Pädagogik Juliane Timmroth Schöpfung als Thema des Religionsunterrichts in der Sekundarstufe II Examensarbeit
Wissenschaftliche Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung Thema: Schöpfung als Thema des Religionsunterrichts in der Sekundarstufe II Von: Juliane Timmroth
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 2. Exegetische Betrachtung der Schöpfungserzählung 3 2.1. Zeitliche Einordnung 3 2.2. Die Bedeutung der Schöpfungsberichte in der Entstehungszeit 5 2.3. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Schöpfungsberichte 6 3. Exkurs: Der Schöpfungsgedanke in anderen Kulturen Schöpfungsmythen anderer Religionen 10 3.1. Der Schöpfungsmythos aus dem Alten Ägypten 10 3.2. Ein Chinesischer Schöpfungsmythos 11 3.3. Eine Schöpfungserzählung aus dem hohen Norden 12 4. Die Schöpfung im Zeitalter der Naturwissenschaften 14 4.1. Die Antike - Ptolemäus und die zentrale Stellung der Erde 14 4.2. Das späte Mittelalter und die Renaissance 15 4.2.1. Nikolaus Kopernikus (1473-1543) und die neue Position der Erde 15 4.2.2. Johann Kepler (1571 1630) 16 4.2.3. Galileo Galilei (1564 1642) und die Inquisition - Ein unüberwindbarer Konflikt zwischen Glaube und Wissenschaft? 17 4.3. Das 19. Jahrhundert 19 4.4. Schöpfung im 20. Jahrhundert bis heute 21 5. Kommentar: Der Urknall ein geheimnisvoller Teil der Schöpfung? 25 6. Die Schöpfung als Thema im Religionsunterricht in der Sekundarstufe II 27 6.1. Die Phasen der Glaubensentwicklung 28 6.2. Schöpfung im Religionsunterricht der Sekundarstufe II 35 6.2.1. Unterrichtsentwürfe zum Thema Schöpfung in der Sekundarstufe II 36 6.2.2. Zugang 1 37 6.2.3. Zugang 2 39 6.2.4. Zugang 3 41
6.3. Ich habe dich bereits im Keim erkannt - Ein Unterrichtsentwurf für die 12. und 13. Klasse 45 6.3.1. Die erste Doppelstunde 46 6.3.2. Die zweite Doppelstunde 47 6.3.3. Die dritte Doppelstunde 48 6.3.4. Die vierte Doppelstunde 50 6.4. Reflexion der Unterrichtseinheit 50 6.5. Didaktische Besonderheiten der Unterrichtsentwürfe 53 6.6. Eigene Ideen zur Unterrichtsgestaltung 57 6.6.1. Der kulturelle Aspekt: Schöpfung in anderen Religionen 58 6.6.2. Der fächerübergreifende Aspekt: Biologie und Physik begegnen der Schöpfung 59 6.6.3. Der multimediale Aspekt: Lernende als Zuhörer und Schriftsteller Podcasts und Wikis 61 7. Zusammenfassung und Ausblick 63 8. Quellenverzeichnis 66 9. Anhang 71
1. Einleitung Wie ist unsere Welt entstanden? Wo kommen wir her? Welche Rolle spielt Gott bei der Entstehung der Welt und des Kosmos? Diese und ähnliche Fragen existieren seit Menschengedenken, wie der nebenstehende Holzschnitt 1 aus dem Mittelalter deutlich macht. Dabei konnten diese Fragen bis heute nicht endgültig beantwortet werden. Zwar gibt es in heutiger Zeit plausible Erklärungen für die Abstammung des Menschen von Primaten, die mit speziellen Methoden mittlerweile auch eindeutig bewiesen sind. Doch bleibt es ein Rätsel, wie sich das Leben überhaupt entwickeln konnte. War es willkürlicher Zufall oder doch mehr? Da sich die Schöpfung auf verschiedenste Weise offenbaren kann, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Auseinandersetzung mit der Schöpfung im Religionsunterricht der Sekundarstufe II. Aufgrund des doch eher begrenzten Umfanges kann nicht auf jeden Aspekt des erwähnten Themas eingegangen werden. Jedoch soll die Arbeit einen Überblick über die Fülle von Möglichkeiten geben, wie sich der Religionsunterricht in der Oberstufe anschaulich mit einem Thema auseinandersetzen kann, welches heute doch des Öfteren belächelt wird. Bevor ich zur Erörterung der Schöpfung im Religionsunterricht in der Oberstufe komme, halte ich es für sinnvoll, sich zunächst mit den Schöpfungsberichten selbst zu beschäftigen. Dafür werden die Schöpfungsberichte zunächst exegetisch betrachtet. Aus welcher Zeit stammen sie und wer verfasste sie? Inwiefern weisen die Berichte Unterschiede auf? Welche Botschaft vermittelten die Schöpfungserzählungen in ihrer Entstehungszeit? Mithilfe des exegetischen Beitrages soll diesen Fragen nachgegangen werden. Ein Exkurs, welcher sich mit einigen Schöpfungsmythen anderer Kulturen beschäftigt, gibt Aufschluss darüber, wie diese die Entstehung der Welt gedeutet haben. 1 Kreuts.net, 2007, Unser Weltbild als Grundlage, Teil 1, <http://www.kreuts.net/ver/weltbild.gif>, 11.10.2011. 1
