Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement Klärschlamm und Phosphorrückgewinnung in Österreich 22. Dreiländertreffen 15. 17. Oktober 2017 Dipl.Ing. Arabel Amann Matthias Zessner, Ottavia Zoboli
Gliederung 1. Klärschlammverwertung in Österreich - Bestandsaufnahme 2. Potentiale der Phosphor- Rückgewinnungstechnologien 3. Strategische Optimierung P-Rückgewinnung/Recycling in Österreich 2
Daten: Überreiter (2016) [t TS/a] Klärschlammverwertungswege Ö 140,000 120,000 100,000 80,000 60,000 40,000 20,000 Klärschlammverwertung in Österreich derzeit 100% Mitverbrennung 1995 2000 2006 2010 2014 0 Verwertung in der Landwirtschaft Deponierung thermische Behandlung 2014: 16% 1% 49% 33% Sonstige Verwertung, sonstige Entsorgung Kompostierung, Landschaftsbau, Zwischenlagerung, Bauzuschlagstoff und Kleinmengenabgaben 3
Daten: Überreiter (2016) Regionale Unterschiede - 2014 4
P-Nutzung aus KS - Bestandsaufnahme Einschränkung direkte landw. Verwertung über rechtl. Rahmenbedingungen Ausbringungsverbote im Vertragsanbau (Zucker, Rapso, etc.) und in AMA Gütesiegelprogrammen Klärschlammkompost großteils in Landschaftsbau (P-Verlust) Durch thermische Behandlung Einbindung P in Zement oder Aschen Ablagerung (P-Verlust) 5
Supply Risk European Commission (2017) Motivation P Rückgewinnung seit 2017 seit 2014 Economic Importance
Zoboli et al. (2016) Exkurs: Österreichischer Phosphorhaushalt 2.300 tpj -1 Überschuss auf landwirtschaftlichen Böden 2.000 tp J -1 Landschaftsbau 18.600 tp J -1 Importabhängigkeit 1,6 gp E -1 Tag -1 Unausgewogene Ernährung 2.000 tp J -1 Überschuss auf Grünflächen und Gärten 6.300 tp J -1 Deponien und Zementöfen 4.600 tp J -1 Emissionen in die Gewässer 2.600 tp J -1 Exportierte Abfälle 7
Zoboli et al. (2016) P Potential im Klärschlamm 6.600 tp J -1 : 16% Direktverwertung in der Landwirtschaft + 10% Indirekte Verwertung durch Kompostierung Max. Rückgewinnung 6.200 tp J -1 (Egle et al, 2014) entspricht ca. 50% des P-Mineraldünger in der Landw. Industrieller KS irrelevant für Landwirtschaftsbedarf auf nationaler Ebene, aber interessant für spezifische Industrien (Lebensmittel / Papier)
Zoboli et al. (2016) Optimierung Extremes Szenario: Implementierung aller Maßnahmen Importabhängigkeit - 89% Verbrauch P- Mineraldünger - 100% 0 tp J -1 Überschuss auf landwirtschaftlichen Böden 0 tp J -1 Landschaftsbau 2,000 tp J -1 Realistisches Szenario: Recycling von Tiermehl + KS aus Kläranlagen > 100,000 PE + Biomasse-Aschen Verordnung Reinigungsmittel 95% Entfernung aus Abwasser 10% Reduktion von Emissionen durch Erosionsmaßnahmen Importabhängigkeit - 35% Verbrauch P- Mineraldünger - 44% 1,4 gp E -1 Tag -1 Ernährung 1.700 tp J -1 Deponien und Zementofen 0 tp J -1 Überschuss auf Grünflächen und Gärten 3.300 tp J -1 Emissionen in die Gewässer 0 tp J -1 Exportierte Abfälle 9
Fazit Status Quo Derzeit stoffliche Verwertung der Nährstoffe in KS in Ö bei max. 26% Sehr hohes Potenzial für die Optimierung des P-Managements in Österreich Recycling und Reduktion des Verbrauchs weisen ähnliches Potenzial aber unterschiedliche Unsicherheiten und Herausforderungen auf P-Mineraldünger könnten völlig ersetzt werden Realistisch ist Reduktion des Verbrauchs um -50% 10
Egle et al. (2014) Ansätze der P-Rückgewinnung 11
Egle et al. (2014) Herausforderungen der P-Rückgewinnung Alle Verfahren weisen Trade-Offs auf hinsichtlich Rückgewinnungspotential Einflüsse auf die Kläranlage/weitere Prozesse Schadstoffentfrachtung Ressourcenbedarf Umweltauswirkungen Wirtschaftlichkeit Charakteristik des Recyclats (muss auf Markt bestehen!) http://iwr.tuwien.ac.at/wasser 12
