Murer, Christoph (Kristoffel, Stoffel), Wappen mit Greif, rechts und links Klugheit und Gerechtigkeit, 1602, schwarze Feder, teilweise laviert, 31,6 x 21,2 cm, Kunstmuseum Bern Bearbeitungstiefe Name Namensvariante/n Lebensdaten Bürgerort Staatszugehörigkeit Vitazeile Tätigkeitsbereiche Lexikonartikel Murer, Christoph (Kristoffel, Stoffel) Maurer, Christoph (Christoff, Christof, Cristof) * 2.1558 Zürich, 27.3.1614 Winterthur Zürich CH Glasmaler, Reisser für Glasmalereien, Formschneider, Radierer, Buchillustrator, Maler, Kartograf, Topograf und Schriftsteller. Porträt, Wandmalerei. Sohn von Jos Murer Glasmalerei, Hinterglasmalerei, Radierung, Holzschnitt, Wandmalerei, Illustration, Buch Murer wächst in Zürich auf, wo er die deutsche und lateinische Schule absolviert, und beginnt mit etwa 13 Jahren eine Lehre bei seinem Vater Jos Murer. Beleg für die Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn ist der Standesscheibenzyklus von 1579 im Ostarm des Kreuzgangs im Kloster Wettingen. 1579, wohl auf dem Weg zu Tobias Stimmer nach Seite 1/6, http://www.sikart.ch
Strassburg, hält er sich in Basel auf und arbeitet dort vermutlich in der Werkstatt des Glasmalers Jörg Wannenwetsch I. Hier fertigt er eine Reihe von Glasgemälden für den berühmten Goldschmied, Alchemisten, Astrologen und Physiker Leonhard Thurneysser (mehrere Werke in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum). 1580 erscheint die aus mehreren Platten bestehende Radierung mit dem Titel Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft. Bildgegenstand ist die Loslösung der Eidgenossenschaft vom Kaiserreich, darüber befindet sich ein Fries mit den Wappen der dreizehn Orte, darunter ein erläuternder Text. Ein späterer Neudruck, eine kleinformatige Auflage als Flugblatt und eine weitere Radierung mit dem Titel Vermanung an ein Lobliche Eydgnoschafft zuor Einigkeit (1580) beweisen den Erfolg, den Christoph Murer und vor ihm schon sein Vater Jos mit der Darstellung der schweizerischen Freiheitskriege geerntet haben. In ähnlicher Absicht, das Selbstvertrauen der Eidgenossenschaft zu stärken, entsteht kurz darauf die Karte der Schweiz (1582, Radierung, Universitätsbibliothek Basel), die durch Schlachtenszenen ergänzt ist. Erst 1583 ist Murers Aufenthalt in Strassburg nachweisbar. Dort schult er sich an Stimmers Werk und verbindet von da an dessen Monogramm, ein ligiertes ST, mit seiner Signatur CM. 1586 nach Zürich zurückgekehrt, wird er als Meister in die Zunft Zur Saffran aufgenommen und heiratet Margareth (Marina) Schmid. In den 1590er Jahren führt er mit seinem Bruder Josias eine Glasmalereiwerkstatt. Es folgen Aufträge für Risse und Scheibenstiftungen von den Zünften und Korporationen, der öffentlichen Hand und Privaten. Murer greift jetzt zu Themen aus der antiken Mythologie, dem Alten Testament, der Heilsgeschichte Christi und der staatspolitischen Ikonografie. Ausserhalb Zürichs beliefert er Nürnberg, Speyer, St. Gallen, Wettingen und vielleicht auch Frauenthal mit Scheiben. Nach seinen Rissen führen der Glasmaler Franz Fallenter vier Fenster im Kloster Rathausen und der Bruder Josias Murer die Standesscheibenfolge im Luzerner Rathaus aus (1606, Luzern, Historisches Museum). Auch die Porträtmalerei gehört zu Murers Aufgabenbereich. Neben den von Conrad Meyer gestochenen Porträts sind Kopien nach seinen Vorlagen aus der Vögtegalerie von Schloss Kyburg (ZH) bekannt. Murer ist vielleicht identisch mit dem 1604 für die Vögtegalerie tätigen Restaurator. Drei Hinterglasmalereien, von denen er eine signiert und mit 1609 datiert hat, sind im Kunstkammerinventar Kaiser Rudolfs II. Seite 2/6, http://www.sikart.ch
verzeichnet. Nach der Wahl zum Amtmann von Winterthur 1611 bis zu seinem Tod 1614 arbeitet Murer an seinem Drama über die Christenverfolgung Ecclesia Edessaena Messopotamica afflicta [...] (Manuskript, Zentralbibliothek Zürich). 1622 gibt Hans Heinrich Rordorf bei Johannes Wolf die von Murer für dieses Drama entworfenen Radierungen als Emblembuch mit dem Titel XL. Emblemata miscella nova heraus. Das Drama selbst erlebt weder eine Aufführung noch eine Drucklegung. Murer war in Zürich der bedeutendste und erfolgreichste Glasmaler seiner Zeit. Einfallsreichtum und künstlerische Qualität kennzeichnen sein Werk. Er schuf einen reichhaltigen Fundus an Bildvorlagen, die von seinen Zeitgenossen und späteren Generationen immer wieder kopiert wurden. So prägte er die Glasmalerei des 17. Jahrhunderts nachhaltig bis zu deren Niedergang um 1700. Auch in der Ofenmalerei kamen mit Vorliebe Murersche Vorlagen für die komplexen ikonografischen Bildprogramme zur Anwendung. Murers Zeichenstil, der sich anfänglich auf Stimmers Kunst bezog, weist eine filigrane und Details liebende Linienführung auf. Die Lavierung, ob in Tusche oder Bister, gehört zu seinen Stärken. Mit ihr verlieh er der Zeichnung eine plastische und lebendige Wirkung. Murers Vorlagen sind in der Grafik der damaligen niederländischen