheit, die in USA überlebt hat 1 F= 5/9 C

Niederschlagsänderungen über Landgebieten (IPCC, 2013) In Deutschland haben seit 1881 die Winterniederschläge signifikant um fast 30% zugenommen, aber die Sommerniederschläge nicht signifikant abgenommen.

Wasserdampf verstärkt den Treibhauseffekt bei Erwärmung Der zweite positive Rückkopplungseffekt im Wasserkreislauf, die Albedo-Temperatur-Rückkopplung

Das spätsommerliche Minimum der Meereisausdehnung in der Arktis hat seit 1979 um 9,4 bis 13,6% pro Jahrzehnt abgenommen, was einer Schrumpfung um 0,73 bis 1,07 Millionen Quadratkilometer pro Jahrzehnt entspricht. Das Meereis um die Antarktis hat nicht abgenommen. Die mit Schnee bedeckte Fläche der Kontinente der nördlichen Erdhälfte ist seit 1967 am Ende des Winters (März/April) um 1,6% pro Dekade von etwa 37 auf 34 Millionen Quadratkilometer und gar um 11,7% pro Jahrzehnt im Juni geschrumpft

Der mittlere globale Meeresspiegel steigt jüngst beschleunigt an: bei 20 cm seit 1900 insgesamt waren die letzten 22 Jahre charakterisiert durch einen mittleren Anstieg um 3,2 ± 0,4 mm pro Jahr, wobei die Ausdehnung des Meerwassers den größten Einzelbeitrag geliefert hat, gefolgt von den Gebirgsgletschern und erst danach mit kleinem, aber jüngst stark wachsendem Beitrag die Inlandeisgebiete. Deren Schrumpfung führt zu erhöhtem Meeresspiegelanstieg in Äquatornähe. Einzelbeiträge des Eisschmelzens zum Meeresspiegelanstieg IPCC 2013, Technical Summary, Figure TS.3

Recent sea level changes asobserved from satellites Der mittlere globale Meeresspiegel schwankt wegen veränderlicher Bodenfeuchte und Schneedecke von Jahr zu Jahr Strahlungsantrieb seit 1750 IPCC SYR 2014

Globale Temperaturänderung Kein Klimaschutz 2 C Ziel IPCC WG I (2013) 2 C Ziel Weiter so IPCC(2013)

Mittlerer globaler Meeresspiegelanstieg

Eine neue zentrale Frage für die Klimawissenschaft: Wie lange hält der erhöhte Treibhauseffekt an? In der Klimageschichte der letzten Million Jahre galt: Eine Erwärmung von 1 C ist gleichbedeutend mit etwa 20 m Meeresspiegelanstieg bei über Jahrtausende anhaltendem Antrieb Wie viel davon in den kommenden Jahrhunderten realisiert wird, ist in unserer Hand Bisherige wesentliche Beschlüsse UNFCCC 1992 Maximale tolerierbare Erwärmung im 21. Jahrhundert: +2 C (Cancun, 2010) Dekarbonisierung (G7 Gipfel, 2015) (Paris Protokoll??)