REM-NUT (MAP) AirPrex (MAP) DHV Cryst. (CaP) Ostara (MAP) P-RoC (CaP) PRISA (MAP) Klärschlamm AquaReci (CaP) MEPHREC (P-reiche PHOXNAN (MAP) Gifhorn (MAP) Stuttgart (MAP) Klärschlammasc he AshDec AshDec (Rhenania) LEACHPHOS (CaP) PASCH (CaP) EcoPhos (P-Säure) RecoPhos (P-Dünger) Düngemittelind ustrie (P- Thermphos (P4) Egle et al. (2014) Rückgewinnungspotential bezoegen auf den Kläranlagenzulauf Rückgewinnungspotential 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Schlammwasser Klärschlamm Klärschlammasche 13
Egle et al. (2014) Rückgewinnung aus der wässrigen Phase Weltweit erfolgreich auf kommunalen und industriellen Kläranlagen Einfache Technik, keine Abfallstoffe Ressourcenaufwand auf Fällmittel beschränkt Vorteile für Kläranlagenbetrieb Reines Endprodukt (meist Struvit, MAP), gut pflanzenverfügbar Schadstoffentfrachtung Ostara Pearl Airprex 14
Egle et al. (2014) Rückgewinnung aus dem Klärschlamm Schlamm inhomogen, P gebunden (biologisch/chemisch) Komplexe Verfahrensschritte, Abfallstoffe: schwermetallhaltig, sauer Hoher Ressourcen- und/oder Energieaufwand Wirtschaftlich? Schadstoffentfrachtung Stuttgarter Verfahren KRN MEPHREC LOPROX ExtraPhos 15
Egle et al. (2014) Rückgewinnung aus der Klärschlammasche (1) Inertisierung Schlamm, hohe P-Konzentration (6-10% P), P ist gebunden (nicht wasserlöslich) Zerstörung org. Verunreinigungen und Hygienisierung Möglichkeit der gleichzeitigen Verbrennung von Tiermehlen Monoverbrennung! Teilweise komplexe Verfahrensschritte nötig Abfallstoffe Zentraler Ansatz und Zwischenlagerung der Asche möglich 16
Rückgewinnung aus der Klärschlammasche (2) Vermehrt Einsatz der Aschen in bestehenden Industriezweigen: Düngemittelindustrie (z.b. ICL Fertilizers) P-Säureproduktion (EcoPhos, TetraPhos, PARFORCE, Easy MiningSE, Phos4Life) P 4 -Herstellung: Übernahme RecoPhos InduCarb Prozess von ICL Fertilizers ICL Fertilizers Amsterdam P-Säure PARFORCE RecoPhos InduCarb 17
Egle et al. (2014) Produktspezifische Kosten [ /kg P rec ] Kosten der P-Rückgewinnung: 1 5 pro EW*a 30,0 28,0 26,0 24,0 22,0 20,0 18,0 16,0 14,0 Flüssige Phase Klärschlamm Klärschlammasche Klärschlammasche - industrielle Prozesse Rohphosphat: 0.9 0.3 /kg P Gifhorn 12,0 Ostara 10,0 PRISA AirPrex 8,0 P-RoC PASCH LEACHPHOS 6,0 DHV Ash Dec Crystalactor "Rhenania" EcoPhos 4,0 Düngemittelindustrie 2,0 Thermphos 0,0 MEPHREC Stuttgart RecoPhos PHOXNAN 0.6 REM NUT 0.3 Aqua Reci 0,0 1,0 2,0 Ash Dec 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 "depoll. ash" Einwohnerspezifische Kosten [ /(EW*a)] P-Fracht [kg P/(EW*a)] 0.1 Österreich Abwassergebühr je Einwohner (KPC, 2015): Betriebskosten Kläranlagen (ÖWAV, 2015): 130 150 /(E*a) 15 33 /(EW*a) 4 Reinigungsstufe (Jekel et al., 2016; Schaar et al. 2016): 2 15 /(EW*a) 18
Fazit P-Rückgewinnung Unterschiedliche Rückgewinnungspotentiale Viele Verfahren im Pilotmaßstab erprobt, aber wenige großtechnische Erfahrungen Pflanzenverfügbarkeit/Schadstoffgehalte der Produkte unterschiedlich Kosten volkswirtschaftlich betrachtet gering, jedoch Unsicherheiten! Industrie Interesse an P-reichen Sekundärrohstoffen International zahlreiche Umsetzungen bekannt/geplant 19
Rückgewinnungspotentiale für Österreich Schlammwasser Klärschlamm Asche 20
Strategien für die P-Rückgewinnung 21