Nachdem das Sonnensystem im späten Mittelalter immer mehr erforscht wurde und stetig neue wissenschaftliche Erkenntnisse dazukamen, stellten sich einige Wissenschaftler die Frage, ob das bis dahin geozentrische Weltbild, welches für die Kirche den Vorstellungen der Schöpfung gleichkam, tatsächlich der Wahrheit entsprach. Die Einstellung der Menschen zu dem Schöpfungsgedanken änderte sich allmählich. Doch inwiefern hat sich die Bedeutung der Schöpfung verändert? Mithilfe eines Überblicks vom späten Mittelalter bis zur heutigen Zeit wird dieser Bedeutungswandel verdeutlicht. Das Ende des Kapitels kennzeichnet das heutige Umfeld, in dem die Schüler und Schülerinnen aufwachsen. Nachdem die Rolle der Schöpfung gegenüber unserer gegenwärtigen aufgeklärten Welt beleuchtet worden ist, werde ich auf die Einstellung von Jugendlichen zum Thema Glauben Stellung nehmen. Dabei werde ich mich auf die Stufenmodelle der Glaubensentwicklung von Fowler und Oser/Gmünder stützen, die von entwicklungspsychologischen Erkenntnissen abgeleitet wurden. Wie ist die Sicht von Jugendlichen auf den Glauben, in diesem Falle auf die Schöpfung? Es folgt der zentrale Abschnitt der Arbeit, welcher sich mit der Umsetzung der Schöpfung im Religionsunterricht der Oberstufe beschäftigt. Dazu werden bereits bestehende Unterrichtsentwürfe zum Thema Schöpfung in der Oberstufe vorgestellt und anschließend ausgewertet. Die Thematik der Schöpfung ist sehr facettenreich und bietet zahlreiche Möglichkeiten für die Verwendung im Religionsunterricht. Dies spiegelt sich in den Entwürfen wider. Während sich ein Unterrichtsentwurf für die 11. Klasse klassisch mit dem alten Konflikt Schöpfung versus Evolution auseinandersetzt, thematisiert ein Unterrichtsentwurf, welcher eher für eine 12., beziehungsweise 13. Klasse gedacht ist, die Stammzellenforschung und die Rolle des Menschen als Geschöpf. Nachdem die Unterrichtsentwürfe vorgestellt wurden, werden in einem Kapitel ihre didaktischen Besonderheiten genauer betrachtet. Schließlich wird noch darauf eingegangen, inwiefern die Unterrichtsentwürfe den Interessen der Schüler und Schülerinnen entsprechen. Es könnte ja sein, dass die Unterrichtsentwürfe die Lernenden nicht ansprechen. Dem Kapitel folgen abschließend eine Zusammenfassung und ein Ausblick. 2
2. Exegetische Betrachtung der Schöpfungserzählung Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde 2 - dies sind die ersten Worte des Alten Testaments, die den Schöpfungsakt durch Gott einleiten. Der Schöpfungsbericht 1. Mose, 1, 1 2, 25 ist allerdings kein einheitlicher Text. Liest man eben genannte Stellen aufmerksam durch, wird man feststellen, dass der Schöpfungsbericht aus zwei Teilen besteht: während der erste Teil der Genesis (1,1 2, 4a) die Erschaffung der Welt durch Gott an sieben Tagen beschreibt, setzt sich der zweite Teil (Gen 2,4b 2, 25) speziell mit der Erschaffung des Menschen auseinander. Die beiden Teile beschäftigen sich nicht nur mit verschiedenen Aspekten der Schöpfung, sie sind auch zu unterschiedlichen Zeiten entstanden. Die Erschaffung der Welt und des Menschen entstammt, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, von zwei voneinander unabhängigen Texten. Von daher muss obige Bezeichnung Der Schöpfungsbericht (Z. 2) zu Die Schöpfungsberichte korrigiert werden. Im Folgenden werden die beiden Schöpfungsberichte exegetisch betrachtet. 2.1. Zeitliche Einordnung Der jahwistische Schöpfungsbericht (1. Mose 2,4b 25) Obwohl das Alte Testament mit der Erschaffung der Welt beginnt, ist der zweite Bericht mit dem zentralen Thema der Erschaffung des Menschen der Ältere. Der sogenannte Schöpfungsbericht des Jahwisten, beziehungsweise jahwistischer Schöpfungsbericht, ist circa 950 v. Chr. am Hofe des Königs Salomo entstanden. Der Autor ist unbekannt; da Gott in diesem Schöpfungsbericht jedoch als Jahwe tituliert wird, kam der Bericht zu seinem bestehenden Namen. 3 Gott erschafft den Menschen, indem er ihn aus Erde formt: 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 4 Gott ist in der Lage, aus lebloser Erde einen lebendigen Menschen zu formen. Zudem wird für den Menschen ein Paradies erschaffen, in welchem er leben darf. Die Motive des 2 1. Mose, 1,1. 3 Vgl. Baltzer, Dieter, Lehren und Lernen mit dem Alten Testament: Unterrichtsentwürfe für Primarstufe und Sekundarstufe I. Eine Auswahl, Münster: LIT 2001, S. 4. 4 1. Mose 2,7. 3