Landschaftsmalerei und in jener von Tobias Stimmer und Jost Ammann zu finden. Werke: Glasgemälde im Kreuzgang, 1579, Wettingen, Kloster; Kunsthaus Zürich; Zürich, Schweizerisches Landesmuseum; Zentralbibliothek Zürich; Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kunstmuseum und Kupferstichkabinett; Luzern, Historisches Museum; Staatliche Museen zu Berlin, Preussischer Kulturbesitz, Kunstbibliothek; Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie; Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle; München, Staatliche Graphische Sammlung; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Fembohaus; Wien, Museum für Angewandte Kunst. Barbara Giesicke / Mylène Ruoss, 1998 Literaturauswahl - Hollstein's German Engravings, Etchings and Woodcuts 1400-1700. Volume XXIX. Johann Reinhard Mühl to Nickel Nehrlich the Elder. Ed.: Tilman Falk; compiled by Robert Zijlma. Roosendaal: Koninklijke van Poll, 1990 - Bernhard Anderes, Peter Hoegger: Die Glasgemälde im Kloster Seite 3/6, http://www.sikart.ch
Wettingen. Baden: Baden-Verlag, 1988 - Paul Tanner: «Daniel Lindtmayer und Christoph Murer - zwei Künstler im Einflussbereich von Tobias Stimmer». In: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, 42, 1985, 2. S. 124-128 - Thea Vignau-Wilberg: Christoph Murer und die «XL. Emblemata miscella nova». Bern: Benteli, 1982 - Margrith Früh: «Winterthurer Kachelöfen für Rathäuser». In: Keramik- Freunde der Schweiz. Mitteilungsblatt, 1981, 95. Dissertation Universität Zürich, 1977 - Thea Vignau-Wilberg: «Zu Christoph Murers Frühwerk». In: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, 59/60, 1979/80. S. 91-113 - Hans Martin Gubler: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Band III. Die Bezirke Pfäffikon und Uster. Basel: Birkhäuser, 1978 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz 66) - Thea Vignau-Wilberg: «Die Fabelradierungen von Christoph Murer». In: Jahrbuch des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft, 1974-77. S. 7-28, 199 - Paul H. Boerlin: «Leonhard Thurneysser als Auftraggeber. Kunst im Dienste der Selbstdarstellung zwischen Humanismus und Barock». In: Öffentliche Kunstsammlung Basel. Jahresberichte, 1967-1973, S. 219-429 - Hermann Meyer: Die schweizerische Sitte der Fenster- und Wappenschenkung vom XV. bis XVII. Jahrhundert. Frauenfeld: Huber, 1884 - Joachim von Sandrart, L'Academia Todesca [...], Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste, 3 Bde., Nürnberg: Sandrart/Frankfurt a. M.: Meridian, 1675-1679 [Nachdruck, Einl. von Christian Klemm, Nördlingen: Uhl, 1994], Bd. 1, S. 253; Bd. 2, S. 83. - Christoph Murer: XL. Emblemata miscella nova. Das ist XL: Untderschiedliche Ausserlesene Newradierte Kunststuck [...]. Zürich: Johann Rudolf Wolff, 1622 - Christoph Murer: Scipio Affricanus. Ein histori aus dem Tito Livio was sich noch eroberung der Stadt Neüw Carthago mit einer hochzeiterin Verloffen. In Spils Weyss beschriben. Zürich, 1596 Nachschlagewerke - E. Bénézit: Dictionnaire critique et documentaire des peintres, sculpteurs, dessinateurs et graveurs de tous les temps et de tous les pays par un groupe d'écrivains spécialistes français et étrangers. Nouvelle édition entièrement refondue sous la direction de Jacques Busse. Paris: Gründ, 1999, 14 vol. Seite 4/6, http://www.sikart.ch
- Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde. - The Dictionary of Art. Edited by Jane Turner. 34 volumes. London: Macmillan; New York: Grove, 1996 - Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme und Felix Becker, 37 Bde., Leipzig: Seemann, 1907-1950. - Schweizerisches Künstler-Lexikon, hrsg. vom Schweizerischen Kunstverein; red. unter Mitw. von Fachgenossen von Carl Brun, 4 Bde., Frauenfeld: Huber, 1905-1917. - Johann Caspar Füssli, Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Künstler in der Schweitz. Nebst ihren Bildnissen, 5 Bde., Zürich: Orell, Gessner und Comp., 1769-1779. - Johann Caspar Füssli: Geschichte und Abbildung der besten Mahler in der Schweiz. 2 Theile. Zürich: David Gessner, 1755 & 1757 [erste Lieferung 1754] Direktlink Normdaten http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4022936&lng=de GND 11885254X Deutsche Biographie Letzte Änderung 05.08.2015 Disclaimer Alle von SIKART angebotenen Inhalte stehen für den persönlichen Eigengebrauch und die wissenschaftliche Verwendung zur Verfügung. Copyright Das Copyright für den redaktionellen Teil, die Daten und die Datenbank von SIKART liegt allein beim Herausgeber (SIK-ISEA). Eine Vervielfältigung oder Verwendung von Dateien oder deren Bestandteilen in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung von SIK-ISEA nicht gestattet. Empfohlene Zitierweise AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum Seite 5/6, http://www.sikart.ch
Seite 6/6, http://www.sikart.ch des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008, 2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom 13.9.2012.