Politische Ambitionen Entwurf Bundesabfallwirtschaftsplan (BAWP) Ziel ist... die Aufbringung auf den Boden und die Kompostierung von kommunalen Klärschlämmen aus KA mit einer Ausbaugröße von größer gleich 20.000 EW 60 innerhalb von zehn Jahren zu beenden Verpflichtung P Rückgewinnung KA >20.000 EW Rückgewinnung aus Klärschlamm; Restphosphatgehalt <20 g P/kg TS oder 20.000-50.000 EW Rückgewinnung aus Klärschlammasche >50.000 EW Rückgewinnung aus Klärschlammasche 22
Daten: EmRegV-OW (2009); Überreiter (2016) Anteil am Gesamtabwasseraufkommen Verteilung der Abwasserfracht auf Kläranlagen 60% 50% 40% Anzahl Kläranlagen: ~1.840 Anzahl der Kläranlagen in der jeweiligen Größenklasse 30 KA > 20.000 EW KA > 50.000 EW ~80% des P im KS ~60% des P im KS 30% 20% 10% 0% 1.206 371 50-2.000 2.001-10.000 79 10.001-20.000 121 20.001-50.000 50.001-100.000 Größenklassen der Kläranlagen als Einwohnerwerte (EW) 31 >100.000 23
verändert nach Überreiter (2016) Wirbelschichtkapazitäten KA > 20.000 EW KA > 50.000 EW Wien (derzeit) 700.000 t FS/a 530.000 t FS/a 165.000 t FS/a 24
Fazit P-Rückgewinnung Österreich Derzeit kein Verfahren in Ö im Einsatz Politische Ambitionen vorhanden Keine Monoverbrennung von Klärschlamm Mit Rückgewinnung aus KA > 20.000 könnte auf ein Potential von ~80% des P in KS zurückgegriffen werden Rückgewinnung aus Klärschlamm oder Asche aber unterschiedliches Potential 25
Ausblick Betrachtung Kosten und umweltrelevanter Aspekte durch verändertes Klärschlammmanagement Strategien und rechtlicher Rahmen sind noch zu entwickeln! 26
Resümee für Österreich P-Bilanzen Bewertung der Verfahren Optimierung Phosphorhaushalt? Technische Machbarkeit gegeben Großes Potential Viele Unsicherheiten Zukunftsfähige Strategien? 2008 2030 Zahlreiche Entwicklungen an Rückgewinnungstechnologien Teilweise großtechnische Umsetzung 27
Literatur European Commission (2017). Communication on the list of critical raw materials 2017. Egle, L., Rechberger, H., & Zessner, M. (2014). Phosphorrückgewinnung aus dem Abwasser - Endbericht. Wien: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Egle, L., Amann, A., Rechberger, H., & Zessner, M. (2016). Phosphor: Eine kritische und zugleich unzureichend genutzte Ressource der Abwasser- und Abfallwirtschaft Stand des Wissens und Ausblick für Österreich und Europa. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 68(3 4), 118 133. EmRegV-OW (2009): Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über ein elektronisches Register zur Erfassung aller wesentlichen Belastungen von Oberflächenwasserkörpern durch Emissionen von Stoffen aus Punktquellen (EmRegV-OW). BGBl. II Nr. 29/2009. Jekel, M., Ruhl, A. S. (2016). Integration der Spurenstoffentfernung in Technologieansätze der 4. Reinigungsstufe bei Klärwerken. Berlin: Universitätsverlag der TU Berlin. ÖWAV (2015). Branchenbild der österreichischen Abwasserwirtschaft 2016. Wien: Österreichischer Wasser- und Abfallwirtschaftsverband. Schaar, H. (2016). Ozonung von Kläranlagenablauf zur weitgehenden Abwasserreinigung. Wien: Institut für Wassergüte, Ressourcenmanagement und Abfallwirtschaft, TU Wien. Überreiter, E., Lenz, K., Zieritz, I., Weber, K., Stadler, E., & Eder, I. (2016). Kommunales Abwasser. Österreichischer Bericht 2016. Wien: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Zoboli, O., Zessner, M., & Rechberger, H. (2016). Supporting phosphorus management in Austria: Potential, priorities and limitations. Science of The Total Environment, 565, 313 323. 28