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Über dem Sofa hing die Kuckucksuhr. Ein dreißig Zentimeter hohes Häuschen mit Spitzdach, nussbaumbraun, umrahmt von fünf handgeschnitzten Blättern, unter dem Zifferblatt eine blasse Schrift: Made in Germany. Wenn der Kuckuck vier Mal rief, war Kuchenzeit, wenn er abends achtmal rief, Zeit für die Nachrichten. Die Kuckucksuhr war der scheußlichste Gegenstand im Zimmer, im Haus, wahrscheinlich in der ganzen Siedlung. Zu jeder vollen Stunde sprang das Türchen auf, herausgeschossen kam ein schäbig-bleicher Vogel aus hellem Holz, der schrill die Anzahl der Stunden meldete. Tag und Nacht, rund um die Uhr, 156 spitze Schreie. Vom roten Schnabel, den er öffnete, wenn er rief, war nur ein roter Punkt geblieben wie ein alter Marmeladenrest. Das linke Auge war blasser als das rechte, der Vogel schielte. Heiner liebte den hässlichen

Kasten. Er hing in der Wohnstube seiner Eltern. Kuckuck rief er bei Heiners Geburt, Kuckuck beim Einmarsch der Deutschen. Acht Kuckucksschreie waren das letzte, was Heiner hörte, als die Gendarmen ihn unterhakten und abführten. Seine Mutter blieb in der Küche, damit nicht das letzte, was er von ihr sah, ein Gesicht mit Tränen war. Martha, seine Liebe, hielt sich am Türrahmen fest und flüsterte Rotfront. Und weil ihm das zu leise war für das, was man ihm antat und antun würde, drehte er sich beim letzten Kuckucksschrei um. Lauter, Herzele, ruf lauter. Bevor er die Straße betrat, hörte er ihren verzweifelten Schrei im Treppenhaus: Rotfront! Komm bald wieder, hatte seine Mutter gesagt aber wann ist bald? Sind vier Stunden bald oder drei Tage? Wenn er die Zukunft gekannt hätte, wäre ein Monat bald gewesen,

sogar ein Jahr. Aber Heiner dachte nicht an eine lange Trennung, als er zum Verhör geholt wurde, er dachte an den Tod. Als er nach dem Krieg den Schlüssel vom Hausmeister holte und die Wohnung der Eltern betrat, war er auf alles gefasst, nur nicht auf die Ordnung. In seinem Zimmer war das Bett gemacht. Kissen und Decke glattgestrichen wie gebügelt. Wie oft hatte er von der Wäsche mit den rot-weißen Karos geträumt. Auf dem Nachttisch lag Senecas Vom glückseligen Leben. Zwischen Seite 260 und 261 steckte ein Lesezeichen. Das Kapitel hieß: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Nur dreißig Zeilen. Die Wichtigsten hatte er dick unterstrichen: Ein Unwetter droht, ehe es heraufzieht; die Häuser krachen, ehe sie zusammenstürzen; der Rauch verkündet einen Brand voraus; aber plötzlich kommt das vom Menschen

ausgehende Verderben und verbirgt sich umso sorgfältiger, je näher es herantritt. Du irrst, wenn du den Gesichtern derer traust, die dir begegnen. Sie haben die Gestalt von Menschen, aber die Seele von wilden Tieren Er klappte das Buch zu. Er brauchte diese Sätze nicht mehr. Für Heiner waren die Kinderjahre in Wien eine leise Zeit gewesen. Fast keine Autos auf den Straßen, nur Pferdefuhrwerke. Im Viertel gab es einen Brunnen, aus dem die Pferde von einem Mann, den sie Wasserer nannten, vollgetankt wurden wie später die Autos an der Tankstelle. Im Winter sauste Heiner mit dem Schlitten die abschüssigen Straßen hinunter. In der Schule saß er mit vierzig Buben in braunen Holzbänken, den Rücken gestreckt, als hätten sie einen Stock verschluckt. Der Platz der Hände war auf dem

Tisch, niemals darunter, und so lagen vor fast allen Schülern zehn brave Fingerchen mit sauber geschrubbten Nägeln, nur nicht vor Heiner. Er schmierte sich Dreck unter den Zeigefinger und ließ sich vom Lehrer mit dem Lineal auf die Hände schlagen. Die Striemen zeigte er seinem Vater und wurde, egal, wie schwarz es unter seinen Nägeln war, nie mehr von einem Lehrer geschlagen. In der Küche hing noch immer das Bild, vor dem er sich als Kind geekelt hatte. Auf einem Bett aus Karotten, Sellerie und Lauch lag ein toter Fasan mit gebrochenen Augen. Die Zehen gespreizt, aus dem offenen Schnabel kroch eine nackte Schnecke. Er verstand die Kinderangst nicht mehr. Das Bild war ein Idyll. Der pure Frieden. Auf dem Rand der Badewanne stand ein Topf Nivea. Im grünen Keramikbecher steckte die Zahnbürste seiner Mutter und vor